Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsatz der Spezialität bei Tarifkonkurrenz bzw. -pluralität. Spezialitätsgrundsatz im Geltungsbereich des AEntG. Einschränkung der AVE des VTV. Abgrenzung von Fertigbauarbeiten von Trocken- und Montagebauarbeiten. Verdrängung des VTV durch einen spezielleren Tarifvertrag. gesetzliche Verpflichtung zur Abführung von Urlaubskassenbeiträgen. Durchbrechung des Grundsatzes der Tarifeinheit im Geltungsbereich des AEntG
Leitsatz (amtlich)
- Der Einbau vorgefertigter Türen, Tore und Fenster erfüllt nicht das Tätigkeitsbeispiel “Fertigbauarbeiten” in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV, sondern das Tätigkeitsbeispiel “Trocken- und Montagebauarbeiten” in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV. Fertigbauarbeiten im Tarifsinne werden nur dann ausgeführt, wenn komplette Baueinheiten auf der Baustelle eingebaut oder zusammengefügt werden und dadurch die herkömmliche, konventionelle Arbeitsweise am Bau ersetzt wird.
- Nach dem Grundsatz der Spezialität kommt in einem Fall der Tarifkonkurrenz bzw. Tarifpluralität grundsätzlich allein der Tarifvertrag zur Anwendung, der dem Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird.
- Unterfällt ein Betrieb dem betrieblichen Geltungsbereich des für allgemeinverbindlich erklärten VTV, ist der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 3 AEntG und somit gesetzlich zur Abführung von Beiträgen zur Urlaubskasse verpflichtet. Im Rahmen dieser gesetzlichen Bindung wird der VTV durch einen für den Betrieb an sich tarifrechtlich geltenden sachnäheren Tarifvertrag nicht verdrängt, wenn die Anwendung der Urlaubsregelungen des § 8 BRTV und die Teilnahme des Arbeitgebers am Urlaubskassenverfahren seinen Arbeitnehmern einen tatsächlichen Vorteil verschafft, der deutlich zu ihrem sozialen Schutz beiträgt.
- Im Geltungsbereich des AEntG kann der Grundsatz der Tarifeinheit durchbrochen sein.
- Unterfällt sein Betrieb sowohl dem betrieblichen Geltungsbereich des für allgemeinverbindlich erklärten VTV als auch einem gegenüber dem VTV sachnäheren, baufremden Tarifvertrag, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, an die ZVK Beiträge für Lohnausgleich und für die Erstattung von Kosten der Berufsausbildung abzuführen.
Orientierungssatz
- Der Einbau von Drittunternehmen gefertigter Bauelemente wie Türen, Tore und Fenster erfüllt das Tätigkeitsbeispiel “Trocken- und Montagebauarbeiten” in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV.
- Der Begriff der Fertigbauarbeiten in Abschn. II der Einschränkungsklauseln verweist auf das in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV genannte Tätigkeitsbeispiel “Fertigbauarbeiten”.
- Ein Betrieb führt nicht bereits dann Fertigbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV aus, wenn er vorgefertigte Bauelemente auf der Baustelle einbaut oder zusammenfügt. Erforderlich ist, dass auf Grund der Verwendung kompletter Baueinheiten die herkömmliche, konventionelle Arbeitsweise am Bau ersetzt wird.
- Der MTV-M ist gegenüber dem VTV der sachnähere, speziellere Tarifvertrag.
- Nach dem Grundsatz der Spezialität kommt in einem Fall der Tarifkonkurrenz bzw. Tarifpluralität grundsätzlich allein der Tarifvertrag zur Anwendung, der dem Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird.
- Nach § 1 Abs. 3 AEntG ist ein inländischer Arbeitgeber, der vom betrieblichen Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Urlaubskassentarifvertrages erfasst wird, gesetzlich zur Abführung der Urlaubskassenbeiträge verpflichtet. Im Rahmen dieser gesetzlichen Bindung wird ein Urlaubskassentarifvertrag durch einen für den Betrieb an sich tarifrechtlich geltenden sachnäheren Tarifvertrag nicht verdrängt, wenn die Teilnahme des Arbeitgebers am Urlaubskassenverfahren seinen Arbeitnehmern einen tatsächlichen Vorteil verschafft, der deutlich zu ihrem sozialen Schutz beiträgt.
- Unterfällt der Betrieb eines Arbeitgebers sowohl dem betrieblichen Geltungsbereich des für allgemeinverbindlich erklärten VTV als auch einem gegenüber dem VTV sachnäheren, baufremden Tarifvertrag, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, an die ZVK Beiträge für Lohnausgleich und für die Erstattung von Kosten der Berufsausbildung abzuführen.
- Im Geltungsbereich des AEntG kann der Grundsatz der Tarifeinheit durchbrochen sein.
Normenkette
AEntG § 1 Abs. 3; TVG § 5 Abs. 4; ArbGG § 61 Abs. 2 S. 1; ZPO § 91a Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LAG Berlin (Urteil vom 02.06.2005; Aktenzeichen 18 Sa 394/05) |
ArbG Berlin (Urteil vom 16.12.2004; Aktenzeichen 70 Ca 62630/03) |
Tenor
- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 2. Juni 2005 – 18 Sa 394/05 – teilweise aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Dezember 2004 – 70 Ca 62630/03 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt,
- der Klägerin auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten August 2002 bis Oktober 2003 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in diesen Monaten angefallen sind,
- der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten November 2003 bis Januar 2004 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Urlaubskassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in diesen Monaten angefallen sind,
- für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an die Klägerin eine Entschädigungssumme in Höhe von 22.500,00 Euro zu zahlen,
- an die Klägerin 20.460,00 Euro zu zahlen.
