Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhegeldfähigkeit von Weihnachtsgeld und Tarifzulage
Normenkette
BetrAVG § 1; Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) § 62
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 14.08.1992; Aktenzeichen 10 (6) Sa 370/92) |
ArbG Münster (Urteil vom 18.02.1992; Aktenzeichen 3 Ca 1144/90) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. August 1992 – 10 (6) Sa 370/92 – wird zurückgewiesen.
2. Auf die Revision des Beklagten wird das genannte Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm insoweit aufgehoben, als es die Berufung des Beklagten zurückgewiesen hat.
3. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 18. Februar 1992 – 3 Ca 1144/90 – insoweit abgeändert, als es der Klage stattgegeben hat:
Die Klage wird abgewiesen.
4. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung des betrieblichen Altersruhegeldes des Klägers. Der Kläger will Berechnungsgrundlagen für seine Altersrente festgestellt wissen. Dabei geht es um die Berücksichtigung der im öffentlichen Dienst gewährten allgemeinen Zulage in ihrer jeweiligen Höhe und des betrieblichen Weihnachtsgeldes bei der Berechnung des Ruhegehaltes und weiter um die Verpflichtung des Beklagten, den Krankenversicherungsbeitrag, den der Kläger als Rentner zu leisten hat, zu übernehmen. Des weiteren verlangt der Kläger die Zahlung eines Übergangsgeldes nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
1. Der am 7. Januar 1923 geborene Kläger war seit 1955 bei dem beklagten Versicherungsverein als Angestellter beschäftigt. Er wurde entsprechend den Tarifvorschriften für die Angestellten des öffentlichen Dienstes vergütet (zunächst nach TOA, dann nach BAT).
Durch Vertrag vom 18. September 1956 verpflichtete sich der Beklagte, dem Kläger eine Versorgung nach den damals bei dem Beklagten geltenden „Bestimmungen für die Versorgung der Gefolgschaft des Haftpflichtversicherungsvereins für Bauern und Landwirte der Provinz Westfalen a.G. …” i. d. F. vom 3. Dezember 1938 zu gewähren. Nach Nr. 2 des Vertrages ist für die Errechnung des Ruhegehaltes das Grundgehalt des Jahres maßgeblich, in dem der Kläger vor Eintritt in den Ruhestand mindestens sechs Monate ununterbrochen gearbeitet hat.
Im Jahr 1959 änderte der Beklagte die Versorgungsordnung. In einem Schreiben vom 17. Dezember 1959 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß die „ertragssteuerliche Neuordnung der Ruhegeldrückstellungen … den Anstoß zu einer allgemeinen Überarbeitung der Versorgungsbestimmungen und ihrer Anpassung an die heutigen Verhältnisse” gegeben hätten, „insbesondere unter Berücksichtigung des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG) vom 15. Juni 1954”. Zur Neuregelung in Abschnitt I.A.5. Abs. 3 der Versorgungsordnung wird in dem Schreiben ausgeführt:
„Nach den bisherigen Bestimmungen wurden die bei Eintritt des Versorgungsfalles in Frage kommenden Gehaltsbezüge als Stoppgehalt behandelt. Es trat also keine Änderung in den Pensionsbezügen ein, wenn sich die Besoldungsgrundlagen nach der TO.A erhöhten bzw. verminderten.
Geht man davon aus, daß sich auch in der Zukunft Löhne und Preise nach oben entwickeln, dann liegt es im Interesse der Versorgungsberechtigten, von dem Stoppgehalt abzugehen und eine Gleitklausel einzuführen.
Die neue Bestimmung entspricht der Regelung im Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG § 97,2.), wonach die Versorgungsbezüge, wenn die Dienstbezüge der Beamten allgemein erhöht oder vermindert werden, entsprechend zu regeln sind.”
Die neuen „Bestimmungen für die Versorgung der Betriebsangehörigen des Landwirtschaftlichen Versicherungsvereins a.G. in Münster (Westf.)” i. d. F. von 1959, deren Geltung der Kläger durch seine Unterschrift am 21. Dezember 1959 anerkannte, enthalten u.a. folgende Regelungen:
„I. Der Versorgungsanspruch. A. Voraussetzung und Umfang des Anspruchs.
