Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung in Anlehnung an Beamtenbesoldung - Dienstalterstufen
Orientierungssatz
Zur Frage, ob ein Arbeitnehmer einen vertraglichen Anspruch auf Anpassung seines Grundgehalts und Ortszuschlags entsprechend der für nordrhein-westfälische Landesbeamte der Besoldungsgruppe A 9 jeweils geltenden Vorschriften hat.
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Köln vom 1. April 1998 - 7 (8/9) Sa
621/97 - aufgehoben, soweit der Rechtsstreit nicht
hinsichtlich des Antrags zu 1) von den Parteien für erledigt
erklärt worden ist.
2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des
Arbeitsgerichts Köln vom 14. Januar 1997 - 4 Ca 7494/96 - wird
zurückgewiesen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Gehaltsansprüche der Klägerin.
Der Beklagte ist ein Verein, der Aufgaben der technischen Überwachung in den Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wahrnimmt. Er gehört nicht der Tarifgemeinschaft Technischer Überwachungsvereine an, die zumindest seit 1975 Vergütungstarifverträge abgeschlossen hat. Die Klägerin ist seit dem 1. September 1977 bei dem Beklagten als Verwaltungsangestellte beschäftigt. In dem am 15./18. August 1977 abgeschlossenen Formular-Arbeitsvertrag heißt es u.a.:
3. Für seine Tätigkeit erhält der Mitarbeiter eine monatliche Bruttovergütung nach der Gehaltsgruppe LBO A 5, die sich wie folgt zusammensetzt:
ab 1.1.1978
LBO A 5/1
Grundgehalt DM 800,47 938,36
Ortszuschlag DM 440,54 440,54
Sozialzuschlag DM
Stellenzulage DM 67,-- 67,--
Arbeitnehmeranteile
zur gesetzlichen
So-zialversicherung
DM 261,52 289,40
============ ========
Insgesamt DM 1.569,53 1.735,30
============= ========
...
4. Außer der unter Ziffer 3 genannten monatlichen
Bruttovergütung erhält der Mitarbeiter ein Weihnachts- und
Urlaubsgeld nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen
des TÜV Rheinland.
...
8. Für das Arbeitsverhältnis gelten im übrigen die
Bestimmungen der Betriebsvereinbarungen des TÜV Rheinland,
soweit ihre Anwendung auf den Mitarbeiter nicht nach Inhalt
oder persönlichem Geltungsbereich entfällt.
...
Seinerzeit bestand bei dem Beklagten eine "Betriebsvereinbarung über die Gehaltsregelung" von 1972, nach der die Gehaltsbemessung für alle Mitarbeiter (mit hier nicht einschlägigen Ausnahmen) "in Anlehnung an die Besoldungsordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (LBO)" erfolgen sollte. Diese Betriebsvereinbarung enthielt keine besondere Regelung über Dienstaltersstufen. Für Mitarbeiter, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, wurde ein prozentualer Abschlag vom Grundgehalt der Dienstaltersstufe 1 der jeweiligen Gehaltsgruppe festgesetzt.
Die Betriebsvereinbarung "Lohn- und Gehaltsregelung" 1981 traf unter Nr. 6 "Dienstaltersstufen" folgende Regelung:
Die Dienstaltersstufe 1 umfaßt die Mitarbeiter, die das 18.
Lebensjahr vollendet, das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben. Die Dienstaltersstufe 2 umfaßt alle Mitarbeiter, die das
23. Lebensjahr vollendet, das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben. Die nachfolgenden Dienstaltersstufen umfassen jeweils den
Zeitraum der sich daran anschließenden zwei Lebensjahre; das setzt
sich solange fort, bis die Endstufen der jeweiligen
Vergütungsgruppen erreicht sind.
Für Mitarbeiter, die spätestens am Ende des Monats eingestellt
werden, in dem sie das 33. Lebensjahr vollendet haben, wird die
Dienstaltersstufe zugrunde gelegt, die ihrem Lebensalter
entspricht.
