Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Tarifnorm, die dem Arbeitnehmer ein die allgemeine menschliche Leistungsfähigkeit und die Zumutbarkeit überschreitendes Arbeitspensum abverlangt, kann wegen Verstoßes gegen den Rechtsgedanken des BGB § 306 und die Menschenwürde (GG Art 1 Abs 1) unwirksam sein.
2. Dies trifft für die die Arbeitszeit und den ärztlichen Bereitschaftsdienst regelnden Bestimmungen der SR 2c zum BAT insoweit zu, als danach ein angestellter Arzt auch dann wieder zum allgemeinen Tagesdienst im Krankenhaus heranzuziehen ist, wenn ihm nach einem an den Tagesdienst anschließenden werktäglichen Bereitschaftsdienst in der Zeit zwischen 21 Uhr und dem Beginn der nachfolgenden allgemeinen Tagesarbeitszeit keine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens sechs Stunden zur Verfügung stand.
In diesen Fällen ist der angestellte Arzt vom nachfolgenden allgemeinen Tagesdienst freizustellen.
3. Im übrigen sind die tariflichen Bestimmungen gültig. Damit ist auch die zweimalige wöchentliche Heranziehung eines angestellten Krankenhausarztes zum Bereitschaftsdienst zulässig.
Normenkette
GG Art. 1; BAT Anlage SR; BAT § 17; AZO §§ 7, 1; BGB § 306; TVG § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Entscheidung vom 27.02.1980; Aktenzeichen 4 Sa 52/79) |
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 31.01.1979; Aktenzeichen 11 Ca 421/78) |
Tatbestand
Der der Gewerkschaft ÖTV angehörende Kläger steht als Assistenzarzt im Angestelltenverhältnis in der Kinderabteilung (Intensivstation) des Allgemeinen Krankenhauses H in den Diensten der Beklagten. Die Parteien haben einzelvertraglich die Geltung des BAT und der diesen ändernden und ergänzenden tariflichen Bestimmungen vereinbart. Neben der regelmäßigen ärztlichen Dienstleistung während der allgemeinen täglichen Arbeitszeit muß der Kläger durchschnittlich zwei wöchentliche Bereitschaftsdienste leisten. Diese werden ihm nach der Stufe D vergütet. An den Wochentagen außer Samstag beginnt der ärztliche Bereitschaftsdienst nach dem zuvor abgeleisteten allgemeinen ärztlichen Dienst um 16.30 Uhr und dauert bis zum Wiederbeginn der allgemeinen Tagesarbeitszeit am nächsten Morgen um 8.00 Uhr. Für das Wochenende gilt eine Sonderregelung. Nachdem zuvor Wochenendbereitschaftsdienst geleistet worden war, ist nunmehr an den Wochenenden Schichtdienst eingeführt worden, da die Arbeitsbelastung der Ärzte auf durchschnittlich über 50 v.H. angestiegen war.
Während des Bereitschaftsdienstes hat sich der Kläger im Krankenhaus aufzuhalten, um bei Bedarf auf Abruf ärztlich tätig zu werden. Er hat schwerkranke Patienten zu überwachen und die eintreffenden Notfälle zu versorgen. Soweit er während des Bereitschaftsdienstes nicht zur Erledigung ärztlicher Aufgaben herangezogen wird, darf der Kläger schlafen. Die durchschnittliche Arbeitsbelastung während des Bereitschaftsdienstes an den Wochentagen außer samstags lag bei ihm bei 46,8 v.H..
Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, ihn nach geleistetem Bereitschaftsdienst unmittelbar anschließend an dem betreffenden Tag zum allgemeinen ärztlichen Tagesdienst heranzuziehen. Daneben begehrt der Kläger die weitere Feststellung, daß die Beklagte ihn nicht mehr als einmal wöchentlich zum Bereitschaftsdienst heranziehen dürfe. Dazu hat der Kläger vorgetragen, die Berechtigung seines Klagebegehrens folge aus der Geltung der AZO auch für im Angestelltenverhältnis tätige Ärzte. Danach dürfe er nicht länger als 13 Stunden täglich zum ärztlichen Dienst herangezogen werden. Aufgrund der andernfalls auftretenden Ermüdungserscheinungen könnten leicht Behandlungsfehler unterlaufen und werde das Wohl der Patienten gefährdet. Dabei müsse berücksichtigt werden, daß während des Bereitschaftsdienstes neben den unvorhersehbaren Eilfällen auch zahlreiche Routinearbeiten anfielen. Dazu gehörten Injektionen und Infusionen, Kontrolluntersuchungen bei Schwererkrankten und Beatmungen, die Beurteilung nach Schluß der allgemeinen Tagesarbeitszeit eintreffender Laborwerte und die Aufklärung von Eltern, die wegen ihrer beruflichen Pflichten den Arzt häufig erst nach 16.30 Uhr aufsuchen könnten. Aus alledem folge, daß der ärztliche Bereitschaftsdienst in vollem Umfang als Arbeitszeit gelten müsse.
