Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung nach Einigungsvertrag. mangelnde Eignung
Normenkette
Einigungsvertrag Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1
Verfahrensgang
LAG Brandenburg (Urteil vom 23.07.1993; Aktenzeichen 4 (5) Sa 70/93) |
ArbG Eberswalde (Urteil vom 02.12.1992; Aktenzeichen 5 Ca 1959/92) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 23. Juli 1993 – 4 (5) Sa 70/93 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1 Einigungsvertrag (fortan: Abs. 4 Ziff. 1 EV) gestützten ordentlichen Kündigung.
Die 1949 geborene Klägerin war seit 1968 als Lehrerin im Schuldienst der ehemaligen DDR beschäftigt. Von 1980 bis 1986 war sie ehrenamtlich als Parteisekretärin an der Karl-Marx-Oberschule in E. tätig. In den Jahren 1982 und 1983 nahm sie gleichzeitig das Amt der stellvertretenden Direktorin dieser Schule wahr. Von 1986 bis 1989 war die Klägerin hauptamtlich als politische Mitarbeiterin der Kreisleitung der SED in der Abteilung Agitation und Propaganda – Bereich Volksbildung – beschäftigt. Während dieser Zeit promovierte sie an der Pädagogischen Hochschule in Dresden zum Dr. phil. Ab 1. Januar 1990 arbeitete sie als Erzieherin im Lehrlingswohnheim des VEB Kranbau in E. und war ab Oktober 1990 als Musiklehrerin an mehreren Berufsschulen tätig. Am 1. Juli 1991 erhielt die Klägerin vom Beklagten einen schriftlichen Arbeitsvertrag als Musiklehrerin, in dem die Geltung des BAT-Ost vereinbart wurde.
Mit Schreiben des Staatlichen Schulamts vom 4. August 1992 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien wegen mangelnder persönlicher Eignung zum 30. September 1992.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Kündigung sei unwirksam. Sie habe keine gehobene Funktion in der SED ausgeübt. Die Tätigkeit als Sekretärin der Grundorganisation in der SED an der Karl-Marx-Schule könne nicht als herausragend bezeichnet werden. Dies gelte auch hinsichtlich ihrer Funktion als politische Mitarbeiterin der Kreisleitung. Sie habe keine Entscheidungsbefugnis gehabt, sondern lediglich Entscheidungsvorlagen eingebracht. Konkrete Verhaltensweisen, die sie als Lehrerin ungeeignet erscheinen ließen, könnten ihr nicht vorgeworfen werden. An den Fürbittgottesdiensten im Oktober 1989 habe sie aus freier Entscheidung ohne Auftrag teilgenommen. Im übrigen habe sie ab 1990 als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung an mehreren Seminaren zur politischen Bildung der Konrad-Adenauer-Stiftung teilgenommen und sich mit den neuen gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten auseinandergesetzt. Als kommunale Abgeordnete genieße sie besonderen Kündigungsschutz.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 4. August 1992 nicht aufgelöst worden sei,
den Beklagten zu verurteilen, sie zu unveränderten Bedingungen als Lehrerin für Musik bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsrechtsstreits weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die mangelnde persönliche Eignung der Klägerin für den Lehrerberuf ergebe sich bereits aus den von ihr in der ehemaligen DDR ausgeübten Funktionen als ehrenamtliche Parteisekretärin und als hauptamtliche politische Mitarbeiterin der SED-Kreisleitung. Im übrigen sei die Klägerin im Auftrag der SED-Kreisleitung bei Fürbittgottesdiensten im Herbst 1989 tätig gewesen und habe Spitzeldienste geleistet. So sei die Klägerin beobachtet worden, wie sie bei Fürbittgottesdiensten Notizen gefertigt habe, um diese offenbar der Kreisleitung zu übermitteln. Als überzeugte Sozialistin habe sie keinen Anlaß gehabt, an Gottesdiensten als normale Kirchgängerin teilzunehmen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung zu Recht als wirksam angesehen.
A. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die ordentliche Kündigung sei nach Abs. 4 Ziff. 1 EV gerechtfertigt. Die mangelnde persönliche Eignung der Klägerin ergebe sich aus ihren früheren Tätigkeiten. Dabei reiche zwar die kurzfristige Tätigkeit der Klägerin als stellvertretende Direktorin und als langjährige Sekretärin in der Grundorganisation der SED in der Schule für sich allein nicht, die Klägerin als persönlich ungeeignet für den Lehrerberuf anzusehen. Diese Nichteignung ergebe sich aber aus ihrer bis Ende 1989 über mehrere Jahre hinweg ausgeübten hauptamtlichen Tätigkeit in der Abteilung Agitation und Propaganda – Bereich Volksbildung – in der Kreisleitung der SED. Durch diese Arbeit habe sie sich in besonderer Weise im Bildungsbereich aktiv mit dem SED-Staat identifiziert. Daß die Klägerin nach Beendigung dieser Tätigkeit Abgeordnete in der Stadtverordnetenversammlung sei und als solche Kurse zur politischen Bildung der Konrad-Adenauer-Stiftung besucht habe, reiche nicht aus, um zu einer anderen Bewertung zu kommen. Auf die Vorgänge im Zusammenhang mit den Fürbittgottesdiensten komme es nicht an, da die Kündigung unabhängig davon zulässig sei.
B. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Nach Art. 20 Abs. 1 EV gelten für die Rechtsverhältnisse der Angehörigen des öffentlichen Dienstes zum Zeitpunkt des Beitritts der neuen Bundesländer die in der Anlage I zum Einigungsvertrag vereinbarten Regelungen. Die Klägerin gehörte am 3. Oktober 1990 dem öffentlichen Dienst im Beitrittsgebiet an. Damit gelten für die Kündigung der Klägerin durch den Beklagten die Kündigungsregelungen des Einigungsvertrages. Es kommt nicht darauf an, daß das Dienstverhältnis der Klägerin möglicherweise erst nach dem 3. Oktober 1990 auf den Beklagten übergegangen ist (vgl. Urteile des Senats vom 20. Januar 1994 – 8 AZR 274/93 und 8 AZR 502/93 – AP Nr. 10 und 11 zu Art. 20 Einigungsvertrag, beide auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsverhandlung vor dem Senat die Auffassung vertreten hat, sie sei erst nach dem 3. Oktober 1990 wieder in den öffentlichen Dienst getreten, steht dieser Vortrag der Anwendung der Kündigungsregelungen des Einigungsvertrages nicht entgegen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war die Klägerin seit 1968 als Lehrerin im öffentlichen Dienst der ehemaligen DDR beschäftigt. Die Klägerin hat in den Vorinstanzen nicht vorgetragen, daß ihr Arbeitsverhältnis des öffentlichen Dienstes etwa durch ihre Tätigkeit bei der Kreisleitung der SED oder als Erzieherin beim VEB Kranbau rechtlich beendet worden und erst nach dem 3. Oktober 1990 wieder aufgenommen worden sei.
2. Nach Abs. 4 Ziff. 1 EV ist die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in der öffentlichen Verwaltung auch zulässig, wenn der Arbeitnehmer wegen mangelnder persönlicher Eignung den Anforderungen nicht entspricht. Die mangelnde persönliche Eignung im Sinne dieser Bestimmung ist eine der Person des Arbeitnehmers anhaftende Eigenschaft, die sich auch aus der bisherigen Lebensführung herausgebildet haben kann. Die persönliche Eignung eines Angestellten des öffentlichen Dienstes erfordert, daß er sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen muß. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsgemäße Bildung und Ausübung einer Opposition (vgl. BVerfGE 2, 1 – Leitsatz 2 –).
