Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerstatus. Cutterin
Leitsatz (redaktionell)
Die Prüfung der Arbeitnehmereigenschaft anhand der allgemeinen Kriterien für die Abgrenzung zwischen einem Arbeitsverhältnis und einem freien Dienstvertrag erfolgt auch bei nicht programmgestaltenden Mitarbeitern von Rundfunkanstalten.
Normenkette
BGB §§ 242, 611; HGB § 84 Abs. 1 S. 2, Abs. 2; TzBfG § 12
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. Februar 2012 – 15 Sa 2287/11 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, die Klägerin mit einer Teilzeitquote von 53 % einer Vollzeitarbeitnehmerin in einem Arbeitsverhältnis als Cutterin zu beschäftigten.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten darüber, ob die als Cutterin tätige Klägerin Arbeitnehmerin der beklagten Rundfunkanstalt ist und als solche im Umfang von 53 % einer Vollzeitarbeitnehmerin zu beschäftigen ist.
Rz. 2
Die Klägerin ist diplomierte Schnittmeisterin und bei der Beklagten – einer Radio- und Fernsehanstalt des öffentlichen Rechts – seit dem 1. Mai 2000 als Cutterin beschäftigt. Sie wird überwiegend für die Produktion der Sendung “Abendschau” eingesetzt.
Rz. 3
Die Beklagte hält für die bei ihr regelmäßig anfallenden Bildschneidearbeiten entsprechende Dienste von Cuttern vor, die in Schneideräumen der Beklagten eingesetzt werden und auf deren Tätigkeit Autoren, Reporter usw. zurückgreifen können. Zu diesem Zweck erstellt die Beklagte Dienstpläne, durch die entsprechende Arbeitskapazitäten zu bestimmten Zeiten gewährleistet sind. Für die durch fest angestellte Cutter nicht gedeckten Zeiten fragt die Beklagte telefonisch die Bereitschaft zur Übernahme der freien Schichten in einem Kreis von Cuttern ab, die von der Beklagten als freie Mitarbeiter angesehen werden. Zu diesem Kreis gehört jedenfalls seit dem Jahr 2000 auch die Klägerin. Sie kann die ihr regelmäßig angebotenen Einsätze ablehnen, machte aber, soweit bekannt, von der Ablehnungsmöglichkeit keinen oder allenfalls marginalen Gebrauch.
Rz. 4
Die Dienstpläne werden nach einem Schichtsystem (Früh- und Spätschicht) mit festgelegten Anfangs-, End- und Pausenzeiten erstellt. Diese Arbeitszeiten gelten für alle bei der Beklagten Beschäftigten, unabhängig davon, ob es sich um “freie” oder fest angestellte Mitarbeiter handelt. Die Klägerin arbeitet in den Räumen der Beklagten mit den jeweils für den zu erstellenden Bildbeitrag Verantwortlichen und technischen Mitarbeitern zusammen. Sie benutzt dabei ein am Arbeitsort in den Räumen der Beklagten installiertes Schnittsystem, das mit dem Server des Senders verknüpft ist. Im Jahr 2007 hat die Klägerin an 118 Tagen, im Jahr 2008 an 117 Tagen und im Jahr 2009 an 119 Tagen gearbeitet.
Rz. 5
Die Klägerin meint, ihre Vertragsbeziehung zur Beklagten erfülle die Voraussetzungen eines Arbeitsverhältnisses. Sie sei keine programmgestaltende Mitarbeiterin. Sie arbeite vorgegebene Anweisungen über den Inhalt der zu bearbeitenden Sendungen ab. Sowohl die Themen als auch die inhaltliche Ausrichtung, insbesondere der Text des Beitrags sowie das Filmmaterial seien vorgegeben. Der jeweilige Reporter erstelle das Bildmaterial mit den Originaltönen für den jeweiligen Sendebeitrag. Dieser wähle auch die Bilder aus. Einen nennenswerten eigenen künstlerischen Gestaltungsspielraum habe sie nicht. Sie sei hinsichtlich Ort, Zeit sowie Art und Weise der Leistungserbringung weisungsgebunden. Einsatzangebote der Beklagten habe sie nicht ablehnen können, weil sie von ihrer Tätigkeit für die Beklagte ihren Lebensunterhalt bestreite.
Rz. 6
Die Klägerin hat beantragt
1. festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 1. November 2009 ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, sie an mindestens 120 Arbeitstagen im Jahr in einem Arbeitsverhältnis als Cutterin zu beschäftigen.
