Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnstandssicherung im öffentlichen Dienst

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Akkordmehrverdienst ist als solcher nicht von der Lohnstandssicherung nach § 28 Abs. 1 BMT-G II erfaßt.

 

Normenkette

BMT-G II §§ 28, 23, 25, 67 Nr. 24

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 10.11.1994; Aktenzeichen 4 Sa 237/94)

ArbG Neumünster (Urteil vom 23.03.1994; Aktenzeichen 2d Ca 1747/93)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Sicherung des Lohnstandes des Klägers.

Der Kläger war seit dem 1. April 1968 bei der Gemeinde G… und ist seit dem 1. Januar 1970 bei der Beklagten, der Rechtsnachfolgerin der genannten Gemeinde, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) Anwendung. Bei der Beklagten war der Kläger zunächst als Müllwerker eingesetzt. Er erhielt Akkordlohn auf der Grundlage der Dienstvereinbarung über Akkordlöhne für die Arbeiter der Müllabfuhr der Stadt N… vom 10. Januar 1974 in der mit Wirkung zum 1. Februar 1978 geänderten Fassung (fortan: Dienstvereinbarung). Darin ist u.a. bestimmt:

“§ 1

Geltungsbereich

Diese Dienstvereinbarung gilt für die Arbeiter der Müllabfuhr einschl. Sperrgutabfuhr der Stadt N…, die unter den BMT-G II fallen und durch Nebenabrede zum Arbeitsvertrag nach dieser Dienstvereinbarung in ihrer jeweils geltenden Fassung beschäftigt und entlohnt werden. Die Nebenabrede kann mit einer Frist von zwei Wochen zum Wochenschluß gekündigt werden.

§ 5

Akkordlohn

Der Akkordlohn setzt sich zusammen aus 83 % des jeweiligen Monatstabellenlohnes – gegebenenfalls den auf einen vollen Arbeitstag entfallenden Anteil des Monatstabellenlohnes – des Arbeiters nach dem jeweils geltenden Lohntarifvertrag für die Akkordarbeitszeit sowie der Lohnprämie zuzüglich etwaiger Lohnzulagen.

§ 6

Bemessung der Lohnprämie

  • Zur Berechnung der Lohnprämie werden die von der Kolonne erreichten Leistungspunkte auf die Arbeiter der Kolonne einschließlich des Fahrers entsprechend ihrem Anteil an der Akkordarbeitszeit zu gleichen Teilen aufgeteilt. …
  • Die Normalleistung im Sinne des § 25 BMT-G II wird mit 6.100 Punkten je Arbeiter und Tag erzielt.

Vom 19. Juli 1989 bis zum 29. Juni 1990 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Er erhielt zuletzt im November 1989 einen Akkordlohn von 3.499,40 DM, der sich aus einer Stundenleistung von 2.113,93 DM, einer Punkteleistung von insgesamt 1.318,47 DM und einem tariflichen Zuschlag von 67,-- DM zusammensetzte. Wäre der Kläger nicht nach der Dienstvereinbarung entlohnt worden, hätte ihm im Monat November 1989 ein Lohn von 2.914,93 DM zugestanden, der sich aus einem Monatstabellenlohn der Lohngruppe IV Stufe 10 von 2.648,82 DM, einem tariflichen Zuschlag von 67,-- DM, einer Erschwernispauschale von 189,11 DM und einem Fahrradgeld von 10,-- DM zusammengesetzt hätte.

Bei einer ärztlichen Eignungsuntersuchung am 31. Januar 1990 stellte der berufsgenossenschaftliche arbeitsmedizinische Dienst fest, daß der Kläger als Müllwerker nicht mehr geeignet sei und die Leistungsminderung auch durch die langjährige schwere körperliche Arbeit als Müllwerker verursacht sei.

