Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsentgelt bei Nebentätigkeit als Zweitobduzent
Leitsatz (redaktionell)
Zweitobduzent in medizinischer Hochschuleinrichtung übt ärztliche Nebentätigkeit in einem Bereich mit medizinisch-theoretischen Aufgaben aus (Fortsetzung der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 16. November 1989 – 6 AZR 168/89 – AP Nr. 3 zu § 11 BAT).
Normenkette
BAT § 11 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1; BRRG § 42
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 15.03.1989; Aktenzeichen 7/3 Sa 1311/88) |
ArbG Aachen (Urteil vom 09.11.1988; Aktenzeichen 3 Ca 648/88) |
Tenor
1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. März 1989 – 7/3 Sa 1311/88 – wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte ein Nutzungsentgelt zahlen muß, weil er Material und Einrichtungen seines Arbeitgebers in Anspruch genommen hat.
Der Beklagte ist Arzt. Er ist seit 15. August 1985 beim klagenden Land als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Rechtsmedizin der R. Hochschule (R.) beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT kraft Bezugnahme im Arbeitsvertrag Anwendung.
Dem Beklagten wurde die Ausübung einer Nebentätigkeit als Sachverständiger für Justizbehörden und als sog. zweiter Obduzent bei gerichtlich angeordneten Leichenöffnungen genehmigt.
Den beamteten Leitern der Abteilungen für Rechtsmedizin ist die Tätigkeit des sog. ersten Obduzenten „als im Nebenamt wahrzunehmende Amtsaufgabe” übertragen. Hierfür erhalten diese eine Grundentschädigung nach § 5 ZSEG, die sie an die Hochschule abzuführen haben. Hinsichtlich des zweiten Obduzenten regelt Ziff. 3 des Erlasses des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. November 1986 folgendes:
„3) Werden Professoren oder wissenschaftliche Mitarbeiter bei gerichtlichen oder staatsanwaltschaftlich angeordneten Leichenöffnungen als sog. zweite Obduzenten zugezogen, so üben sie eine (private) Nebenbeschäftigung innerhalb des öffentlichen Dienstes aus. … Wissenschaftliche Mitarbeiter dürfen an Leichenöffnungen als zweiter Obduzent nur mitwirken, wenn dies zuvor vom Dienstvorgesetzten unter Beachtung von § 70 Abs. 1 LBG genehmigt worden ist (vgl. § 4 Abs. 1 HNtV). Die zweiten Obduzenten sind verpflichtet, für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material ein Nutzungsentgelt nach Maßgabe von § 17 Abs. 3 HNtV zu entrichten. …”
Im zweiten Halbjahr 1987 hat der Kläger für seine Tätigkeit als zweiter Obduzent eine Vergütung nach § 5 ZSEG in Höhe von 5.940,00 DM erhalten. Hiervon beansprucht das klagende Land nach §§ 15 ff. HNtV ein Nutzungsentgelt in Höhe von 17,5 % des erzielten Verdienstes, mithin also 1.039,50 DM.
§§ 15 bis 17 der Hochschulnebentätigkeitsverordnung (HNtV) vom 11. Dezember 1981 (GV NW S. 726) lauten:
§ 15
Nutzungsentgelt
(1) Für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Landes hat der Beamte ein Nutzungsentgelt nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu entrichten. Das Nutzungsentgelt ist mindestens kostendeckend zu bemessen und soll den besonderen Vorteil berücksichtigen, der dem Beamten durch die Inanspruchnahme entsteht. Bei einer gemeinschaftlichen Inanspruchnahme durch mehrere Beamte sind sie als Gesamtschuldner zur Entrichtung des Nutzungsentgelts verpflichtet.
