Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtversorgungsobergrenze. vorzeitiges Ausscheiden
Leitsatz (redaktionell)
Eine in der Versorgungsordnung enthaltene Gesamtversorgungsobergrenze ist bei vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern grundsätzlich bereits bei der Berechnung der maßgeblichen fiktiven Vollrente nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu berücksichtigen und nicht erst auf die zeitratierlich gekürzte Betriebsrente anzuwenden.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 1, §§ 6, 16 Abs. 1-2, § 17 Abs. 3 S. 3; BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2013 – 12 Sa 161/13 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt noch über die Höhe des Ausgangsruhegelds des Klägers.
Der im Juni 1947 geborene Kläger war vom 19. Juni 1967 bis zum 31. März 2001 bei der R E AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte zu 2. ist, beschäftigt. Ihm wurde ein betriebliches Ruhegeld nach den als Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossenen „Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R Aktiengesellschaft E” vom 9. Februar 1989 (im Folgenden RL 02/89) zugesagt. Die RL 02/89 lauten auszugsweise wie folgt:
„Präambel
Durch die Neuregelung der Ruhegeldrichtlinien für die Mitarbeiter, die vor dem 01.04.1986 schon im Unternehmen beschäftigt waren, sollen die wirtschaftliche Belastung des Unternehmens verringert und die künftige Belastung kalkulierbar gemacht werden. Dies soll insbesondere erreicht werden durch:
- Abbau der Überversorgung,
- Ausgleich der seit 1966 eingetretenen und nicht in den Risikobereich des Unternehmens fallenden Mehrbelastungen,
- Begrenzung des Risikos des Unternehmens aus der Gesamtversorgung für den Fall, daß die Renten aus der Sozialversicherung sinken.
§ 1 Grundlagen der Ruhegeldordnung
(1) Die Mitarbeiter der R Aktiengesellschaft, E, deren Arbeitsverhältnis vor dem 01.04.1986 begonnen hat, erhalten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen lebenslängliches Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung.
…
§ 2 Voraussetzungen für die Ruhegeldgewährung
(1) Voraussetzungen für die Gewährung von Ruhegeld sind:
1. das Bestehen eines mindestens zehnjährigen ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses mit dem Unternehmen und
2. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen
a) der Vollendung des 65. Lebensjahres oder
b) der Inanspruchnahme der vorgezogenen oder flexiblen Altersrente oder
…
Dienstzeiten vor Vollendung des 20. Lebensjahres im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 bleiben unberücksichtigt.
…
§ 4 Höhe des Ruhegeldes
(1) Das Ruhegeld beträgt nach zehnjähriger Dienstzeit 35 v. H. des letzten nach § 5 ruhegeldfähigen Diensteinkommens (ab 20. Lebensjahr gemäß § 2 Abs. 1, letzter Satz).
(2) Für jedes weitere vollendete Jahr, das der Mitarbeiter mehr als zehn Jahre ununterbrochen im Dienst des Unternehmens gestanden hat, steigt das Ruhegeld bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um 2 v. H. und von da ab um 1 v. H. des letzten nach § 5 ruhegeldfähigen Diensteinkommens. Die zur Berechnung der Höhe des Ruhegeldes zugrundezulegenden Dienstjahre werden auf volle Dienstjahre aufgerundet, wenn das Arbeitsverhältnis im letzten Dienstjahr wenigstens 183 Kalendertage bestanden hat. Bei der Berechnung der zehnjährigen Dienstzeit im Sinne des Absatzes 1 ist nicht aufzurunden.
(3) Der Höchstbetrag des Ruhegeldes darf 75 v. H. des letzten ruhegeldfähigen Diensteinkommens gemäß § 5 nicht übersteigen.
…
(5) Auf das Ruhegeld werden die Renten nach Maßgabe des § 6 angerechnet.