Seit dem 29. Juni 1990 ist der Kläger als Platzwart und Lagerverwalter eingesetzt. Für den Monat Juli 1990 erhielt er einen Lohn in Höhe von insgesamt 3.059,17 DM, bestehend aus dem Monatstabellenlohn der Lohngruppe IV Stufe 10 zuzüglich einer Erschwernispauschale von 192,32 DM und einem Fahrradgeld von 10,-- DM. Mit Schreiben vom 29. Juni 1990 verlangte der Kläger von der Beklagten unter Hinweis auf § 28 BMT-G II vergeblich die “Weiterzahlung der Müllwerkerfunktionszulage”. In dieser Tarifnorm ist bestimmt:

“§ 28

Sicherung des Lohnstandes bei Leistungsminderung

  • Ist der Arbeiter nach einjähriger Beschäftigungszeit infolge eines Arbeitsunfalles im Sinne der RVO oder nach zweijähriger Beschäftigungszeit infolge einer Berufskrankheit im Sinne der RVO nicht mehr voll leistungsfähig, behält er den jeweiligen Monatstabellenlohn seiner bisherigen Lohngruppe.

    Lohnzulagen behält der Arbeiter in der zuletzt bezogenen Höhe, wenn er diese Zulagen bei Eintritt der Leistungsminderung für dieselbe Tätigkeit mindestens drei Jahre ununterbrochen bezogen hat. Wenn der Arbeiter bei Eintritt der Leistungsminderung mindestens fünf Jahre für mindestens drei Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit einen oder mehrere Erschwerniszuschläge bezogen hat, behält er den auf die Arbeitsstunden bezogenen Durchschnitt der Erschwerniszuschläge der vorangegangenen zwölf Monate als Zuschlag.

    Die gleiche Regelung gilt sinngemäß für einen Erschwerniszuschlag, der in einer Pauschale gemäß § 25 Abs. 5 enthalten ist. Läßt sich der Anteil des Erschwerniszuschlages nicht mehr ermitteln, kann er geschätzt und im Arbeitsvertrag vereinbart werden.

    Vorstehende Regelung gilt auch dann, wenn dem Arbeiter wegen seiner verminderten Leistungsfähigkeit eine geringer bewertete Arbeit zugewiesen wird. Lohnzulagen und Lohnzuschläge für die zugewiesene Arbeit werden insoweit gezahlt, als ihre Summe über die Summe der nach Unterabsatz 2 gesicherten Zulagen und der nach Unterabsatz 2 und § 28a gesicherten Zuschläge hinausgeht; der nach den Unterabs. 1 bis 3 und § 28a gesicherte Lohn darf jedoch nicht überschritten werden. Sind die Lohnzulagen oder Lohnzuschläge für die zugewiesene Arbeit in Prozentsätzen des Monatstabellenlohnes oder Monatsgrundlohnes vorgesehen, ist von dem Monatstabellenlohn bzw. Monatsgrundlohn auszugehen, der der zugewiesenen Arbeit entspricht.

    Ist in einem Kalendermonat der der zugewiesenen Arbeit entsprechende Monatslohn höher als der nach den Unterabs. 1 bis 3 und § 28a gesicherte Lohn, finden die Vorschriften über die Sicherung des Lohnstandes bei Leistungsminderung für diesen Kalendermonat keine Anwendung.

  • Das gleiche gilt

    • für Arbeiter nach zehnjähriger Beschäftigungszeit, wenn die Leistungsminderung durch eine Gesundheitsschädigung hervorgerufen wurde, die durch fortwirkende schädliche Einflüsse der Arbeit eingetreten ist,
    • für mindestens 53 Jahre alte Arbeiter nach fünfzehnjähriger Beschäftigungszeit, wenn die Leistungsminderung durch Abnahme der körperlichen Kräfte und Fähigkeiten infolge langjähriger Arbeit verursacht ist,
    • für mindestens 50 Jahre alte Arbeiter nach zwanzigjähriger Beschäftigungszeit, wenn die Leistungsminderung durch Abnahme der körperlichen Kräfte und Fähigkeiten infolge langjähriger Arbeit verursacht ist,
    • für Arbeiter nach fünfundzwanzigjähriger Beschäftigungszeit, wenn die Leistungsminderung durch Abnahme der körperlichen Kräfte und Fähigkeiten infolge langjähriger Arbeit verursacht ist.

