Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung einer Abmeldebescheinigung bei der VBL
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 37 Abs. 4 Satz 2 iVm. § 37 Abs. 1 Buchst. a VBL-Satzung erhält ein Arbeitnehmer eine – regelmäßig wesentlich höhere – Versorgungsrente statt einer Versicherungsrente, wenn er aufgrund einer vom Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen Kündigung oder aufgrund eines vom Arbeitgeber aus nicht verhaltensbedingten Gründen veranlaßten Auflösungsvertrages aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und im Zeitpunkt des Ausscheidens das 58. Lebensjahr vollendet und mindestens 240 Umlagemonate zurückgelegt hatte. Dabei ist der Begriff der Kündigung „aus betrieblichen Gründen” so zu verstehen, daß hierunter alle Kündigungen fallen, die auch durch betriebliche Gründe veranlaßt sind, wenn sie nur nicht aus verhaltensbedingten Gründen ausgesprochen wurden. Hierzu gehören regelmäßig auch krankheitsbedingte Kündigungen.
2. Hat ein öffentlicher Arbeitgeber die Abmeldebescheinigung gegenüber der VBL unrichtig ausgefüllt, kommt eine Berichtigungsklage des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auch dann in Betracht, wenn er die dreimonatige Klagefrist für Klagen gegen die VBL nach § 61 Abs. 3 Satz 2 VBL-Satzung versäumt hat. Dabei kann unentschieden bleiben, ob die VBL nach einer Berichtigung des zunächst mitgeteilten Abmeldegrundes durch den Arbeitgeber von Rechts wegen verpflichtet ist, die Angelegenheit wieder aufzugreifen und neu zu entscheiden. Für die Klage besteht jedenfalls dann das erforderliche Rechtschutzinteresse, wenn die VBL dem Arbeitnehmer gegenüber erklärt hat, sie werde die Rentenangelegenheit nochmals überprüfen, wenn sie eine vom Arbeitgeber berichtigte Abmeldung erhalte (Fortführung von BAG 14. Oktober 1998 – 3 AZR 377/97 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 47 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 9).
Normenkette
BetrAVG § 1; Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL-Satzung) § 21 Abs. 2 b, § 37 Abs. 1, 4 S. 2, § 61
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21. April 1999 – 7 Sa 1521/98 – aufgehoben.
2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13. August 1998 – 14 Ca 1782/98 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, Hans-Thoma-Straße 19, 76133 Karlsruhe eine berichtigte Abmeldung des Klägers aus der Pflichtversicherung bei der Versorgungsanstalt zum 31. Dezember 1994 mit dem Inhalt auszusprechen, daß die Pflichtversicherung des Klägers aus folgendem Grund endete:
„Ende der Pflichtversicherung eines über 58 Jahre alten Arbeitnehmers, dessen Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aus betrieblichen Gruenden gekündigt wurde oder aufgrund eines vom Arbeitgeber aus nicht verhaltensbedingten Gruenden veranlaßten Auflösungsvertrages endete.”
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der am 8. September 1935 geborene Kläger war seit dem 15. Juli 1970 in der Oberfinanzdirektion Köln der Beklagten nach Maßgabe des Bundes-Angestellten-tarifvertrages (BAT) beschäftigt. Er war bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) pflichtversichert.
Mit Schreiben vom 26. Mai 1994 hatte die Beklagte dem nicht mehr ordentlich kündbaren Kläger, der seit dem 29. Januar 1992 ununterbrochen arbeitsunfähig krank gewesen war, außerordentlich zum 31. Dezember 1994 gekündigt. Hiergegen hatte der Kläger Klage erhoben. Der Rechtsstreit endete vor dem Arbeitsgericht Aachen durch gerichtlichen Vergleich vom 8. November 1994:
- „Die Parteien sind sich einig, daß das Arbeitsverhältnis durch die am 26. Mai 1994 zugegangene Kündigung zum 31. Dezember 1994 aufgelöst wird.