Rz. 7
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie meint, die praktische Durchführung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin rechtfertige nicht den Schluss auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Die Klägerin sei programmgestaltende Mitarbeiterin. Programmgestaltend sei jeder, der durch seine Mitwirkung inhaltlichen Einfluss auf eine Produktion nehme. Die Klägerin bringe aufgrund ihrer Ausbildung zur Cutterin in hohem Maße ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die jeweils von ihr vorzubereitenden Sendungen ein. Mit ihrer Arbeit bei der Produktion eines Sendebeitrags beeinflusse die Klägerin die Wirkung der Bilder auf die Zuschauer. Die Klägerin sei nicht wie eine Arbeitnehmerin weisungsgebunden. Sie könne die ihr angebotenen Einsätze ablehnen. Dass die Klägerin auf die technischen Einrichtungen der Beklagten angewiesen sei, ändere nichts an ihrer Eigenschaft als freie Mitarbeiterin.
Rz. 8
Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin ihren Antrag dahin gehend klargestellt, dass sie Beschäftigung im Umfang von 53 % einer Vollzeitkraft begehrt.
Entscheidungsgründe
Rz. 9
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben – mit der sich aus der Urteilsformel ergebenden Maßgabe – richtig entschieden.
Rz. 10
A. Die Klage ist begründet. Die Klägerin ist Arbeitnehmerin der Beklagten (zu I). Die Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin als Cutterin im Umfang von 53 % einer Vollzeitkraft zu beschäftigen (zu II).
Rz. 11
I. Die Klägerin ist mit der Beklagten durch einen unbefristeten Arbeitsvertrag, gerichtet auf die Leistung von Diensten als Cutterin, verbunden.
Rz. 12
1. Die Klägerin stand der Beklagten seit dem Jahr 2000 dauerhaft zur Leistung von Diensten als Cutterin zur Verfügung. Die Parteien haben den dem Leistungsaustausch zugrunde liegenden Vertrag nicht durch Abgabe ausdrücklicher übereinstimmender Willenserklärungen abgeschlossen. Ein Vertrag kann jedoch durch übereinstimmendes schlüssiges Verhalten (Realofferte und deren konkludente Annahme) zustande kommen (vgl. BGH 22. März 2012 – VII ZR 102/11 – Rn. 11, BGHZ 193, 10). So liegt es hier. Die Parteien haben über einen Zeitraum von mehreren Jahren einvernehmlich Dienstleistung und Vergütung ausgetauscht. Die Klägerin war nach Anforderung der Beklagten als Cutterin tätig und die Beklagte hat ihr dafür Vergütung gezahlt und weitere vertragliche Leistungen erbracht. Zwischen den Parteien bestand damit ein Dienstvertrag iSd § 611 BGB (vgl. zum Dienstvertrag als Grundtyp des Arbeitsvertrags: MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 Rn. 1 ff.; BeckOK BGB/Fuchs § 611 Rn. 1 ff. mwN). Davon geht auch die Beklagte aus. Allerdings handelte es sich nicht, wie die Beklagte meint, um einen freien Dienstvertrag, sondern um einen Arbeitsvertrag. Die entsprechende Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Rz. 13
2. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend von den rechtlichen Grundsätzen ausgegangen, die das Bundesarbeitsgericht zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers aufgestellt hat.
Rz. 14
a) Hiernach unterscheiden sich beide durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 29. August 2012 – 10 AZR 499/11 – Rn. 14, 15).
Rz. 15
b) Diese Grundsätze sind auch im Bereich Funk und Fernsehen anzuwenden (BAG 20. Mai 2009 – 5 AZR 31/08 – Rn. 20 mwN), wobei der verfassungsrechtliche Schutz der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu beachten ist. Allgemein müssen die Gerichte Grundrechte interpretationsleitend berücksichtigen, damit deren wertsetzender Gehalt auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfG 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51 – zu II 1 der Gründe, BVerfGE 7, 198). Das verlangt im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in der Regel eine fallbezogene Abwägung zwischen der Bedeutung der Rundfunkfreiheit auf der einen und dem Rang der von den Normen des Arbeitsrechts geschützten Rechtsgüter auf der anderen Seite (grundlegend BVerfG 13. Januar 1982 – 1 BvR 848/77 ua. – zu C II und III der Gründe, BVerfGE 59, 231; 18. Februar 2000 – 1 BvR 491/93 ua. – zu II 2 b bb der Gründe). Die Rundfunkfreiheit erstreckt sich auf das Recht der Rundfunkanstalten, dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte auch bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Mitarbeiter Rechnung zu tragen, die bei der Gestaltung der Programme mitwirken sollen (BVerfG 18. Februar 2000 – 1 BvR 491/93 ua. – zu II 2 b aa der Gründe). Es ist von Verfassungs wegen nicht ausgeschlossen, auch im Rundfunkbereich von den für das Arbeitsrecht allgemein entwickelten Merkmalen abhängiger Arbeit auszugehen (BVerfG 18. Februar 2000 – 1 BvR 491/93 ua. –; 22. August 2000 – 1 BvR 2121/94 – zu 2 der Gründe). Allerdings muss das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Recht der Rundfunkanstalten, frei von fremder Einflussnahme über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung programmgestaltender Mitarbeiter zu bestimmen, angemessen berücksichtigt werden. Eine Beeinträchtigung kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Betracht, wenn die verfügbaren Vertragsgestaltungen – wie Teilzeitbeschäftigungs- oder Befristungsabreden – zur Sicherung der Aktualität und Flexibilität der Berichterstattung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht in gleicher Weise geeignet sind wie die Beschäftigung in freier Mitarbeit (vgl. BVerfG 18. Februar 2000 – 1 BvR 491/93 ua. – zu II 2 c bb der Gründe).
