Entscheidungsstichwort (Thema)
Deklaratorische oder konstitutive Kündigungsfrist
Normenkette
BGB § 622; AGB-DDR § 55
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 27. November 1996 – 1 Sa 447/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin (geboren am 2. August 1940) war seit dem 22. Februar 1965 bei der L. GmbH … (im folgenden: L. GmbH), über deren Vermögen mit Beschluß des Amtsgerichts Chemnitz vom 1. August 1995 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden ist, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die Holz und Kunststoff verarbeitende Industrie Sachsen vom 27. Februar 1992 (im folgenden: MTV) Anwendung.
Der Beklagte, der im Gesamtvollstreckungsverfahren zum Verwalter bestellt worden ist, kündigte der Klägerin mit Schreiben vom 5. Oktober 1995 das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der sich aus § 2 Nr. 14 b MTV ergebenden Kündigungsfrist zum 31. März 1996 auf. Die Regelung in § 2 MTV hat folgenden, verkürzt wiedergegebenen, Wortlaut:
„§ 2
Einstellungen und Entlassungen
…
11. Während der Aushilfszeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits gelöst werden:
- bei Arbeitern ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist täglich zum Arbeitsschluß (Schichtende),
- bei Angestellten innerhalb des 1. Monats ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist täglich zum Arbeitsschluß, innerhalb der nächsten zwei Monate unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einer Woche zum Wochenschluß.
…
14.a) Für Kündigungen betragen die beiderseitigen Kündigungsfristen nach einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit von
- bis zu 5 Jahren zwei Wochen
- bis zu 10 Jahren drei Wochen
- mehr als 10 Jahren vier Wochen
jeweils zum Ende der Kalenderwoche.
14.b) Nach einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit ab vollendetem 25. Lebensjahr verlängern sich die Kündigungsfristen für Kündigungen durch den Arbeitgeber
- von 5 Jahren auf einen Monat zum Monatsende
- von 10 Jahren auf zwei Monate zum Monatsende
- von 20 Jahren auf drei Monate zum Ende des Kalendervierteljahres.
15. Die gesetzlichen Vorschriften über die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses bleiben unberührt.
…
19. Wird der Arbeitnehmer aus Gründen entlassen, die er nicht zu vertreten hat, und innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten wieder eingestellt, so ist bei der Bemessung der tarifvertraglichen Ansprüche und Rechte die vor der Entlassung verbrachte Beschäftigungszeit auf die Betriebszugehörigkeit anzurechnen.”
Die Parteien streiten vorliegend darüber, ob die Kündigung des Beklagten das Arbeitsverhältnis unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfristen erst zum 31.05.1996 beendet hat.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Regelungen über Kündigungsfristen im MTV stammten aus der Zeit vor Inkrafttreten des Kündigungsfristengesetzes vom 7. Oktober 1993, so daß für die Kündigung § 622 Abs. 2 Nr. 7 BGB mit einer Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende anwendbar sei.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 5. Oktober 1995 nicht zum 31. März 1996 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31. Mai 1996 fortbestanden hat.
Der Beklagte hat sich zu seinem Klageabweisungsantrag darauf berufen, die Tarifvertragsparteien hätten im MTV eine eigenständige, konstitutive Regelung treffen wollen, zumal im Februar 1992 bereits die die Neufassung des § 622 BGB veranlassende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorgelegen habe. Die Tarifpartner hätten damit ungünstigere tarifliche Kündigungsfristen offensichtlich bewußt in Kauf genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach ihrem Klageantrag erkannt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die vom Beklagten anzuwendende Kündigungsfrist zutreffend nach § 622 BGB n.F. berechnet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Bei § 2 Nr. 14 b MTV handele es sich nicht um eine eigenständige Regelung, sondern lediglich um eine deklaratorische Verweisung auf den damals geltenden § 55 AGB-DDR. Dafür spreche die inhaltlich übereinstimmende Regelung und auch der Zusammenhang zwischen § 2 Nr. 14 a und b MTV. Wenn in dem MTV zunächst eine an das Lebensalter bis zum 25. Lebensjahr geknüpfte, sehr kurze und vom Gesetz gravierend abweichende Regelung getroffen werde (§ 2 Nr. 14 a MTV), so spreche die Wiederholung der gesetzlichen Kündigungsfristen für die Fälle der Betriebszugehörigkeit ab vollendetem 25. Lebensjahr (§ 2 Nr. 14 b MTV) dafür, in letzterem Falle den Arbeitnehmern die gesetzlichen Kündigungsfristen zu gewähren.