Für Mitarbeiter, die zu einem späteren Zeitpunkt als spätestens am
Ende des Monats, in dem sie das 33. Lebensjahr vollendet haben,
eingestellt werden, wird die Dienstaltersstufe zugrunde gelegt,
die sich ergibt, wenn das bei der Einstellung vollendete
Lebensjahr um die Hälfte der Lebensjahre vermindert wird, die der
Mitarbeiter nach Vollendung des 33. Lebensjahres zurückgelegt hat.
Die höhere Dienstaltersstufe wird vom Beginn des Monats an
zugrunde gelegt, in welchem das für die Erhöhung maßgebende
Ereignis fällt.
Mitarbeiter, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
erhalten
vor Vollendung des 15. Lebensjahres 50 v.H.
nach Vollendung des 15. Lebensjahres 70 v.H.
nach Vollendung des 16. Lebensjahres 80 v.H.
nach Vollendung des 17. Lebensjahres 90 v.H.
von dem Grundgehalt und dem Ortszuschlag eines Mitarbeiters in der
Dienstaltersstufe 1 der jeweiligen Vergütungsgruppe.
Mit Schreiben vom 22. November 1993 informierte der Beklagte die Klägerin über eine "Änderung der Grund- und Leitungsfunktion und Eingruppierung". In dem Schreiben heißt es u.a.:
Sehr geehrte Frau J,
wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, daß Ihre Tätigkeit mit
Wirkung vom 01.11.1993 der Grund- und Leitungsfunktion B 09/01
zugeordnet wird und Sie vom gleichen Zeitpunkt an in die
Vergütungsgruppe LBO A 09 eingruppiert werden.
Die Ihnen bisher gewährte monatliche Ausgleichszulage von DM
100,-- brutto entfällt gleichzeitig.
Wir bitten Sie, diese arbeitsvertragliche Änderung auf beigefügter
Kopie zu bestätigen.
...
Die Klägerin unterzeichnete das Schreiben am 26. November 1993 unter dem vorgedruckten "Einverstanden". Bis zum 31. Dezember 1995 bezog die Klägerin Grundgehalt und Ortszuschlag entsprechend der Besoldung von Landesbeamten, zuletzt nach der Besoldungsgruppe A 9, Dienstaltersstufe 8.
Zum 1. Oktober 1995 trat eine Betriebsvereinbarung vom 13. Dezember 1995 (BV 1995) in Kraft, die für die Arbeitnehmer des Beklagten eine eigenständige Gehaltsregelung enthält. Sie bestimmt, daß die Gehälter im Jahr 1996 nicht und in den Jahren 1997 und 1998 um insgesamt 5 % erhöht werden sollten. Unter Nr. 6 "Dienstaltersstufen" trifft die BV 1995 folgende Regelung:
Die Dienstaltersstufen der einzelnen Mitarbeiter bleiben nach dem
Stand 31.12.1995 erhalten. Für Mitarbeiter, die im Jahr 1996 nach
der Betriebsvereinbarung Lohn und Gehalt vom 6.1.1981 eine höhere
Dienstaltersstufe erreichen würden, wird letztmalig eine Erhöhung
vorgenommen. Weitere Erhöhungen der Dienstaltersstufen bei den
einzelnen Mitarbeitern finden nicht statt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe weiterhin Anspruch auf Grundgehalt und Ortszuschlag in Höhe der Beträge, die jeweils einem Landesbeamten in der Besoldungsgruppe A 9 zustehen. Das folge aus dem Arbeitsvertrag. Die BV 1995 habe den vertraglichen Anspruch nicht schmälern können. Im übrigen sei diese Betriebsvereinbarung unwirksam, da sie gegen den Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG verstoße. Die Arbeitsentgelte in Technischen Überwachungsvereinen seien nämlich üblicherweise tariflich geregelt.