1. Die Versorgung erfolgt auf Grund eines Vertrages des Vereins mit den in Frage kommenden Betriebsangehörigen.
…
4. Die Versorgung ist zu gewähren, wenn der Betriebsangehörige im Dienste des Vereins
- dauernd dienstunfähig wird oder
- das 65. Lebensjahr vollendet hat.
5. Die Versorgung besteht in einem Ruhegehalt auf Lebenszeit. Das Ruhegehalt beträgt nach Ablauf der Wartezeit 35 % der Grundvergütung zuzüglich Ortszuschlag Ortsklasse B.
Es erhöht sich vom Ablauf der Wartezeit, frühestens aber vom 35. Lebensjahr an mit jedem weiteren abgeleisteten Dienstjahr um 1 % bis zum Höchstsatz von 60 % der zuletzt bezogenen Grundvergütung. Hierzu tritt der Ortszuschlag der Ortsklasse B in der jeweiligen tariflichen Höhe. Er ist Teil des Ruhegehaltes.
Erhöht oder ermässigt sich nach Eintritt des Versorgungsfalls durch Änderung der Vergütungsgrundlagen die der ursprünglichen Berechnung des Ruhegehaltes bzw. der Versorgungsbezüge zugrunde gelegte Grundvergütung, so ist diese der tariflichen Änderung anzupassen.
…
B. Anrechnung anderweitiger Bezüge.
…
2. Die Leistungen der Angestellten- und der Arbeiterrentenversicherung werden auf die Ansprüche aus dem Versorgungsvertrag grundsätzlich nicht angerechnet. Das Ruhegehalt darf jedoch zusammen mit solchen Leistungen
- solange der Ruhegehaltsempfänger das 65. Lebensjahr nicht vollendet hat 80 %,
- nach Vollendung des 65. Lebensjahres 75 % des Gehaltes nicht übersteigen.
…”
Am 23. Dezember 1982 schlossen der in der Zwischenzeit bei dem Beklagten errichtete Betriebsrat und der Beklagte eine Betriebsvereinbarung, die u.a. folgenden Inhalt hat:
„I. Die betriebliche Altersversorgung der Betriebsangehörigen, die als Angestellte oder Arbeiter ihre Tätigkeit bei den LVM-Versicherungen bis zum 31.01.1979 aufgenommen haben, richtet sich nach den „Bestimmungen für die Versorgung der Betriebsangehörigen des Landwirtschaftlichen Versicherungsvereins a.G. in Münster (Westf.)” in der Fassung Dezember 1959 und den ergangenen Nachträgen (Versorgungsregelung 1959).
II. Diese Bestimmungen werden mit Wirkung auch auf bereits bestehende Anwartschaften wie folgt geändert und ergänzt:
1. In den Regelungen Ziffer I A 5 und I B 2 tritt neben das Grundgehalt die zuletzt bezogene tarifliche Zulage bis zur Höhe von 40,– DM bzw. 100,– DM. Etwaige Erhöhungen der Zulagen bleiben außer Betracht.”
Mit Bescheid vom 17. Januar 1983 sprach die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte dem Kläger rückwirkend ab 1. Oktober 1982 eine Erwerbsunfähigkeitsrente zu. Der Kläger schied daraufhin entsprechend § 59 BAT mit Ablauf des 31. Januar 1983 im Alter von 60 Jahren aus den Diensten des Beklagten aus. Seit dem 1. Februar 1983 zahlt der Beklagte dem Kläger ein betriebliches Ruhegehalt. Bei der Berechnung der Rente berücksichtigte der Beklagte neben dem Grundgehalt die allgemeine Tarifzulage in Höhe von 100,– DM monatlich. Ein Übergangsgeld nach dem § 62 BAT gewährte der Beklagte dem Kläger nicht.
Durch Beschluß des Vorstandes des Beklagten vom 13. August 1990 wurde die Erhöhung der Zulage auf bis zu 160,– DM rückwirkend für die Zeit ab 1. Januar 1969 für pensionsfähig erklärt. Insoweit heißt es in der Verlautbarung des Vorstandes:
„Nach eingehender Erörterung erschien es dem Gesamtvorstand vertretbar, die tariflich neugeregelten Zulagen in der jetzigen Form und Höhe als feste Zulagen, also ohne Dynamisierung und ohne künftige Erhöhungen, in die versorgungsfähigen Bezüge einzubeziehen. Mit dieser ausdrücklichen Beschränkung auf feste Zulagen bleibt es insoweit bei der bisherigen Verfahrensweise bei den Versorgungsbestimmungen des LVM.”
