Entscheidungsstichwort (Thema)

Überlassung von Flugzeugen mit Bedienungspersonal

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Anschluß an Senatsurteil vom 17. Februar 1993 – 7 AZR 167/92 – NZA 1993, 1125, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt

2. Parallelsache zu 7 AZR 101/93 (Urteil vom 22. Februar 1994)

 

Normenkette

AÜG Art. 1 § 10 Abs. 1; AÜG § 9 Nr. 1, § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 27.10.1992; Aktenzeichen 6 Sa 1871/91)

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.09.1991; Aktenzeichen 1 Ca 24/91)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 27. Oktober 1992 – 6 Sa 1871/91 – wird zurückgewiesen.

Auf die Revision der Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main insoweit aufgehoben, als es der Klage stattgegeben hat.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. September 1991 – 1 Ca 24/91 – wird insgesamt zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten der Berufung und der Revision.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob und zu welchen Bedingungen zwischen dem Kläger als Flugkapitän und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis vertraglich abgeschlossen worden ist oder kraft Gesetzes infolge unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung als zustande gekommen gilt.

Die Beklagte, ein Tochterunternehmen der Deutschen Lufthansa AG, befördert Luftfracht. Hierzu setzt sie u.a. fünf Frachtflugzeuge des Typs DC-8–73 F ein. Sie sind ihr zusammen mit je drei Flugbesatzungen von der Firma C. International (C.) aufgrund eines sogenannten Unterleasing-Vertrages vom 3. August 1988 zur Verfügung gestellt worden. In dem Vertrag heißt es u.a.:

„1. Überlassung

1.1 Der Unterleasing-Geber hat die Luftfahrzeuge von der D. L. AG, F.,

- im folgenden DL genannt – geleast. Der Unterleasing-Geber verleast hiermit die Luftfahrzeuge gemäß Anlage 1, incl. Besatzungen gemäß noch zu treffender Regelung in Annex B, jedoch ohne Flugbetriebsstoffe. Die Leasing-Laufzeit beginnt zum Zeitpunkt der Übergabe der Luftfahrzeuge. Über die Übergabe ist ein Übergabeprotokoll gemäß Anlage 2 zu erstellen. Der Unterleasing-Nehmer bestätigt dadurch, daß die Luftfahrzeuge …

2. Leasing-Laufzeit, Leasingrate

2.1 Der Unterleasing-Vertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Er ist vom Unterleasing-Nehmer erstmals zum Ablauf des 48. Monats nach Beginn der Leasing-Laufzeit, danach jährlich, kündbar. Die Kündigungsfrist beträgt 4 Monate. Die Kündigung bedarf der Schriftform. …

2.2 Die monatlichen Leasingraten und die Abschlußzahlungen des Unterleasing-Nehmers für das Leasen der Luftfahrzeuge setzen sich zusammen aus zwei Kostenelementen:

  1. Gerätekosten (Annex A)
  2. Bereederungskosten (Annex B)

    deren Höhe in einem jeweiligen Annex geregelt und vereinbart wird. …

3. Eigentümer, Halter

3.1 Die DL ist Eigentümerin der Luftfahrzeuge gemäß § 929 ff. BGB, der Unterleasing-Geber ist mittelbarer Besitzer, der Unterleasing-Nehmer ist unmittelbarer Besitzer und alleiniger Halter der Luftfahrzeuge. Während der Leasing-Laufzeit (einschließlich Verlängerungszeiten) bleiben die Luftfahrzeuge in der Luftfahrzeugrolle der Bundesrepublik Deutschland eingetragen. …

10. Schlußbestimmungen

10.5 Auf den Vertrag findet das Recht der Bundesrepublik Deutschland Anwendung; jedoch sollen die Bestimmungen des einheitlichen Kaufgesetzes EKG und des einheitlichen Vertragsabschlußgesetzes EAG nicht angewandt werden.