Rz. 16
c) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist als “programmgestaltend” der Kreis derjenigen Rundfunkmitarbeiter anzusehen, “die an Hörfunk- und Fernsehsendungen inhaltlich gestaltend mitwirken. Das gilt namentlich, wenn sie typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendung einbringen, wie dies bei Regisseuren, Moderatoren, Kommentatoren, Wissenschaftlern und Künstlern der Fall ist.” Nicht zu den programmgestaltenden Mitarbeitern gehören das betriebstechnische und das Verwaltungspersonal sowie diejenigen, die zwar bei der Verwirklichung des Programms mitwirken, aber keinen inhaltlichen Einfluss darauf haben (BVerfG 13. Januar 1982 – 1 BvR 848/77 ua. – zu C II 1 b der Gründe, BVerfGE 59, 231; BAG 19. Januar 2000 – 5 AZR 644/98 – zu B III 2 a der Gründe, BAGE 93, 218).
Rz. 17
d) Auch bei programmgestaltenden Mitarbeitern kann entgegen der ausdrücklich getroffenen Vereinbarung ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn sie weitgehenden inhaltlichen Weisungen unterliegen, ihnen also nur ein geringes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbstständigkeit verbleibt, und der Sender innerhalb eines zeitlichen Rahmens über ihre Arbeitsleistung verfügen kann. Letzteres ist dann der Fall, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung durch Dienstpläne herangezogen wird, ihm also die Arbeiten letztlich zugewiesen werden (BAG 20. Mai 2009 – 5 AZR 31/08 – Rn. 22 mwN).
Rz. 18
e) Bei nicht programmgestaltenden Mitarbeitern von Rundfunkanstalten ist die Arbeitnehmereigenschaft ohne Weiteres anhand der allgemeinen Kriterien zu prüfen. Auch sie können je nach Lage des Falls freie Mitarbeiter sein. Das Bundesarbeitsgericht hat verschiedentlich ausgeführt, nicht programmgestaltende Tätigkeit in Rundfunkanstalten lasse sich regelmäßig nur in Arbeitsverhältnissen ausführen (BAG 30. November 1994 – 5 AZR 704/93 – zu B II 3 der Gründe mwN, BAGE 78, 343). Soweit darin die Aufstellung einer verbindlichen rechtlichen Regel zu sehen wäre, hält der Senat daran nicht fest. In Wahrheit handelte es sich bei jener Aussage nicht um einen Rechtssatz in dem Sinne, dass mit dem Fehlen der programmgestaltenden Qualität eines Rundfunkmitarbeiters zugleich dessen Status als Arbeitnehmer feststünde und es entbehrlich wäre, die Arbeitnehmereigenschaft von nicht programmgestaltenden Mitarbeitern anhand der allgemeinen Kriterien zu überprüfen. Vielmehr ist die genannte Aussage lediglich als Hinweis auf einen Erfahrungswert zu verstehen: So werden nicht programmgestaltende Mitarbeiter häufiger die Kriterien eines Arbeitnehmers erfüllen als es bei programmgestaltenden Mitarbeitern zu erwarten ist.