Danach berücksichtigte der Beklagte die allgemeine Tarifzulage auch bei der Berechnung der Rente des Klägers in Höhe von 160,– DM monatlich.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die allgemeine Tarifzulage sei ein Teil der Grundvergütung, die unter die Dynamisierungsregelung im Abschnitt I.A.5. der Versorgungsordnung 1959 falle. Der Beklagte habe ihm eine dynamische Gesamtversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zugesagt. Dieser einzelvertraglich begründete Anspruch auf dynamisierte Altersversorgung (einschließlich allgemeiner Tarifzulage) werde durch die Betriebsvereinbarung vom 23. Dezember 1982 nicht berührt.
Zur Grundvergütung im Sinne der Versorgungsordnung 1959 gehöre auch das betriebliche Weihnachtsgeld in seiner jeweiligen Höhe. Insoweit sei eine ergänzende Auslegung der einschlägigen Versorgungsregelungen erforderlich. Der Beklagte habe sich bei der Altersversorgung an die entsprechenden Bestimmungen des Beamtenrechts angelehnt. Nach § 2 Abs. 2 des Beamtenversorgungsgesetzes gehöre die jährliche Sonderzuwendung zur Versorgung.
Des weiteren hat der Kläger die Ansicht vertreten, der Beklagte müsse den seit dem 1. Juli 1983 vom Gesetzgeber eingeführten Krankenversicherungsbeitrag für Rentner übernehmen. Da der Beklagte während der aktiven Zeit des Klägers die Arbeitnehmeranteile zur Krankenversicherung gezahlt habe, dürfe er ihn, den Kläger, im Rahmen der zugesagten Gesamtversorgung von 75 % nicht schlechter stellen.
2. Zur Forderung auf Übergangsgeld hat der Kläger die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Übergangsgeld in Höhe von vier Bruttomonatsgehältern (4 × 4.855,49 DM) zu. Dieser Anspruch ergebe sich aus § 62 BAT a.F.in der durch das Personalhandbuch (PHB) modifizierten Form. Der Anspruch sei nicht nach § 62 Abs. 4 Unterabs. 2 BAT a.F. ausgeschlossen. Diese Tarifbestimmung sei eine typische Regelung des öffentlichen Dienstes, die nach Seite 520 Nr. 1 b PHB auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar sei.
Dazu ist unstreitig: Seit dem 1. Januar 1979 wendet der Beklagte auf die Arbeitsverhältnisse die Regelungen des von ihm verfaßten Personalhandbuches an. Auf Seite 520 PHB finden sich u.a. folgende Bestimmungen:
„Betriebsübliche Fassung von Vorschriften des BAT
1. Auf das Angestelltenverhältnis werden die Bestimmungen des Bundes-Angestellten-Tarifvertrages (BAT) in seiner Gesamtheit und der jeweils für das Land Nordrhein-Westfalen gültigen Fassung angewendet (Ausnahmen siehe Ziffer 2 und 3).
Auch künftige Tarifverträge und Ergänzungen zum BAT (Ausnahme siehe Ziffer 2 und 3) werden damit grundsätzlich Bestandteil des Angestelltenvertrages, es sei denn,
es besteht bereits eine gleichwertige oder günstigere Regelung bei den LVM-Versicherungen im Vergleich zur tariflichen Regelung (BAT),
oder
- die Regelung ist typisch nur für den öffentlichen Dienst.
…”
Ergänzend hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Ausschlußfrist des § 70 BAT gelte für sein Arbeitsverhältnis nicht. Zumindest könne der Beklagte sich nicht auf diese Tarifvorschrift berufen. Er – der Kläger – sei arglistig von der fristgerechten Geltendmachung des Anspruchs abgehalten worden. Dazu hat er behauptet, ihm sei auf Veranlassung des Vorstandes der Beklagten bewußt wahrheitswidrig erklärt worden, der Beklagte zahle ganz allgemein kein Übergangsgeld mehr.