a) Die hiernach zu stellenden Anforderungen haben sich an den Aufgaben des Angestellten auszurichten. Ein Lehrer muß den ihm anvertrauten Schülern glaubwürdig die Grundwerte des Grundgesetzes vermitteln. Er muß insbesondere die Gewähr dafür bieten, daß er in Krisenzeiten und ernsthaften Konfliktsituationen zu den Grundwerten der Verfassung steht (BVerfG Beschluß vom 22. Mai 1975 – 2 BvL 13/73 – BVerfGE 39, 334 = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 5 GG; BAG Urteil vom 18. März 1993 – 8 AZR 356/92 – BAGE 72, 361, 364 f. = AP Nr. 12 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, zu B III 1, 2 der Gründe).
b) Der Regelung in Abs. 4 Ziff. 1 EV liegt zugrunde, daß Arbeitnehmer von einem früheren Arbeitgeber eingestellt worden sind, mit denen der jetzige Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag nicht geschlossen hätte, wenn er an ihrer persönlichen Eignung berechtigte Zweifel gehabt hätte. Abs. 4 Ziff. 1 EV erlaubt daher – auch – eine Prüfung, ob der früher eingestellte Arbeitnehmer für die jetzige Tätigkeit persönlich geeignet ist, ohne daß bereits Vertragsverletzungen und damit konkrete Störungen des Arbeitsverhältnisses eingetreten sein müßten. Die Regelung in Abs. 4 Ziff. 1 EV zwingt den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber im übergeordneten staatlichen Interesse nicht, gleichsam die rechtsstaatliche Einstellung eines Arbeitnehmers in jedem Falle zunächst zu erproben (BAG Urteil vom 18. März 1993, a.a.O.). Ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen des Abs. 4 EV ist damit nicht verbunden. Es gelten nicht die Grundsätze für Einstellungen in den öffentlichen Dienst, sondern die für Kündigungen (vgl. zum Beurteilungsspielraum BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 7 AZR 456/82 – AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, zu II 2 a aa der Gründe; BAG Urteil vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 – BAGE 72, 176, 182 = AP Nr. 3 zu Art. 13 Einigungsvertrag, zu III der Gründe; BVerwG Urteil vom 27. November 1980 – 2 C 38,79 – AP Nr. 10 zu Art. 33 Abs. 2 GG, betr. die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Volksschulen; BVerwG Urteil vom 28. November 1980 – 2 C 24,78 – AP Nr. 12 zu Art. 33 Abs. 2 GG, betr. die Entlassung eines Beamten auf Probe), denn durch eine auf Abs. 4 Ziff. 1 EV gestützte Kündigung wird in besonderer Weise in das Grundrecht der Berufsfreiheit des einzelnen Beschäftigten eingegriffen. Ein Beurteilungsspielraum kann sich nur im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung auf eine Abwägung besonders belastender Umstände bei der Identifikation mit den Staats- und Parteizielen in der ehemaligen DDR gegenüber spezifisch entlastenden Tatsachen zur persönlichen Eignung des Arbeitnehmers beziehen.
c) Ein Lehrer ist nicht schon deshalb ungeeignet, weil er nach den früheren gesetzlichen Bestimmungen bei der Verwirklichung der Staatsziele der DDR mitzuwirken hatte. Eine mangelnde persönliche Eignung ist aber indiziert, wenn er sich in der Vergangenheit in besonderer Weise mit den Zielsetzungen der SED identifiziert hat. Dies ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer nicht nur kurzfristig Funktionen wahrgenommen hat, aufgrund derer er in hervorgehobener Position oder überwiegend an der ideologischen Umsetzung der Ziele der SED mitzuwirken hatte. Der kündigende Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat die vom Arbeitnehmer wahrgenommene Funktion einschließlich ihrer Grundlagen und ihrer Bedeutung in der Verfassungswirklichkeit der DDR darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, die Annahme der besonderen Identifikation durch substantiierten Sachvortrag zu entkräften. Dabei können neben den Umständen der früheren Tätigkeit auch sonstige die Eignung des Arbeitnehmers begründende Tatsachen berücksichtigt werden. Liegt ein dahingehender schlüssiger und nachprüfbarer substantiierter Vortrag vor, hat der Arbeitgeber darzutun, daß die behaupteten erheblichen, nachprüfbaren Tatsachen nicht vorliegen oder daß trotz dieser Umstände aus weiteren Tatsachen auf eine Ungeeignetheit zu schließen ist. Eine Umkehr der im Kündigungsschutzprozeß allgemein bestehenden Beweislast findet nicht statt (vgl. Senatsurteil vom 28. April 1994 – 8 AZR 57/93 – AP Nr. 22 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 3 b der Gründe).