§ 5 Berechnung des ruhegeldfähigen Diensteinkommens
(1) Für die tariflichen Mitarbeiter wird der Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldberechnung die letzte tarifliche monatliche Tabellenvergütung einschließlich etwaiger persönlicher Zulagen, Familiengeld, Leistungszulagen, Wechselschichtzuschläge und noch bestehender Überstundenpauschalen zugrundegelegt.
(2) Für alle nicht tariflich erfaßten Mitarbeiter ist für die Berechnung des Ruhegeldes bzw. der Hinterbliebenenversorgung die vertraglich festgesetzte außertarifliche Vergütung des letzten Monats vor Versetzung in den Ruhestand maßgebend.
(3) Alle in Abs. 1 und 2 nicht erwähnten Vergütungsbestandteile sind nicht ruhegeldfähig.
…
(5) Die R-Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung wird für Pensionsfälle ab 1992 höchstens um die Inflationsrate angepaßt, soweit diese zum Zeitpunkt einer Rentenerhöhung unterhalb der Erhöhungen der Nettovergütungen der aktiven R-Mitarbeiter liegt. Übersteigt die Inflationsrate die Erhöhung der Nettovergütungen, verbleibt es bei der Anhebung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung um den Prozentsatz der Erhöhung der Nettovergütungen. Sollte die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten gesetzlich von der bruttolohnbezogenen auf die nettolohnbezogene Rentendynamisierung umgestellt werden, tritt im Rahmen der beschriebenen Anpassung an die Stelle der Erhöhung der Nettovergütungen die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten.
(6) Die Inflationsrate wird nach der Veränderung des durch das Statistische Bundesamt jährlich ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung von Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushalten mit mittlerem Einkommen berechnet. Die Nettovergütung wird auf der Grundlage der Vergütungsgruppe 9, Stufe 16 des jeweiligen Vergütungstarifvertrages (auf der Basis des Manteltarifvertrages vom 21.07.1977/28.09.1982) unter Berücksichtigung der Steuerklasse III/0 abzüglich sämtlicher Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) ermittelt.
(7) Die Anpassung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung erfolgt auf der Basis des bisherigen Ruhebzw. Hinterbliebenengeldes, ohne daß die Erstberechnung des Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes nachvollzogen wird.
(8) Stichtag für die Anpassung der Betriebsrenten ist jeweils der Zeitpunkt der Anpassung der gesetzlichen Sozialversicherungsrenten.
(9) § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 bleibt unberührt. Dabei sind zwischenzeitlich nach den vorstehenden Absätzen erfolgte Anhebungen der Betriebsrenten zu berücksichtigen.
§ 6 Anrechnung von Renten und Einkommen aus Tätigkeit
(1) Es ist davon auszugehen, daß der Mitarbeiter durch die Versetzung in den Ruhestand durch das Unternehmen nicht bessergestellt wird, als er sich vorher bei dem Unternehmen bezüglich seines Einkommens im Sinne des § 5 gestanden hat.
(2) Das Ruhegeld wird um die Hälfte derjenigen Beträge vermindert, die dem Mitarbeiter aufgrund jeweils bestehender Gesetze über Renten, Versicherungen, Pensionen und dergleichen zustehen; von der Anrechnung ausgenommen sind lediglich solche Teile dieser Leistungen, die ausschließlich auf eigenen Beitragsleistungen des Mitarbeiters – ohne Arbeitgeberbeteiligung – beruhen.
(3) Bezieht ein in den Ruhestand versetzter Mitarbeiter vor Vollendung seines 65. Lebensjahres Einkommen aus einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit, so dürfen diese Einkommen, zu dessen wahrheitsgemäßer Angabe der Mitarbeiter verpflichtet ist, und das Ruhegeld zusammen nicht höher sein als die Bezüge im Sinne des § 5 unter Berücksichtigung der Höchstgrenzen nach § 6 Abs. 5. Von der Anrechnung anderweitiger Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit auf die betriebliche Rente sind Einkünfte ausgenommen, die gemäß § 1248 RVO bzw. § 25 AVG nicht zu berücksichtigen sind.