3. Der Kläger hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Übergangsgeld in Höhe von 19.421,96 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 15. Februar 1993 zu zahlen;
- festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung des Ruhegehaltes des Klägers gem. I.A.5. der „Bestimmungen für die Versorgung der Betriebsangehörigen des Landwirtschaftlichen Versicherungsvereins a.G. in Münster (Westf.)” die Allgemeine Zulage nach § 2 des Tarifvertrages über Zulagen an Angestellte vom 17. Mai 1992 in ihrer jeweiligen Höhe (seit dem 1. Januar 1991: 169,90 DM) zu berücksichtigen;
- festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung des Ruhegehaltes des Klägers gem. I.A.5. der „Bestimmungen für die Versorgung der Betriebsangehörigen des Landwirtschaftlichen Versicherungsvereins a.G. in Münster (Westf.)” das betriebliche Weihnachtsgeld in seiner jeweiligen Höhe zu berücksichtigen;
- festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ein Ruhegehalt gem. I.A.5. der „Bestimmungen für die Versorgung der Betriebsangehörigen des Landwirtschaftlichen Versicherungsvereins a.G. in Münster (Westf.)” ohne Kürzung um den jeweiligen gesetzlichen Krankenversicherungsbeitrag, den der Rentner nach den einschlägigen Gesetzen selbst zu tragen hat, zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, dem Kläger habe kein Übergangsgeld zugestanden. Im übrigen sei der Anspruch gemäß § 70 BAT verfallen. Die Berufung auf diese Vorschrift stelle keine unzulässige Rechtsausübung dar.
Hinsichtlich der Ruhegehaltsfähigkeit der allgemeinen Tarifzulage hat der Beklagte die Ansicht vertreten, erst durch die Betriebsvereinbarung vom 23. Dezember 1982 und den Vorstandsbeschluß vom 13. August 1990 sei die Zulage – ohne Dynamisierung – in die Regelung über das ruhegehaltsfähige Gehalt einbezogen worden. Aus der Versorgungsregelung von 1959 ergebe sich insoweit kein Anspruch. Dies gelte auch hinsichtlich der Ruhegehaltsfähigkeit des Weihnachtsgeldes. Insoweit enthalte die Regelung unter I.A.5. Abs. 3 der Versorgungsordnung 1959 keine Lücke.
Aus der Versorungsregelung 1959 ergebe sich schließlich keine Zusage des Inhalts, daß die zugesagte Versorgung in Höhe von 75 % nicht um den Anteil des Rentnerkrankenversicherungsbeitrages gekürzt werden könne. Dem Kläger sei lediglich für die Zeit des bestehenden Arbeitsverhältnisses die Übernahme des Arbeitnehmeranteils zur Krankenversicherung zugesagt worden.
4. Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag zur Ruhegehaltsfähigkeit der allgemeinen Zulage und des Weihnachtsgeldes stattgegeben. Die weitergehende Klage auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung eines Ruhegehaltes ohne Kürzung des jeweiligen Krankenversicherungsbeitrages und auf Zahlung des Übergangsgeldes hat es abgewiesen. Beide Parteien haben Berufung eingelegt. Die Berufungen sind ohne Erfolg geblieben. Gegen das Berufungsurteil wenden sich beide Parteien mit ihren Revisionen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist begründet. Die Klage ist in vollem Umfang abzuweisen. Der Kläger kann weder eine höhere Betriebsrente noch Übergangsgeld fordern. Die Revision des Klägers ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, soweit der Kläger die Ruhegehaltsfähigkeit der allgemeinen Tarifzulage in der jeweiligen Höhe sowie des betrieblichen Weihnachtsgeldes festgestellt wissen will.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der geltend gemachte Anspruch des Klägers ergebe sich aus einer ergänzenden Auslegung der lückenhaft gewordenen Regelung der Versorgungsordnung von 1959. Bei der Neufassung der Altersversorgungsbestimmungen habe der Beklagte die Versorgungsordnung den Bestimmungen des öffentlichen Dienstes anpassen wollen. Darauf habe er in seinem Schreiben vom 17. Dezember 1959 hingewiesen. Im Rahmen einer beamtenrechtlichen Versorgung gehöre die allgemeine Stellenzulage im öffentlichen Dienst zu den ruhegehaltsfähigen Bezügen. Die Zulage habe den Lebensstandard geprägt. Ihre nachträgliche Einführung im Jahre 1971 zwinge zu einer ergänzenden Vertragsauslegung im Sinne des Klägers. Die damit erreichte Rechtsposition des Klägers habe durch die Betriebsvereinbarung vom 23. Dezember 1982 keine Änderung erfahren, weil der vertraglich begründete Anspruch günstiger sei.
