Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifgeltung im Beitrittsgebiet
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 15. Juli 1997 – 12 Sa 53/97 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin über den 13. März 1996 hinaus der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) oder der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – vom 10. Dezember 1990 (BAT-O) Anwendung findet.
Die Klägerin war seit 1977 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten im ehemaligen Ostberlin im Einkauf/Materialwirtschaft beschäftigt. Ab dem 27. Februar 1991 war sie in der zentralen Einkaufsabteilung der Beklagten in der F… Straße im ehemaligen Westberlin tätig. Sie unterzeichnete am 27. Dezember 1991 einen Arbeitsvertrag, wonach sie ab dem 1. Januar 1991 als Vollbeschäftigte auf unbestimmte Zeit weiterbeschäftigt und die Anwendbarkeit des BAT-O vereinbart wurde. Am 9. Dezember 1992 schlössen die Parteien einen Arbeitsvertrag, in dem es heißt:
“…
Die von der Angestellten auszuübende Tätigkeit ist eine dauerhafte bzw. auf nicht absehbare Zeit bestehende Beschäftigung im Westteil Berlins.
Auf das Arbeitsverhältnis ist das im Westteil Berlins gültige Tarifrecht anzuwenden.
Mit Wirkung vom 01. Januar 1992 sind für das Arbeitsverhältnis maßgebend:
a) Der Bundes-Angestelltentarifvertrag (Bund, Länder, Gemeinden) – BAT – unter Berücksichtigung der jeweils in Frage kommenden Sonderregelungen mit allen künftigen Änderungen und Ergänzungen,
b) die mit dem Land Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge, über Arbeitsbedingungen der Angestellten, insbesondere, die Vergütungstarifverträge,
c) die jeweils für den Betrieb geltenden Dienstvorschriften.
Die Übertragung einer anderen als dieser Tätigkeit liegt im Ermessen der BVG.
…
Die/Der Angestellte ist bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), Hans-Thoma-Straße 19, 7500 Karlsruhe, versicherungspflichtig. Es gilt der Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV) in seiner jeweiligen Fassung sowie die an die Stelle dieses Tarifvertrages tretenden Bestimmungen.
…”
Seit dem 15. März 1996 ist die Klägerin wegen des Umzugs ihrer Dienststelle in der R… Straße im ehemaligen Ostberlin beschäftigt. Zunächst erhielt sie weiterhin Vergütung nach BAT. Mit Schreiben vom 22. Juli 1996 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß ihr nach Rückkehr in das östliche Tarifgebiet nur noch Leistungen nach “Osttarifrecht” zustünden. Die Rückforderung der zuviel gezahlten Bezüge für die Zeit vom 14. März 1996 bis zum 31. Juli 1996 werde gesondert geltend gemacht. Dies geschah mit Schreiben der Beklagten vom 7. Oktober 1996 in Höhe von 423,81 DM.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, auf ihr Arbeitsverhältnis seien auch nach Rückkehr in das östliche Tarifgebiet die Bestimmungen des BAT anzuwenden, da dessen Geltung im Arbeitsvertrag vom 9. Dezember 1992 vereinbart worden sei. Außerdem könne sie Gleichbehandlung mit den Angestellten beanspruchen, deren Arbeitsverhältnisse im westlichen Tarifgebiet begründet sind und die auch während eines Einsatzes im östlichen Tarifgebiet Leistungen nach BAT erhielten. Die Anwendbarkeit des BAT folge auch aus dem in § 12 BAT zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken sowie daraus, daß der zuständige Personalrat an dem mit dem Umzug verbundenen Wechsel der Beschäftigungsorts nicht beteiligt worden sei.