- Sollte in dem sozialgerichtlichen Verfahren – S 3 Vs 34/93 – vor dem Sozialgericht Aachen rechtskräftig festgestellt werden, daß der Kläger im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung schwerbehindert (mindestens 50 %) war, so sind sich die Parteien einig, daß das Arbeitsverhältnis entgegen Ziff. 1 des Vergleichs durch die Kündigung vom 26. Mai 1994 nicht aufgelöst wurde.
- Hiermit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.”
Die sozialgerichtliche Klage wurde abgewiesen. Der Kläger bezieht jedoch seit dem 1. Februar 1995 eine Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Darüber hinaus erhält er von der VBL eine Rente in Höhe von 368,31 DM. Dabei handelt es sich um eine Versicherungsrente, die dann zu zahlen ist, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles beitragsfrei versichert war. War er zu diesem Zeitpunkt pflichtversichert, steht ihm eine Versorgungsrente zu. Im Falle des Klägers beliefe sie sich auf rund 700,00 DM. Die VBL ging bei der Berechnung des Zusatzrentenanspruchs des Klägers davon aus, daß der Kläger im Versorgungsfall nicht pflichtversichert war, weil er von der Beklagten zum 31. Dezember 1994 formularmäßig mit dem Abmeldegrund 13 („Ende des Arbeitsverhältnisses wegen Kündigung, Auflösungsvertrag usw., jedoch nicht, wenn die Abmeldung erfolgt, weil ein Versicherungsfall eingetreten ist. …”) abgemeldet worden war.
Mit Schreiben vom 13. Juni 1997 beantragte der Kläger gegenüber der VBL, über die Gewährung einer Versorgungsrente zu seinen Gunsten neu zu entscheiden. Nach § 37 Abs. 4 Satz 2 der Satzung der VBL gelte er als bei Eintritt des Versicherungsfalles pflichtversichert. Diese Bestimmung lautet:
„Als bei Eintritt des Versicherungsfalles pflichtversichert gilt ferner ein beitragsfrei Versicherter, der aufgrund einer von dem Beteiligten aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen Kündigung oder aufgrund eines von dem Beteiligten aus nicht verhaltensbedingten Gründen veranlaßten Auflösungsvertrages aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, wenn er zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet und mindestens 240 Umlagemonate zurückgelegt hatte.”
Der Kläger machte gegenüber der VBL geltend, sein Arbeitsverhältnis habe erst aufgrund Auflösungsvertrages geendet, so daß er die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfülle. Unter dem 20. Juni 1997 teilte die VBL dem Kläger mit, aufgrund des von der Beklagten genannten Grundes für die Abmeldung aus der Pflichtversicherung habe er auch weiterhin lediglich einen Anspruch auf Versicherungsrente. Er möge sich mit seiner ehemaligen Arbeitgeberin in Verbindung setzen. Sollte die VBL eine berichtigte Abmeldung im Sinne des Klägers erhalten, werde sie dessen Rentenangelegenheit nochmals überprüfen.
Da die Beklagte sich vorprozessual nicht zu einer Änderung ihrer Abmeldung bereit fand, hat der Kläger Klage erhoben. Er hat den Standpunkt eingenommen, die Beklagte müsse seine Abmeldung berichtigen und als Abmeldegrund auf Nr. 25 der formularmäßigen Abmeldegründe verweisen, die inhaltlich § 37 Abs. 4 Satz 2 der VBL-Satzung entspricht („Ende der Pflichtversicherung eines über 58 Jahre alten Arbeitnehmers, dessen Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen gekündigt wurde oder aufgrund eines vom Arbeitgeber aus nicht verhaltensbedingten Gründen veranlaßten Auflösungsvertrages endete (§ 37 Abs. 4 Satz 2 und § 21 Abs. 2 Buchst. b)”). Ihm gegenüber sei ursprünglich eine Kündigung „aus betrieblichen Gründen” im Sinne der Bestimmung der VBL-Satzung ausgesprochen worden. Es sei zur Rechtfertigung dieser Kündigung notwendig gewesen, daß die entstandenen prognosefähigen krankheitsbedingten Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen geführt hätten. Darüber hinaus habe das Arbeitsverhältnis letztlich aufgrund des Prozeßvergleichs, also eines Auflösungsvertrages, geendet.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, gegenüber der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, Hans-Thoma-Straße 19, 76133 Karlsruhe, eine berichtigte Abmeldung seiner Person aus der Pflichtversicherung bei der Versorgungsanstalt zum 31. Dezember 1994 mit dem Inhalt auszusprechen, daß seine Pflichtversicherung aus folgendem Grund endet:
„Ende der Pflichtversicherung eines über 58 Jahre alten Arbeitnehmers, dessen Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen gekündigt wurde oder aufgrund eines vom Arbeitgeber aus nicht verhaltensbedingten Gründen veranlaßten Auflösungsvertrages endete.”