Der Beklagte sei außerdem verpflichtet, ihr ab 1. Januar 1997 das Gehalt nach der Dienstaltersstufe 9 zu berechnen. Auch dies folge aus der arbeitsvertraglichen Regelung. Der in Anlehnung an das Beamtenrecht gewählte Begriff des "Grundgehaltes" beinhalte ohne weiteres die Berechnung nach aufsteigenden Dienstaltersstufen. Dies folge schon aus der entsprechenden Definition des § 27 BBesG. Dem entspreche auch die jahrelange Vergütungspraxis des Beklagten. Der Beklagte könnte sich auch nicht auf eine Regelung durch Betriebsvereinbarung berufen. Die bei Begründung des Arbeitsverhältnisses geltende Betriebsvereinbarung habe überhaupt noch keine Bestimmungen über Dienstaltersstufen enthalten. Soweit in der BV 1981 erstmals Dienstaltersstufen erwähnt worden seien, handele es sich nur um die Wiedergabe der besoldungsrechtlichen Vorschriften. Die BV 1995 habe den vertraglich begründeten Anspruch, an den aufsteigenden Dienstaltersstufen teilzunehmen, nicht ablösen können. Die Betriebsvereinbarung verstoße im übrigen auch insoweit gegen § 77 Abs. 3 BetrVG. Schließlich sei sie auch deshalb unwirksam, weil in der Kappung der Dienstaltersstufen eine gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG unzulässige Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer liege.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
1. festzustellen, daß der Beklagte auch zukünftig verpflichtet
ist, das der Klägerin gewährte monatliche Grundgehalt sowie
den Ortszuschlag um den Vom-Hundert-Satz anzupassen, um den
das Grundgehalt sowie der Ortszuschlag eines Landesbeamten der
Besoldungsgruppe A 9 angepaßt werden;
2. festzustellen, daß der Beklagte am1. Januar 1997
verpflichtet ist, die Klägerin in die nächst höhere
Dienstaltersstufe 9 einzustufen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Nach seiner Meinung kann die Klägerin nur die in der BV 1995 vorgesehene Vergütung verlangen. Der Arbeitsvertrag begründe keinen Entgeltanspruch, sondern verweise insoweit lediglich auf die jeweils bestehenden Betriebsvereinbarungen. Dies gelte auch für den Anspruch auf eine Teilhabe an aufsteigenden Dienstaltersstufen. Dementsprechend sei im Schreiben vom 22. November 1993 auch auf die "Grund- und Leitungsfunktion B 09/01" verwiesen worden als die nach der damals geltenden Betriebsvereinbarung einschlägige Gehaltsgruppe.
Beide Parteien seien bei Vertragsschluß davon ausgegangen, daß allein die Betriebsvereinbarungen in ihrer Funktion als betriebliche "Ersatz-Tarifverträge" maßgeblich sein sollten. Dem habe auch die langjährige Praxis entsprochen. Der Wirksamkeit der einschlägigen Betriebsvereinbarungen stehe nicht entgegen, daß für einen Teil der Technischen Überwachungsvereine Gehaltsregelungen in Tarifverträgen bestünden. Er falle nicht in deren fachlichen Geltungsbereich. Die Kappung der Dienstaltersstufen in der BV 1995 verstoße auch nicht gegen Grundsätze des § 75 BetrVG. Es handele sich um eine zulässige Stichtagsregelung.
Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Dienstaltersstufe 9 stattgegeben, im übrigen hat es sie abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage auch hinsichtlich der Dienstaltersstufe abgewiesen, die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen.
Mit der zugelassenen Revision hat die Klägerin zunächst die zweitinstanzlich gestellten Anträge weiter verfolgt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien den Antrag zu 1) für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte die von diesem Antrag erfaßten Besoldungsanpassungen vorgenommen hat. Hinsichtlich des Antrages zu 2) begehrt die Klägerin weiterhin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte bittet insoweit um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Die Klägerin kann entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts verlangen, daß ihr Gehalt nach der Dienstaltersstufe 9 der Besoldungsgruppe A 9 berechnet wird (A). Hinsichtlich des für erledigt erklärten Antrags zu 1) sind dem Beklagten gemäß § 91 a ZPO die Kosten aufzuerlegen (B).
A. Die Klägerin hat einen vertraglichen Anspruch darauf, daß ihr Gehalt ab 1. Januar 1997 nach der Dienstaltersstufe 9 der Besoldungsgruppe A 9 eines entsprechenden Landesbeamten berechnet wird.