Rz. 19
f) An der Unterscheidung zwischen programmgestaltender und nicht programmgestaltender Tätigkeit in diesem Sinne hält der Senat fest. Die Unterscheidung ist deswegen von Bedeutung, weil bestimmte Gegebenheiten je nachdem, ob es sich um programmgestaltende Mitarbeiter handelt oder nicht, unterschiedlichen Aussagewert im Hinblick auf den Arbeitnehmerstatus haben können. Die rechtliche Differenzierung findet ihre Grundlage in erheblichen tatsächlichen Unterschieden der Arbeit in einer Rundfunkanstalt. So wird die zeitliche und räumliche Einbindung bei programmgestaltenden Mitarbeitern oft nicht ohne Weiteres als Hinweis auf eine Leistung in persönlicher Abhängigkeit gewertet werden können. Es ist zB ein Unterschied, ob ein Mitarbeiter als Nachrichtentechniker in einem Tonarchiv zu festgelegten Zeiten ihm vorgeschriebene archivarische Leistungen zu erbringen hat oder ob er sich zu bestimmten Zeiten in einem Studio einzufinden und dort humoristische Beiträge individuell extemporierend zu gestalten hat, die für das Programm derart prägend sind, dass in der öffentlichen Wahrnehmung der Sender mit der Stimme des Sprechers nachgerade identifiziert wird (vgl. dazu BAG 8. November 2006 – 5 AZR 706/05 – BAGE 120, 104).
Rz. 20
3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass die Parteien in einem Arbeitsverhältnis zueinander stehen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte widerspruchsfrei und vollständig berücksichtigt. Es hat überdies die erforderliche Gesamtwürdigung der in Betracht kommenden Tatsachen vorgenommen.
Rz. 21
a) Die Klägerin ist nicht programmgestaltende Mitarbeiterin der Beklagten. Ihr Einfluss auf den Inhalt der ausgestrahlten Beiträge ist gering. Sie kann weder die Themen bestimmen noch das zu bearbeitende Bild- und Tonmaterial. Beides wird vorgegeben. Aus dem Bild- und Tonmaterial muss eine Auswahl getroffen werden, die durch das Thema, die vorgegebene Länge des Beitrags und die Vorstellung des jeweiligen Reporters oder Autors von der zu übermittelnden “Botschaft” geprägt ist, nicht aber von inhaltlichen Vorstellungen oder vom Formwillen der Klägerin. Dass und in welcher Form die Klägerin auch nur einen der von ihr für die “Abendschau” bearbeiteten Beiträge maßgeblich nach eigenen ästhetischen oder inhaltlichen Konzepten gestaltet hätte, ist nicht festgestellt. Wenn auch die Tätigkeit einer Cutterin künstlerische Fähigkeiten voraussetzt, so ist sie doch nicht allein um deswillen zwangsläufig programmgestaltend (vgl. zur Geigerin in einem Orchester: BVerfG 13. Januar 1982 – 1 BvR 848/77 ua. – zu C IV der Gründe, BVerfGE 59, 231). Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, welche schnittkünstlerische Handschrift die Klägerin den von ihr bearbeiteten Beiträgen gegeben haben sollte, wie sich diese besondere Note von anderen Gestaltungsmöglichkeiten unterschied und inwiefern sie als formale oder inhaltliche Programmaussage gewirkt haben könnte. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang auch auf das Sendeformat hingewiesen, das als regionales Nachrichtenmagazin (“Abendschau”) der sachlichen Vermittlung von Neuigkeiten durch kurze Filme und bebilderte Sprechtexte dient. Dass bei anderen Filmformaten, etwa Spielfilmen oder ambitionierten Dokumentarfilmen, die Schnittmeisterin uU eine andere, nämlich bestimmende Rolle spielen kann, hat auch das Landesarbeitsgericht erwogen, aber zu Recht als für den Streitfall nicht entscheidend angesehen.
Rz. 22
b) Da die Klägerin nicht programmgestaltende Mitarbeiterin der Beklagten ist, war ihre Arbeitnehmereigenschaft anhand der allgemeinen Kriterien zu ermitteln. Deren Anwendung führt zum Ergebnis, dass die Klägerin zur Beklagten im Arbeitsverhältnis steht.
Rz. 23
aa) Die Klägerin ist fachlich weisungsgebunden. Sie hat den Schnitt so vorzunehmen, wie es den Vorstellungen des jeweiligen Reporters oder Autors entspricht. Soweit technische Fragen in Betracht kommen, mag die Klägerin auch eigene Vorstellungen in die Realisierung einbringen. Dass sie auf die Gestaltung der betreffenden Beiträge einen inhaltlich oder formal maßgeblichen Einfluss ausübt oder ausüben könnte, ist – wie ausgeführt – nicht ersichtlich.