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält die Klage bereits für unzulässig, weil der Kläger sein Ziel, eine höhere Versorgungsrente zu erhalten, nur durch eine Klage vor den Zivilgerichten erreichen könne, die er gegen die VBL richten müsse. Darüber hinaus fehle der Klage das Rechtsschutzinteresse, weil der Kläger nicht innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 61 Abs. 3 der Satzung der VBL Klage gegen die VBL erhoben habe. Eine günstige Entscheidung im vorliegenden Verfahren werde deshalb keine Auswirkungen auf die Entscheidung der VBL haben, dem Kläger keine Versorgungsrente zuzuerkennen. Im übrigen sei die Abmeldebescheinigung auch richtig ausgefüllt worden. Der Kläger sei weder aufgrund betriebsbedingter Kündigung noch aufgrund eines Auflösungsvertrages ausgeschieden. Der Vergleich habe lediglich bestätigt, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund krankheitsbedingter Kündigung geendet habe. Für eine solche Vertragsbeendigung sei der Abmeldegrund 13 einschlägig.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Die Vorinstanzen haben seine Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, daß die Beklagte die Abmeldebescheinigung zur VBL wie beantragt berichtigt. Die Beklagte hat die Abmeldebescheinigung unrichtig ausgefüllt, indem sie den Abmeldegrund mit der Kennziffer 13 angab. Der zutreffende Abmeldegrund hat die Kennziffer 25 und den vom Kläger angestrebten Inhalt.
I. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage zulässig.
1. Der Kläger hat ein rechtlich geschütztes Interesse daran, daß die Beklagte entsprechend dem Klageantrag verurteilt wird.
a) Die vom Kläger angestrebte Berichtigung der Abmeldung ist für seinen Zusatzversorgungsanspruch von erheblicher Bedeutung. Ist der von ihm geltend gemachte Abmeldegrund gegeben, steht ihm anstelle der bisher nach § 37 Abs. 1 Buchst. b VBL-Satzung zuerkannten Versicherungsrente die erheblich höhere Versorgungsrente zu. Nach § 37 Abs. 4 Satz 2 VBL-Satzung gilt ein – vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedener und deshalb – beitragsfrei Versicherter als bei Eintritt des Versicherungsfalles pflichtversichert, wenn er auf Grund einer von dem beteiligten Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen Kündigung oder eines von dem beteiligten Arbeitgeber aus nicht verhaltensbedingten Gründen veranlaßten Auflösungsvertrages aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet und mindestens 240 Umlagemonate zurückgelegt hatte. Er kann dann nach § 37 Abs. 1 Buchst. a VBL-Satzung Versorgungsrente verlangen. Wenn das Arbeitsverhältnis des Klägers von der Beklagten aus betrieblichen Gründen gekündigt wurde oder aufgrund eines von der Beklagten aus nicht verhaltensbedingten Gründen veranlaßten Auflösungsvertrages endete, erfüllt er bei Eintritt des Versicherungsfalles am 1. Februar 1995 alle Voraussetzungen für den Bezug einer Versorgungsrente. Er hatte bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 1994 bereits das 59. Lebensjahr vollendet und 265 Umlagemonate zurückgelegt.
b) Nach § 61 Abs. 3 Satz 2 ihrer Satzung ist die VBL zwar an sich von der Pflicht zur Zahlung anderer Leistungen oder zur Änderung ihrer Entscheidung frei, wenn der Leistungsempfänger nicht innerhalb einer Drei-Monats-Frist ab Zugang ihrer mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehenen Entscheidung Klage erhoben hat. Dies ist im Fall des Klägers nicht geschehen.