…
(5) Das Gesamtmonatseinkommen eines Ruhegeldempfängers (Ruhegeld, gesetzliche Renten und sonstige Einkommen, soweit nicht gemäß Abs. 2 bis 4 von der Anrechnung ausgenommen) darf die nachstehend aufgeführten, nach der Dienstdauer ab vollendetem 20. Lebensjahr berechneten Höchstgrenzen nicht überschreiten; andernfalls erfolgt entsprechende Kürzung.
Höchstgrenzen sind bei 10 Dienstjahren = 63,0 %
bei 11 Dienstjahren = 63,6 %
…
bei 35 Dienstjahren = 78,0 %
der Begrenzungsgrundlage gemäß Abs. 8.
…
(8) Als Begrenzungsgrundlage gilt 1/12 von 13 ruhegeldfähigen monatlichen Diensteinkommen im Sinne von § 5.
(9) Ändert sich die prozentuale Belastung des Einkommens eines aktiven Mitarbeiters durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gegenüber dem Stand am 01.01.1990 um mehr als 4 Prozentpunkte, so sind die in Abs. 5 Satz 2 festgelegten Begrenzungsprozentsätze entsprechend zu ändern. Bei dieser Rechnung ist das monatliche Tarifgehalt der Vergütungsgruppe 9, Stufe 16, zugrundezulegen.
…
§ 18 Fälligkeit und Ende des Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes
(1) Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeld werden nachträglich am Ende eines jeden Monats gezahlt.
…”
Bei der R E AG galt eine Betriebsvereinbarung zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen vom 30. Juni 2000 – sog. 51er-Regelung – (im Folgenden BV 2000). Nr. 8c der BV 2000 lautet auszugsweise:
„Das betriebliche Ruhegeld wird gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 berechnet. Dabei erfolgt eine Kürzung in dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit bei Eintritt in die 51er-Regelung (m) zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres (n). Bei einem Ausscheiden vor Vollendung des 57,5. Lebensjahres wird die Zeit vom Ausscheiden bis zur Vollendung des 57,5. Lebensjahres zur Hälfte bei der Ermittlung der tatsächlich erbrachten Betriebszugehörigkeit (m) berücksichtigt. …”
Der Kläger, der auf der Grundlage der BV 2000 aus dem Arbeitsverhältnis mit der R E AG ausgeschieden ist, bezieht seit dem 1. Juli 2007 ein Ruhegeld. Dieses belief sich zunächst auf 2.634,72 Euro. Sein Ruhegeld wurde in der Folgezeit jährlich jeweils zum 1. Juli nach § 5 Abs. 5 bis Abs. 8 RL 02/89 angepasst.
Mit der Klage begehrt der Kläger von den Beklagten die Zahlung rückständigen Ruhegelds für die Monate Juli 2007 bis einschließlich November 2010 sowie sich hierauf ergebender Zinsen bis einschließlich 20. August 2012.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe ein höheres als das von den Beklagten berechnete Ruhegeld zu. Die Berechnung des Ausgangsruhegelds zum 1. Juli 2007 sei unzutreffend. Die in § 6 Abs. 5 RL 02/89 festgelegte Gesamtversorgungsobergrenze sei nicht bereits bei der Berechnung der nach § 2 Abs. 1 BetrAVG iVm. Nr. 8c BV 2000 maßgeblichen fiktiven Vollrente zu berücksichtigen. Vielmehr sei zunächst eine Quotierung des nach § 4 RL 02/89 ermittelten Ruhegelds wegen des vorzeitigen Ausscheidens vorzunehmen und das derart gekürzte Ruhegeld bei der Berechnung des Gesamtmonatseinkommens iSd. § 6 Abs. 5 RL 02/89 in Ansatz zu bringen. Danach ergebe sich ein Ausgangsruhegeld iHv. 2.852,07 Euro.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 9.324,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 1.741,26 Euro nebst weiteren Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.324,90 Euro seit dem 21. August 2012 zu zahlen.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, die Berechnung des Ausgangsruhegelds sei zutreffend. Die Gesamtversorgungsobergrenze in § 6 Abs. 5 RL 02/89 sei bereits bei der Berechnung der nach § 2 Abs. 1 BetrAVG iVm. Nr. 8c BV 2000 maßgeblichen fiktiven Vollrente zu berücksichtigen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagten zu 1., 3. und 5. gesamtschuldnerisch zur Zahlung eines Betrags iHv. 2.196,51 Euro zuzüglich Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die ausschließlich vom Kläger geführte Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung rückständigen Ruhegelds für die Monate Juli 2007 bis November 2010 und damit auch kein Anspruch auf Zahlung sich daraus ergebender Verzugszinsen zu. Die Beklagten haben das Ausgangsruhegeld zutreffend berechnet. Der Kläger kann kein höheres als das gezahlte Ausgangsruhegeld iHv. 2.634,72 Euro verlangen. Daher hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die Zahlung der begehrten Verzugszinsen.