Auch der Anspruch auf Feststellung der Ruhegehaltsfähigkeit des betriebsüblicherweise gezahlten Weihnachtsgeldes ergebe sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung der Versorgungsordnung 1959. Nach Einführung einer jährlichen Sonderzuwendung im öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen im Jahre 1964 müsse auch insoweit von einer Vertragslücke ausgegangen werden. Es könne nicht außer Betracht gelassen werden, daß die Weihnachtszuwendung den Lebensstandard des Beamten in gleicher Weise bestimme wie das Grundgehalt.
2. Dieser Beurteilung folgt der Senat nicht. Die Versorgungsordnung 1959 weist hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen zur Berechnung der Rente keine Lücken auf, die durch ergänzende Auslegung auszufüllen wären.
a) Auszugehen ist vom Wortlaut der Versorgungsordnung 1959. Nach Abschnitt I.A.5. beträgt das Ruhegehalt nach Ablauf der Wartezeit 35 % „der Grundvergütung zuzüglich Ortszuschlag”. Alle sonstigen Zahlungen sind nicht ruhegehaltsfähig. Damit sind die Bemessungsgrundlagen deutlich umschrieben. Das Ruhegehalt sollte nur aus der Grundsicherung berechnet werden.
b) Es sind keine Umstände ersichtlich, die für eine Einbeziehung der allgemeinen Tarifzulage und des Weihnachtsgeldes in die ruhegehaltsfähigen Bezüge sprechen. Insbesondere wurde dem Kläger keine beamtenmäßige Versorgung zugesagt.
Nach den §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung nicht nur auf den Wortlaut der Zusage abzustellen, sondern es sind alle Begleitumstände zu würdigen, die dafür von Bedeutung sind, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie der Empfänger der Erklärung diese verstanden hat oder verstehen mußte (vgl. BAGE 22, 424, 426 = AP Nr. 33 zu § 133 BGB, zu 1 a der Gründe). Daher hat das Landesarbeitsgericht zu Recht zur Auslegung der Versorgungszusage von 1959 das an den Kläger gerichtete Schreiben vom 17. Dezember 1959 herangezogen. Aus diesem Schreiben ergibt sich aber nicht, daß dem Kläger eine beamtenmäßige Versorgung versprochen wurde. Die Regelung betraf nur die Änderung der Rente nach Eintritt in den Ruhestand. Nach der neuen Versorgungsordnung sollte nicht mehr das festgeschriebene Grundgehalt im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand maßgeblich sein, sondern es sollten spätere Erhöhungen berücksichtigt werden (Dynamisierung der Rente). Diese Regelung gibt für die Frage nichts her, welche Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der Rente maßgeblich sein sollen. Im Jahre 1959 waren schließlich schon Vergütungsbestandteile bekannt, die nicht als ruhegehaltsfähig anerkannt wurden, u.a. die Weihnachtsgratifikation und besondere Zulagen.
c) Auch das spätere Verhalten des Arbeitgebers und des Betriebsrates spricht dafür, daß die allgemeine Tarifzulage zunächst nicht bei Berechnung der Rente berücksichtigt werden sollte. So wurde die Versorgungsordnung 1959 in den Jahren 1965, 1970 und 1973 abgeändert und ergänzt. An den Bemessungsgrundlagen Grundvergütung und Ortszuschlag wurde nichts geändert. Erst mit der Betriebsvereinbarung vom 23. Dezember 1982 wurde festgelegt, daß bei der Berechnung des Ruhegehalts neben dem Grundgehalt die tarifliche Zulage bis zur Höhe von 40,– DM bzw. 100,– DM berücksichtigt wird. Etwaige Erhöhungen der Zulagen sollten außer Betracht bleiben. Diese Betriebsvereinbarung enthielt durch die Erweiterung der Bemessungsgrundlage eine Verbesserung im Vergleich zur bisherigen Regelung, und nicht – wie der Kläger meint – eine Verschlechterung. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Betriebsparteien die bisherige Versorgungsregelung verschlechtern wollten.