Gleichwohl hat der Kläger ein rechtlich geschütztes Interesse an der beantragten Verurteilung. Dabei kann der Senat unentschieden lassen, ob die VBL nach einer Berichtigung des Abmeldegrundes verpflichtet ist, die Angelegenheiten wieder aufzugreifen und im Hinblick auf die veränderte Sachlage neu zu entscheiden. Hierfür spricht immerhin, daß die VBL sich bei ihrer Entscheidung ohne eigene Nachprüfung auf die Angaben des Arbeitgebers in der Abmeldebescheinigung verläßt und auch verlassen darf (vgl. hierzu BAG 14. Oktober 1998 – 3 AZR 377/97 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 47 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 9, zu II 1 der Gründe mwN). Damit ist die Abmeldebescheinigung als solche eine für die Entscheidung wesentliche Tatsache. Wird nach „bestandskräftiger” Entscheidung über die Zusatzrente eine Bescheinigung mit neuem für die Anspruchsermittlung erheblichem Inhalt vorgelegt, könnte es sich um eine neue Tatsache handeln, die die VBL nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zur erneuten Sachprüfung verpflichten könnte. Ginge man hiervon aus, ergäbe sich für den Kläger das Rechtsschutzinteresse für seinen Antrag ohne weiteres.
Der Kläger hat für seine Klage aber auch dann das erforderliche Rechtsschutzinteresse, wenn man eine solche Pflicht der VBL nicht annimmt. Die VBL hat gegenüber dem Kläger in ihrem Schreiben vom 20. Juni 1997 ausdrücklich erklärt, sie werde die Rentenangelegenheit des Klägers nochmals überprüfen, wenn sie eine berichtigte Abmeldung über ein Ausscheiden des Klägers in dem von ihm geltend gemachten Sinne erhalte. Mit einer solchen Erklärung hat sich die VBL zumindest zu einer erneuten Sachprüfung verpflichtet. Der Kläger hat ein rechtlich geschütztes Interesse daran, daß die Voraussetzungen für eine solche erneute Sachprüfung geschaffen werden.
2. Die Rechtswegzuständigkeit ist vom Bundesarbeitsgericht nicht mehr zu überprüfen, nachdem die Vorinstanzen verfahrensfehlerfrei ihre Zuständigkeit festgestellt haben (§ 65, §73 Abs. 2 ArbGG).
II. Die zulässige Klage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts begründet. Ein bei der VBL Versicherter kann gegen seinen früheren Arbeitgeber einen Anspruch auf Berichtigung der Abmeldebescheinigung haben. Dieser Anspruch steht dem Kläger mit dem geltend gemachten Inhalt zu, weil die für ihn erteilte Abmeldebescheinigung unrichtig ist; sie hätte mit dem vom Kläger verlangten Inhalt erstellt werden müssen.
1. Die Beklagte hat aufgrund des mit dem Kläger abgeschlossenen Arbeitsvertrages auch nach dessen Beendigung eine fortwirkende selbständige Nebenpflicht, gegenüber der VBL inhaltlich richtige Angaben zu machen, soweit sie für Grund und Höhe des Zusatzversorgungsanspruchs von Bedeutung sein können.
Diese Pflicht ergibt sich im Verhältnis zur VBL aus § 21 Abs. 2 Buchst. b der VBL-Satzung sowie daraus, daß die Versorgungsanstalt weder in der Lage noch verpflichtet ist, in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob die Abmeldung eines Arbeitnehmers nach den maßgeblichen Satzungsbestimmungen erfolgt ist. Die Versorgungsanstalt muß sich auf die Angaben der Arbeitgeberin verlassen.