(2) …
(3) Nimmt ein Beamter ein Nebenamt gegen Vergütung für seinen Dienstherrn wahr oder übt er eine unentgeltliche Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst aus, so hat er für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung kein Nutzungsentgelt zu entrichten. …
§ 16
Nutzungsentgelt bei nichtärztlicher
Nebentätigkeit
(1) Das Nutzungsentgelt bei nichtärztlicher Nebentätigkeit wird pauschaliert als Vomhundertsatz der dafür bezogenen Vergütung bemessen. Es beträgt im Regelfall 10 vom Hundert für die Inanspruchnahme von Personal und je 5 vom Hundert für die Inanspruchnahme von Einrichtungen und von Material.
(2) Steht das nach den Vomhundertsätzen berechnete Nutzungsentgelt in keinem angemessenen Verhältnis zum Umfang der Inanspruchnahme, so ist es von Amts wegen oder auf Antrag des Beamten entsprechend dem Wert der Inanspruchnahme unter Berücksichtigung der Kosten des Dienstherrn und des Nutzungsvorteils des Beamten höher oder niedriger zu bemessen. Die Bemessung des Nutzungsentgelts für eine der drei Leistungsgruppen (Personal, Einrichtungen und Material) entsprechend dem Wert der Inanspruchnahme schließt eine Pauschalbemessung gemäß Absatz 1 Satz 2 für die anderen Leistungsgruppen nicht aus.
§ 17
Nutzungsentgelt bei ärztlicher
Nebentätigkeit
(1) Das Nutzungsentgelt beträgt unbeschadet des Absatzes 2 bei ärztlicher Nebentätigkeit in Medizinischen Einrichtungen 20 vom Hundert der bezogenen Vergütung (ohne Sachkosten) im Kalenderjahr.
(2) Die Sachkosten sind von dem Beamten nach dem jeweiligen vom Minister für Wissenschaft und Forschung erlassenen oder für anwendbar erklärten Tarif zu erstatten, soweit sie nicht von der Verwaltung der Medizinischen Einrichtungen bei dem Patienten gesondert eingezogen werden.
(3) Abweichend von Absatz 1 und 2 beträgt das Nutzungsentgelt in Bereichen mit medizinisch-theoretischen Aufgaben 35 vom Hundert der bezogenen Vergütung (einschließlich Sachkosten), sofern keine Nebentätigkeit gemäß § 7 Abs. 1 vorliegt. § 16 Abs. 2 ist entsprechend anwendbar.
Das klagende Land hat die Auffassung vertreten, bei der Nebentätigkeit des Beklagten handele es sich um eine ärztliche Tätigkeit in einem Bereich mit medizinisch-theoretischen Aufgaben. Der Beklagte müsse daher gemäß § 17 Abs. 3 HNtV grundsätzlich ein Nutzungsentgelt in Höhe von 35 % entrichten. Da er aber nur Einrichtungen und Material, nicht jedoch Personal in Anspruch genommen habe, sei das Nutzungsentgelt entsprechend dem in § 16 Abs. 1 HNtV vorgesehenen Aufteilungsverhältnis auf 2 × 8,75 %, also 17,5 % des erzielten Verdienstes zu vermindern.