II. Dem folgt der Senat sowohl im Ergebnis wie auch in der Begründung. Die Revision rügt zu Unrecht eine fehlerhafte Auslegung des § 2 Nr. 14 MTV. Das Landesarbeitsgericht ist vielmehr bei seiner Auslegung von der Rechtsprechung des Senats zur Unterscheidung von deklaratorischen und konstitutiven Kündigungsfristenregelungen, insbesondere auch im neueren Urteil vom 14. Februar 1996 (– 2 AZR 166/95 – AP Nr. 21 zu § 1 TVG Tarifverträge: Textilindustrie) ausgegangen.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAGE 40, 102 = AP Nr. 133 zu § 1 TVG Auslegung; Urteil vom 16. September 1993 – 2 AZR 697/92 – BAGE 74, 167 = AP Nr. 42 zu § 622 BGB; Urteile vom 10. Mai 1994 – 3 AZR 721/93 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Verkehrsgewerbe; vom 5. Oktober 1995 – 2 AZR 1028/94 – AP Nr. 48 zu § 622 BGB, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; vom 14. Februar 1996 – 2 AZR 201/95 – AP Nr. 50, a.a.O. und zuletzt vom 26. Juni 1997 – 2 AZR 759/96 –, nicht veröffentlicht) ist bei Tarifverträgen jeweils durch Auslegung zu ermitteln, inwieweit die Tarifvertragsparteien eine selbständige, d.h. in ihrer normativen Wirkung von der außertariflichen Norm unabhängige eigenständige Regelung treffen wollten. Dieser Wille muß im Tarifvertrag einen hinreichend erkennbaren Ausdruck gefunden haben. Das ist regelmäßig anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien eine im Gesetz nicht oder anders enthaltene Regelung treffen oder eine gesetzliche Regelung übernehmen, die sonst nicht für die betroffenen Arbeitsverhältnisse gelten würde. Für einen rein deklaratorischen Charakter der Übernahme spricht hingegen, wenn einschlägige gesetzliche Vorschriften wörtlich oder inhaltlich unverändert übernommen werden; in einem derartigen Fall ist bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, daß es den Tarifvertragsparteien bei der Übernahme des Gesetzestextes darum gegangen ist, im Tarifvertrag eine unvollständige Darstellung der Rechtslage zu vermeiden. Sie haben dann die unveränderte gesetzliche Regelung im Interesse der Klarheit und Übersichtlichkeit deklaratorisch in den Tarifvertrag aufgenommen, um die Tarifgebundenen möglichst umfassend über die zu beachtenden Rechtsvorschriften zu unterrichten (zustimmend Hromadka, BB 1993, 2372, 2375; Hergenröder, Anm. zu AP Nr. 40 zu § 622 BGB; Jansen, Anm. zu AP Nr. 42 § 622 BGB; Kramer, ZIP 1994, 929, 930 f.; Marschollek, DB 1991, 1069, 1071; Meyer, DB 1991, 1881; Wank, NZA 1993, 961, 963; kritisch: Bengelsdorf, NZA 1991, 121, 126; ders. in Anm. zu AP Nr. 48 zu § 622 BGB; Creutzfeldt, AuA 1995, 87; K. Gamillscheg, SAE 1996, 277 f.; Wedde, AuR 1996, 421 f.).
a) Geht man hiervon aus, so ist mit dem Berufungsgericht festzustellen, daß in § 2 Nr. 14 b MTV der Gesetzestext des § 55 Abs. 2 AGB-DDR fast wörtlich, jedenfalls inhaltlich unverändert übernommen worden ist. § 55 Abs. 2 AGB-DDR lautet wie folgt:
„Hat der Arbeitsvertrag in demselben Betrieb oder Unternehmen fünf Jahre bestanden, erhöht sich für die Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber die Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende, hat er 10 Jahre bestanden, erhöht sich die Kündigungsfrist auf zwei Monate zum Monatsende, hat er 20 Jahre bestanden, erhöht sich die Kündigungsfrist auf drei Monate zum Ende des Kalendervierteljahres; bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.”
Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, der Wortlaut des Tarifvertrages und des Gesetzes stimme mit geringen Satzumstellungen überein; sowohl im Tarifvertrag als auch im Gesetz werden dieselben Kündigungsfristen unter Beachtung des Bestandes des Arbeitsverhältnisses aufgeführt, wobei es unerheblich ist, daß die Gesetzesvoraussetzung zur Geltung ab 25. Lebensjahr in der Tarifvorschrift einleitend, im Gesetz dagegen nach dem Semikolon abschließend geregelt worden ist. Inhaltlich liegt nahezu völlige Übereinstimmung vor, sieht man einmal davon ab, daß im Tarifvertrag einleitend von „ununterbrochener” Betriebszugehörigkeit ab vollendetem 25. Lebensjahr die Rede ist. Dies korrespondiert indessen mit der tariflichen Sondervorschrift in § 2 Nr. 19, wonach unter bestimmten Voraussetzungen bei Wiedereinstellung die vor der Entlassung verbrachte Beschäftigungszeit auf die Betriebszugehörigkeit anzurechnen ist. Auch das Gesetz (hier § 55 Abs. 2 AGB-DDR) geht insoweit – wenn auch unausgesprochen – von einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit aus, wenn auch rechtliche Unterbrechungen – ähnlich wie in § 2 Nr. 19 MTV geregelt – dann unerheblich sind, wenn die verschiedenen Arbeitsverhältnisse in einem engen sachlichen, inneren Zusammenhang stehen (vgl. KR-Hillebrecht/Spilger, 4. Aufl., § 622 BGB Rz 56, 58; MünchKomm-Schwerdtner, § 622 BGB Rz 43). Die geringfügigen Abweichungen im Wortlaut haben daher mit der im übrigen völligen Übereinstimmung der Kündigungsfristen und der Wartezeiten nichts zu tun. Bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte ist deshalb davon auszugehen, daß es den Tarifvertragsparteien bei der Übernahme des Gesetzestextes darum gegangen ist, im Tarifvertrag eine unvollständige Darstellung der Rechtslage zu vermeiden.
b) Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht aus Stellung und Systematik des § 2 Nr. 14 a im Vergleich zu § 2 Nr. 14 b MTV. Das Landesarbeitsgericht hat bereits angemerkt, daß die Tarifvertragsparteien nicht uneingeschränkt die Kündigungsfristen des § 55 AGB-DDR übernehmen wollten, sondern die Grundkündigungsfrist in § 55 Abs. 1 AGB-DDR mit § 2 Nr. 14 a MTV bei Arbeitsverhältnissen bis zum 25. Lebensjahr und für alle Kündigungen durch den Arbeitnehmer modifiziert haben. Hier haben sie nämlich in Abweichung vom Gesetz eine Verlängerung der Kündigungsfrist je nach Betriebszugehörigkeit bis zu fünf und mehr Jahren vorgenommen. Richtig ist, daß § 2 Nr. 14 a und b MTV im Zusammenhang gelesen werden müssen und erst dann den vollen Sinn erschließen. Das ändert indessen nichts daran, daß für den Teilbereich der verlängerten Kündigungsfristen ab 25. Lebensjahr eine vom Gesetzestext nicht abweichende Regelung getroffen worden ist.
Hierzu hat der Senat, worauf das Landesarbeitsgericht ebenfalls bereits zutreffend hingewiesen hat, im Urteil vom 14. Februar 1996 (– 2 AZR 166/95 – AP Nr. 21 zu § 1 TVG Tarifverträge: Textilindustrie, mit Anm. von Kamanabrou) entschieden, vereinbarten die Tarifpartner kürzere als die gesetzlichen Kündigungsfristen, so bleibe es ihrer tarifautonomen Entscheidung überlassen, in Teilbereichen die jeweiligen gesetzlichen Kündigungsfristen als Mindestschutz für die Arbeitnehmer bestehen zu lassen; die Zulässigkeit einer derartigen Aufspaltung einer tariflichen Kündigungsfristenregelung in einen konstitutiven und einen deklaratorischen Teil ergebe sich aus der tarifdispositiven Norm des § 622 BGB – hier des § 55 Abs. 3 AGB-DDR; wenn der Gesetzgeber den Tarifpartnern die Möglichkeit eingeräumt habe, hinsichtlich der Kündigungsfristen den Besonderheiten ihrer Branche Rechnung zu tragen, so obliege es allein ihrer tarifautonomen Entscheidung, in welchem Umfang sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machten. Es lasse sich unter dem Gesichtspunkt der Tarifautonomie nicht rechtfertigen, den Tarifpartnern die Entscheidung zu verwehren, von einer tarifdispositiven Gesetzesnorm nur teilweise abzuweichen und im übrigen auf die gesetzlichen Bestimmungen zu verweisen.