Die Vertragssprache ist deutsch. …”

Die jährliche Leasing-Rate für die fünf Flugzeuge betrug 22,3 Millionen US-Dollar. Ob in diesem Betrag die Personalkosten mit jährlich 6 Millionen US-Dollar enthalten waren oder noch hinzuzurechnen sind, ist vom Landesarbeitsgericht offen gelassen worden. Die C., an deren Kapital die Deutsche Lufthansa AG mit weniger als einem Viertel beteiligt ist, hatte die fünf Flugzeuge ihrerseits von der D. L. AG unter der Bedingung geleast, die Flugzeuge an die Beklagte unterzuverleasen. Bis zum Sommer 1988 hatten die Flugzeuge im Eigentum der Deutschen Lufthansa AG gestanden. Sie waren sodann von ihr an die D. L. AG verkauft worden. Zu den mitüberlassenen Besatzungen dieser fünf Flugzeuge gehörte der Kläger. Er hat einen auf den 29. August 1988 rückdatierten, in englischer Sprache abgefaßten Formular-Arbeitsvertrag mit einer in Monaco ansässigen Firma S. abgeschlossen, wonach er als „FO/1. Offizier” auf Flugzeugen des Typs DC-8–73 (Frachtversion) für Dritte tätig werden sollte. Das Grundgehalt des Klägers betrug 6.500,– DM netto vor Steuern; hierfür hatte er 65 Flugstunden zu leisten. Der Vertrag war auf fünf Jahre befristet und sah die Anwendung monegassischen Rechts und Monaco als Gerichtsstand vor.

Vor Abschluß dieses Vertrages war der Kläger fachlich und persönlich von Mitarbeitern der Beklagten geprüft worden, die seine Einstellung gegenüber der Firma S. zumindest empfohlen haben. Am 3. November 1988 nahm der Kläger seine Flugtätigkeit auf. Seine Flüge und Ruhezeiten wurden von Frankfurt am Main bzw. vom Sitz der Beklagten in K. aus geplant und eingeteilt. Die Spesen sowie die Flug- und Reisezeiten des Klägers wurden auf der Basis Luxemburg abgerechnet bzw. festgesetzt.

Im Zuge laufender Ermittlungen wegen möglicher unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung verpflichtete sich die Beklagte am 16. Juli 1990 gegenüber dem Landesarbeitsamt, fliegendes Personal künftig nicht mehr aufgrund ausländischer Arbeitsverträge einzusetzen. Sodann bot die Beklagte dem Kläger am 28. September 1990 einen Arbeitsvertrag an, der anstelle der Nettovergütung eine erheblich höhere Bruttogrundvergütung, indessen aber auch anstatt 65 75 Flugstunden pro Monat als regelmäßige Arbeitsleistung vorsah. Der Kläger lehnte dieses Vertragsangebot ab. Unter dem 18. Dezember 1990 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der mit der Firma C. abgeschlossene Leasing-Vertrag sei beendet worden; sie könne den Kläger ab 1. Januar 1991 nicht weiter einsetzen. Mit dem Brief seines Prozeßbevollmächtigten vom 2. Januar 1991 berief sich der Kläger gegenüber der Beklagten darauf, zu ihr in einem gemäß § 10 Abs. 1 AÜG fingierten Arbeitsverhältnis zu stehen, dessen Inhalt sich zumindest nach den Bedingungen seines letzten Arbeitsvertrages mit der Firma S. richte. Mit ihrem am 27. Februar 1991 zugegangenen Brief vom Vortag teilte die Beklagte dem Kläger mit, soweit ein fingiertes Arbeitsverhältnis mit ihm bestehe, kündige sie dieses fristlos, da der Kläger bei dem Konkurrenzunternehmen „A.” vollzeitbeschäftigt sei. Bis 28. Februar 1991 erhielt, der Kläger sein vertragsgemäßes Gehalt von der