Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Zulage für Arbeit an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen
Normenkette
Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie und des Serienmöbelhandwerks in Westfalen/Lippe vom 15. Februar 1993 § 4 Ziff. 4
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 12.10.1994; Aktenzeichen 3 (5) Sa 371/94) |
ArbG Minden (Urteil vom 24.11.1993; Aktenzeichen 2 Ca 351/93) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 12. Oktober 1994 – 3 (5) Sa 371/94 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Maschinenzulage von 7 % des Stundenlohns für die im Zeitraum von Mai 1992 bis April 1993 geleisteten Arbeitsstunden.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit Juli 1984 als Maschinentischler mit einem Bruttostundenlohn von 18,07 DM im streitigen Zeitraum beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft Verbandszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie im Norddeutschen Raum der Bundesrepublik Deutschland für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende (im folgenden: MTV) und der Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie und des Serienmöbelhandwerks in Westfalen/Lippe (im folgenden: LTV) Anwendung. § 4 Ziffer 4 des LTV lautet für den streitigen Zeitraum wie folgt:
„Maschinenarbeiter an Holzbearbeitungsmaschinen erhalten eine Zulage von 7 v.H. auf ihren tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder einem Prämiensystem arbeiten. Voraussetzung ist, daß die Tarifpartner in einem Katalog den Begriff „Holzbearbeitungsmaschinen” festlegen. Bis dahin gilt folgende Bestimmung weiter: Maschinenarbeiter an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen erhalten eine Zulage von 7 v.H. auf den tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder in einem Prämiensystem arbeiten.”
Die Beklagte fertigt mit ca. sechs bis sieben Arbeitnehmern Polstermöbelgestelle aus Holz.
Unter dem 17. November 1992 hat die Gewerkschaft Holz und Kunststoff für den Kläger – soweit hier von Interesse – den Anspruch auf eine Maschinenzulage von 7 % des Stundenlohns für die Monate Mai bis Oktober 1992 in Höhe von 1.153,59 DM geltend gemacht. Mit Schreiben vom 23. November 1992 lehnte der Fachverband Serienmöbelbetriebe des Handwerks für die Beklagte den Anspruch ab. Mit Klageerweiterung vom 3. November 1993 hat der Kläger die Maschinenzulage zusätzlich für den Zeitraum November 1992 bis April 1993 in Höhe von 1.202,47 DM brutto geltend gemacht.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe die geltend gemachte Maschinenzulage zu, da er je nach Arbeitsanfall und Arbeitsauftrag zusammen mit einem Kollegen an Bandsägen, Kreissägen, Fräsen, Bohrmaschinen, Vielblattsägen, Vierseitenhobel, Abrichter, Dickenhobel, Ablängsäge, Pendelsäge, kleinem und großem Halbautomat und Kopiefräse gearbeitet habe und dabei in der Zeit von Mai bis Oktober 1992 969,4 Stunden und in der Zeit von November 1992 bis April 1993 962,1 Stunden entsprechend tätig gewesen sei.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Maschinenzulage für die Monate Mai bis Oktober 1992 in Höhe von 1.153,59 DM brutto zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine weitere Maschinenzulage zu zahlen für den Zeitraum November 1992 bis April 1993 in Höhe von 1.202,47 DM brutto, jeweils nebst 4 v.H. Zinsen ab Zustellung der Klageerweiterung.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie meint, die Zulagenforderung des Klägers sei nach den Ziffern 115, 116 MTV verfallen, da sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen zweimonatigen Frist nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht worden sei. Im übrigen stehe dem Kläger die Zulage nicht zu, da zerspanende Maschinen, wie z.B. Sägen, nicht zu den spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen im Sinne von § 4 Ziffer 4 LTV gehörten und die Arbeitsleistung des Klägers daher die tariflichen Anspruchsvoraussetzungen nicht erfülle. Der Kläger habe ab August 1992 fast ausschließlich an der Bandsäge gearbeitet, wo die Formteile für den Gestellbau geschnitten würden.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte für den Zeitraum von September 1992 bis April 1993 zur Zahlung der Maschinenzulage verurteilt und im übrigen – für die Monate Mai bis August 1992 – die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zunächst die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen. Auf den fristgerechten Einspruch des Klägers, mit dem er außerdem im Wege der unselbständigen Anschlußberufung Zahlung weiterer 15,29 DM brutto begehrte, hat das Landesarbeitsgericht das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten und die Anschlußberufung abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf die tarifliche Maschinenzulage nicht zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Zulage nach § 4 Abs. 4 LTV für die im Streitzeitraum dargelegte Tätigkeit. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger seine Ansprüche rechtzeitig im Sinne der Ziffern 115, 116 MTV geltend gemacht habe. Die Voraussetzungen für die Zahlung der tariflichen Maschinenzulage seien insofern nicht gegeben, als zum Beispiel Bandsägen keine spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen im Tarifsinne seien. So habe auch das Arbeitsgericht im einzelnen unter Hinweis auf die Beurteilung des Sprachgebrauchs und der Literatur zutreffend ausgeführt, zerspanende Maschinen seien keine spanabhebenden Maschinen in diesem Sinne. Dem Arbeitsgericht könne jedoch nicht gefolgt werden, wenn es aus Gründen der Rechtssicherheit im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Juli 1962 (– 4 AZR 535/61 – AP Nr. 114 zu § 1 TVG Auslegung) zu einer Leistenbündelmaschine angenommen habe, sowohl Fräsen als auch Sägen seien spanabhebende Holzbearbeitungsmaschinen nach § 4 LTV.