Demgemäß hat der Kläger beantragt,
1. festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, von dem Kläger im Allgemeinen Krankenhaus H zu verlangen, nach einem geleisteten Bereitschaftsdienst die Arbeit im Krankenhaus an dem betreffenden Wochentag fortzusetzen,
2. weiter festzustellen, daß die Beklagte - von Notfällen abgesehen - nicht berechtigt ist, von dem Kläger im Allgemeinen Krankenhaus H zu verlangen, mehr als einmal in der Woche über die allgemeine Tagesarbeitszeit hinaus Bereitschaftsdienst zu leisten.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, für das Klagebegehren gebe es keine Rechtsgrundlage. Nach den anzuwendenden tariflichen Bestimmungen habe der Kläger nach geleistetem Bereitschaftsdienst am folgenden Wochentag seinen allgemeinen ärztlichen Dienst zu leisten. Im Ermüdungsfalle könne er Freistellung beantragen. Davon habe er jedoch keinen Gebrauch gemacht. Auch die zweimalige wöchentliche Heran ziehung des Klägers zum Bereitschaftsdienst halte sich im Rahmen der geltenden tariflichen Bestimmungen. Diese verstießen nicht gegen höherrangiges Recht. Auf die AZO könne das Klagebegehren ebenfalls nicht gestützt werden, da diese auf Krankenhausärzte im Angestelltenverhältnis keine Anwendung finde. Sie regele auch inhaltlich den ärztlichen Bereitschaftsdienst nicht. Ein Erfolg des Klagebegehrens führe zudem zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten im Krankenhausbetrieb und bei der Versorgung der Patienten.
Das Arbeitsgericht hat nach beiden Klageanträgen erkannt und den Streitwert auf 7.000,-- DM festgesetzt. Das Landesarbeitsgericht hat bei unverändertem Streitwert die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist teilweise begründet, teilweise jedoch unbegründet. Unbegründet ist sie insoweit, als der Kläger im Rahmen seines ersten Klageantrages eine Dienstfreistellung für diejenigen Wochentage begehrt, an denen ihm während des vorangegangenen Bereitschaftsdienstes in der Zeit zwischen 21.00 Uhr und dem Beginn der allgemeinen Tagesarbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von sechs Stunden nicht zur Verfügung gestanden hat. Insoweit sind die vorinstanzlichen Urteile aufrechtzuerhalten. Für das weitere Klagebegehren fehlt es jedoch an einer Rechtsgrundlage, so daß insoweit unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile die Klage abzuweisen ist.
Anstelle einer bei beiden Klageanträgen möglichen Unterlassungsklage hat der Kläger eine negative Feststellungsklage erhoben. Für sie ist das rechtliche Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO deswegen zu bejahen, weil die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts auch nochmals gegenüber dem Revisionsgericht ihre Bereitschaft bekundet hat, auch ein nicht zur Vollstreckung geeignetes Feststellungsurteil zu befolgen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, daß die vom Kläger erhobene Feststellungsklage geeignet ist, den streitigen Gesamtkomplex zwischen den Parteien endgültig zu klären (vgl. das Urteil des Senats vom 26. November 1980 - 4 AZR 1181/78 - = AP Nr. 6 zu § 17 BAT, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, mit weiteren Nachweisen).
Mit dem Landesarbeitsgericht ist davon auszugehen, daß aufgrund beiderseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) und darüber hinaus auch aufgrund entsprechender einzelvertraglicher Vereinbarung zwischen den Parteien der BAT und die diesen ändernden und ergänzenden tariflichen Bestimmungen gelten. Da der Kläger in einem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus beschäftigt wird, folgt hieraus zugleich, daß zwischen den Parteien auch die Sonderregelungen für Ärzte und Zahnärzte an den in den SR 2a und 2b genannten Anstalten und Heimen (SR 2c BAT) zur Anwendung kommen. Hieraus ergibt sich die Rechtspflicht des Klägers zur Leistung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes nach Maßgabe der Nr. 8 der SR 2c. Danach ist der angestellte Arzt verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (Abs. 1 Satz 1), während andererseits der Arbeitgeber Bereitschaftsdienst nur anordnen darf, wenn zu erwarten ist, daß zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt (Satz 2). Unstreitig sind diese tariflichen Voraussetzungen beim Kläger erfüllt.