Das klagende Land hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.039,50 DM nebst 5 % Zinsen seit 5. März 1988 zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, er sei gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 HNtV nicht zur Zahlung verpflichtet, da er ein Nebenamt wahrgenommen habe. Außerdem handele es sich bei den Obduktionen nicht um ärztliche Tätigkeiten, erst recht nicht um solche in einem Bereich mit medizinisch-theoretischen Aufgaben. Das Nutzungsentgelt stehe zu dem Wert der Inanspruchnahme von Einrichtungen und Materialien des Landes außer Verhältnis; ihm sei kein besonderer Vorteil entstanden. Er habe allein die Grundentschädigung für Obduktionen nach § 5 ZSEG, aber keine zusätzliche Aufwandsentschädigung nach § 8 ZSEG erhalten. Außerdem könne das klagende Land nach § 61 LHO NW vom Auftraggeber der Obduktionen die Erstattung der entstandenen Aufwendungen verlangen. Die Kostenberechnung des klagenden Landes sei verfehlt. Es sei nicht zu vertreten, den Zweitobduzenten bei der Erhebung des Nutzungsentgelts mit denselben Pauschalsätzen heranzuziehen wie etwa Chefärzte in aufwendigen medizinischen Einrichtungen. Im übrigen sei es auch gleichheitswidrig, daß nichtärztliche Angestellte nach § 16 HNtV für Material und Einrichtungen nur ein Nutzungsentgelt von je 5 % zu zahlen hätten, obwohl sie z.B. als Maschinenbauer und Elektrotechniker wesentlich teurere Einrichtungen in Anspruch nähmen als Obduzenten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Das klagende Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, 17,5 % der Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Zweitobduzent als Nutzungsentgelt zu zahlen. Die Klage ist daher begründet.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Anspruch des klagenden Landes ergebe sich aus § 15 Abs. 1 Satz 1 HNtV in Verb. mit § 11 Abs. 1 Satz 1 BAT, weil die Mitwirkung des Beklagten bei den Leichenöffnungen eine entgeltliche Nebenbeschäftigung gewesen sei. Es habe sich nicht um die Ausübung eines Nebenamts gehandelt, denn der Beklagte habe als zweiter Obduzent lediglich Gutachteraufträge von Justizbehörden ausgeführt. Nach § 17 Abs. 3 in Verb. mit § 16 Abs. 2 Satz 1 HNtV habe der Beklagte an das klagende Land für die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Material ein Nutzungsentgelt in Höhe von 17,5 % der erzielten Einnahmen zu bezahlen, da die Mitwirkung des Beklagten bei den Obduktionen eine ärztliche Nebentätigkeit in einem Bereich mit medizinisch-theoretischen Aufgaben gewesen sei. Die behauptete Geringfügigkeit der Inanspruchnahme besage nichts über deren Wert für den Beklagten. Der Beklagte habe nicht dargetan, daß das geforderte Nutzungsentgelt unangemessen sei.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten im Ergebnis und in der Begründung der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Nach § 11 BAT finden auf die Nebentätigkeit des Beklagten die für die Beamten des klagenden Landes jeweils geltenden Bestimmungen sinngemäß Anwendung. Neben der Verordnung über die Nebentätigkeit des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulnebentätigkeitsverordnung – HNtV) vom 11. Dezember 1981 (GV NW S. 726) finden auch die hierzu ergangenen Erlasse und Rechtsverordnungen Anwendung, so u.a. auch der Erlaß des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. November 1986 (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BAG Urteil vom 16. November 1989 – 6 AZR 168/89 – AP Nr. 3 zu § 11 BAT, zu II 1 der Gründe).
2. Die Hochschulnebentätigkeitsverordnung ist auf die Tätigkeit eines Zweitobduzenten anwendbar, weil ein Nutzungsentgelt nach dieser Verordnung nicht nur bei ärztlichen Dienstleistungen für Private zu bezahlen ist, sondern für jede Nutzung der Einrichtungen des Landes (dazu eingehend: BAG, a.a.O., zu II 3 der Gründe).
3. Die vom Beklagten ausgeführte Nebentätigkeit war eine private Nebenbeschäftigung und kein Nebenamt. Damit ist der Beklagte nicht nach § 15 Abs. 3 Satz 1 HNtV von der Entrichtung eines Nutzungsentgelts befreit.
Ein Nebenamt ist ein nicht zu einem Hauptamt gehörender Kreis von Aufgaben, der aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses wahrgenommen wird. Eine Nebenbeschäftigung ist demgegenüber jede sonstige, nicht zu einem Hauptamt gehörende Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 Bundesnebentätigkeitsverordnung; Plog/Wiedow/Beck, BBG, Stand Juni 1991, § 64 Rz 5 a ff.). Abgesehen davon, daß der Begriff des Nebenamtes auf Angestellte nicht anwendbar ist, da er die Wahrnehmung von Aufgaben in einem öffentlichen Dienst- oder Amtsverhältnis voraussetzt (vgl. Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand September 1991, § 11 Rz 7), würde es hier an dem „öffentlich-rechtlichen Akt der Übertragung eines Nebenamts” fehlen. Aus dem Erlaß des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. November 1986 ergibt sich, daß allein die Tätigkeit als erster Obduzent eine im Nebenamt wahrzunehmende Amtsaufgabe darstellt. Die Nebentätigkeit als zweiter Obduzent wird dagegen ausdrücklich als private Nebenbeschäftigung bezeichnet. Der Beklagte ist somit gemäß § 15 Abs. 1 HNtV zur Zahlung eines Nutzungsentgelts verpflichtet, auf den Ausnahmetatbestand des § 15 Abs. 3 Satz 1 HNtV kann er sich nicht berufen.