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung rückständigen Ruhegelds
für die Monate Juli 2007 bis November 2010. Das Ausgangsruhegeld des Klägers ist zutreffend berechnet. Zum 1. Juli 2007 stand ihm nach den RL 02/89 lediglich ein Ruhegeld iHv. 2.634,72 Euro zu.
1. Das Ausgangsruhegeld des Klägers wurde wie folgt berechnet: Nach § 4 Abs. 1 bis Abs. 3 RL 02/89 wurde für 45 mögliche anrechnungsfähige Dienstjahre vom 19. Juni 1967 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs im Juni 2012 ein Ruhegeld von 75 % des ruhegeldfähigen Einkommens des Klägers iHv. 5.642,54 Euro, mithin ein Betrag iHv. 4.231,91 Euro (75 % von 5.642,54 Euro) zugrunde gelegt. Hiervon wurden nach § 6 Abs. 2 RL 02/89 50 % der fiktiven auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs hochgerechneten Sozialversicherungsrente iHv. 1.595,50 Euro, mithin 797,75 Euro (50 % von 1.595,50 Euro) in Abzug gebracht. Danach verblieb ein Betrag iHv. 3.434,16 Euro (4.231,91 Euro – 797,75 Euro). Da dieser Betrag zusammen mit der fiktiven Sozialversicherungsrente iHv. 1.595,50 Euro die Gesamtversorgungsobergrenze in § 6 Abs. 5 und Abs. 8 RL 02/89 von 4.767,95 Euro (78 % von 13/12 des ruhegeldfähigen Einkommens iHv. 5.642,54 Euro) um 261,71 Euro überstieg (5.029,66 Euro – 4.767,95 Euro), wurde der Differenzbetrag vom errechneten Ruhegeld iHv. 3.434,16 Euro in Abzug gebracht. Das sich ergebende Ruhegeld iHv. 3.172,45 Euro (3.434,16 Euro – 261,71 Euro) wurde wegen des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers unter Berücksichtigung der Regelungen in Nr. 8c BV 2000 nach § 2 Abs. 1 BetrAVG mit dem ermittelten Quotienten 0,8305 multipliziert. Dies ergab ein Ausgangsruhegeld iHv. 2.634,72 Euro (3.172,45 Euro × 0,8305).