d) Bei der Auslegung und Anwendung des Abs. 4 Ziff. 1 EV ist der Bedeutung und Tragweite von Art. 12 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen. Danach begründet die für Verbleib und Aufstieg im öffentlichen Dienst der DDR notwendige und übliche Loyalität und Kooperation für sich allein keine mangelnde Eignung. Die Kündigung erfordert – auf der Grundlage des Parteivortrags – eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers nach seinem gesamten Verhalten vor und nach dem Beitritt. Abs. 4 Ziff. 1 EV eröffnet nicht die Möglichkeit, die Tragbarkeit eines Arbeitnehmers für den öffentlichen Dienst allein nach seiner Stellung in der Hierarchie der DDR und seiner früheren Identifikation mit dem SED-Regime pauschal zu beurteilen. Die innere Einstellung eines Menschen kann sich ändern, und die Erfahrungen und Einsichten, die gerade Bürger der DDR nach 1989 gemacht haben, können eine solche Änderung herbeigeführt haben (BVerfG Beschluß vom 21. Februar 1995 – 1 BvR 1397/93 – AP Nr. 44 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, zu C I 3 b aa der Gründe). Der besondere Kündigungstatbestand des Abs. 4 Ziff. 1 EV ist in dieser – der dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsprechenden – Auslegung verfassungsgemäß (BVerfG, a.a.O., zu C I der Gründe).
e) Entgegen der Ansicht der Revision verstößt eine solche Anwendung von Abs. 4 Ziff. 1 EV nicht gegen das ILO-Übereinkommen Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf vom 25. Juni 1958 (BGBl. 1961 II, S. 98). Die Kündigung wegen Nichteignung eines Lehrers knüpft nicht an die politische Meinung des einzelnen Lehrers an, sondern an die durch seine in der ehemaligen DDR wahrgenommenen Funktionen begründete mangelnde persönliche Eignung, als Lehrer gemäß seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung die Grundwerte unserer Verfassung den Schülern glaubwürdig zu vermitteln. Wer über längere Zeit aufgrund seiner Funktion eine verfassungsmäßige Ordnung als revanchistisch und imperialistisch zu bekämpfen hatte, kann nun nicht glaubhaft eine gegenteilige Auffassung vertreten, wenn er sich nicht durch konkretes Verhalten von dem ideologischen Auftrag distanziert hat. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob nicht das mit dem Rang eines innerstaatlichen Gesetzes geltende Übereinkommen Nr. 111 verfassungskonform im Lichte der mit Verfassungsrang bestehenden politischen Treuepflicht (Art. 33 Abs. 2 und 5 GG) einschränkend auszulegen ist (vgl. BAG Urteil vom 28. April 1994 – 8 AZR 57/93 – a.a.O., zu B II 2 e der Gründe, m.w.N.; BAG Urteil vom 13. Oktober 1994 – 2 AZR 261/93 – AP Nr. 36, a.a.O., zu B II 5 der Gründe).
3. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht zu Recht eine mangelnde persönliche Eignung der Klägerin für den Lehrerberuf nach Abs. 4 Ziff. 1 EV angenommen.
a) Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß die früheren Parteifunktionen der Klägerin Zweifel an ihrer persönlichen Eignung für den Lehrerberuf begründen.