- Im Übrigen werden die Berufung und die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte im Klagezeitraum einen von den allgemeinverbindlichen Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes erfassten Betrieb unterhalten, deshalb für die Monate Januar bis November 2001 Beiträge iHv. 20.460,00 Euro zu leisten, für die Zeit von August 2002 bis Januar 2004 Auskünfte zu erteilen und im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung eine Entschädigung iHv. 22.500,00 Euro zu zahlen hat. Die Auskunftsklage für den Zeitraum Dezember 2001 bis August 2002 haben die Parteien während des Revisionsverfahrens für erledigt erklärt, wobei die Klägerin die beanspruchte Entschädigung auf 22.500,00 Euro vermindert hat.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK). Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Der Geschäftsführer der Beklagten meldete am 3. Januar 2001 für die T Montage GmbH i.G. und nach der Eintragung der Beklagten ins Handelsregister für diese bei der zuständigen Verwaltungsgemeinschaft die Montage von Türen, Fenstern, Fassaden und Toren einschließlich vorgefertigter Bauelemente sowie damit verbundene Nebenarbeiten als gewerbliche Tätigkeit an. Diese Montagearbeiten führen seit Januar 2001 durchschnittlich sechs gewerbliche Arbeitnehmer aus. Seit dem 8. Januar 2001 ist die Beklagte Mitglied im Landesverband Sachsen-Anhalt der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. Dieser Verband gehört seinerseits dem Hauptverband der Deutschen Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige e.V. an.
In dem im Klagezeitraum in den jeweiligen Fassungen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 20. Dezember 1999 heißt es – soweit hier von Interesse – zum Geltungsbereich:
Ҥ 1
Geltungsbereich
(1) Räumlicher Geltungsbereich:
Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
(2) Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.
Abschnitt I
Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.
Abschnitt II
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
…
Abschnitt V
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z. B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:
…
12. Fassadenbauarbeiten;
13. Fertigbauarbeiten: Einbauen oder Zusammenfügen von Fertigbauteilen zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken; ferner das Herstellen von Fertigbauteilen, wenn diese zum überwiegenden Teil durch den Betrieb, einen anderen Betrieb desselben Unternehmens oder innerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen – unbeschadet der gewählten Rechtsform – durch den Betrieb mindestens eines beteiligten Gesellschafters zusammengefügt oder eingebaut werden;
…
37. Trocken- und Montagebauarbeiten (z. B. Wand- und Deckeneinbau bzw. -verkleidungen), einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern;
…”
Die für den streitigen Zeitraum einschlägigen Bestimmungen über die Allgemeinverbindlicherklärung des VTV verweisen hinsichtlich ihrer Reichweite auf die Einschränkungen gemäß dem Ersten Teil der Maßgaben in der Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifwerken für das Baugewerbe vom 17. Januar 2000 (BAnz. Nr. 20 vom 29. Januar 2000 S. 1385) die in der Folgezeit keine inhaltliche Änderung mehr erfahren haben. Diese Maßgaben (Einschränkungsklauseln) bestimmen zur Einschränkung der Allgemeinverbindlichkeit ua.:
“Erster Teil
Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärung auf Antrag
I.
1. Die Allgemeinverbindlicherklärung erstreckt sich nicht auf Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland oder Ausland, die unter einen der im Anhang abgedruckten fachlichen Geltungsbereiche der am 1. Juli 1999 (Stichtag) geltenden Tarifverträge der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie, der Sägeindustrie und übriger Holzbearbeitung, der Steine- und Erden-Industrie, der Mörtelindustrie, der Transportbetonindustrie, der chemischen oder kunststoffverarbeitenden Industrie oder der Metall- und Elektroindustrie fallen.
2. Für Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland gilt Abs. 1 nur dann, wenn sie
a) bereits am Stichtag unmittelbar oder mittelbar ordentliches Mitglied des Hauptverbandes der Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige e. V., der Vereinigung Deutscher Sägewerksverbände e. V., der Sozialpolitischen Arbeitsgemeinschaft Steine und Erden e. V., des Bundesverbandes der Deutschen Mörtelindustrie e. V., des Bundesverbandes der Deutschen Transportbetonindustrie e. V., des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie e. V., der Verbände der kunststoffverarbeitenden Industrie oder eines Arbeitgeberverbandes im Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände (Gesamtmetall) waren. In diesem Fall wird unwiderlegbar vermutet, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt sind.
…
II.
Für Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland, die bereits seit einem Jahr Fertigbauarbeiten ausführen, gilt die Ausnahme gemäß Abschnitt I Abs. 1, wenn sie unmittelbar oder mittelbar Mitglied eines der in Abschnitt I Abs. 2 Buchst. a) genannten Verbände geworden sind.
…”
In dem am 1. November 2003 in Kraft getretenen Manteltarifvertrag für Montagebetriebe im Holz und Kunststoff verarbeitenden Gewerbe im Land Sachsen-Anhalt vom 10. November 2003 (MTV-M) heißt es zum Geltungsbereich:
“Geltungsbereich
1. Dieser Vertrag gilt
räumlich:
für das Land Sachsen-Anhalt
fachlich:
Für Betriebe, die ausschließlich zugekaufte Produkte (ausgenommen sind vorbereitende Tätigkeiten, die keine Produktfertigung beinhalten) auf außerbetrieblichen Arbeitsstellen be- und verarbeiten und/oder ausschließlich Montagearbeiten außerhalb des Betriebes in folgenden Bereichen ausführen:
– Innenausbau aller Art für Gebäude und Räume sowie für Verkehrs- und Transportmittel, Wohnungs-, Büro-, Industrie- und Ladeneinrichtungen, Bad- und Saunaeinrichtungen, Solarien, Regale, Verkleidungen und Vertäfelungen aller Art, Montage von Schall- und Wärmedichtungen, akustische Ausbauten und Auskleidung von Räumen, Trockenbau, Schiffsinnenausbau, Treppenbau, Dachgeschossausbau, Beschichtungen, Verschweißen und Isolieren von Folien und mit Kunstharzen;
– Türen, Tore, Fenster, Rollläden, Jalousien, Rollos, Verdunkelungsanlagen, Klappläden, Treppen, Fassadenelemente, Raumtrennprodukte, Zäune aller Art, Wintergärten, Balkonanlagen.
persönlich:
für alle Arbeitnehmer und Auszubildenden sowie Arbeitgeber, soweit die Vorgenannten Mitglieder der Tarifvertragsparteien sind.”
