Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretungszulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT
Leitsatz (amtlich)
Ein Angestellter, der arbeitsvertraglich als „ständiger Vertreter” bestellt und deshalb auch zur Abwesenheitsvertretung verpflichtet ist, hat im Vertretungsfall keinen Anspruch auf eine Vertretungszulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT.
Normenkette
BAT § 24 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. März 1997 - 10 (9) Sa 1126/96 - aufgehoben.
2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 20. Juni 1996 - 6 d Ca 120/96 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten, ob der Klägerin eine persönliche Zulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT zusteht.
Die Klägerin ist seit dem Jahr 1990 bei dem Beklagten als Krankenschwester beschäftigt. Durch ausdrückliche Anordnung zur ständigen Vertreterin des Stations-pflegers bestellt, erhält sie Vergütung nach der Vergütungsgruppe Kr Va (FallGr. 6) BAT.
Ab dem 7. September 1994 hat die Klägerin aufgrund einer Erkrankung des Stationspflegers, der in der Vergütungsgruppe Kr VI FallGr. 13 BAT eingruppiert war, die Aufgaben des Stationspflegers übernommen. Sie begehrt deshalb für die Zeit ab 1. Januar 1995 bis 31. Mai 1996 eine persönliche Zulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT. Der Beklagte hat dies abgelehnt. Er gewährt der Klägerin seit dem 1. Juni 1996 eine Zulage gemäß § 24 Abs. 1 BAT, da die Klägerin nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Stationspflegers mit der vorübergehenden Ausübung der Tätigkeit einer Stationsschwester für die Dauer der Ausschreibung des Auswahlverfahrens betraut worden ist.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, für die vertretungsweise übernommenen Aufgaben des Stationspflegers stehe ihr im Klagezeitraum eine persönliche Zulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT zu, da sie die höherwertige Tätigkeit einer Stationsschwester ausgeübt habe.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr eine persönliche Zulage gemäß § 24 BAT für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Mai 1996 in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Vergütungsgruppen Kr VI und Kr V a BAT zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der durch das Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt unter Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Klageabweisung.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe eine persönliche Zulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT zu, weil ihr infolge der Abwesenheit des Stationspflegers vertretungsweise eine andere Tätigkeit übertragen worden sei. Durch die Eingruppierung der Klägerin als ständige Vertreterin des Stationspflegers sei eine Abwesenheitsvertretung für den dauerhaft erkrankten Stationspfleger nicht abgegolten.
Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht zu folgen.
II. Die Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine persönliche Zulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT. Danach besteht ein solcher Anspruch grundsätzlich, wenn dem Angestellten vertretungsweise eine andere Tätigkeit (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1) übertragen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren als seiner Vergütungsgruppe entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 bis 5). Diese Grundvoraussetzung erfüllt die Klägerin für den Klagezeitraum nicht, weil ihr mit der Übernahme der Abwesenheitsvertretung für den erkrankten Stationspfleger tarifrechtlich keine andere Tätigkeit übertragen worden ist.
1. § 24 Abs. 2 BAT regelt die Voraussetzungen für eine persönliche Zulage im Falle einer Vertretung. Die Tarifnorm geht davon aus, daß ein Dienstposten grundsätzlich mit einer Person besetzt ist und dieser die Tätigkeiten auf diesen Dienstposten vorübergehend nicht wahrnehmen kann. Dies kann wegen Urlaubs oder aus sonstigen Abwesenheitsgründen (z.B. Krankheit, vorübergehende Übernahme höherwertiger Aufgaben) der Fall sein. Kann der Dienstposteninhaber seine Tätigkeit vorübergehend nicht wahrnehmen und wird deshalb seine Tätigkeit einem Angestellten, der sonst eine andere Tätigkeit ausübt, zur Vertretung übertragen, so erhält dieser eine persönliche Zulage, wenn die übertragene Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren als seiner Vergütungsgruppe entspricht.