Aus der von der Klägerin von 1980 bis 1986 ausgeübten Tätigkeit als ehrenamtliche Parteisekretärin ihrer Schule kann auf ihre besondere Identifikation mit den Zielen der SED geschlossen werden. Die Parteisekretäre hatten als Repräsentanten der staatstragenden Partei in den Schulen der DDR in einer herausgehobenen Funktion an der ideologischen Umsetzung der grundgesetzfeindlichen Ziele der SED mitzuwirken. Wer wiederholt in ein solch wichtiges Parteiamt gewählt wurde, bei dem kann davon ausgegangen werden, daß er sich mit diesen Zielen besonders identifiziert hat, was ihn für eine Tätigkeit als Lehrer ungeeignet macht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Urteil vom 28. April 1994 – 8 AZR 57/93 –, a.a.O., zu B II 3 a der Gründe).
Diese Indizwirkung wird noch dadurch untermauert, daß die Klägerin im Anschluß an ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Schulparteisekretärin hauptamtliche politische Mitarbeiterin der SED-Kreisleitung wurde. Ob allein diese Tätigkeit, wie das Landesarbeitsgericht meint, die Indizwirkung einer besonderen Identifikation mit den Zielen der SED begründen würde, kann dahingestellt bleiben. Der Senat hat bei der Prüfung der persönlichen Eignung für den Lehrerberuf auch bei einer hauptamtlichen Tätigkeit für die SED gefordert, daß festgestellt wird, welche Aufgaben mit dieser Tätigkeit verbunden waren (vgl. Urteil vom 18. März 1993 – 8 AZR 356/92 – BAGE 72, 361 = AP Nr. 12 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX). Diese Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen.
b) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Klägerin habe diese Indizwirkung nicht durch einen konkreten, einer Beweisaufnahme zugänglichen Entlastungsvortrag entkräftet. Die Klägerin hat keine Umstände dargelegt, die geeignet wären, ihre besondere Identifikation mit den Zielen der SED und die daraus noch im Kündigungszeitpunkt zu folgernde Ungeeignetheit mit dem Lehrerberuf zu entkräften.
Der Vortrag der Klägerin, sie habe als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung an mehreren Seminaren zur politischen Bildung der Konrad-Adenauer-Stiftung teilgenommen und sich mit den neuen gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten auseinandergesetzt, reicht nicht aus. Zunächst nennt die Klägerin weder die Themen der Seminare noch Zeitpunkt und Dauer der Seminare. Aus dem Vortrag der Klägerin ist auch nicht erkennbar, inwieweit der Besuch der Seminare bei ihr eine Wandlung bewirkt haben soll, daß sie nunmehr als Lehrerin glaubwürdig die Grundwerte des Grundgesetzes vermitteln könne. Die Klägerin trägt lediglich vor, sie habe sich mit den neuen gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten „auseinandergesetzt”. Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung hat sie nicht mitgeteilt.
Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe aus persönlichem Antrieb während der Zeit der Wende an Fürbittgottesdiensten teilgenommen, reicht auch dieser Vortrag nicht aus. Zwar kann mangels entsprechender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht davon ausgegangen werden, sie habe die Gottesdienste im Auftrag der SED zu Spitzeldiensten besucht. Die bloße Teilnahme an den Gottesdiensten aus persönlichen Gründen kann aber die Indizwirkung einer besonderen Identifikation mit den Zielen der SED nicht entkräften, solange die Klägerin nicht durch konkreten, einer Beweisaufnahme zugänglichen Vortrag darlegt, daß die Teilnahme an diesen Gottesdiensten für sie ein aktiver Beitrag zur demokratischen Wende oder zumindest als Zeichen der Abkehr von den Zielen der SED zu verstehen war.
4. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf den Kündigungsschutz als kommunale Abgeordnete berufen. § 22 Abs. 9 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR – Kommunalverfassung – vom 17. Mai 1990 (GBl. I S. 255) verbietet nicht jede Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, sondern nur solche Kündigungen, deren Gründe im Zusammenhang mit der Ausübung des Ehrenamtes stehen (BAG Urteil vom 30. Juni 1994 – 8 AZR 94/93 – AP Nr. 2 zu Art. 9 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
C. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
Unterschriften
Ascheid, Dr. Wittek, Müller-Glöge, Brückmann, Morsch
Fundstellen