Die ZVK ist der Ansicht, die Beklagte unterfalle auf Grund der von ihren Arbeitnehmern erbrachten baulichen Leistungen dem betrieblichen Geltungsbereich des für allgemeinverbindlich erklärten VTV. Bei den ausgeführten Tätigkeiten handele es sich um Trocken- und Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV. Die Allgemeinverbindlicherklärung erstrecke sich auf den Betrieb der Beklagten. Auf Abschn. I Nr. 1 der Einschränkungsklauseln könne sich diese nicht berufen, weil sie erst nach dem Stichtag 1. Juli 1999 mittelbar Mitglied des Hauptverbandes der Deutschen Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige e.V. geworden sei. Auch die Voraussetzungen des Abschn. II der Einschränkungsklauseln seien nicht erfüllt. Die Beklagte führe keine Fertigbauarbeiten im Sinne dieser Bestimmung aus. Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes hätten in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 und Nr. 37 VTV ausdrücklich zwischen Fertigbauarbeiten und Trocken- und Montagebauarbeiten unterschieden und erstgenannte Arbeiten an die Verwendung von Fertigbauteilen geknüpft. Solche seien serienmäßig hergestellte, typisierte Bauteile, deren werksmäßige Fertigung eine Reihe von Leistungen umfasse, die sonst am Bau durch verschiedene Handwerke nacheinander ausgeführt werden müssten. Allerdings genüge zur Annahme von Fertigbauarbeiten nicht jede Verwendung vorgefertigter Bauelemente, die auch im Trocken- und Montagebau eingesetzt würden. Fertigbauarbeiten würden nur dann ausgeführt, wenn durch sie die herkömmliche Arbeitsweise am Bau ersetzt werde. Ohne diese Einschränkung wäre ein großer Teil der Tätigkeitsbeschreibungen in § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV überflüssig und sinnleer. Der Einbau vorgefertigter Türen, Fenster und Tore sei in der Baubranche schon immer üblich gewesen. Bei der Ausführung solcher Tätigkeiten handele es sich deshalb nicht um Fertigbauarbeiten iSd. VTV. Für sechs in den Monaten Januar bis November 2001 beschäftigte gewerbliche Arbeitnehmer errechne sich ein Mindestsozialkassenbeitrag iHv. 20.460,00 Euro.
Die ZVK hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. der Klägerin auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten August 2002 bis Januar 2004 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
2. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an die Klägerin eine Entschädigungssumme in Höhe von 22.500,00 Euro zu zahlen,
3. an die Klägerin 20.460,00 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, die Allgemeinverbindlicherklärung des VTV erstrecke sich nach Abschn. II der Einschränkungsklauseln nicht auf ihren Betrieb. Mit der Montage vorgefertigter Türen, Tore, Fenster und Fassaden führe sie Fertigbauarbeiten und keine Trockenbau- und Montagearbeiten aus. Bei letztgenannten Arbeiten müssten die verwendeten Bauteile regelmäßig vor Ort an das jeweilige Bauwerk angepasst und zugeschnitten werden. Sie baue Türen, Tore und Fenster dagegen ohne weitere Bearbeitung vor Ort ein. Auch die weitere Voraussetzung für die Ausnahme von der Allgemeinverbindlicherklärung sei erfüllt. Sie habe im Januar 2001 mit der Montage von Türen, Fenstern, Fassaden und Toren begonnen und sei noch in diesem Monat und damit innerhalb eines Jahres nach Tätigkeitsaufnahme Mitglied des Landesverbandes Sachsen-Anhalt der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. geworden. Auf Grund dieser Mitgliedschaft gehöre sie mittelbar dem in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a der Einschränkungsklauseln genannten Hauptverband der Deutschen Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige e.V. an. Im Übrigen seien der Manteltarifvertrag für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie Sachsen-Anhalt (MTV) idF vom 21. November 1996 und der am 1. November 2003 in Kraft getretene MTV-M gegenüber dem VTV die sachnäheren Tarifverträge und verdrängten diesen deshalb nach dem Grundsatz der Spezialität.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die ZVK ihr Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der ZVK zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der ZVK hat überwiegend Erfolg. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht die Zahlungsklage und die auf den Zeitraum August 2002 bis Oktober 2003 bezogene Auskunftsklage der ZVK abgewiesen. Für die Monate November 2003 bis Januar 2004 hat die Beklagte die von der ZVK verlangte Auskunft zu erteilen, soweit sich diese auf Beiträge zur Urlaubskasse bezieht. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die ZVK hat für die letztgenannten Monate keinen Anspruch auf Beiträge für Lohnausgleich und für die Erstattung von Kosten der Berufsausbildung (zusammen 2,8 vH der Bruttolohnsumme für November und Dezember 2003 und 2,4 vH der Bruttolohnsumme für Januar 2004 nach den einschlägigen Tarifverträgen über die Aufteilung des an die tariflichen Sozialkassen des Baugewerbes abzuführenden Gesamtbetrages). Die Beklagte ist deshalb insoweit nicht zur Erteilung von Auskünften verpflichtet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zusammengefasst angenommen, der Betrieb der Beklagten sei von der Allgemeinverbindlicherklärung des VTV nicht erfasst worden. Die Beklagte habe die Voraussetzungen des Abschn. II der Einschränkungsklauseln erfüllt. Sie sei vor Ablauf eines Jahres nach Aufnahme ihrer Tätigkeit mittelbar Mitglied des in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a der Einschränkungsklauseln genannten Hauptverbandes der Deutschen Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige e.V. geworden. Für die Ausnahme von der Allgemeinverbindlicherklärung des VTV sei nach Abschn. II der Einschränkungsklauseln nicht erforderlich, dass 10 der Betrieb der Beklagten unter einen der im Anhang abgedruckten fachlichen Geltungsbereiche der am 1. Juli 1999 geltenden Tarifverträge der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie gefallen sei. Bei der Regelung in Abschn. II der Einschränkungsklauseln handele es sich um eine Rechtsfolgenverweisung. Der Betrieb der Beklagten sei ein Fertigbaubetrieb im Sinne dieser Bestimmung. Der Begriff der Fertigbauarbeiten in Abschn. II der Einschränkungsklauseln sei identisch mit dem Tarifbegriff Fertigbauarbeiten in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV. Fertigbauarbeiten seien alle Tätigkeiten, die durch Einbauen oder Zusammenfügen von Bauteilen der Erstellung, Instandsetzung oder Instandhaltung von Bauwerken dienten und damit auch das Einsetzen vorgefertigter Türen, Tore und Fenster sowie das Anbringen von Wandverkleidungen. Eine Einschränkung dahingehend, dass bauliche Leistungen nur dann Fertigbauarbeiten sein könnten, wenn sie im Rahmen der Errichtung von Fertigbauten erbracht würden, sei der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zu entnehmen. Fertigbauarbeiten lägen auch nicht nur dann vor, wenn die herkömmliche, übliche Arbeitsweise am Bau durch das Einbauen und Zusammenfügen bzw. Einbauen vorgefertigter Bauteile ersetzt werde.