I. Der Feststellungsantrag zu 2) ist zulässig.
Er bedarf allerdings der Auslegung. Die Klägerin will festgestellt wissen, daß die ihr vertraglich zustehende Vergütung entsprechend dem Gehalt der Besoldungsgruppe A 9 ab 1. Januar 1997 mit der Dienstaltersstufe 9 zu berechnen ist. Soweit die Klägerin eine "Einstufung" begehrt, ist dies nicht im Sinne eines vom Beklagten zu vollziehenden Gestaltungsaktes gemeint, sondern nur als Ausdruck der automatischen Teilnahme am Aufstieg in den Dienstaltersstufen entsprechend einem vergleichbaren Beamten.
Dieser Antrag ist bestimmt genug. Es besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse. Die Klägerin muß sich nicht auf eine Leistungsklage verweisen lassen. Hier ist die Feststellungsklage der einfachere Weg, um den Rechtsfrieden zwischen den Parteien wiederherzustellen. Sie ist geeignet, auch künftige Ansprüche der Klägerin auf Erhöhung ihres Gehalts entsprechend der Entwicklung der Beamtenbesoldung zu klären (vgl. Senatsurteil vom 18. August 1998 - 1 AZR 589/97 -, zu I der Gründe).
II. Der Antrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch begründet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, als Rechtsgrundlage für diesen Anspruch komme letztlich nur die Regelung der Betriebsvereinbarung vom 6. Januar 1981 in Betracht (Nr. 6). Diese Regelung sei aber aufgrund von § 77 Abs. 3 BetrVG nichtig, weil sie Arbeitsentgelt zum Gegenstand habe.
Diese Begründung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
2. Die Klägerin hat einen vertraglichen Anspruch auf Teilhabe an einem der Besoldung eines Landesbeamten entsprechenden Aufstieg in den Dienstaltersstufen. Dies ergibt die an Wortlaut und Gesamtzusammenhang orientierte Auslegung des Arbeitsvertrages vom 15./18. August 1977 i.V.m. der Änderung vom 22. November 1993.
a) Das Landesarbeitsgericht hat den Arbeitsvertrag vom 15./18. August 1977 zu Unrecht als zeitlich überholt angesehen. Er ist nur durch die Vereinbarung vom 22. November 1993 abgeändert worden. Maßgebend für die Vergütung ist nunmehr Besoldungsgruppe A 9. Im übrigen hat der Arbeitsvertrag seine volle Wirksamkeit behalten. Die in ihm enthaltende Verweisung auf die beamtenrechtliche Besoldungsentwicklung einschließlich der Teilnahme am aufsteigenden Dienstalter ist konstitutiv.
aa) Bei dem Arbeitsvertrag handelt es sich um eine sog. typische Vereinbarung, deren Auslegung nach ständiger Rechtsprechung in vollem Umfang der Nachprüfung durch den Senat unterliegt (Senatsurteil vom 18. August 1998 - 1 AZR 233/98 -, zu II 1 der Gründe).
bb) Der Arbeitsvertrag ist nach Wortlaut und Regelungszusammenhang im Sinne einer konstitutiven Verweisung auf die jeweilige Beamtenbesoldung auszulegen. Dies hat der Senat für gleichlautende Formulararbeitsverträge, die der Beklagte verwandt hat, bereits in mehreren Entscheidungen vom 18. August 1998 angenommen (vgl. nur Senatsurteil vom 18. August 1998 - 1 AZR 589/97 -, zu II 1 der Gründe). Die dortigen Erwägungen treffen in gleicher Weise auf den hier zu beurteilenden Arbeitsvertrag zu.
Die Formulierung "für seine Tätigkeit ... erhält" ist beispielhaft für die Begründung eines Entgeltanspruchs. Dessen Zusammensetzung wird durch die im folgenden bezeichneten Gehaltsbestandteile bestimmt (Gehaltsgruppe, Grundgehalt, Ortszuschlag). Mit der Gehaltsgruppe "LBO A 5" war erkennbar die Landesbesoldungsordnung von Nordrhein-Westfalen als das sachlich und nach dem Sitz des Beklagten auch örtlich einschlägige Besoldungsrecht für Landesbeamte gemeint. Der Arbeitsvertrag verweist hinsichtlich der Gehaltsregelung in Nr. 3 nicht auf Betriebsvereinbarungen. Dies steht gerade im Gegensatz zu Nr. 4 des Vertrages, die hinsichtlich Weihnachts- und Urlaubsgeld ausdrücklich auf die entsprechenden Betriebsvereinbarungen abstellt. Bestätigt wird das konstitutive Verständnis von Nr. 3 auch durch Nr. 8 des Vertrages, wonach für das Arbeitsverhältnis im übrigen die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung gelten.