Die Klägerin hat beantragt
1. festzustellen, daß auf das Beschäftigungsverhältnis zwischen den Parteien auch über den 13. März 1996 hinaus der BAT (West) sowie die diesen Tarifvertrag ergänzenden und ändernden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden;
2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin auch über den 13. März 1996 hinaus bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zu versichern oder die Klägerin im Versicherungsfall so zu stellen, als wäre sie auch über den 13. März 1996 hinaus bei der VBL versichert gewesen;
3. festzustellen, daß der Beklagten kein Anspruch auf Rückforderung von 423,81 DM zusteht;
4. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Vergütungsdifferenz zwischen der gewährten Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b der Anlage 1a des BAT-O und der Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b der Anlage 1a des BAT (West) an die Klägerin auszuzahlen und die Nettodifferenz mit 4 % zu verzinsen ist.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis der Klägerin richte sich nach deren Rückkehr in das östliche Tarifgebiet wieder nach den Bestimmungen des BAT-O. Dem stehe auch der Arbeitsvertrag vom 9. Dezember 1992 nicht entgegen. Durch diesen sei nicht die übertarifliche Geltung des BAT vereinbart worden; vielmehr sei in ihm nur die tarifliche Rechtslage wiedergegeben worden, aufgrund derer die Klägerin während ihres Einsatzes im ehemaligen Westberlin Leistungen nach dem BAT habe beanspruchen können. Der in das östliche Tarifgebiet zurückgekehrten Klägerin seien weiterhin Leistungen nach BAT nur deshalb gewährt worden, weil sich das beklagte Land dazu rechtsirrtümlich aufgrund des sog. “Posturteils” des erkenenden Senats vom 30. Juli 1992 (– 6 AZR 11/92 – BAGE 71, 68) für verpflichtet gehalten habe. Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes könne sich jederzeit von einer irrtümlichen Tarifpraxis lossagen. Die Beklagte habe sich auch nicht des Rechts begeben wollen, die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt wieder im ehemaligen Ostberlin einzusetzen. Dies ergebe sich bereits daraus, daß die Klägerin nach dem Arbeitsvertrag vom 9. Dezember 1992 auf “nicht absehbare Zeit” im Westteil der Stadt habe beschäftigt werden sollen, was eine Rückkehrmöglichkeit einschließe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufung hat die Klägerin ihre in I. Instanz gestellten Klageanträge zu 2. und 4. wie folgt geändert:
2. Es soll festgestellt werden, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin auch über den 13. März 1996 hinaus bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zu den für die unter den BAT (West) fallenden Arbeitnehmer geltenden Bedingungen zu versichern oder die Klägerin im Versicherungsfall so zu stellen, als wäre sie auch über den 13. März 1996 hinaus zu diesen Bedingungen bei der VBL versichert gewesen.
4. Es soll festgestellt werden, daß die Beklagte verpflichtet ist, für die Zeit vom 1. August bis 30. September 1996 die Vergütungsdifferenz zwischen der Vergütungsgruppe IV b der Anlage 1a des BAT-O und der Vergütungsgruppe IV b des BAT (West) an die Klägerin zu zahlen und die Nettodifferenz mit 4 % zu verzinsen.
Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage hinsichtlich der Klageanträge zu 1, 2 und 4 abgewiesen und die weitergehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge zu 1, 2 und 4 weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage, soweit sie Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, zu Recht unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Arbeitsverhältnis der Klägerin richte sich nach dem Umzug ihrer Dienststelle und ihrer damit verbundenen Rückkehr auf einen Arbeitsplatz im ehemaligen Ostberlin nach den Bestimmungen des BAT-O. Eine für die Klägerin günstigere arbeitsvertragliche Regelung bestehe nicht. Im Arbeitsvertrag vom 9. Dezember 1992 sei keine Vereinbarung dahingehend getroffen worden, daß die Klägerin nur noch im ehemaligen Westberlin beschäftigt werde oder daß auch bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes in das ehemalige Ostberlin weiterhin die Bestimmungen des BAT anzuwenden seien. Mit diesem Vertrag habe lediglich die nach dem sog. “Posturteil” des erkennenden Senats vom 30. Juli 1992 (– 6 AZR 11/92 – BAGE 71, 68) bestehende Rechtslage wiedergegeben werden sollen, wonach der Klägerin während ihres Einsatzes im ehemaligen Westberlin Vergütung nach BAT zugestanden habe. Die weitere Anwendung des BAT folge auch weder aus einer analogen Anwendung von § 12 Abs. 2 BAT noch aus einer mangelnden Beteiligung des Personalrats.
B. Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden ab dem 15. März 1996 weder tarifvertraglich noch aufgrund des Arbeitsvertrags vom 9. Dezember 1992 noch aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung die Bestimmungen des BAT Anwendung; vielmehr gelten ab dem 15. März 1996 die Vorschriften des BAT-O. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus einer Anwendung des Rechtsgedankens des § 12 Abs. 2 BAT. Die irrtümliche Anwendung des BAT konnte die Beklagte ohne die Mitbestimmung des Personalrats wirksam beenden.
I. Nach § 1 Abs. 1 Buchst. b BAT-O gilt dieser Tarifvertrag für Arbeitnehmer der Länder, die in einer der Rentenversicherung der Angestellten unterliegenden Beschäftigung tätig sind (Angestellte) und deren Arbeitsverhältnisse in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages (im folgenden: EV) genannten Gebiet begründet sind.
1. Die Klägerin übt unstreitig eine der Rentenversicherung der Angestellten unterliegende Beschäftigung bei der Beklagten aus.
2. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist auch in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet begründet.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats zu § 1 BAT-O und anderen gleichlautenden Tarifbestimmungen ist ein Arbeitsverhältnis in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet begründet, wenn dort der Grund der Entstehung des Arbeitsverhältnisses liegt und der Bezug zum Beitrittsgebiet gegenwärtig noch besteht. Wird ein Arbeitnehmer für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt und wird er auf unbestimmte Zeit dort beschäftigt, sind diese Voraussetzungen gegeben (BAG 24. Februar 1994 – 6 AZR 588/93 – BAGE 76, 57; 6. Oktober 1994 – 6 AZR 324/94 – BAGE 78, 108). Für den gegenwärtigen Bezug zum Beitrittsgebiet ist grundsätzlich die Lage des Arbeitsplatzes entscheidend (BAG 24. Februar 1994 – 6 AZR 588/93 – BAGE 76, 57, 61; 6. Oktober 1994 – 6 AZR 324/94 – BAGE 78, 108, 112; 23. Februar 1995 – 6 AZR 614/94 – BAGE 79, 215, 217; 20. März 1997 – 6 AZR 10/96 – BAGE 85, 322, 327 f.; 25. Juni 1998 – 6 AZR 515/97 – AP TV Arb Bundespost § 1 Nr. 2 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 76, zu II 1a der Gründe und – 6 AZR 475/96 – AP TV Arb Bundespost § 1 Nr. 1 = EzA TVG § 4 Geltungsbereich Nr. 12, zu II 2 b bb der Gründe). Wird ein Arbeitnehmer, der für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt wurde, vorübergehend auf nicht absehbare Zeit im Geltungsbereich des BAT beschäftigt, findet für die Dauer dieser Tätigkeit der BAT Anwendung. Nach Rückkehr auf einen Arbeitsplatz im Beitrittsgebiet unterfällt das Arbeitsverhältnis wieder dem BAT-O (BAG 6. Oktober 1994 – 6 AZR 324/94 – BAGE 78, 108; 23. Februar 1995 – 6 AZR 667/94 – BAGE 79, 224; 21. September 1995 – 6 AZR 151/95 – AP BAT-O § 1 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Geltungsbereich Nr. 11, zu III 2 der Gründe; 26. Oktober 1995 – 6 AZR 125/95 – BAGE 81, 207, 209; 20. März 1997 – 6 AZR 10/96 – BAGE 85, 322, 329; 25. Juni 1998 – 6 AZR 515/97 – aaO, zu II 1c der Gründe).