II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern. Der VTV galt bis zum 31. Oktober 2003 auf Grund der Allgemeinverbindlicherklärung mit unmittelbarer und zwingender Wirkung für die Beklagte (§ 5 Abs. 4 TVG). Der ZVK steht deshalb nach § 18 Abs. 1 Satz 1 VTV iVm. § 22 Abs. 1 Satz 1 VTV der für die Monate Januar bis November 2001 beanspruchte Mindestsozialkassenbeitrag zu. Über dessen Höhe von 20.460,00 Euro besteht kein Streit. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 VTV schuldet die Beklagte die von der ZVK für die Zeit von August 2002 bis Oktober 2003 verlangten Auskünfte. Nach § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG hat die ZVK Anspruch auf die geltend gemachte Entschädigung iHv. 22.500,00 Euro, wenn die Beklagte die Auskünfte nicht fristgerecht erteilt.
1. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es zunächst darauf an, ob im Betrieb der Beklagten vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasste Tätigkeiten verrichtet worden sind, wobei auf die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer der Beklagten und nicht auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst, aber auch nicht auf handels- und gewerberechtliche Kriterien abzustellen ist (st. Rspr. vgl. BAG 23. August 1995 – 10 AZR 105/95 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 193 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 79; 14. Januar 2004 – 10 AZR 182/03 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 263; 27. Oktober 2004 – 10 AZR 119/04 –, zu II 2 der Gründe; 8. März 2006 – 10 AZR 392/05 –, zu II 2 der Gründe). Betriebe, die überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV genannten Tätigkeiten ausführen, fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV, ohne dass die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschn. I bis III geprüft werden müssen (st. Rspr. vgl. BAG 18. Januar 1984 – 4 AZR 41/83 – BAGE 45, 11; 14. Januar 2004 – 10 AZR 182/03 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 263; 13. Mai 2004 – 10 AZR 488/03 –; 8. März 2006 – 10 AZR 392/05 –). Danach hat die Beklagte einen Baubetrieb geführt.
2. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten montierten ihre durchschnittlich sechs gewerblichen Arbeitnehmer vorgefertigte Bauelemente, insbesondere Türen, Tore, Fenster und Fassaden, und führten damit verbundene Nebenarbeiten aus. Damit verrichteten die Arbeitnehmer der Beklagten nicht nur Fassadenbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 12 VTV, sondern mit dem Einbau von Türen, Fenstern und Toren auch Trocken- und Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV.
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten erfordert die Ausführung von Trocken- und Montagebauarbeiten iSd. Tarifbeispiels nicht, dass die verwendeten Bauteile regelmäßig vor Ort an das jeweilige Bauwerk angepasst und zugeschnitten werden. Montage ist das Zusammensetzen oder der Zusammenbau einzelner vorgefertigter Teile (Duden Deutsches Universalwörterbuch 4. Aufl. Stichwort “Montage”; Wahrig Deutsches Wörterbuch 7. Aufl. Stichwort “Montage”). Montiert ein Betrieb vorgefertigte Teile, führt er Montagearbeiten auch dann aus, wenn die vorgefertigten Teile vor ihrem Zusammensetzen oder ihrem Einbau nicht bearbeitet werden. Eine erforderliche Bearbeitung der vorgefertigten Teile und ihre Anpassung an das jeweilige Bauwerk vor Ort können vielmehr gegen die Ausführung von Montagebauarbeiten sprechen, jedenfalls dann, wenn die zur Anpassung der vorgefertigten Bauteile vor Ort ausgeführten Arbeiten arbeitszeitlich überwiegen und das Zusammensetzen oder der Einbau der bearbeiteten Teile damit nicht mehr Tätigkeitsschwerpunkt ist.
b) Montagebau ist die auf der Montage vorgefertigter Teile beruhende Bauweise (Duden Deutsches Universalwörterbuch 4. Aufl. Stichwort “Montagebau”), die Bauweise mit größeren Fertigteilen (Wahrig Deutsches Wörterbuch 7. Aufl. Stichwort “Montagebau”). Das Beispiel “Trocken- und Montagebauarbeiten” in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV ist somit erfüllt, wenn die vorgefertigten, industriell hergestellten Fertigteile vor ihrer Montage nicht oder nicht wesentlich verändert werden (BAG 15. Februar 2006 – 10 AZR 270/05 –, zu II 2a der Gründe; 23. Oktober 2002 – 10 AZR 225/02 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 255 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 115; 20. September 1995 – 10 AZR 1018/94 –; 26. April 1989 – 4 AZR 49/89 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 110).