4. Die Höhe des Nutzungsentgelts bemißt sich nach § 17 Abs. 3 HNtV, weil der Beklagte eine ärztliche Nebentätigkeit in einem Bereich mit medizinisch-theoretischen Aufgaben ausgeübt hat.
a) Das Landesarbeitsgericht hat die Tätigkeit des zweiten Obduzenten zutreffend als eine ärztliche Tätigkeit angesehen. Dies folgt bereits aus § 87 Abs. 2 StPO, wonach die Leichenöffnung grundsätzlich von zwei Ärzten vorzunehmen ist. Entsprechend den in dieser Bestimmung zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen des Gesetzgebers ist zu einer Leichenöffnung der ärztliche Sachverstand erforderlich. Nur so ist sichergestellt, daß die richtigen Diagnosen gestellt und die Vielfalt der möglichen Todesursachen und Krankheitsverläufe zutreffend untersucht werden. Für die Abgrenzung der nichtärztlichen (§ 16 HNtV) von der ärztlichen (§ 17 HNtV) Nebentätigkeit ist es nicht von Bedeutung, ob das Objekt der Tätigkeit der lebende oder der bereits verstorbene Mensch ist.
b) Der Beklagte war auch in einem Bereich mit medizinisch-theoretischen Aufgaben i.S. von § 17 Abs. 3 HNtV tätig. Die rechtsmedizinische Abteilung der R. ist ein Bereich mit medizinisch-theoretischen Aufgaben.
Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es nicht darauf an, ob die konkret ausgeübte Tätigkeit medizinisch-theoretischer Natur ist. Erforderlich ist vielmehr, ob die Tätigkeit in einem Bereich mit medizinisch-theoretischen Aufgaben vorgenommen wird, diese Auslegung ergibt sich aus der Systematik der §§ 16 und 17 HNtV. In § 16 HNtV wird zunächst die Höhe des Nutzungsentgelts für die Inanspruchnahme von Personal, Einrichtungen und Material der Hochschulen bei der Ausübung von Nebentätigkeiten geregelt. § 17 Abs. 1 HNtV enthält sodann eine speziellere Regelung für ärztliche Nebentätigkeiten in medizinischen Einrichtungen. Durch § 17 Abs. 3 HNtV wird schließlich für eine ärztliche Nebentätigkeit in besonderen Bereichen, nämlich in denen mit medizinisch-theoretischen Aufgaben, ein erhöhtes Nutzungsentgelt geregelt. Diese Differenzierung ist durchaus sachgerecht. Gerade in Bereichen mit medizinisch-theoretischen Aufgaben sind die vom Land zu tragenden Kosten für Einrichtungen und Material besonders hoch. Außerdem sind die wirtschaftlichen Vorteile, die der Beschäftigte aus der Inanspruchnahme von Einrichtungen zieht, in Bereichen mit medizinisch-theoretischen Aufgaben beträchtlich. Ohne diese Einrichtungen ist ihm regelmäßig die Ausübung der Nebentätigkeit nicht möglich. Die Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit als Selbständiger kommt regelmäßig wegen der erheblichen Kosten nicht in Betracht.