Nach dem Tarifwortlaut müsse es neben spanabhebenden Maschinen noch andere Holzbearbeitungsmaschinen geben. Sägen höben jedoch keine Späne ab, so daß für diese Arbeiten nach dem eindeutigen Tarifwortlaut keine Zulagen zu zahlen seien. Da der Kläger nicht dargelegt habe, wann er in dem streitigen Zeitraum an spanabhebenden Maschinen, wie z.B. Hobelmaschinen, gearbeitet habe, könne ein Anspruch auf die tarifliche Maschinenzulage nicht festgestellt werden. Der Vortrag der Beklagten, wonach der Kläger ab August 1992 fast ausschließlich an der Bandsäge gearbeitet habe, gelte nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden, weil ihn der Kläger nicht bestritten habe.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts stimmt der Senat im Ergebnis und weitgehend in der Begründung zu.
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Maschinenzulage nach § 4 Ziff. 4 des Lohntarifvertrags für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie und des Serienmöbelhandwerks in Westfalen/Lippe. Dem Vorbringen des Klägers kann nicht entnommen werden, daß und in welchem Umfang die tariflichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten und für das Revisionsgericht mangels entsprechender Rügen bindenden Tatbestand (§ 561 Abs. 2 ZPO) kann ein Anspruch des Klägers auf die Zulage nach § 4 Ziff. 4 LTV nicht festgestellt werden.
1. Die Tarifnorm gewährt Maschinenarbeitern an Holzbearbeitungsmaschinen eine Zulage von 7 % auf ihren tariflichen Stundenlohn, sofern sie nicht im Akkord oder einem Prämiensystem arbeiten und die Tarifpartner in einem Katalog den Begriff „Holzbearbeitungsmaschinen” festgelegt haben; solange das noch nicht geschehen ist, gilt die Regelung, daß Maschinenarbeiter an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen die Zulage von 7 % erhalten. Die Tarifpartner haben einen derartigen Katalog von „Holzbearbeitungsmaschinen” nicht festgelegt.
Damit ist Anspruchsvoraussetzung, daß der Maschinenarbeiter an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen gearbeitet hat. Das Vorliegen dieser Voraussetzung läßt sich dem Vorbringen des Klägers, wie es das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, nicht entnehmen.
Dabei ist dem § 4 Ziff. 4 LTV ausgehend vom Tarifwortlaut und unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien sowie des tariflichen Gesamt Zusammenhangs (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung) – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – zu entnehmen, daß zu unterscheiden ist zwischen spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen und anderen Holzbearbeitungsmaschinen. Der Vortrag des Klägers, wonach er je nach Arbeitsanfall und Arbeitsauftrag an Bandsägen, Kreissägen, Fräsen, Bohrmaschinen, Vielblattsägen, Vierseitenhobel, Abrichter, Dickenhobel, Ablängsäge, Pendelsäge, kleinem und großem Halbautomat und Kopiefräse gearbeitet habe, zeigt nicht auf, daß und in welchem Umfang der Kläger gerade an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen gearbeitet und somit die tariflichen Voraussetzungen für die Maschinenzulage erfüllt hat. Ebensowenig ergibt der vom Landesarbeitsgericht als zugestanden gewertete Vortrag der Beklagten, der Kläger habe im August 1992 fast ausschließlich an der Bandsäge gearbeitet, daß die tariflichen Voraussetzungen für die Maschinenzulage, nämlich das Arbeiten an spanabhebenden Holzbearbeitungsmaschinen, vorliegen. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß eine Bandsäge keine spanabhebende Holzbearbeitungsmaschine ist, da eine Säge keine Späne abhebt. Bei den vom Kläger weiter benannten Maschinen handelt es sich teilweise um spanabhebende, teilweise um zerspanende Holzbearbeitungsmaschinen. Die Unterscheidung der Tarifvertragsparteien in spanabhebende und zerspanende Holzbearbeitungsmaschinen läßt einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG), an den auch die Tarifvertragsparteien gebunden sind (BAG Urteil vom 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 –, zur Veröffentlichung vorgesehen), nicht erkennen; auch der Kläger hat hierfür nichts vorgetragen.
2. Da sich dem Vortrag des Klägers somit nicht entnehmen läßt, für welche Arbeiten an welchen Maschinen und in welchem zeitlichen Umfang er die tarifliche Maschinenzulage von 7 % auf den Stundenlohn beanspruchen kann, hat das Landesarbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Auf die Frage der rechtzeitigen Geltendmachung im Sinne der Ziffern 115, 116 MTV kommt es nicht an.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Hauck, Böck, Staedtler, Tirre
Fundstellen