b) Der Grund für die Entstehung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin lag im Beitrittsgebiet. Das Arbeitsverhältnis bestand bereits seit 1977 in der ehemaligen DDR und wurde nach Herstellung der Einheit Deutschlands von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin fortgeführt. Der Bezug zum Beitrittsgebiet besteht auch gegenwärtig fort, da sich der Arbeitsplatz der Klägerin seit dem 15. März 1996 wieder im ehemaligen Ostberlin befindet. Seit diesem Zeitpunkt richtet sich das Arbeitsverhältnis deshalb wieder nach den Regelungen des BAT-O. Lediglich während des Einsatzes im ehemaligen Westberlin vom 27. Februar 1991 bis zum 14. März 1996 fanden die Vorschriften des BAT auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
II. Im Arbeitsvertrag vom 9. Dezember 1992 haben die Parteien keine davon abweichende, für die Klägerin günstigere Regelung dahingehend getroffen, daß der BAT auch nach Rückkehr auf einen Arbeitsplatz im Beitrittsgebiet gelten sollte.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, durch diesen Vertrag sei nicht die Anwendung des BAT mit konstitutiver Wirkung vereinbart worden; vielmehr ergebe sich aus dem von der Beklagten vorformulierten Vertragstext, daß dadurch lediglich die Konsequenzen aus dem sog. “Posturteil” des erkennenden Senats vom 30. Juli 1992 (aaO) gezogen werden sollten. Die Beklagte habe nur schriftlich bestätigen wollen, was sie geglaubt habe, tarifvertraglich zu schulden. Dies sei damals wegen des dauerhaften bzw. zeitlich nicht absehbaren Einsatzes der Klägerin im Westteil Berlins die Anwendung des BAT gewesen. Eine Verpflichtung, der Klägerin nach einem Arbeitsplatzwechsel in den Ostteil der Stadt weiterhin Leistungen nach den Bestimmungen des BAT zu gewähren, ergebe sich daraus nicht. Anhaltspunkte dafür, daß sich die Beklagte habe verpflichten wollen, die Klägerin ausschließlich im ehemaligen Westberlin zu beschäftigen, seien weder der Vertragsurkunde zu entnehmen noch habe die Klägerin Begleitumstände bei Vertragsabschluß vorgetragen, die einen solchen Schluß zuließen.
2. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Zwar haben die Parteien im Arbeitsvertrag vom 9. Dezember 1992 vereinbart, daß auf das Arbeitsverhältnis “das im Westteil Berlins gültige Tarifrecht anzuwenden ist”, und daß mit Wirkung vom 1. Januar 1992 der BAT maßgebend sei. Diese Vereinbarung ist jedoch im Zusammenhang mit der im Arbeitsvertrag zum Ausdruck gekommenen Absicht zu verstehen, die Klägerin dauerhaft bzw. auf nicht absehbare Zeit im ehemaligen Westberlin einzusetzen. Die Vereinbarung gab somit nur die tarifliche Rechtslage wieder, soweit der erkennende Senat diese im Urteil vom 30. Juli 1992 (aaO) geklärt hatte. Daraus konnte auch aus Sicht der Klägerin nicht geschlossen werden, daß im – arbeitsvertraglich nicht ausdrücklich geregelten – Fall ihrer Rückkehr auf einen Arbeitsplatz im Beitrittsgebiet die Bestimmungen des BAT übertariflich weitergelten würden. Einer solchen Annahme steht entgegen, daß der öffentliche Arbeitgeber im Zweifel nur die Leistungen gewähren will, zu denen er tariflich verpflichtet ist. Die arbeitsvertragliche Verweisung auf den Geltungsbereich eines Tarifvertrags hat im öffentlichen Dienst grundsätzlich nur den Sinn, daß der Arbeitsvertrag das beinhalten soll, was nach den allgemeinen Grundsätzen des Tarifrechts für tarifgebundene Arbeitnehmer gilt (st. Rspr., vgl. BAG 21. Oktober 1992 – 4 AZR 156/92 – AP BAT § 23a Nr. 27, zu I 3 b der Gründe; 1. Juni 1995 – 6 AZR 922/94 – BAGE 80, 152, 155; 26. März 1998 – 6 AZR 550/96 – AP BAT-O § 1 Nr. 9, zu B I der Gründe). Deshalb wären für die Annahme, daß sich die Beklagte durch den Arbeitsvertrag vom Dezember 1992 zur Gewährung übertariflicher Leistungen an die Klägerin verpflichten wollte, besondere Anhaltspunkte erforderlich. Solche liegen nicht vor.
Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, daß sich die Beklagte durch den Arbeitsvertrag vom Dezember 1992 nicht verpflichtet hat, die Klägerin künftig nur noch im ehemaligen Westberlin zu beschäftigen. Eine solche Verpflichtung läßt sich aus dem Wortlaut des Vertrags nicht entnehmen. Dieser spricht nur davon, daß die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit eine “dauerhafte bzw. auf nicht absehbare Zeit bestehende Beschäftigung im Westteil Berlins” ist, nicht jedoch davon, daß die Klägerin künftig ausschließlich dort eingesetzt werde. Außerdem haben die Parteien vereinbart, daß “die Übertragung einer anderen als dieser Tätigkeit”, d.h. der dauerhaften bzw. auf nicht absehbare Zeit bestehenden Beschäftigung im Westteil Berlins, im Ermessen der Beklagten liege. Die Parteien sind somit bereits bei Vertragsschluß davon ausgegangen, daß in nicht absehbarer Zeit eine Rückkehr der Klägerin auf einen Arbeitsplatz im ehemaligen Ostberlin in Betracht kommen könne.
III. Die Klägerin wird durch die Anwendung des BAT-O ab dem 15. März 1996 gegenüber anderen Angestellten der Beklagten auch nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt.
1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Unzulässig ist nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist (vgl. BVerfG 15. Oktober 1985 – 2 BvL 4/83 – BVerfGE 71, 39, 58). Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz zwar nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Ein derartiger Vorrang besteht aber nur für individuell getroffene Vereinbarungen. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch immer dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (st. Rspr., vgl. BAG 26. Oktober 1995 – 6 AZR 125/95 – BAGE 81, 207, 210 f.; 20. März 1997 – 6 AZR 453/96 – ZTR 1997, 568, zu I 3 der Gründe; 23. August 1995 – 5 AZR 293/94 – BAGE 80, 354, 360; 28. Juli 1992 – 3 AZR 173/92 – BAGE 71, 29, 37).
2. Die Klägerin hat entgegen ihrer Auffassung keinen Anspruch darauf, mit Angestellten gleichbehandelt zu werden, deren Arbeitsverhältnisse in den alten Bundesländern begründet worden sind und die während der Dauer einer Tätigkeit im ehemaligen Ostberlin Vergütung nach BAT erhalten. Die Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber diesen Angestellten beruht nicht auf sachfremden Erwägungen der Beklagten, sondern auf den unterschiedlichen Geltungsbereichen von BAT und BAT-O.
Angestellte, deren Arbeitsverhältnisse für eine Tätigkeit in den alten Bundesländern abgeschlossen worden sind, unterfallen nicht dem Geltungsbereich des BAT-O, denn der Entstehungsgrund für ihre Arbeitsverhältnisse liegt nicht im Beitrittsgebiet. Sie wurden nicht für eine Tätigkeit in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet eingestellt, sondern für eine Tätigkeit in den alten Bundesländern. Deshalb gelten für sie ausschließlich die Bestimmungen des BAT, und zwar auch dann, wenn sie später – vorübergehend oder auf nicht absehbare Zeit – im Beitrittsgebiet eingesetzt werden. Demgegenüber ist das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Beitrittsgebiet begründet, da der Entstehungsgrund für ihr Arbeitsverhältnis in der ehemaligen DDR lag. Daran hat der Arbeitsvertrag vom 9. Dezember 1992 nichts geändert.
IV. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, daß sich der Anspruch der Klägerin nicht aus einer analogen Anwendung von § 12 Abs. 2 BAT ergibt.
Diese Bestimmung, der die gleichlautende Vorschrift des § 12 Abs. 2 BAT-O entspricht, sichert dem Angestellten beim Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber tarifliche Arbeitsbedingungen. Sie gilt aber, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht für den Wechsel in den Bereich des für die Parteien ebenfalls geltenden BAT-O.
V. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, daß der Personalrat nicht beteiligt wurde.
Der Vergütungsanspruch ergibt sich aus der zutreffenden Tarifnorm. Es gelten hier keine anderen Grundsätze als bei der Eingruppierung. Das dem Personalrat zustehende Mitbestimmungsrecht ist ein Mitbeurteilungsrecht, ob der Arbeitgeber eine korrekte Eingruppierung vorgenommen hat. Aus einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts läßt sich der Anspruch auf eine höhere Vergütung nicht herleiten (BAG Urteil vom 26. August 1992 – 4 AZR 210/92 – BAGE 71, 139).
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, W. Zuchold, Matiaske
Fundstellen