Ebenso liegen die Dinge hier, wenn die Tarifpartner für Arbeitsverhältnisse bis zum 25. Lebensjahr eine vom Gesetz abweichende konstitutive Regelung getroffen, im übrigen aber die gesetzliche Regelung inhaltlich und damit deklaratorisch übernommen haben.
c) Entgegen der Auffassung der Revision folgt auch daraus nichts anderes, daß – systematisch gesehen – die Tarifpartner in § 2 Nr. 15 MTV geregelt haben, die gesetzlichen Vorschriften über die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses blieben unberührt. Wenn auch damit ein anderer Wortlaut hinsichtlich der Verweisung auf gesetzliche Vorschriften gewählt worden ist, ändert dies nichts daran, daß in § 2 Nr. 14 b MTV – dieses Mal unter Wiederholung des Gesetzestextes – eine deklaratorische Wiedergabe von den Tarifpartnern gewählt worden ist, um eben eine vollständige Darstellung der Rechtslage bei der „normalen”, ordentlichen Kündigung zu gewährleisten. Hinsichtlich der „anormalen” fristlosen Kündigung gemäß § 626 BGB, der ohnehin nicht tarifdispositiv ist, mögen sich die Tarifpartner dagegen mit der pauschalen Verweisung in § 2 Nr. 15 MTV begnügt haben. Es besagt daher entgegen der Auffassung der Revision nichts, daß die Tarifpartner in § 2 Nr. 14 b MTV nicht eine ebenso pauschale Verweisung wie in § 2 Nr. 15 MTV gewählt haben.
d) Entgegen der Meinung der Revision läßt sich schließlich auch aus der Tatsache, daß bei Abschluß des Tarifvertrages am 27. Februar 1992 bereits die die Neufassung des § 622 BGB veranlassende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bekannt war, nichts zu ihren Gunsten herleiten. Dazu hat im Gegenteil der Senat bereits die Auffassung vertreten (Urteil vom 5. Oktober 1995 – 2 AZR 1028/94 – AP Nr. 48 zu § 622 BGB, zu II 3 d der Gründe), gerade der Umstand, daß die Tarifparteien um die bevorstehende gesetzliche Neuregelung der Kündigungsfristen wußten, hätte eine Klarstellung im Tarifvertrag dahin erwarten lassen, die kurzen Fristen des AGB-DDR sollten auch nach dieser Neuregelung mit absehbar längeren Kündigungsfristen fortgelten, wenn dies denn der Wille der Tarifparteien gewesen wäre. Es läßt sich – und daran hält der Senat fest – aus der bloßen Übernahme des damals geltenden Gesetzesrechtes in den Tarifvertrag nicht schon auf einen solchen Willen der Tarifparteien schließen.
Ferner gilt das Argument unverändert (so schon Urteil vom 5. Oktober 1995 – 2 AZR 1028/94 – AP, aaO, zu II 2 b der Gründe), daß jedenfalls seit Festigung der teilweise kritisierten Rechtsprechung des BAG, d.h. spätestens seit der Entscheidung vom 28. Januar 1988 (– 2 AZR 296/87 – AP Nr. 24 zu § 622 BGB; siehe auch schon BAG Urteil vom 12. November 1964 – 5 AZR 507/63 – AP Nr. 4 zu § 34 SchwBeschG 1961, wonach die Übernahme des Gesetzestextes in einen Tarifvertrag im Zweifel lediglich der Klarstellung im Sinne einer neutralen Klausel dient, fortgeführt u.a. durch Urteil vom 27. August 1982 – 7 AZR 190/80 – BAGE 40, 102 = AP Nr. 133 zu § 1 TVG Auslegung) eine inhaltliche Übernahme gesetzlicher Regelungen in ein tarifliches Regelwerk gegen einen eigenen Normsetzungswillen der Tarifparteien spricht, wenn diese – die Kenntnis der langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung kann vorausgesetzt werden – einen Hinweis auf die angeblich gewollte Eigenständigkeit der Regelung unterlassen.
2. Ist somit davon auszugehen, daß § 2 Nr. 14 b MTV hinsichtlich der verlängerten Kündigungsfristen ab dem 25. Lebensjahr kein autonomes Tarifrecht darstellt, gilt bis zu einer eigenständigen Tarifregelung die jeweilige gesetzliche Regelung. Das ist nach dem Außerkrafttreten des § 55 AGB-DDR aufgrund des Art. 5 des Gesetzes zur Vereinheitlichung der Kündigungsfristen von Arbeitern und Angestellten (Kündigungsfristengesetz) vom 7. Oktober 1993 der geänderte § 622 Abs. 2 BGB. Danach hat das Landesarbeitsgericht die Kündigungsfrist zutreffend mit sieben Monaten zum Monatsende berechnet und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den 31. Mai 1996 festgestellt.
Unterschriften
Etzel, Bitter, Bröhl, Fischer, Baerbaum
Fundstellen