…”

Mit der Klage hat der Kläger die Differenz zwischen dem Akkordlohn, den er im November 1989 erhielt, und dem Lohn, der ihm für diesen Monat zugestanden hätte, wenn die Dienstvereinbarung keine Anwendung gefunden hätte, in Höhe von 584,47 DM geltend gemacht. Für die Zeit von Juli 1990 bis November 1993 hat der Kläger Leistung und für die Zukunft Feststellung begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, seine Gesundheitsschädigung sei durch fortwährende schädliche Einflüsse der Arbeit im Sinne des § 28 Abs. 2 Buchst. a BMT-G II hervorgerufen worden. Auch die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Buchst. c BMT-G II seien erfüllt. Zu den tariflich gesicherten Zulagen zähle auch die Akkordzulage. Es handele sich dabei um eine besondere Form des Lohns nach § 25 BMT-G II. Die Tarifvertragsparteien hätten dem Arbeiter unter den von ihnen bestimmten Voraussetzungen das bisherige Einkommen erhalten wollen. Das gelte auch für bewegliche Lohnbestandteile.

Der Kläger hat beantragt,

  • die Beklagte zu verurteilen, an ihn 23.963,27 DM (dreiundzwanzigtausendneunhundertdreiundsechzig 27/100) als Zulage zur Sicherung des Lohnstandes nebst 4 % Zinsen beginnend mit der monatlichen Fälligkeit der Zulage erstmals ab 1. November 1990 zu zahlen;
  • festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, die monatliche Zulage in Höhe von 584,47 DM (fünfhundertvierundachtzig 47/100) über den 30. November 1993 hinaus zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat gemeint, die Leistungsminderung des Klägers sei nicht durch fortwirkende schädliche Einflüsse der Arbeit eingetreten. Der Akkordmehrverdienst sei keine nach § 28 BMT-G II zu berücksichtigende Funktionszulage. Der Kläger könne auf der Grundlage des § 28 BMT-G II nicht für die Zukunft die Zahlung eines bestimmten Betrages verlangen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, die Klage sei unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Voraussetzungen einer Lohnstandssicherung nach § 28 BMT-G II abgelehnt, weil der Kläger weder einen Arbeitsunfall im Sinne der RVO erlitten habe, noch infolge einer Berufskrankheit im Sinne der RVO nicht mehr voll leistungsfähig sei. Er sei auch nicht im Sinne des § 28 Abs. 2 Buchst. a BMT-G II durch fortwirkende schädliche Einflüsse der Arbeit in seiner Gesundheit beschädigt. Auch greife § 28 Abs. 2 Buchst. c BMT-G II nicht ein, weil es an dem dort vorausgesetzten Ursachenzusammenhang zwischen der Leistungsminderung und der Abnahme der körperlichen Kräfte und Fähigkeiten infolge langjähriger Arbeit fehle. Außerdem umfasse die tarifliche Sicherung des Lohnstandes nicht den Akkordmehrverdienst.

II. Dem Landesarbeitsgericht ist jedenfalls darin zu folgen, daß der Akkordmehrverdienst, den der Kläger erzielt hat, nicht von der in § 28 BMT-G II geregelten Lohnstandssicherung umfaßt wird. Bereits deshalb ist die Klage unbegründet. Ob dem Berufungsgericht auch zu folgen wäre, soweit es weitere Bedenken gegen den Grund des Anspruchs erhoben hat, bedarf deshalb keiner Entscheidung.

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Differenz zwischen dem vom Kläger im November 1989 auf der Grundlage der Dienstvereinbarung erzielten Akkordlohn und dem Lohn, auf den er in diesem Monat Anspruch gehabt hätte, wenn die Dienstvereinbarung nicht anzuwenden gewesen wäre, sei nicht von der Sicherung des Lohnstandes nach § 28 BMT-G II erfaßt. Deren Umfang richtet sich nach § 28 Abs. 1 BMT-G II. Dies gilt auch in den Fällen des Abs. 2, für die nach dem Tarifwortlaut “das gleiche” gilt. Unter § 28 Abs. 1 BMT-G II fällt der Akkordmehrverdienst des Klägers nicht.