Hieraus und aus dem Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Verschaffung einer tarifvertrags- und satzungsmäßigen Zusatzversorgung folgt zugleich, daß die Beklagte auch im Verhältnis zum Kläger verpflichtet ist, eine entsprechende Mitteilung zu machen. Nur die Beklagte kann durch sachlich richtige Mitteilungen an die Versorgungsanstalt sicherstellen, daß der Kläger die ihm von Rechts wegen zustehende Versorgungsleistung erhält. Hat ein Arbeitgeber durch unrichtige Angaben zunächst eine mit Tarifvertrag und Satzung im Widerspruch stehende Versorgungslage geschaffen, muß er das ihm Mögliche dazu tun, dem Arbeitnehmer die ihm von Rechts wegen zustehende Versorgung zu verschaffen, indem er die Abmeldebestätigung richtig stellt. Der Arbeitnehmer ist auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf eine solche Richtigstellung angewiesen, die für den Arbeitgeber ohne wesentlichen Aufwand möglich ist. Der Arbeitgeber muß dem Rechnung tragen. Er muß die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Belange des Betriebes und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebes nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann (vgl. hierzu insgesamt BAG 14. Oktober 1998 – 3 AZR 377/97 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 47 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 9, zu II 1 der Gründe mwN).
2. Der Kläger hat einen solchen Mitwirkungsanspruch gegenüber der Beklagten, weil sie ihre Abmeldepflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Dies muß sie nachholen.
Der von der Beklagten in der Abmeldebescheinigung genannte Abmeldegrund 13 ist sachlich unrichtig. Der Grund für das Ausschieden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten wird in der formularmäßigen Abmeldebescheinigung unter Nr. 25 geführt: Der über 58 Jahre alte Kläger ist nach mehr als 240 Umlagemonaten „aufgrund einer von” der Beklagten „aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen Kündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden”. Entsprechend muß die Abmeldebescheinigung berichtigt werden.
Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Recht angenommen, daß die Kündigung der Beklagten zum 31. Dezember 1994 im kündigungsschutzrechtlichen Sinne krankheitsbedingt, also personenbedingt, und nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, also betriebsbedingt, erfolgte. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Abweisung der Klage. Der Satzungsgeber hat zur Beschreibung der Kündigung, welche die den Arbeitnehmer begünstigende Fiktion auslöst, er gelte trotz seiner tatsächlichen Beitragsfreiheit weiterhin als pflichtversichert, weder die Formulierung des Kündigungsschutzgesetzes noch das gebräuchliche Kürzel der Betriebsbedingtheit der Kündigung verwendet. Er hat vielmehr mit der Kündigung „aus betrieblichen Gründen” eine Formulierung gewählt, die auf einen weiteren Begriffsinhalt deutet. Er umfaßt im Regelfall auch eine krankheitsbedingte Kündigung.
Zwar wollte der Satzungsgeber durch die zum 1. Januar 1985 neu eingeführte Regelung des § 37 Abs. 4 Satz 2 VBL-Satzung insbesondere vermeiden, daß ein längjährig Pflichtversicherter durch Betriebsstillegungen oder -einschränkungen seine Anwartschaft auf Versorgungsrente verliert, wenn er wegen seines hohen Alters in der Regel keine Aussicht mehr hat, in ein neues versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu kommen. Gleichwohl sind „betriebliche Gründe” nicht die im Kündigungsschutzgesetz genannten betriebsbedingten Gründe. Die Kündigung muß lediglich auch durch eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen verursacht sein. Deshalb können betriebliche Gründe nicht nur Arbeitsmangel, erforderliche Sparmaßnahmen oder eine völlige oder teilweise Schließung des Betriebes sein. Ein betrieblicher Grund im Sinne des Satzes 2 kann auch vorliegen, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist, weil es für den Arbeitnehmer aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen keine Verwendung mehr im Betrieb gibt (Gilbert/Hesse Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes Stand 1. Januar 2000 B § 37 Anm. 9 b [B 123 a/123 b] mwN). Es reicht für eine „Kündigung aus betrieblichen Gründen” aus, wenn die Kündigung einen betrieblichen Bezug hat. Ein betrieblicher Bezug ist auch dann zu bejahen, wenn das Arbeitsverhältnis wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers aufgelöst worden ist, die den Arbeitsablauf der Verwaltung/des Betriebes beeinflußt haben. Nur eine Vertragsauflösung, die ausschließlich aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen erfolgt ist, füllt den Begriff nicht aus (Berger/Kiefer Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes Ordner I Stand Januar 2000 B § 37 Rn. 12 [B 72]). Hierzu zählt eine krankheitsbedingte Kündigung regelmäßig nicht. Zu ihrer Rechtfertigung bedarf es grundsätzlich zumindest auch erheblicher Störungen in den Betriebsabläufen. Der Arbeitgeber ist in aller Regel nicht berechtigt, auf die Erkrankung eines Arbeitnehmers mit einer Kündigung zu reagieren. Kündigungsrechtlich relevant wird die Krankheit dadurch, daß durch sie die ungestörten und erfolgreichen betrieblichen Abläufe gestört werden. Von diesem Grundsatz ist das Bundesarbeitsgericht auch in seiner Rechtsprechung zur Kündigung wegen auf nicht absehbare Zeit andauernder Arbeitsunfähigkeit nicht abgewichen. Es hat im Urteil vom 29. April 1999 (–2 AZR 431/98 – BAGE 91, 271) sogar noch einmal betont, daß es auch Voraussetzung für eine Kündigung aus Anlaß einer Langzeiterkrankung ist, daß die betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen. Bei dauernder krankheitsbedingter Leistungsunfähigkeit ist lediglich in aller Regel ohne weiteres von einer solchen erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auszugehen.