Als dann durch den Beschluß des Vorstands des Beklagten vom 13. August 1990 die Erhöhung der Zulage bis zu einem Festbetrag von 160,– DM rückwirkend für die Zeit ab 1. Januar 1969 für pensionsfähig erklärt wurde, war dies eine erneute Verbesserung für die Arbeitnehmer. In der Verlautbarung des Vorstandes wurde aber verdeutlicht, es bleibe bei der Beschränkung der Anrechnung auf feste Zulagen nach der bisherigen Verfahrensweise. Damit kann die allgemeine Tarifzulage des Klägers nur in Höhe von 160,– DM monatlich bei der Berechnung der Rente berücksichtigt werden.
d) Was für die allgemeine Tarifzulage gilt, gilt entsprechend für das Weihnachtsgeld. Gegen die Ruhegehaltsfähigkeit des Weihnachtsgeldes spricht zudem, daß der Beklagte seit 1964 an die Pensionäre ein Weihnachtsgeld in Höhe von 50 % der Grundvergütung zahlt. Würde man der Auffassung des Klägers folgen, käme es zu einer zweifachen Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes, einmal bei der Berechnung der laufenden Rente und noch einmal als Sonderzahlung am Jahresende.
e) Gegen die Regelung in der Versorgungsordnung bestehen keine rechtlichen Bedenken. In der Versorgungsordnung kann festgelegt werden, welche Vergütungsbestandteile zum ruhegeldfähigen Einkommen gehören (vgl. Urteil des Senats vom 14. August 1990 – 3 AZR 321/89 – DB 1991, 343).
II. Der Kläger muß sich einen Abzug des Krankenversicherungsbeitrags von seiner Rente gefallen lassen. Das hat das Berufungsgericht richtig entschieden.
Eine Vereinbarung, wonach der Beklagte nach Eintritt des Versorgungsfalles auch den auf den Rentner entfallenden Krankenversicherungsbeitrag zu zahlen hat, haben die Parteien nicht getroffen. Ein Anspruch ergibt sich nicht daraus, daß während des aktiven Beschäftigungsverhältnisses der Beklagte den Arbeitnehmeranteil zur Krankenversicherung übernommen hat. Dies verpflichtete den Beklagten nicht über das Arbeitsverhältnis hinaus, im Versorgungsverhältnis vergleichbare Leistungen zu erbringen.
Der Beklagte ist auch nicht kraft Gesetzes zur Übernahme des Beitrags verpflichtet. Der Krankenversicherungsbeitrag der Rentner belastet von Gesetzes wegen – wie die Einkommensteuer – die Einkünfte des Rentners, verpflichtet aber den Arbeitgeber nicht, dem Rentner diese Belastung abzunehmen (vgl. BAGE 61, 102, 106 f. = AP Nr. 23 zu § 16 BetrAVG, zu II 3 b der Gründe). Deshalb enthält die Versorgungsordnung von 1959 entgegen der Auffassung der Revision auch keine Lücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen wäre. Der Senat hat im Urteil vom 10. März 1992 (–3 AZR 352/91 – AP Nr. 39 zu § 5 BetrAVG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) nochmals klargestellt, daß es keinen rechtlichen Bedenken begegnet, den Krankenversicherungsbeitrag der Rentner bei der Berechnung der Betriebsrente außer Betracht zu lassen.
III. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht den geltend gemachten Anspruch auf Übergangsgeld abgewiesen. Der Anspruch ist weder aus § 62 BAT noch aus Gründen der Gleichbehandlung gerechtfertigt.