Rz. 24
bb) Die Klägerin ist bei ihrer Tätigkeit örtlich gebunden. Wenn sie Dienst verrichtet, hat das ausschließlich an dem von der Beklagten dafür vorgesehenen Ort zu geschehen. Diese räumliche Gebundenheit beruht auf einer – zwar stillschweigenden, aber nicht zwingend vorgegebenen – Entscheidung der Beklagten, den Schnitt in eigenen Räumen vornehmen zu lassen. Externe Schnittstudios werden auf dem Markt zur Miete angeboten. Es besteht für Rundfunkanstalten keine Notwendigkeit, Schnittarbeiten im Hause erledigen zu lassen. Geschieht es dennoch, so ist die räumliche Einbindung auch Ausdruck des engen, von der Beklagten gestalteten Arbeitszusammenhangs, dem die Klägerin bei Ausübung ihrer Arbeit unterworfen ist.
Rz. 25
cc) Die Klägerin ist auch ansonsten in die Arbeitsorganisation bei der Beklagten eingebunden. Sie verrichtet ihre Tätigkeit nicht allein, sondern hat sowohl mit Reportern und Autoren als auch mit technischen Mitarbeitern der Beklagten zusammenzuwirken. Dies geschieht unter Inanspruchnahme der von der Beklagten zur Verfügung gestellten und nach ihren Vorstellungen eingerichteten technischen Einrichtungen und gemäß den von ihr aufgestellten arbeitsorganisatorischen Vorgaben. Auch diese Einbindung ist Ausdruck des Willens der Beklagten, die Schnittarbeit in den von ihr gestalteten Arbeitszusammenhang einzupassen und sie damit zu lenken und zu beherrschen.
Rz. 26
dd) Die zeitliche Weisungsgebundenheit der Klägerin ist insoweit strikt, als sie nur im Rahmen der von der Beklagten für alle Cutterinnen und Cutter vorgeschriebenen Schichtpläne arbeiten kann. Die Anfangs- und Endzeiten ihrer Schichten und die Reihenfolge der Arbeiten an den Tagen, an denen sie Dienst tut, liegen fest und die Klägerin muss sich daran halten. Insoweit gibt die Klägerin ihre Zeitsouveränität auf und fügt sich in den von der Beklagten vorgegebenen Arbeitsrhythmus ein. Sie hat keine Möglichkeit, die Schicht nach Bedarf etwas früher oder später anzutreten, als es in den Dienstplänen vorgesehen ist. Sie kann ebenso wenig die Reihenfolge der Arbeiten selbst bestimmen oder die Arbeit nach eigenen zeitlichen Bedürfnissen unterbrechen, verschieben usw. Sie muss sich vielmehr in das festgelegte Zeitraster einfügen. Indes bestand für die Klägerin insoweit ein für Arbeitsverhältnisse hohes Maß an Ungebundenheit in zeitlicher Hinsicht, als sie grundsätzlich die Übernahme von Diensten ablehnen konnte. Auch diesen Umstand hat aber das Landesarbeitsgericht in seine Gesamtbetrachtung einbezogen und bewertet. Zu Recht hat es gemeint, dass die Möglichkeit der Klägerin die Übernahme von Diensten abzulehnen, hier nicht die Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft hindert. Im Streitfall hat die Klägerin praktisch keinen Gebrauch von ihrem Ablehnungsrecht gemacht; es wurde nicht “von Fall zu Fall” jeweils neu entschieden, sondern die Beklagte ging regelhaft davon aus, dass die der Klägerin angetragenen Schichten von ihr übernommen wurden. Vor allem aber ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ohnehin nicht im Umfang einer Vollzeitkraft eingesetzt wird. Schließlich kann die Beklagte auch von fest angestellten Teilzeitbeschäftigten nur in begrenztem Rahmen erwarten, dass sie auf Abruf ohne Weiteres zur Verfügung stehen (§ 12 Abs. 2 TzBfG).
Rz. 27
ee) Jedenfalls ist es nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht in der Gesamtbetrachtung die auf den Arbeitnehmerstatus deutenden Umstände als maßgebend angesehen und dem freilich nicht zu leugnenden Maß zeitlicher Unabhängigkeit der Klägerin in dem vorliegenden Zusammenhang keine entscheidende Bedeutung zugemessen hat.
Rz. 28
II. Die Klage ist auch mit dem Beschäftigungsantrag begründet. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Anzahl der jährlichen Beschäftigungstage entspricht, wie die Parteien in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt haben, einem Anteil von 53 % einer Vollzeitkraft.
Rz. 29
B. Die Kosten der Revision fallen der Beklagten nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.
Unterschriften
Mikosch, Mestwerdt, Schmitz-Scholemann, Simon, Trümner
Fundstellen