Auch die Beklagte hat ihre Kündigung vom 26. Mai 1994 nicht ausschließlich auf Gründe gestützt, die in der Person des Klägers lagen, sondern sich mit Nachdruck auch auf die betrieblichen Auswirkungen seiner Arbeitsunfähigkeit berufen. Im Kündigungsschreiben hat die Beklagte ausgeführt, gegenüber den schützenswerten Interessen des Klägers fielen die durch seine langandauernde Erkrankung bei ihr verursachten schwerwiegenden wirtschaftlichen Belastungen und Störungen im Betriebsablauf so stark ins Gewicht, daß eine außerordentliche Kündigung unumgänglich sei.
Der Begriff der Kündigung „aus betrieblichen Gründen” ist deshalb in dem weiten Sinne zu verstehen, daß hierunter alle Kündigungen fallen, die auch durch betriebliche Gründe veranlaßt sind, wenn sie nur nicht aus verhaltensbedingten Gründen ausgesprochen wurden. Hierfür spricht auch der Regelungszusammenhang von § 37 Abs. 4 Satz 2 VBL-Satzung. Der Satzungsgeber privilegiert in gleicher Weise Kündigungen aus betrieblichen Gründen und Auflösungsverträge, die vom Arbeitgeber aus nicht verhaltensbedingten Gründen veranlaßt worden sind. Verstünde man wie die Beklagte und das Landesarbeitsgericht unter der Kündigung aus betrieblichen Gründen nur die betriebsbedingte Kündigung, hätte der Satzungsgeber an im wesentlichen gleiche Sachverhalte wesentlich ungleiche Rechtsfolgen geknüpft: Bei einer krankheitsbedingten Kündigung könnte der ältere langjährig im öffentlichen Dienst beschäftigte Arbeitnehmer nur eine Versicherungsrente erwarten; ließe sich derselbe Arbeitnehmer wegen seiner langandauernden Erkrankung auf Wunsch des Arbeitgebers auf den Abschluß eines Aufhebungsvertrages ein, bliebe ihm seine regelmäßig wesentlich höhere Versorgungsrente. Für eine solche Ungleichbehandlung gäbe es keinen von der Rechtsordnung anerkannten Sachgrund. Sie verstieße gegen das Gleichbehandlungsgebot, dem der Satzungsgeber unterworfen ist (BGH 16. März 1988 – IV a ZR 154/87 – BGHZ 103, 370, zu II 1 der Gründe; BGH 2. Mai 1990 – IV ZR 211/89 – ZTR 1990, 346). Ein solche gleichheitswidrige Rechtsetzung kann dem Satzungsgeber der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder nicht unterstellt werden.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Bepler, V. Ludwig, Göbel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.11.2000 durch Kaufhold, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 257 |
BB 2001, 368 |
DB 2001, 987 |
NWB 2001, 948 |
FA 2001, 57 |
NZA 2001, 661 |
ZTR 2001, 276 |
AP, 0 |
PERSONAL 2001, 296 |
PERSONAL 2001, 328 |
ZfPR 2001, 273 |