c) Mit der Montage der von Drittunternehmen vorgefertigten Bauelemente wie Türen, Toren und Fenstern ohne weitere Bearbeitung vor Ort und ohne Anpassung an das jeweilige Gebäude führten die gewerblichen Arbeitnehmer der Beklagten, die sich selbst als Montagebetrieb bezeichnet, Trocken- und Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV aus (vgl. zum Einbau von Türen und Fenstern als bauliche Leistung BAG 25. Juli 2001 – 10 AZR 599/00 – BAGE 98, 263; 26. Januar 1994 – 10 AZR 40/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 171 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 71). Der Einbau von Fenstern und Türen zählt zu den Tätigkeiten eines Trockenbaumonteurs. Er wird im Ausbildungsrahmenplan für den Trockenbaumonteur ausdrücklich genannt (vgl. Verordnung für die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft, für die Zeit bis zum 31. Juli 1999 VO vom 8. Mai 1974, BGBl. I S. 1073, zu § 26 Anlage 12 II Nr. 1 Buchst. i; für die Zeit ab 1. August 1999 VO vom 2. Juni 1999, BGBl. I S. 1102, zu § 64 Anlage 12 Nr. 8 Buchst. c). Mit dem Beispiel “Trocken- und Montagebauarbeiten” in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV stellen die Tarifvertragsparteien mangels eigener Begriffsbestimmung erkennbar auf das Tätigkeitsfeld des den baulichen Berufen zuzuordnenden Trockenbaumonteurs ab (BAG 24. Oktober 2001 – 10 AZR 45/01 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 245 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 112). Auch die im Klammerzusatz aufgeführten Beispiele “Wand- und Deckeneinbau bzw. -verkleidungen” orientieren sich am Berufsbild des Trockenbaumonteurs, dessen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Montage von Fassaden, Unterdecken, Wand- und Deckenverkleidungen und Leichtbauwänden erbracht wird (15. Februar 2006 – 10 AZR 270/05 –, zu II 2a der Gründe mwN). Die ausdrücklich genannten Beispiele sind nicht als abschließender Katalog anzusehen. Überdies können Türen und Fenster als Bestandteile der seitlichen Begrenzungen von Räumen und damit von Wänden (Wahrig Deutsches Wörterbuch 7. Aufl. Stichwort “Wand”) angesehen werden. Der Senat hat mehrfach entschieden, dass die Montage von Wänden den Tarifbegriff Trocken- und Montagebauarbeiten erfüllt (23. Oktober 2002 – 10 AZR 225/02 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 255 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 115; 7. Juli 1999 – 10 AZR 582/98 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 221 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 95; 22. September 1993 – 10 AZR 207/92 – BAGE 74, 238).
3. Die Allgemeinverbindlicherklärung des VTV hat sich auf den Betrieb der Beklagten erstreckt. Dieser wird nicht von einer Einschränkung der Allgemeinverbindlicherklärung des VTV erfasst.
a) Die Beklagte erfüllt nicht die Voraussetzungen, unter denen sie nach Abschn. I Abs. 2 Buchst. a iVm. Abs. 1 der Einschränkungsklauseln von der Allgemeinverbindlicherklärung ausgenommen wäre. Hierzu hätte sie als Arbeitgeberin mit Sitz im Inland bereits am Stichtag 1. Juli 1999 unmittelbar oder mittelbar ordentliches Mitglied eines der in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a der Einschränkungsklauseln genannten Verbände sein müssen. Die Beklagte gehört jedoch erst seit dem 8. Januar 2001 dem Landesverband Sachsen-Anhalt der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. an.
b) Auch die von der Beklagten darzulegenden Voraussetzungen des Abschn. II der Einschränkungsklauseln (vgl. BAG 23. Februar 2005 – 10 AZR 382/04 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 270 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 117) liegen nicht vor. Danach gilt die Ausnahme gemäß Abschn. I Abs. 1 der Einschränkungsklauseln für Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland, die bereits seit einem Jahr Fertigbauarbeiten ausführen, wenn sie unmittelbar oder mittelbar Mitglied eines der in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a der Einschränkungsklauseln genannten Verbände geworden sind. Der Normgeber der Allgemeinverbindlicherklärung hat damit den Bereich der Fertigbauarbeiten ausführenden Betriebe für so bedeutsam gehalten, dass hier auch Neugründungen bei einer zeitnahen Mitgliedschaft in einem baufremden Verband aus der Allgemeinverbindlicherklärung herausfallen sollen (vgl. BAG 23. Juni 2004 – 10 AZR 470/03 –). Die Vorschrift ist so zu lesen, dass Fertigbauarbeiten ausführende Betriebe ein Jahr nach Tätigkeitsaufnahme von der Allgemeinverbindlicherklärung erfasst werden, wenn sie bis dahin keine Mitgliedschaft in einem der in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a der Einschränkungsklauseln genannten Verbände erworben haben (BAG 29. September 2004 – 10 AZR 562/03 –, zu II 2b aa der Gründe). Die Beklagte ist zwar vor Ablauf eines Jahres nach Tätigkeitsaufnahme mittelbar Mitglied eines solchen Verbandes geworden. Sie unterhält jedoch keinen Fertigbauarbeiten sondern einen Trocken- und Montagebauarbeiten ausführenden Betrieb.
c) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass der Begriff der Fertigbauarbeiten in Abschn. II der Einschränkungsklauseln auf die von den Tarifvertragsparteien in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV genannte Beispielstätigkeit “Fertigbauarbeiten” verweist und damit deren Merkmale zu Grunde legt (vgl. für Abbrucharbeiten BAG 4. Oktober 1989 – 4 AZR 319/89 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 120; 24. Januar 1990 – 4 AZR 493/89 – BAGE 64, 81). Das folgt bereits aus dem Wortlaut der Einschränkung. Die Vorschrift nimmt Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland, die Fertigbauarbeiten ausführen, von der unmittelbaren und zwingenden Wirkung der für allgemeinverbindlich erklärten Bautarifverträge aus. Das können aber nur solche Betriebe und selbständigen Betriebsabteilungen sein, die ohne die Einschränkung von der Allgemeinverbindlicherklärung erfasst würden, weil sie dem betrieblichen Geltungsbereich der für allgemeinverbindlich erklärten Bautarifverträge unterfallen, hier also solche, die Fertigbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV ausführen.