Firma S. Unter dem 15. März 1991 schloß er einen schriftlichen Anstellungsvertrag mit einer Firma „T.”, die als Agent fliegendes Personal einstellte und es der „A.” überließ. Als Beginn der Beschäftigung war der 1. März 1991 angegeben. Der Kläger hat diese Datumsangabe als Versehen bezeichnet und behauptet, Bezüge aus diesem Vertrag erst ab April 1991 erhalten zu haben; er sei erst seit 10. Mai 1991 im Flugbetrieb der A. eingesetzt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, seine rechtlichen Beziehungen zur Beklagten unterlägen deutschem Recht. Zwischen ihm und der Beklagten sei ein Arbeitsverhältnis vertraglich begründet worden. Zumindest bestehe es aber kraft unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung nach § 10 AÜG. Er sei tatsächlich als Arbeitnehmer überlassen worden. Die Firmen S. bzw. C. seien nur zwecks Umgehung des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vorgeschoben worden; wirtschaftlich-technischer Schwerpunkt der vertraglichen Konstruktion sei der Einsatz des Klägers bei der Beklagten gewesen. Weder die Firma S. noch die Firma C. hätten die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besessen. Die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis auch nicht durch eine Kündigung beendet Ihre Schreiben vom 18. Dezember 1990 und vom 26. Februar 1991 hätten sein Arbeitsverhältnis nicht beenden können. Es habe kein Kündigungsgrund vorgelegen. Nach § 10 Abs. 1 vorletzter Satz AÜG seien die bei der Beklagten praktizierten und geübten „geltenden Regelungen” auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Dies seien ausschließlich die Tarifverträge, die für die Deutsche Lufthansa AG Geltung hätten. Denn bei der Beklagten werde zahlenmäßig überwiegend Personal zu diesen Bedingungen beschäftigt. Mindestens seit 1. März 1991 befinde sich die Beklagte gegenüber dem Kläger im Annahmeverzug und schulde ihm die Fortzahlung seiner Bezüge abzüglich des zugestandenen anderweitigen Verdienstes in Höhe der geltend gemachten Forderung für die Zeit bis 30. Juni 1991.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. September 1991, Az.: 1 Ca 24/91 wird abgeändert.
  2. Es wird festgestellt, daß zwischen dem Kläger und der Beklagten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.
  3. Es wird weiter festgestellt, daß Inhalt dieses Arbeitsverhältnisses die bei der Beklagten geltenden Betriebsvereinbarungen und üblichen arbeitsvertraglichen Bedingungen für F/Os (1. Offiziere) im Cargo-Flugbetrieb auf DC 8 sind, zumindest jedoch die Gehaltsvereinbarungen der zwischen dem Kläger und der S.A.M. Société Intermédiaire pour les Transportes Aériens geltenden Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom 29. August 1988 gelten.
  4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.371,65 DM nebst 10 % Zinsen aus 8.349,45 DM seit 1. April 1991, aus 2.007,40 DM seit 1. Mai 1991, aus 2,007,40 DM seit 1. Juli 1991 zu bezahlen.
  5. Es wird festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 26. Februar 1991 – dem Kläger zugestellt am 27. Februar 1991 – nicht aufgelöst worden ist und über den 27. Februar 1991 hinaus fortbesteht.
  6. Hilfsweise:

    Es wird festgestellt, daß Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses die Regelungen des jeweils gültigen Manteltarifvertrages für das Bordpersonal für Angehörige der Deutschen Lufthansa AG – derzeit Mantel-Tarifvertrag Nr. 3 a für das Bordpersonal der Deutschen Lufthansa AG vom 1. Januar 1987 – sowie zu den Bedingungen der jeweils gültigen Vergütungstarifverträge – derzeit Tarifvertrag Nr. 25 Bordpersonal (gültig ab 1. April 1990) – ist.

    Höchsthilfsweise:

    Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger gemäß den Bedingungen des jeweils gültigen Mantel-Tarifvertrages für das Bordpersonal für Angehörige der Deutschen Lufthansa AG – Mantel-Tarifvertrag Nr. 3 a für das Bordpersonal in der Fassung vom 1. Januar 1987 – als Erster Offizier Stufe 3 sowie zu den Bedingungen der jeweils gültigen Vergütungstarifverträge – derzeit Tarifvertrag Nr. 25 Bordpersonal (gültig ab 1. April 1990) – zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

vorsorglich,

das Arbeitsverhältnis nach § 9 KSchG aufzulösen.

Der Kläger hat beantragt,

den Auflösungsantrag abzuweisen.

Die Beklagte hat erwidert, es liege angesichts der Relation zwischen dem wirtschaftlichen Wert der fünf überlassenen Flugzeuge und der Kosten für das mitüberlassene Flugpersonal keine Arbeitnehmerüberlassung vor, sondern eine nicht erlaubnispflichtige Überlassung von Maschinen mit Bedienungspersonal. Es fehle auch an der Gewerbsmäßigkeit der Arbeitnehmerüberlassung. Zudem verbiete der Schutzzweck des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes dessen Anwendung, solange – wie hier – alle Arbeitgeberpflichten gegenüber dem Kläger von seiner vertraglichen Arbeitgeberin erfüllt worden seien. Bestünde ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien, so unterliege es keinesfalls den für die Deutsche Lufthansa AG geltenden Tarifverträgen. Diese seien bei der Beklagten weder zwingend anzuwenden noch seien sie vereinbarter oder auch nur tatsächlicher Inhalt der Arbeitsverträge der Beklagten mit ihren Arbeitnehmern. Zudem wäre ein solches, tatsächlich nicht bestehendes Arbeitsverhältnis durch die Schreiben der Beklagten vom 18. Dezember 1990 bzw. 26. Februar 1991 aufgelöst worden, zumal der Kläger schon seit 1. Januar 1991 bei einem Konkurrenzunternehmen tätig sei. Den geltend gemachten Verzugslohn schulde sie daher ebenfalls nicht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage (sowie eine nicht weiter verfolgte Widerklage) abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage teilweise stattgegeben: Es hat festgestellt, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe, dessen Inhalt sich nach dem S. Vertrag des Klägers richte, daß die vorsorgliche außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 26. Februar 1990 unwirksam sei und das Arbeitsverhältnis über den 27. Februar 1991 hinaus fortbestehe. Ferner hat es die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen sowie 13.710,– DM brutto nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Berufung hat es ebenso zurückgewiesen wie den Auflösungsantrag der Beklagten. Für beide Seiten hat es die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision will die Beklagte die Abweisung der Klage insgesamt erreichen, während der Kläger die Feststellung begehrt, daß sich der Inhalt seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten nach den jeweiligen Tarifverträgen für das Bordpersonal für Angehörige der Deutschen Lufthansa AG bestimme. Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen, die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision des Klägers.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet, die des Klägers dagegen nicht. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts war die Klage insgesamt abzuweisen. Zwischen dem Kläger und der Beklagten ist ein Arbeitsverhältnis weder vertraglich zustande gekommen noch gilt es aufgrund gesetzlicher Fiktion infolge unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung als zustande gekommen. Damit erweisen sich auch alle weiteren Anträge des Klägers als unbegründet, denn sie setzten sämtlich voraus, daß es zwischen dem Kläger und der Beklagten zu einem Arbeitsverhältnis gekommen ist. Zugunsten des Klägers kann für die Entscheidung des Rechtsstreits insgesamt unterstellt werden, daß auf alle in Frage kommenden Rechtsbeziehungen deutsches Recht anzuwenden ist. Denn auch nach deutschem Recht erweist sich das Begehren des Klägers als nicht begründet.

I. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist zwischen dem Kläger und der Beklagten kein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden.

Zwischen den Parteien ist unmittelbar kein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag, den der Kläger unterzeichnet hat, war seine Arbeitgeberin die Firma S. Die Annahme, in dem Vertrag habe sich anstelle der dort genannten Arbeitgeberin die Beklagte selbst als Arbeitgeberin verpflichtet, läßt sich mit dem Wortlaut des Vertrages nicht vereinbaren. Die Erwägung, daß die Firma S. nur „vorgeschoben” worden sei, führt ebenfalls nicht zu dem rechtlichen Schluß, daß die Beklagte Arbeitgeberin des Klägers geworden sei. Die Firma S. hat bei Abschluß des Vertrages nicht als rechtsgeschäftliche Vertreterin der Beklagten gehandelt. Selbst wenn es sich bei dem Abschluß des Vertrages mit der Firma S. um ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB gehandelt haben sollte, folgt hieraus nicht, daß anstelle der vertraglichen Arbeitgeberin nunmehr eine andere Person, nämlich die Beklagte, Vertragspartner geworden sei. Nach § 117 Abs. 1 BGB ist eine einem anderen gegenüber abzugebende Willenserklärung nichtig, wenn sie mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben worden ist. Aus § 117 Abs. 2 BGB folgt ebenfalls kein Austausch der Vertragspartner, sondern nur, daß zwischen denselben Vertragspartnern das verdeckte Geschäft als das in Wahrheit Gewollte gilt, wenn es vom Scheingeschäft verdeckt worden ist.

II. Dagegen kann dem Landesarbeitsgericht nicht in seiner Annahme gefolgt werden, die Beklagte gelte gemäß Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG als Arbeitgeberin des Klägers.

1. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, ein gemischter Vertrag über die entgeltliche Gebrauchsüberlassung von Maschinen oder Geräten nebst Bedienungspersonal sei nur dann nicht als Arbeitnehmerüberlassung anzusehen, wenn die Personalüberlassung als wirtschaftlich unbedeutender Teil außer Betracht bleiben könne; dies liege hier angesichts des Volumens der Personalkosten nicht vor.

2. Mit diesen Ausführungen hat das Landesarbeitsgericht den Begriff der Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG verkannt. Arbeitnehmerüberlassung im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn der Arbeitgeber einem Dritten Arbeitskräfte überläßt, die der Dritte nach seinen eigenen betrieblichen Erfordernissen in seinem Betrieb nach seinen Weisungen einsetzt (BAG in ständiger Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil vom 17. Februar 1993 – 7 AZR 167/92 – NZA 1993, 1125, zur Veröffentlichung auch in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu II 2 b der Gründe, m.w.N.). Von der Arbeitnehmerüberlassung sind einerseits der drittbezogene Personaleinsatz aufgrund von Dienst- oder Werkverträgen zu trennen, andererseits aber auch die Fälle, bei denen der Arbeitgeber einem Dritten Maschinen oder Geräte mit Bedienungspersonal derart zur Verfügung stellt, daß der Dritte den Einsatz der Maschinen oder Geräte mit dem dazugehörigen Personal nach seinen eigenen betrieblichen Erfordernissen selbst bestimmt und organisiert. Derartige gemischte Verträge werden von den Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsesetzes jedenfalls dann nicht erfaßt, wenn nicht die Überlassung von Arbeitnehmern, sondern die Gebrauchsüberlassung des Gerätes oder der Maschine den Inhalt des Vertrages prägt (vgl. BAG Urteil vom 17. Februar 1993 – 7 AZR 167/92 –, a.a.O.). Maßgebend ist dabei, ob nach Sinn und Zweck des gemischten Vertrages die Gebrauchsüberlassung des Gerätes im Vordergrund steht und die zur Verfügungstellung des Personals nur dienende Funktion hat, indem sie den Einsatz des Gerätes erst ermöglichen soll, oder ob der Vertrag schwerpunktmäßig auf die Verschaffung der Arbeitsleistung des Personals gerichtet ist und die Überlassung des Gerätes demgegenüber nur untergeordnete Bedeutung hat (BAG Urteil vom 17. Februar 1993 – 7 AZR 167/92 –, a.a.O.).

3. Im vorliegenden Fall ist die Gebrauchsüberlassung der fünf Frachtflugzeuge des Typs DC-8–73 F eindeutig der primäre Zweck des sogenannten Unterleasing-Vertrages, den die Beklagte als Betreiberin eines Luftfrachtunternehmens am 3. August 1988 mit der Firma C. abgeschlossen hat. Bei den Flugzeugen handelt es sich um hochwertiges technisches Gerät. Es ging bei dem Vertrag zwischen der Beklagten und der Firma C. darum, die Flugzeuge im Rahmen des Lufttransportunternehmens zur Verfügung zu stellen und einzusetzen. Das war aber für die Beklagte nur mit Hilfe des dafür besonders ausgebildeten Personals mit entsprechender Zulassung für das betreffende Flugzeugmuster möglich. Ohne die Gestellung der notwendigen Flugzeugbesatzung wären die Flugzeuge deshalb für die Beklagte totes Kapital gewesen. Unter diesem Gesichtspunkt kommt der Personalüberlassung gegenüber der Gebrauchsüberlassung der Flugzeuge nur dienende Funktion zur Erreichung des eigentlichen Vertragszwecks zu. Dies kommt auch in der Relation der Leasingrate(n) für das Flugzeug selbst und für die mitüberlassenen Flugzeugbesatzungen zum Ausdruck. Dabei ist unerheblich, ob der Personalkostenanteil in die Leasing-Rate einzurechnen oder ihr hinzuzurechnen war.

III. Weil zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist bzw. kraft gesetzlicher Fiktion als zustande gekommen gilt, sind auch alle anderen Anträge, soweit der Kläger sie noch verfolgt, nicht begründet. Sie setzen alle voraus, daß zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das aber ist nicht der Fall.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Kremhelmer, Dr. Müller-Glöge, Schliemann, Straub, Kleinke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1079661

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