2. Diese Berechnung ist zutreffend. Nach Nr. 8c BV 2000 richtet sich die Berechnung des Ausgangsruhegelds des Klägers grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 BetrAVG. Deshalb ist zunächst die dem Kläger nach den RL 02/89 zustehende Leistung, die ihm bei einem Verbleib im Unternehmen bis zum Erreichen der festen Altersgrenze zugestanden hätte, unter Berücksichtigung der Obergrenze in § 6 Abs. 5 und Abs. 8 RL 02/89 zu ermitteln und erst im Anschluss daran die Kürzung wegen seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis nach den Vorgaben der Nr. 8c BV 2000 vorzunehmen.
a) Die Berechnung des Ruhegelds des vorzeitig – vor dem Eintritt des Versorgungsfalls – aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen, die Altersrente nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch nehmenden Klägers richtet sich nach Nr. 8c BV 2000 iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG.
aa) Der Kläger ist vorzeitig, dh. vor Erreichen der festen Altersgrenze von 65 Jahren nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a RL 02/89 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und hat das Ruhegeld vorgezogen nach § 6 BetrAVG in Anspruch genommen. Die RL 02/89 enthalten keine Regelungen für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 RL 02/89 setzt die Gewährung von Ruhegeld neben der Vollendung der Wartezeit voraus, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Vollendung des 65. Lebensjahrs, der Inanspruchnahme der vorgezogenen oder flexiblen Altersrente oder einer durch den Rentenversicherungsträger anerkannten Erwerbsunfähigkeit erfolgt. Die Bestimmungen zeigen, dass die RL 02/89 nur die Ansprüche der Arbeitnehmer regeln wollen, deren Arbeitsverhältnis bis zum Eintritt des Versorgungsfalls bestanden hat. § 6 Abs. 1 RL 02/89 bestätigt dies. Die Formulierung „durch die Versetzung in den Ruhestand” lässt erkennen, dass der Regelung ersichtlich die Vorstellung zugrunde liegt, dass der Arbeitnehmer, der Ruhegeld in Anspruch nimmt, bis zu dessen Bezug auch betriebstreu war.
bb) Die Erstberechnung des Ruhegelds des auf der Grundlage der BV 2000 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Klägers bestimmt sich jedoch nach den Regelungen in Nr. 8c BV 2000. Danach ist das betriebliche Ruhegeld nach § 2 Abs. 1 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (im Folgenden BetrAVG aF) zu berechnen, wobei – anders als in § 2 Abs. 1 BetrAVG aF vorgesehen – die Kürzung des fiktiven Ruhegelds nicht bezogen auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs als fester Altersgrenze (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a RL 02/89), sondern bezogen auf die Vollendung des 63. Lebensjahrs zu erfolgen hat und bei einem Ausscheiden vor der Vollendung des 57,5. Lebensjahrs die Zeit vom Ausscheiden bis zur Vollendung des 57,5. Lebensjahrs zur Hälfte als tatsächliche Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen ist.
b) Nach den Vorgaben des § 2 Abs. 1 BetrAVG aF hat ein vor Eintritt des Versorgungsfalls mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedener Arbeitnehmer bei Eintritt des Versorgungsfalls einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze möglichen entspricht. Zur Berechnung der bei Eintritt des Versorgungsfalls zu zahlenden Betriebsrente ist danach zunächst die sog. Vollrente, dh. die Leistung zu ermitteln, die dem Arbeitnehmer bei einem Verbleib im Unternehmen bis zum Erreichen der festen Altersgrenze zugestanden hätte. Demgemäß sind zunächst alle in der Versorgungsordnung vorgegebenen Berechnungsschritte zur Ermittlung der fiktiven Vollrente durchzuführen und erst im Anschluss daran ist die zeitratierliche Kürzung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG vorzunehmen (vgl. bereits BAG 21. März 2006 – 3 AZR 374/05 – Rn. 20 ff., BAGE 117, 268). Ist dem Arbeitnehmer eine Gesamtversorgung zugesagt, so hat dies daher grundsätzlich zur Folge, dass eine in der Versorgungsordnung enthaltene Gesamtversorgungsobergrenze bereits bei der Berechnung der maßgeblichen fiktiven Vollversorgung zu berücksichtigen ist. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn die Versorgungsordnung oder eine sonstige, für die Höhe des Altersruhegelds maßgebliche Regelung eine von § 2 Abs. 1 BetrAVG abweichende Berechnung zugunsten der Versorgungsberechtigten (§ 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG) vorsieht.