d) Rechtsfehlerhaft hat das Landesarbeitsgericht jedoch angenommen, die von den gewerblichen Arbeitnehmern der Beklagten ausgeführten Trocken- und Montagebauarbeiten seien Fertigbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV und damit auch Fertigbauarbeiten iSv. Abschn. II der Einschränkungsklauseln. Die Tarifvertragsparteien haben bei den in § 1 Abs. 2 Abschn. V genannten Beispielstätigkeiten ausdrücklich zwischen Trocken- und Montagebauarbeiten und Fertigbauarbeiten differenziert und in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Zusammensetzen oder der Einbau vorgefertigter Bauelemente nach ihrem Verständnis nur dann Fertigbauarbeiten im Tarifsinne sind, soweit Fertigbauteile zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken eingebaut oder zusammengefügt werden. Sie haben den Begriff “Fertigbauteil” nicht selbst definiert und damit mangels einer eigenen abweichenden Begriffsbestimmung erkennbar auf die Bedeutung dieses Begriffs nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und nach der Fachsprache im Bauwesen abgestellt.
aa) Fertigbau ist die Herstellung eines Gebäudes in Fertigbauweise (Duden Deutsches Universalwörterbuch 4. Aufl. Stichwort “Fertigbau”). Fertigbauweise ist eine Bauweise unter Verwendung in einer Fabrik hergestellter und auf der Baustelle zum Gesamtbauwerk zusammengefügter Bauteile wie Decken oder Wände (Wahrig Deutsches Wörterbuch 7. Aufl. Stichwort “Fertigbauweise”; Peter Lexikon der Bautechnik Stichwort “Fertigbauweise”). Fertigbauteile sind Bauteile aus einem oder mehreren Bau- oder Werkstoffen, die serienmäßig oder zumindest in größerer Stückzahl in entsprechenden Betrieben oder Werken für den Einbau auf der Baustelle gefertigt werden und als komplette Einheit verschiedene Bauleistungen enthalten können, wie zB Wandbauteile mit eingebauten Installationen oder fertiger Oberfläche (Peter Lexikon der Bautechnik Stichwort “Fertigbauteile”). Ein Betrieb führt damit nur dann Fertigbauarbeiten im Sinne des tariflichen Tätigkeitsbeispiels in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV aus, wenn er entweder Bauwerke mit solchen Fertigteilen vollständig in Fertigbauweise errichtet oder solche Fertigbauteile zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken einbaut oder zusammenfügt und mit dieser Verwendung kompletter Baueinheiten die herkömmliche, konventionelle Arbeitsweise am Bau ersetzt. Bei einem solchen Verständnis werden Tätigkeiten, bei denen vorgefertigte Bauelemente schon immer oder doch jedenfalls seit langem nach Herkommen und Üblichkeit in der Baubranche “fertig” eingebaut werden, vom Tarifbegriff “Fertigbauarbeiten” nicht erfasst. Dies trifft auf den Einbau von Türen, Toren und Fenstern zu.
bb) Entgegen der Behauptung der Beklagten hat der Senat in seinem Urteil vom 4. Mai 1994 (– 10 AZR 353/93 –) nicht angenommen, das Einsetzen von Türen und Fenstern sei Fertigbauarbeit im Tarifsinne. In jenem Fall hatte die Arbeitgeberin in Fertigbauweise Holzbauten errichtet und dazu auch vorgefertigte Fenster und Türen eingebaut. Die Beklagte erstellt jedoch keine Fertigbauten, sie baut lediglich Bauelemente wie Türen, Tore und Fenster ein. Auch der Hinweis der Beklagten auf die Entscheidung des Senats vom 23. Juni 2004 (– 10 AZR 470/03 –) geht fehl. In jenem Rechtsstreit hatte die ZVK behauptet, die gewerblichen Arbeitnehmer der beklagten Arbeitgeberin hätten arbeitszeitlich überwiegend Baufertigteile auf Baustellen eingebaut. Auf eine Abgrenzung der in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV genannten Fertigbauarbeiten von Trocken- und Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV kam es nicht an.
cc) Allerdings hat sich die Bauweise schon immer gewandelt und wird sich auch künftig auf Grund neuer Techniken und neuer Materialien weiter entwickeln. Eine trennscharfe Abgrenzung von Fertigbauarbeiten von herkömmlichen baulichen Leistungen mag deshalb im Einzelfall mit Schwierigkeiten verbunden sein. Ohne das zu Abgrenzungszwecken heranzuziehende Kriterium der Herkömmlichkeit der Bauweise wäre jedoch ein Großteil der Tätigkeitsbeispiele und Tätigkeitsbeschreibungen in § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV überflüssig und sinnleer. Von Drittunternehmen oder vom einbauenden Betrieb selbst vorgefertigte Bauelemente und Bauteile werden seit jeher in vielen Gewerbezweigen verwendet, zB bei Dämm-(Isolier-)Arbeiten (§ 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 9 VTV), bei Fassadenbauarbeiten (§ 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 12 VTV), bei Feuerungs- und Ofenbauarbeiten (§ 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 14 VTV), bei Rohrleitungsbauarbeiten (§ 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 VTV) sowie bei Schornsteinbauarbeiten (§ 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 28 VTV). Auch die zahlreichen Ausnahmebestimmungen in § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV hätten kaum einen Anwendungsbereich, soweit sie darauf abstellen, dass keine Arbeiten der in Abschn. V aufgeführten Art und somit auch keine Fertigbauarbeiten ausgeführt werden. Führte jeder Baubetrieb, der irgendwelche vorgefertigten Bauelemente auf der Baustelle zusammenfügt oder einbaut, entsprechend der Rechtsauffassung der Beklagten Fertigbauarbeiten im Tarifsinne aus, widerspräche dies den Differenzierungen der Tarifvertragsparteien bei den Tätigkeitsbeispielen und Tätigkeitsbeschreibungen in § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV. Der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt damit die Auslegung, dass nicht jeder Einbau vorgefertigter Bauteile zur Erfüllung des tariflichen Merkmals “Fertigbauarbeiten” ausreicht, sondern dafür erforderlich ist, dass durch das Einbauen und Zusammenfügen von Fertigbauteilen die herkömmliche Bauweise am Bau ersetzt wird.