Selbst wenn sich die konstitutive Anbindung des Gehalts an die Beamtenbesoldung nicht schon hinreichend deutlich aus Wortlaut und Regelungszusammenhang des Arbeitsvertrages ergäbe, würde zu dieser Auslegung jedenfalls der allgemeine Rechtsgrundsatz führen, welcher der Unklarheitenregelung des § 5 AGBG zugrunde liegt. Er besagt für den vorliegenden Fall, daß sich der Beklagte nicht darauf berufen kann, die von ihm verwendeten Formularverträge seien hinsichtlich der Verweisung auf das Besoldungsrecht der Beamten unklar und deshalb sei davon auszugehen, daß sich das Gehalt allein nach den Betriebsvereinbarungen richten solle. Eine solche Regelung wäre nämlich wegen der im Vergleich zum Einzelvertrag leichteren Abänderbarkeit von Betriebsvereinbarungen für den Beklagten günstiger (s. im einzelnen Urteil vom 18. August 1998, aaO, zu II 1 der Gründe).
cc) Diesem Auslegungsergebnis steht nicht entgegen, daß es sich bei der Klägerin - anders als bei den Klägern der Parallelverfahren - nicht um eine technische Sachverständige, sondern um eine Verwaltungsangestellte handelt. Der Beklagte ist zwar gem. § 6 Abs. 6 der Verordnung über die Organisation der technischen Überwachung (vom 2. Dezember 1959, geändert durch Verordnung vom 1. August 1961 - GVBl. NW S. 266) verpflichtet, den Sachverständigen eine an die Bezüge im Landesdienst angeglichene Vergütung zu gewähren. Der Senat hat dies aber nicht als maßgebliches Auslegungskriterium angesehen (s. Urteil vom 18. August 1998, aaO, zu II 1 a der Gründe). Für den Streitfall ist vielmehr entscheidend, daß der Beklagte gegenüber der Klägerin einen gleichlautenden Formularvertrag verwendet hat wie gegenüber den Sachverständigen. Dem hat offensichtlich die Absicht zugrunde gelegen, alle Mitarbeiter vergütungsrechtlich gleichzubehandeln. Dies spricht aber nur zusätzlich dafür, bei der Auslegung der Verträge keinen Unterschied nach der Funktion der Arbeitnehmer zu machen.
dd) An der konstitutiven Verweisung auf die entsprechende Beamtenbesoldung hat sich nichts durch die Mitteilung vom 22. November 1993 geändert. Diese hatte nur zur Folge, daß die Vergütungsgruppe der Klägerin von ursprünglich A 5 auf A 9 festgesetzt wurde; diese Gruppe ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Dem steht der Hinweis auf die "Grund- und Leitungsfunktion B 09/01", die in der Anlage zur BV 1981 aufgeführt ist, nicht entgegen. Er macht nur deutlich, warum der Beklagte eine "Höhergruppierung" vornehmen wollte. Auch wenn er insoweit auf das in einer Betriebsvereinbarung enthaltende abstrakte Gehaltsgruppensystem verwies, folgt daraus angesichts der bestehenden konstitutiven arbeitsvertraglichen Gehaltsregelung nicht, daß diese nun nicht mehr konstitutiv gemeint gewesen wäre.