1. Nach § 28 Abs. 1 Unterabs. 1 BMT-G II erhält der Arbeiter den jeweiligen Monatstabellenlohn seiner bisherigen Lohngruppe, und zwar auch dann, wenn ihm wegen seiner verminderten Leistungsfähigkeit eine geringer bewertete Arbeit zugewiesen wird (Unterabs. 4 Satz 1 der Vorschrift). Die tarifliche Lohngruppe, nach der der Kläger im November 1989 zu entlohnen gewesen wäre, wenn er nicht nach der Dienstvereinbarung vergütet worden wäre, war unstreitig die Lohngruppe IV, Stufe 10. Den Monatstabellenlohn dieser Lohngruppe hat die Beklagte für den Monat Juli 1990 an den Kläger gezahlt. Ein darüber hinausgehender Anspruch läßt sich aus § 28 Abs. 1 Unterabs. 1 BMT-G II nicht herleiten. Ihn hat auch der Kläger nicht geltend gemacht.

2. Außerdem behält der Arbeiter nach § 28 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 BMT-G II Lohnzulagen in der zuletzt bezogenen Höhe, wenn er diese Zulagen bei Eintritt der Leistungsminderung für dieselbe Tätigkeit mindestens drei Jahre ununterbrochen bezogen hat. Diese Bestimmung betrifft nicht den Akkordmehrverdienst.

a) Soweit der vor Eintritt der Leistungsminderung erzielte Akkordlohn den Monatstabellenlohn überstiegen hat, der dem Kläger tariflich zugestanden hätte, hat es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine Zulage im Sinne des § 28 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 BMT-G II gehandelt. Den Tarifbegriff der Lohnzulagen haben die Tarifvertragsparteien in § 67 Nr. 24 BMT-G II selbst definiert. Danach sind Lohnzulagen Vorarbeiter- und andere Funktionszulagen, sowie sonstige durch Tarifvertrag ausdrücklich als Zulagen bezeichnete Lohnbestandteile. Hierunter fällt der Akkordmehrverdienst des Klägers nicht; es handelte sich insoweit nicht um eine Müllwerker-“Funktionszulage”, wie der Kläger gemeint hat.

aa) Zum einen ist der Akkordmehrverdienst inhaltlich keine Funktionszulage. Dem Wortsinn nach ist eine Funktionszulage eine zusätzliche Leistung, die für eine bestimmte Tätigkeit bzw. Aufgabe (z.B. als Vorarbeiter) gezahlt wird (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 2. Band 1981 und 6. Band 1984, Stichworte Funktion und Zulage). Zwar gilt die Dienstvereinbarung nur für die Arbeiter der Müllabfuhr der Beklagten, soweit sie unter ihren Geltungsbereich fallen. Sie gewährt diesen aber keinen Anspruch auf eine zusätzliche Leistung für die Tätigkeit als Müllwerker, sondern regelt deren Entlohnung insgesamt abweichend von der tariflichen Regelung als leistungsabhängigen Akkordlohn.

Zum anderen ist dem Wortlaut des § 67 Nr. 24 BMT-G II “sowie sonstige durch Tarifvertrag ausdrücklich als Zulagen bezeichnete Lohnbestandteile” zu entnehmen, daß Zulagen im Tarifsinne ausdrücklich tariflich als solche bezeichnet sein müssen. Daran fehlt es.

bb) Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus § 25 Abs. 6 BMT-G II. Nach dieser Vorschrift soll bei Akkordarbeit gegenüber dem Zeitlohn bei Normalleistung ein Mehrverdienst von mindestens 15 v.H. erreicht werden. Eine diese tarifliche Vorgabe beachtende Regelung trifft die Dienstvereinbarung, indem sie die Normalleistung nach § 25 Abs. 6 Satz 3 BMT-G II festlegt. Daraus ergibt sich aber nur, daß der Akkordlohn Lohn in besonderen Fällen im Sinne des § 25 BMT-G II ist, nicht, daß es sich bei dem Mehrverdienst um eine Lohnzulage i.S.d. § 67 Nr. 24 BMT-G II handelt.

cc) Zu Unrecht beruft der Kläger sich auf das Urteil des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Februar 1985 (– 4 AZR 155/83 – AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Textilindustrie). Dieser Entscheidung lag eine andere Tarifnorm über die Lohnsicherung zugrunde (§ 3 Ziffer 2 des Tarifvertrages zur Sicherung älterer Arbeitnehmer der Textilindustrie Westfalen), nach der es anders als im vorliegenden Fall darauf ankam, ob der Wechsel vom Zeitlohn zum Akkordlohn eine Versetzung im Tarifsinne darstellte. Aus der Bejahung dieser Frage durch den Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts läßt sich dafür, ob der Akkordlohn ein nach § 28 BMT-G II gesicherter Lohn ist, nichts herleiten.