4. Entgegen der Auffassung der Beklagten war der MTV gegenüber dem VTV nicht der speziellere Tarifvertrag. Er war im Vergleich zum VTV nicht sachnäher. Vielmehr hat der VTV den MTV nach dem Grundsatz der Spezialität verdrängt (BAG 25. Juli 2001 – 10 AZR 599/00 – BAGE 98, 263).
5. Allerdings ist der MTV-M gegenüber dem VTV der sachnähere Tarifvertrag. Die ZVK hat deshalb für die Monate November 2003 bis Januar 2004 keinen Anspruch auf Beiträge für Lohnausgleich und für die Erstattung von Kosten der Berufsausbildung und deshalb auch keinen Auskunftsanspruch wegen dieser Beiträge.
a) Der MTV-M ist am 1. November 2003 in Kraft getreten. Vor diesem Zeitpunkt konnte er den VTV nicht nach dem Grundsatz der Spezialität verdrängen. Für den Anspruchszeitraum bis zum 31. Oktober 2003 stehen der ZVK deshalb nicht nur die Beiträge zur Urlaubskasse, sondern auch die Beiträge für Lohnausgleich und für die Erstattung von Kosten der Berufsausbildung zu.
b) Nach dem Inkrafttreten des MTV-M wurde der Montagebetrieb der Beklagten von dem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfasst. Die Beklagte hat ihren Sitz im Land Sachsen-Anhalt und damit im räumlichen Geltungsbereich des MTV-M. Sie montiert vorgefertigte Türen, Fenster, Fassaden und Tore und fällt damit unter den fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages. Seit dem 8. Januar 2001 ist sie Mitglied im Landesverband Sachsen-Anhalt der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. und gehört damit einer Tarifvertragspartei des MTV-M an.
c) Nach dem Grundsatz der Spezialität käme in einem solchen Fall der Tarifkonkurrenz bzw. Tarifpluralität allein der Tarifvertrag zur Anwendung, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird (BAG 25. Juli 2001 – 10 AZR 599/00 – BAGE 98, 263; 26. Januar 1994 – 10 AZR 611/92 – BAGE 75, 298; 24. Januar 1990 – 4 AZR 561/89 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 126 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 6 mwN). Das trifft auf den MTV-M zu. Dieser ist anders als der MTV gegenüber dem VTV der speziellere Tarifvertrag.
aa) Dafür ist zunächst von Bedeutung, dass der räumliche Geltungsbereich des MTV-M nur das Land Sachsen-Anhalt erfasst, während der VTV grundsätzlich bundesweit gilt. Dies ist nicht deshalb unerheblich, weil die beiden Tarifverträge von unterschiedlichen Tarifvertragsparteien abgeschlossen wurden. Entscheidend ist, dass ein nach seinem räumlichen Geltungsbereich enger begrenzter Tarifvertrag den regionalen Besonderheiten Rechnung tragen kann, die ein bundesweit geltender Tarifvertrag weitgehend vernachlässigen muss (BAG 25. Juli 2001 – 10 AZR 599/00 – BAGE 98, 263).
bb) Zwar ist der persönliche Geltungsbereich des VTV in den neuen Bundesländern enger und damit spezieller als der des MTV-M, weil der VTV dort nur gewerbliche Arbeitnehmer und Auszubildende erfasst, während der MTV-M für alle Arbeitnehmer und Auszubildenden und damit auch für Angestellte gilt. Maßgeblich kommt es jedoch darauf an, welcher Tarifvertrag den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird. Deshalb ist der fachliche (betriebliche) Geltungsbereich der beiden Tarifverträge von besonderem Gewicht. Danach ist der MTV-M fachlich enger, weil unter seinen fachlichen Geltungsbereich nur Betriebe fallen, die ausschließlich zugekaufte Produkte (ausgenommen sind vorbereitende Tätigkeiten, die keine Produktfertigung beinhalten) auf außerbetrieblichen Arbeitsstellen be- und verarbeiten und/oder ausschließlich Montagearbeiten außerhalb des Betriebes ausführen. Er beansprucht nicht wie der MTV umfassend Geltung für alle Betriebe, die im Bereich von Holz- und Kunststoffverarbeitung, ersatzweise auch von Verarbeitung anderer Werkstoffe, produzierend, verarbeitend, vertreibend oder montierend tätig sind. Entsprechend seiner Bezeichnung erfasst der MTV-M ausdrücklich nur Montagebetriebe und dies auch nur dann, wenn diese ausschließlich zugekaufte und nicht selbst gefertigte Produkte montieren. Demgegenüber unterfallen dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV nicht nur Montagebetriebe, sondern grundsätzlich alle Betriebe, die bauliche Leistungen der unterschiedlichsten Art erbringen, sowie, wenngleich nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, Betriebe der Baustoffproduktion.
cc) Allerdings verdrängt der speziellere MTV-M den VTV nicht, soweit die ZVK Beiträge zur Urlaubskasse geltend macht und insoweit von der Beklagten die Erteilung von Auskünften verlangt. Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seiner Anfrage beim Zehnten Senat vom 9. September 2003 (– 9 AZR 478/02 (A) –) die Auffassung vertreten, dass nach § 1 Abs. 3 AEntG ein inländischer Arbeitgeber, der vom betrieblichen Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Urlaubskassentarifvertrages erfasst wird, gesetzlich zur Abführung der Urlaubskassenbeiträge verpflichtet ist und diese gesetzliche Bindung durch einen für den Betrieb an sich tarifrechtlich geltenden sachnäheren Tarifvertrag nicht verdrängt wird. Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 13. Mai 2004 (– 10 AS 6/04 –) auf diese Anfrage hin seine bisherige Rechtsprechung zur Verdrängung des VTV durch einen sachnäheren Tarifvertrag teilweise aufgegeben und sich der Auffassung des Neunten Senats angeschlossen.