Daß der Beklagte selbst nicht lediglich von einer deklaratorischen Mitteilung ausging, wie sie bei einem automatischen Aufstieg in einem Gehaltsgruppensystem zu erwarten gewesen wäre, zeigt auch der Wortlaut der Mitteilung vom 22. November 1993. Der Beklagte bittet die Klägerin ausdrücklich, "diese arbeitsvertragliche Änderung auf beigefügter Kopie zu bestätigen". Die Klägerin hat dementsprechend den vorgeschriebenen Passus "einverstanden" unterschrieben. Dies läßt nur die Deutung zu, daß die Parteien von einer vertraglichen Änderung der Gehaltsgruppe ausgingen, d.h. daß es nach wie vor bei der konstitutiven Vergütungsregelung entsprechend Ziffer 3 des ursprünglichen Arbeitsvertrages - jetzt nur Gehaltsgruppe LBO A 9 - bleiben sollte.
b) Der so verstandene vertragliche Anspruch umfaßt auch Gehaltssteigerungen nach Dienstaltersstufen.
aa) Dies folgt schon aus dem Wortlaut des Vertrages. Nach Nr. 3 erhält der Mitarbeiter eine monatliche Vergütung nach der Gehaltsgruppe LBO A 5 (jetzt 9), "die sich wie folgt zusammensetzt: Grundgehalt, Ortszuschlag, ...". Dienstaltersstufen sind zwar nicht gesondert angesprochen. Sie sind aber mit dem Begriff des Grundgehalts als typischem Begriff des Besoldungsrechts ohne weiteres verbunden. Die Besoldung eines Beamten setzt sich gem. § 1 Abs. 2 BBesG zusammen u.a. aus Grundgehalt (Nr. 1) und Familienzuschlag (Nr. 3; früher Ortszuschlag). Das Grundgehalt wird, soweit die Besoldungsordnung nicht feste Gehälter vorsieht, nach Stufen bemessen, § 27 Abs. 1 Satz 1 BBesG. Diese Stufen bestimmten sich nach der am 1. Januar 1997 als dem hier maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung des Bundesbesoldungsgesetzes allein nach dem Dienstalter, und zwar alle zwei Jahre bis zum Endgrundgehalt ansteigend.
Verwenden die Parteien eines Vertrages einen Begriff, der in dem maßgeblichen Bereich einen bestimmten Bedeutungsinhalt hat, ist im Zweifel davon auszugehen, daß sie ihn auch in diesem Sinne verstanden wissen wollen (vgl. allgemein nur Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 133 Rz 14). Daß die Parteien hier an den beamtenrechtlichen Begriff des Grundgehalts anknüpfen wollten, liegt um so näher, als es gerade das Ziel der vertraglichen Regelung war, den Mitarbeitern eine Vergütung entsprechend der Besoldung eines Landesbeamten zukommen zu lassen.
bb) Dem steht nicht entgegen, daß im Arbeitsvertrag zusätzlich maschinenschriftlich ein Betrag eingesetzt wurde. Es handelte sich ersichtlich um die (deklaratorische) Information über die konkrete Höhe des damals aktuellen Betrages. Die gemäß Mitteilung vom 22. November 1993 erfolgte Änderung des Vertrages hat diesen hinsichtlich des Verständnisses des Grundgehaltes nicht berührt. Bestandteil der Vergütung (jetzt nach der Gehaltsgruppe A 9) war nach wie vor u.a. ein "Grundgehalt" im besoldungsrechtlichen Sinne.
cc) Der Beklagte beruft sich auch insoweit vergeblich auf die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Betriebsvereinbarungen. Nr. 3 des Arbeitsvertrages verweist - anders als Nr. 4 und Nr. 8 - gerade nicht auf Betriebsvereinbarungen (s. oben a bb).
Im übrigen weist die Klägerin zu Recht darauf hin, daß die bei Abschluß ihres Arbeitsvertrages geltende Betriebsvereinbarung 1972 keine eigenständigen Regelungen über Dienstaltersstufen enthielt. Auch das spricht gegen eine Verweisung. Soweit die BV 1981 erstmals unter Nr. 6 eine (am Besoldungsrecht orientierte) Regelung über Dienstaltersstufen getroffen hat, kann das für die Auslegung des 1977 abgeschlossenen Vertrages keine Auswirkungen haben.
dd) Schließlich bleibt auch hier auf den der Unklarheitenregelung des § 5 AGBG zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgrundsatz zu verweisen (s. dazu oben a bb). Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, das von ihm verwendete Formular sei hinsichtlich der Verweisung auf die Beamtenbesoldung - hier ein Grundgehalt im besoldungsrechtlichen Sinne mit aufsteigenden Dienstaltersstufen - unklar und es sei deshalb davon auszugehen, daß sich die Gehaltsregelungen - jedenfalls hinsichtlich der Dienstaltersstufen - allein nach den bestehenden Betriebsvereinbarungen richten sollen.
3. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, daß die Klägerin zum 1. Januar 1997 als dem Zeitpunkt, von dem ab sie die Berechnung der Vergütung nach der Dienstaltersstufe 9 begehrt, die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für diese Dienstaltersstufe erfüllte. Der Beklagte war danach verpflichtet, der Bruttovergütung der Klägerin ab 1. Januar 1997 diese Dienstaltersstufe zugrunde zu legen.
§ 27 BBesG ist zwar durch das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) vom 24. Februar 1997 (BGBl. I S. 322, 330) mit Wirkung vom 1. Juli 1997 geändert worden. Das Aufsteigen in den Dienstaltersstufen richtet sich gem. § 27 Abs. 1 Nr. 2 BBesG nunmehr nach dem Besoldungsdienstalter und den Leistungen; gem. § 27 Abs. 2 BBesG steigt das Grundgehalt bis zur fünften Stufe in Abständen von zwei Jahren, bis zur neunten Stufe in Abständen von drei Jahren und darüber hinaus im Abstand von vier Jahren. Soweit sich durch die Neuberechnung das Grundgehalt verringert, ist die Differenz nach Maßgabe der Besitzstandsregelung gem. Art. 14 § 1 ReformG durch Zahlung einer Überleitungszulage auszugleichen (s. dazu im einzelnen Schwegmann/Summer, BBesG, Stand Januar 1998, § 27 Rz 16; Clemens/Millack/Engelking/Lautermann/Henckel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand November 1998, § 27 BBesG Rz 5).
Diese Änderungen haben hier außer Betracht zu bleiben. Die Klägerin begehrt nicht Feststellung, daß sie ab 1. Januar 1997 unabhängig von der weiteren besoldungsrechtlichen Entwicklung Anspruch auf Vergütung aus Dienstaltersstufe 9 hat. Ihr Antrag ist vielmehr dahin zu verstehen, daß sie auch hinsichtlich der Dienstaltersstufen wie ein entsprechender Beamter der Besoldungsgruppe A 9 behandelt werden will, der zum 1. Januar 1997 aufgrund der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen besoldungsrechtlichen Bestimmungen die Voraussetzungen der Stufe 9 erfüllte. Mit der Stattgabe des so verstandenen Antrags wird diese Dienstaltersstufe nicht unabhängig von der weiteren besoldungsrechtlichen Entwicklung festgelegt; fest steht damit nur, daß die Klägerin einen vertraglichen Anspruch auf Teilhabe an der besoldungsrechtlichen Entwicklung der Dienstaltersstufen hat.
B. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 1) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gem. § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die insoweit entstandenen Kosten zu entscheiden. Diese Kosten sind gleichfalls dem Beklagten aufzuerlegen, da er auch hinsichtlich des erledigten Feststellungsantrages zu 1) voraussichtlich unterlegen wäre.
Es spricht alles dafür, daß die Klägerin entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts einen vertraglichen Anspruch auf Anpassung ihres Grundgehalts und Ortszuschlages entsprechend den für nordrhein-westfälische Landesbeamte der Besoldungsgruppe A 9 jeweils geltenden Vorschriften hat. Zur Begründung kann auf die vorstehenden Ausführungen unter A II sowie auf das Senatsurteil vom 18. August 1998 - 1 AZR 589/97 - verwiesen werden. Der Beklagte hat diesen Anspruch letztlich außer Streit gestellt, indem er auf der Grundlage des Senatsurteils vom 18. August 1998 auch das Gehalt der Klägerin angepaßt hat. Es entspricht daher billigem Ermessen i. S. des § 91 a ZPO, daß er hinsichtlich des erledigten Antrages die Kosten trägt.
Wißmann
Hauck Rost
von Platen
Wohlgemuth
Fundstellen