Die Berücksichtigung der Vorteile, die durch die Inanspruchnahme der Einrichtungen entstehen, ist gesetzlich geboten (vgl. z.B. § 42 Abs. 4 Satz 2 BRRG). Entgegen der Auffassung des Beklagten verstößt § 15 Abs. 1 Satz 2 HNtV somit nicht gegen Bundesrecht. Damit erweist sich auch die Differenzierung der Höhe des Nutzungsentgelts nach dem Bereich des ärztlichen Tätigwerdens als sachgerecht.
5. Der Beklagte wird gegenüber nichtärztlichen Angestellten oder Ärzten in klinischen Einrichtungen nicht ungleich behandelt. Zwar haben diese Personengruppen jeweils nur 5 % ihrer Einnahmen für die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Material als Nutzungsentgelt abzuführen (§ 16 Abs. 1, § 17 Abs. 1 HNtV), während der Beklagte 8,75 % zahlen muß. Diese Ungleichbehandlung durch den Verordnungsgeber ist jedoch von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Der Beklagte verkennt, daß der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nur dann verletzt ist, wenn versäumt wurde, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (vgl. z.B. BVerfGE 19, 354, 367, m.w.N.).
Wegen der Vielzahl unterschiedlicher wissenschaftlicher und ärztlicher Einrichtungen erscheint es unter dem Gesichtspunkt einer einfachen und praktikablen Rechtsanwendung jedenfalls nicht offenbar unsachlich oder willkürlich, daß der Verordnungsgeber hier für die verschiedenen Bereiche unterschiedliche Pauschalregelungen für die Nutzungsentgeltberechnungen vorgenommen hat. Jedenfalls hat der Beklagte insoweit keine Einzelheiten vorgetragen.
6. Das Nutzungsrecht ist auch nicht unangemessen i.S. § 17 Abs. 3 Satz 2, § 16 Abs. 2 Satz 1 HNtV.
Was angemessen ist, ergibt sich zunächst aus dem Sinn des Nutzungsentgelts, der darin besteht, die Vorteile auszugleichen, die dem Bediensteten wirtschaftlich dadurch zugute kommen, daß er weder die genutzten Hilfsmittel auf eigenes Risiko anzuschaffen und zu unterhalten hat noch die Arbeitskraft des ihm zur Verfügung stehenden Personals vergüten muß (vgl. dazu BAG Urteil vom 16. November 1989 – 6 AZR 168/89 –, a.a.O., zu II 2 der Gründe; BVerwG Urteil vom 31. Januar 1974 – II C 36/70 – NJW 1974, 1440, 1443; BVerwG Urteil vom 12. März 1987 – 2 C 55.84 –, Buchholz 237.0, § 87 BaWüLBG Nr. 2).
a) Das Nutzungsentgelt muß in einem ausgewogenen Verhältnis zu der aus der Nebentätigkeit erlangten Vergütung stehen, wobei ein Vomhundertsatz dieser Vergütung angemessen ist, wenn er dem Bediensteten den eindeutig überwiegenden Teil des aus der Nebentätigkeit gewonnenen Nutzens beläßt (BAG und BVerwG, a.a.O.). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Dem Beklagten verbleibt mit immerhin 82,5 % der weitaus überwiegende Teil der Entschädigung.
b) Das Nutzungsentgelt ist auch unter Berücksichtigung des Vorteils, den der Beklagte gezogen hat, nicht unangemessen hoch.