1. Der Kläger kann kein Übergangsgeld verlangen, weil er erst nach Beginn des dritten Monats seit dem Bezug einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus den Diensten des Beklagten ausgeschieden ist (§ 62 Abs. 4 Unterabs. 2 BAT a.F.).
a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist der BAT aufgrund betrieblicher Übung anzuwenden. Nach dem vom Beklagten verfaßten Personalhandbuch (Stand 1. Januar 1979) ist der BAT „betriebsüblich” in seiner Gesamtheit und der jeweils für das Land Nordrhein-Westfalen gültigen Fassung anzuwenden, soweit das Personalhandbuch keine Ausnahmen vorsieht (Seite 520 PHB). Danach ist auch § 62 BAT anzuwenden.
b) Ein Anspruch des Klägers auf Übergangsgeld ist nach § 62 Abs. 4 Unterabs. 2 BAT a.F. ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung besteht kein Anspruch auf Übergangsgeld für den Zeitraum vom Beginn des dritten Monats seit dem Beginn einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn das Arbeitsverhältnis vor Beginn der Erwerbsunfähigkeit oder der Berufsunfähigkeit begründet worden war. Der Kläger, der seit 1955 bei dem Beklagten beschäftigt war, bezieht seit dem 1. Oktober 1982 Erwerbsunfähigkeitsrente. Als das Übergangsgeld nach dem Ausscheiden des Klägers am 15. Februar 1983 (§ 64 Abs. 1 Satz 1 BAT) fällig geworden wäre, bezog der Kläger bereits über drei Monate Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung. Die tarifliche Dreimonatsfrist war abgelaufen.
c) Zu Unrecht meint der Kläger, § 62 Abs. 4 Unterabs. 2 BAT a.F. sei auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anzuwenden, da es sich um eine für den öffentlichen Dienst typische Regelung handele. Solche für den öffentlichen Dienst typischen Regelungen sind nach dem Personalhandbuch auf Arbeitsverhältnisse im Betrieb des Beklagten nicht anzuwenden (Seite 520 Nr. 1 b PHB). § 62 Abs. 4 Unterabs. 2 BAT a.F. hat aber nicht nur im öffentlichen Dienst, sondern allgemeine Bedeutung. Das Übergangsgeld soll den ausscheidenden Arbeitnehmer sozial absichern. Es soll ihm den Wechsel des Arbeitsplatzes oder den Eintritt in den Ruhestand erleichtern. In den Fällen, in denen der Unterhalt des Arbeitnehmers durch eine Rente gewährleistet ist, bedarf es nicht der Zahlung des Übergangsgeldes zur Erleichterung des Übergangs in den Ruhestand (vgl. Urteil des Senats vom 16. November 1982 – 3 AZR 220/81 – AP Nr. 4 zu § 62 BAT, zu II 3 der Gründe). Dies gilt nicht nur im öffentlichen Dienst.
d) Damit kann dahingestellt bleiben, ob der Anspruch auf Übergangsgeld nach § 70 BAT verfallen wäre – wie das Landesarbeitsgericht meint. Auch auf den Vortrag des Klägers, er sei an der fristgerechten Geltendmachung des Anspruchs durch eine falsche Auskunft des Beklagten gehindert gewesen, und auf die diesbezüglichen Prozeßrügen kommt es nicht an.
2. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Beklagte habe anderen Mitarbeitern unter denselben Voraussetzungen, wie sie bei ihm vorlagen, Übergangsgeld gezahlt. Auch wenn der Beklagte rechtsirrtümlich in gleichgelagerten Fällen Übergangsgeld gezahlt haben sollte, kann der Kläger nicht gleiche Behandlung verlangen. Bei einer rechtsirrtümlich falsch angewendeten Rechtsnorm kann niemand aus Gründen der Gleichbehandlung die gleiche Falschanwendung verlangen (vgl. BAG Urteil vom 13. August 1980 – 5 AZR 325/78 – AP Nr. 2 zu § 77 BetrVG 1972, zu III 2 b der Gründe, m.w.N.). Für die Annahme, der Beklagte habe in Kenntnis der Rechtslage andere Mitarbeiter über die bestehenden tarifvertraglichen Verpflichtungen hinaus begünstigen wollen, besteht kein Anhaltspunkt.
Unterschriften
Dr. Heither, Griebeling, Dr. Wittek, Dr. Reinfeld, Arntzen
Fundstellen