b) Die Klage ist unter dem Gesichtspunkt des § 28 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 BMT-G II auch nicht teilweise begründet. Die von der Beklagten im November 1989 an den Kläger gezahlte, nicht näher bezeichnete tarifliche Zulage in Höhe von 67,-- DM hat der Kläger nach der Zuweisung der Arbeit als Platzwart und Lagerverwalter nicht mehr erhalten. Er hat sie aber mit der Klage nicht verlangt, weil er diese Zulage im November 1989 auch erhalten hätte, wenn die Dienstvereinbarung keine Anwendung gefunden hätte, und diese deshalb nicht in dem geforderten Differenzbetrag enthalten ist.

3. Ein Anspruch des Klägers auf die Einbeziehung des Akkordmehrverdienstes in die Lohnsicherung folgt auch nicht aus § 28 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 BMT-G II. Danach behält der Arbeiter den auf die Arbeitsstunden bezogenen Durchschnitt der Erschwerniszuschläge der vorangegangenen zwölf Monate als Zuschlag, wenn er beim Eintritt der Leistungsminderung mindestens fünf Jahre für mindestens 3/4 der regelmäßigen Arbeitszeit einen oder mehrere Erschwerniszuschläge bezogen hat. Der Akkordmehrverdienst ist keine besondere Form des Erschwerniszuschlags nach § 23 Abs. 1 BMT-G II, wie die Revision meint.

Nach § 23 Abs. 1 BMT-G II wird für außergewöhnliche Arbeiten je nach dem Grade der Erschwernis ein Lohnzuschlag gezahlt, wenn die Arbeit bestimmte Merkmale erfüllt. Nach Abs. 2 Buchst. b der Vorschrift werden Zuschläge nach Abs. 1 nicht gewährt, soweit die außergewöhnlichen Arbeiten bei Festsetzung eines Akkordlohns abgegolten sind. Daraus folgt entgegen der Auffassung der Revision nicht, daß der vom Kläger im Akkord erzielte höhere Lohn ein Erschwerniszuschlag im Sinne des Abs. 1 ist.

Auch wenn man der Revision darin folgt, daß Akkordmehrverdienst dann als Erschwerniszuschlag im Sinne des § 23 Abs. 1 BMT-G II anzusehen ist, der der Sicherung des Lohnstandes nach § 28 Abs. 1 BMT-G II unterfallen kann, wenn die außergewöhnlichen Arbeiten bei Festsetzung eines Akkordes abgegolten sind (§ 23 Abs. 2 Buchst. b BMT-G II), unterfällt der Akkordmehrverdienst nur insoweit der tariflichen Sicherung des Lohnstandes, als dem Kläger bei tariflicher Entlohnung ein Erschwerniszuschlag zugestanden hätte. Denn die “Abgeltung” eines Erschwerniszuschlags im Sinne des § 23 Abs. 1 BMT-G II durch einen Akkordlohn kommt nur in dem Umfang in Betracht, in dem der Arbeiter auf diesen Zuschlag ohne die Akkordentlohnung Anspruch gehabt hätte. Das wird bestätigt durch das Wort “soweit” im Einleitungssatz des § 23 Abs. 2 BMT-G II. Daraus folgt, daß ein Akkordlohn einen Erschwerniszuschlag nur zu einem Teil abgelten kann (vgl. Scheuring/Lang, BMT-G II, Stand Juli 1995, aaO, § 23 Erl. 11), was bedeutet, daß der Umfang der Abgeltung durch die Höhe des Erschwerniszuschlags begrenzt ist.