dd) Die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Abführung von Urlaubskassenbeiträgen besteht nur dann nicht, wenn seine Arbeitnehmer nach den Regeln eines sachnäheren Tarifvertrages hinsichtlich des Urlaubs besser gestellt sind als nach Maßgabe der allgemeinverbindlichen Bautarifverträge. Ein Arbeitgeber mit Sitz im Ausland hat dann nicht am Urlaubskassenverfahren teilzunehmen, wenn die entsandten Arbeitnehmer nach den Regeln des Entsendestaates hinsichtlich des Urlaubs besser gestellt sind als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer nach Maßgabe der allgemeinverbindlichen Tarifverträge (BAG 3. Mai 2006 – 10 AZR 344/05 –; 25. Juni 2002 – 9 AZR 405/00 – BAGE 101, 357; 25. Juni 2002 – 9 AZR 439/01 – BAGE 102, 1; 25. Juni 2002 – 9 AZR 406/00 – DB 2003, 2287) und es damit auf Grund des gebotenen Günstigkeitsvergleichs gar nicht zu einer Anwendung der allgemeinverbindlichen tariflichen Urlaubsvorschriften kommt. Die Bestimmungen des AEntG sind insoweit einschränkend auszulegen (BAG 20. Juli 2004 – 9 AZR 343/03 – BAGE 111, 247 mwN). Das gilt auch, wenn ein sachnäherer Tarifvertrag die Arbeitnehmer eines Arbeitgebers mit Sitz im Inland hinsichtlich des Urlaubs besser stellt und die Urlaubsregelungen in § 8 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV) vom 3. Februar 1981 den Arbeitnehmern somit keinen tatsächlichen Vorteil verschaffen würden.
ee) Das Günstigkeitsprinzip steht einer Teilnahme der Beklagten am Urlaubskassenverfahren nicht entgegen. Die Urlaubsregelungen in Nr. 57 bis Nr. 85 MTV-M stellen die Arbeitnehmer hinsichtlich des Urlaubsanspruchs, der Urlaubsdauer, des Urlaubsantritts, der Urlaubsvergütung, des zusätzlichen Urlaubsgeldes, der Urlaubsabgeltung und des Verfalls der Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche insgesamt nicht besser. Die Beklagte hat dies auch nicht behauptet.
ff) In seinem Beschluss vom 13. Mai 2004 (– 10 AS 6/04 –) hat der Senat ausdrücklich offen gelassen, wie in Bezug auf die Beitragsanteile für Lohnausgleich, Berufsbildung und Zusatzversorgung zu verfahren ist. Da sich der Auskunftsanspruch der ZVK für die Zeit nach dem Inkrafttreten des MTV-M am 1. November 2003 auf die Sozialkassenbeiträge und damit auch auf die Beiträge für Lohnausgleich und für die Erstattung von Kosten der Berufsausbildung bezieht, muss die Frage entschieden werden. Die Beklagte ist nach dem Inkrafttreten des spezielleren MTV-M am 1. November 2003 nicht mehr zur Entrichtung des Sozialkassenbeitrags verpflichtet, sondern hat nur noch die Beiträge zur Urlaubskasse zu leisten. Für einen Anspruch der ZVK auf die Beiträge für Lohnausgleich und für die Erstattung von Kosten der Berufsausbildung fehlt ab dem 1. November 2003 eine Anspruchsgrundlage. Nach § 1 Abs. 3 AEntG ist ein inländischer Arbeitgeber, der vom betrieblichen Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Urlaubskassentarifvertrages erfasst wird, gesetzlich nur zur Abführung der Urlaubskassenbeiträge verpflichtet. Nur im Rahmen dieser gesetzlichen Bindung wird ein Urlaubskassentarifvertrag durch einen für den Betrieb an sich tarifrechtlich geltenden sachnäheren Tarifvertrag nicht verdrängt, wenn dieser den Arbeitnehmern keinen tatsächlichen Vorteil verschafft. Außerhalb dieser gesetzlichen Bindung richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Grundsatz der Spezialität und somit nach den Bestimmungen des sachnäheren Tarifvertrages. Soweit § 18 Abs. 1 VTV nicht nur den Anspruch der ZVK auf Beiträge zur Urlaubskasse begründet, sondern auch die Entrichtung von Beiträgen für Lohnausgleich und für die Erstattung von Kosten der Berufsausbildung regelt, findet die Tarifvorschrift damit keine Anwendung. Sie wird insoweit durch die Regelungen des spezielleren MTV-M verdrängt. Ist ein Arbeitgeber nach § 1 Abs. 3 AEntG zur Abführung von Urlaubskassenbeiträgen gemäß den Vorschriften eines für allgemeinverbindlich erklärten Urlaubskassentarifvertrages verpflichtet und unterfällt sein Betrieb zugleich infolge Verbandsmitgliedschaft einem anderen sachnäheren Tarifvertrag, finden auch die Regelungen dieses spezielleren Tarifvertrages Anwendung. Dies kann eine Durchbrechung des Grundsatzes der Tarifeinheit bedeuten. Im Geltungsbereich des AEntG können sowohl Vorschriften der allgemeinverbindlichen Bautarifverträge als auch baufremde tarifliche Regelungen nicht nur im selben Betrieb, sondern auch auf das einzelne Arbeitsverhältnis Anwendung finden.
III. Die Beklagte trägt nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits. Auch soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, hat die Beklagte nach § 91a Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das entspricht aus vorstehenden Gründen nach billigem Ermessen dem bisherigen Sach- und Streitstand.
Unterschriften
Dr. Freitag, Marquardt, Brühler, Burger, Kiel
Fundstellen
Haufe-Index 1643384 |
BAGE 2008, 1 |
BB 2007, 508 |
DB 2007, 296 |