Keine Übertragung einer „anderen Tätigkeit” im Sinne des § 24 Abs. 2 BAT liegt vor, wenn der Angestellte bereits arbeitsvertraglich zum ständigen Vertreter des Dienstposteninhabers bestellt ist (vgl. dazu BAG Urteile vom 18. Februar 1981 - 4 AZR 993/78 - AP Nr. 3 zu § 22, 23 BAT Sparkassenangestellte; vom 27. Mai 1981 - 4 AZR 1079/78 - AP Nr. 44 zu § 22, 23 BAT 1975; vom 25. Februar 1987 - 4 AZR 217/86 - AP Nr. 14 zu § 24 BAT und zuletzt Urteil vom 24. März 1993 - 10 AZR 416/91 - n.v.). Die ständige Vertretung umfaßt die Gesamtheit der Dienstaufgaben des Vertretenen bei dessen An- und Abwesenheit (vgl. BAG Urteil vom 25. Februar 1987 aaO). Die Vertretung in Fällen von Urlaub- oder sonstiger Abwesenheit gehört damit auf Dauer zu den arbeitsvertraglich auszuübenden Tätigkeiten des ständigen Vertreters. Sie ist deshalb in die tarifliche Bewertung seiner Tätigkeit bei der Eingruppierung mit einzubeziehen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT; vgl. BAG Urteile vom 5. September 1973 - 4 AZR 549/72 - AP Nr. 3 zu § 24 BAT; vom 29. September 1982 - 4 AZR 1161/79 - AP Nr. 66 zu § 22, 23 BAT 1975). Somit stellt die Vertretungstätigkeit für den ständigen Vertreter keine „andere Tätigkeit” dar und entspricht deshalb auch nicht den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Vergütungsgruppe, wie es nach § 24 Abs. 2 BAT erforderlich ist. Dies wird auch durch den Wortlaut der Protokollerklärung Nr. 8 zum Tarifvertrag zur Neufassung der Anlage 1 b zum BAT (Angestellte im Pflegedienst) vom 30. Juni 1989 bestätigt. Danach sind ständige Vertreterinnen „nicht die Vertreterinnen in Urlaubs- oder sonstigen Abwesenheitsfällen”, d.h. allein durch die Vertretung in Urlaubs- oder sonstigen Abwesenheitsfällen wird der Vertreter nicht zum „ständigen Vertreter” im Tarifsinne. Für ihn kann deshalb anders als für den ständigen Vertreter grundsätzlich ein Anspruch auf eine Vertretungszulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT in Betracht kommen.
2. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgericht war die Klägerin zur ständigen Vertreterin des Stationspflegers bestellt worden und wurde dementsprechend in die Vergütungsgruppe Kr V a Fallgruppe 6 BAT eingruppiert. Danach werden Krankenschwestern in diese Vergütungsgruppe eingruppiert, die durch ausdrückliche Anordnung als ständige Vertreterinnen von Stations- oder Gruppenschwestern/- pflegern der Vergütungsgruppe Kr VI Fallgruppe 13 bestellt sind. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Klägerin diese Tätigkeitsmerkmale erfüllt. Damit war die Klägerin ständige Vertreterin des Stationspflegers. Die Vertretung des Stationspflegers gehörte somit zu den von der Klägerin dauerhaft wahrzunehmenden Aufgaben und damit zu ihrer auszuübenden Tätigkeit, die in die tarifliche Bewertung bei ihrer Eingruppierung mit einbezogen worden war. Für den Zeitraum, in dem die Klägerin den Stationspfleger wegen dessen krankheitsbedingter Abwesenheit vertreten hat, nahm sie also eine Aufgabe wahr, die zu ihrer arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit gehörte. Daraus folgt, daß ihr keine „andere Tätigkeit” im Sinne von § 24 Abs. 2 BAT übertragen worden ist. Ihr steht deshalb keine persönliche Zulage zu.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Freitag, Dr. Jobs, Hauck, Hromadka, Großmann
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.10.1998 durch Susdorf Reg.-Hauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 1999, 324 |
ARST 1999, 111 |
NZA 1999, 492 |
RdA 1999, 294 |
ZTR 1999, 177 |
AP, 0 |
PersR 1999, 89 |
ZMV 1999, 190 |
PflR 2000, 63 |