Den danach möglicherweise als Erschwerniszuschlag gesicherten Lohnbestandteil hat der Kläger mit der Klage aber nicht geltend gemacht. Er hat den Betrag verlangt, um den der von ihm im November 1989 erzielte Akkordlohn in Höhe von 3.499,40 DM den Lohn in Höhe von 2.914,93 DM übersteigt, der ihm zugestanden hätte, wenn er nicht nach der Dienstvereinbarung entlohnt worden wäre. Im letzteren Betrag ist nach der vom Kläger nicht bestrittenen und rechtlich nicht zu beanstandenden Berechnung, die die Beklagte vorgelegt hat, auch der Erschwerniszuschlag in Höhe von 189,11 DM enthalten. Der vom Kläger verlangte höhere Lohn betrifft somit nicht die Abgeltung eines Erschwerniszuschlags und ist daher unter diesem Gesichtspunkt von der tariflichen Lohnsicherung nicht erfaßt.

4. Soweit die Revision geltend macht, § 28 BMT-G II liege ein allgemeines Lebensstandardprinzip zugrunde, nach dem der Kläger den Akkordmehrverdienst beanspruchen könne, kann ihr nicht gefolgt werden.

In § 28 Abs. 1 BMT-G II sind für bestimmte Lohnbestandteile Voraussetzungen der Sicherung des Lohnstandes aufgestellt, die unterschiedlich sind. Mit dem Landesarbeitsgericht ist daraus zu folgern, daß andere Lohnbestandteile von der Vorschrift nicht erfaßt werden. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht auch auf § 28a BMT-G II hin, wonach der Arbeiter im Falle einer Leistungsminderung unter bestimmten Voraussetzungen die Hälfte der Schichtlohnzuschläge für Wechselschichtarbeit behält. Diese Sonderregelung zeigt, daß nicht alle Lohnbestandteile von § 28 Abs. 1 BMT-G II erfaßt werden; auch die Beschränkung der Sicherung auf die Hälfte der Schichtlohnzulagen spricht dagegen, daß den Bestimmungen des BMT-G II zur Sicherung des Lohnstandes ein allgemeines Lebensstandardprinzip zugrundeliegt.

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht deshalb hinsichtlich der Sicherung des Akkordlohns eine unbewußte Tariflücke verneint. Gegen eine solche spricht auch, daß die Tarifvertragsparteien im BMT-G II in anderem Zusammenhang den Akkordmehrverdienst durchaus berücksichtigt haben. Nach § 67 Nr. 40 Abs. 1 Buchst. c BMT-G II gehört ein Akkordmehrverdienst zum Urlaubslohn. Auch haben dieselben Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Arbeiter vom 9. Januar 1987 in § 7 – Lohnsicherung – vereinbart, daß sich der Sicherungsbetrag u.a. auch aus 80 v.H. der Akkordmehrverdienste zusammensetzt. Eine ergänzende Tarifauslegung kommt somit nicht in Betracht.

Gegen diese Entscheidung spricht auch nicht das vom Kläger erwähnte Urteil des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Januar 1979 (– 4 AZR 517/77 – AP Nr. 2 zu § 28 BMT-G II). Dort wurde angenommen, die Tarifvertragsparteien hätten mit der Regelung des § 28 BMT-G II einem Arbeiter, der infolge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer altersbedingten Leistungsabnahme nicht mehr voll leistungsfähig ist, unter bestimmten Voraussetzungen das bisherige Einkommen erhalten wollen. Entsprechend diesem Grundgedanken (Lebensstandardprinzip) seien demnach auch alle Leistungen, die das Einkommen eines Arbeiters ausmachten, also ohne Rücksicht darauf, ob es sich um regulären Lohn, Zulagen oder Zuschläge handelte, in den Schutz des § 28 BMT-G II miteinbezogen. Das gelte, wie aus § 28 Abs. 1 Unterabs. 2 BMT-G II folge, namentlich auch für die beweglichen Lohnbestandteile (Lohnzulagen), und zwar unabhängig und gesondert davon, ob die Leistungsminderung zu einer Umsetzung auf einen Arbeitsplatz mit einer niedrigeren Lohngruppe führe oder nicht. Der Entscheidung sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß einzelne Lohnbestandteile ohne das Vorliegen der besonderen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 BMT-G II zum gesicherten Lohnstand zu zählen sind. Die Vorarbeiterzulage, um die es ging, war von § 28 Abs. 2 Unterabs. 2 BMT-G II in der im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Fassung ausdrücklich erfaßt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Hauck, Gebert, S. de Hair

 

Fundstellen

Haufe-Index 872286

BB 1996, 332

NZA 1996, 1282

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