Zwar schreibt § 15 Abs. 1 Satz 2 HNtV mindestens die Kostendeckung vor. Für die Höhe des Anspruchs sind jedoch nicht nur die entstehenden Kosten erheblich, sondern auch die Vorteile, die der Bedienstete dadurch genießt, daß er Einrichtungen, Material und Personen, deren Inanspruchnahme für seine Nebentätigkeit erforderlich ist, vorfindet und sich ohne eigenes wirtschaftliches Risiko nutzbar machen kann. Die Nutzungsentschädigung ist danach ihrem Wesen nach auch ein Ausgleich für die Vorteile, die der Bedienstete dadurch erhält, daß er die dem Behördenapparat zur Verfügung stehenden Hilfsmittel nicht auf eigenes Risiko anzuschaffen und zu unterhalten hat und nicht die Arbeitskraft des ihm zur Verfügung stehenden Personals vergüten muß (ebenso bereits BAG Urteil vom 16. November 1989 – 6 AZR 168/89 –, a.a.O., sowie BVerwG Urteil vom 31. Januar 1974, a.a.O.). Ohne diese Einrichtungen zu nutzen, könnte der Beklagte seine Tätigkeit als Zweitobduzent nicht ausüben und keine privaten Zusatzeinnahmen erzielen. Die von ihm in der rechtsmedizinischen Abteilung der R. vorgefundenen Einrichtungen sind notwendige Bedingung zur Ausübung seiner Nebentätigkeit und damit wesentliche Grundlage für den hieraus erzielten wirtschaftlichen Vorteil. Deshalb erscheint es nicht unangemessen, daß das beklagte Land für die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten unter Berücksichtigung der hierbei auch anfallenden Kosten vom Beklagten ein Nutzungsentgelt in Höhe von 17,5 % der erzielten Einnahmen beansprucht. Für die Zahlungsverpflichtung genügt es, unabhängig von der konkreten Höhe der verursachten Kosten, daß die laufende Unterhaltung der Rechtsmedizinischen Abteilung Kosten verursacht, die der Beklagte durch die Inanspruchnahme der Einrichtungen erspart und so einen besonderen Vorteil i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 HNtV erlangt.
Der wirtschaftliche Vorteil ist nicht dadurch entfallen, daß der Beklagte für die Leichenöffnungen neben der Grundentschädigung nach § 5 ZSEG keine Aufwandsentschädigung nach § 8 ZSEG erhalten hat. Die nach dieser Bestimmung den Sachverständigen zustehende Aufwandsentschädigung ist nicht dazu bestimmt, die Kosten für Bau und Betrieb einer rechtsmedizinischen Abteilung abzudeken. Von § 8 ZSEG werden die notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte sowie die für eine Untersuchung verbrauchten Stoffe, Werkzeuge und Schreibauslagen erfaßt. Gemeinkosten, wie allgemeine Büro- oder Praxiskosten, stellen dagegen keine Aufwendungen im Sinne dieser Bestimmung dar (vgl. Meyer/Höver, ZSEG, 17. Aufl., § 8 Rz 225). Die hierfür anfallenden Kosten sind mit den Stundensatzen bzw. Pauschalgebühren abgegolten, weshalb auch das zu zahlende Nutzungsentgelt nicht als Aufwendung nach § 8 ZSEG geltend gemacht werden kann (h. M., vgl. OVG Lüneburg Beschluß vom 15. Oktober 1981 – 5 OVG A 45/79 –, Rpfleger 1982, 122; OLG Karlsruhe Beschluß vom 29. November 1988 – 13 W 197/88 –, Rpfleger 1989, 173; Meyer/Höver, a.a.O., Rz 233; Hartmann, Kostengesetze, 24. Aufl., § 8 ZSEG Anm. 1). Damit enthält die Grundvergütung nach § 5 ZSEG auch eine Vergütung für zu entrichtende Gemeinkosten oder Nutzungsentschädigungen.
8. Gemäß § 17 Abs. 3 HNtV sind 35 % der bezogenen Vergütung als Nutzungsentgelt abzuführen. Entsprechend der in § 16 Abs. 1 HNtV vorgenommenen Aufteilung des Nutzungsentgelts für die Inanspruchnahme von Personal, Einrichtungen und Material hat der Beklagte je 8,75 % für die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Material abzuführen. Personal hat er nicht in Anspruch genommen; insoweit hat das klagende Land auch keine Vergütung verlangt. Der Beklagte hat demzufolge 17,5 % seiner Vergütung an das klagende Land zu bezahlen, was dem rechnerisch unstreitigen Betrag der Klageforderung entspricht.
III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Dr. Sponer, Rose
Fundstellen