c) Danach ist das Ausgangsruhegeld des Klägers zutreffend berechnet worden. Nr. 8c BV 2000 sieht für die Ermittlung des dem Kläger bei einem Verbleib im Unternehmen bis zum Erreichen der festen Altersgrenze zustehenden – fiktiven – Ruhegelds keine von § 2 Abs. 1 BetrAVG aF abweichende Regelung vor. Die Bestimmung verweist vielmehr insoweit ausdrücklich auf § 2 Abs. 1 BetrAVG aF und ordnet für den vor der Vollendung seines 57,5. Lebensjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Kläger lediglich an, dass die Kürzung des zunächst nach den Vorgaben der RL 02/89 ermittelten fiktiven Ruhegelds – anders als in § 2 Abs. 1 BetrAVG aF vorgesehen – nicht bezogen auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a RL 02/89), sondern bezogen auf die Vollendung des 63. Lebensjahrs zu erfolgen hat und die Zeit von seinem Ausscheiden bis zur Vollendung des 57,5. Lebensjahrs zur Hälfte bei der Ermittlung der tatsächlich erbrachten Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen ist.
d) Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Gesamtversorgungsobergrenze in § 6 Abs. 5 und Abs. 8 RL 02/89 im Hinblick auf die Bestimmungen in der Präambel der RL 02/89 (auch) darauf abzielt, eine etwaige Überversorgung zu vermeiden. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 21. März 2006 (– 3 AZR 374/05 – Rn. 20 ff., BAGE 117, 268) die in früheren Entscheidungen aufgestellte Auslegungsregel, wonach eine Höchstbegrenzungsklausel in einer Versorgungsordnung im Zweifel dahin auszulegen sei, dass Voll- und Teilrenten zunächst unabhängig von der Höchstbegrenzungsklausel zu berechnen und diese Renten daher erst bei Überschreiten der Höchstgrenzen zu kürzen seien (vgl. BAG 8. Mai 1990 – 3 AZR 341/88 – zu I 2 b der Gründe; 24. Juni 1986 – 3 AZR 630/84 – zu II 2 b der Gründe), ausdrücklich aufgegeben. Sofern die Entscheidung des Senats vom 21. März 2006 (– 3 AZR 374/05 – aaO) dahin zu verstehen sein sollte, dass die Frage, ob eine Gesamtversorgungsobergrenze bereits bei der Ermittlung der fiktiven Vollrente nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu berücksichtigen ist, davon abhängt, welcher Zweck mit der Höchstbegrenzungsklausel verfolgt wird, insbesondere, ob durch diese auch eine Überversorgung verhindert werden soll, hält der Senat hieran nicht weiter fest. Für die Frage, welcher Anteil an einer erreichbaren Vollrente einem vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer zusteht, hat der Zweck der Begrenzungsregelung keine Bedeutung. Die Anwendung der Begrenzungsregelung erst auf die Berechnung der anteiligen Rente des vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmers kommt nur in Betracht, wenn eine Versorgungsregelung – anders als hier – dies ausdrücklich vorsieht.
e) Da sich die Erstberechnung des Ruhegelds des Klägers nach § 2 Abs. 1 BetrAVG iVm. Nr. 8c BV 2000 richtet, kam es nicht darauf an, wie die Regelungen in § 6 Abs. 3 RL 02/89 über die Anrechnung von Einkommen des Versorgungsempfängers aus selbständiger oder nichtselbständiger Tätigkeit auszulegen sind. Diese Regelungen betreffen andere Fallgestaltungen, aus denen keine Auslegungshilfe für die hier zur Entscheidung stehende Problematik gewonnen werden kann.
II. Mangels Hauptforderung steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen auf noch rückständiges Ruhegeld zu.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Zwanziger, Spinner, Ahrendt, S. Hopfner, Schepers
Fundstellen