Demgemäß muß der Kläger aber auch den Inhalt von Abs. 7 Unterabs. 1 der Nr. 8 SR 2c gegen sich gelten lassen, worin bestimmt wird:
"Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sollen - auch zusammen -, von Ausnahmefällen abgesehen, nicht mehr als achtmal im Kalendermonat angeordnet werden."
Sowohl nach dem in erster Linie hierfür maßgeblichen und insoweit eindeutigen Tarifwortlaut als auch nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang kann diese Tarifnorm nur dahin ausgelegt werden, daß der Arbeitgeber grundsätzlich das Recht hat und daher nicht daran gehindert ist, den tarifunterworfenen Krankenhausarzt bis zu achtmal monatlich, d.h. in der Regel auch bis zu zweimal wöchentlich, zum Bereitschaftsdienst heranzuziehen. Dem entspricht umgekehrt die Rechtspflicht des angestellten Krankenhausarztes, in diesem Umfang den tariflich vorgesehenen Bereitschaftsdienst leisten zu müssen. Hieraus folgt zugleich, daß die Beklagte keineswegs gegen Treu und Glauben oder die dem Arbeitgeber obliegende Fürsorgepflicht verstößt, wenn sie vom Kläger die Befolgung der vorgenannten tariflichen Bestimmungen verlangt (vgl. auch hierzu das zuvor genannte Urteil des Senats vom 26. November 1980 - 4 AZR 1181/78 -).
Hieraus ergibt sich weiter, daß der Kläger entgegen dem Begehren des zweiten Klageantrages zur zweimaligen wöchentlichen Bereitschaftsdienstleistung verpflichtet ist. Die tariflichen Bestimmungen sehen auch nicht im Sinne des ersten Klageantrages eine Arbeitsfreistellung zugunsten des angestellten Arztes an dem dem Bereitschaftsdienst folgenden Wochentag vor. Das ergibt sich insbesondere eindeutig aus Abs. 7 Unterabs. 3 der Nr. 8 SR 2c, wo die Tarifvertragsparteien ausdrücklich bestimmen, daß dem Arzt im Anschluß an den Bereitschaftsdienst Freizeitabgeltung zu gewähren ist, wenn er sich aufgrund des Ausmaßes seiner Inanspruchnahme übermüdet fühlt. Eine weitergehende Freistellungspflicht ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung des Klägers aus den tariflichen Bestimmungen nicht. Das wird auch vom Landesarbeitsgericht nicht verkannt.
Entgegen den weiteren Ausführungen des Klägers in der Revisionserwiderung und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verstoßen die herangezogenen tariflichen Bestimmungen insgesamt auch nicht gegen höherrangiges Gesetzes- oder Verfassungsrecht. Wie der Senat bereits in der angezogenen Entscheidung AP Nr. 6 zu § 17 BAT im einzelnen ausgeführt hat, konkurrieren die tariflichen Bestimmungen nicht mit solchen der Verordnung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten vom 13. Februar 1924 (RGBl. I, 66), da diese keine die angestellten Krankenhausärzte erfassenden Bestimmungen enthält. In der in Vergangenheit und Gegenwart lebhaft umstrittenen Frage, ob die AZO für angestellte Krankenhausärzte anwendbar ist (vgl. für den Meinungsstand Samland, Jürgen, Die Arbeitszeit der angestellten Krankenhausärzte, Düsseldorf 1981, S. 65 ff.), verbleibt der Senat bei der bisher in ständiger Rechtsprechung vom Bundesarbeitsgericht vertretenen Auffassung, daß dies nicht der Fall ist (vgl. BAG 9, 147, 154 = AP Nr. 17 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche sowie BAG AP Nrn. 19, 20 und 25 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche). Dabei berücksichtigt der Senat insbesondere, daß aus den in dem Urteil vom 26. November 1980 - 4 AZR 1181/78 - (AP Nr. 6 zu § 17 BAT, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) im einzelnen dargelegten Gründen die AZO die Besonderheiten des ärztlichen Bereitschaftsdienstes nicht berücksichtigt, dafür keine Regelungen enthält und neben der eigentlichen Arbeit und Ruhepausen nur die sogenannte "Arbeitsbereitschaft" kennt (§ 7 Abs. 2), die mit dem allgemeinen Rechtsbegriff des "Bereitschaftsdienstes" nicht identisch ist (vgl. BAG 8, 25, 28 = AP Nr. 5 zu § 7 AZO; Denecke- Neumann, AZO, 9. Aufl., § 7 Rdnr. 23 ff.; Zmarzlik, AZO, § 2 Rdnr. 8). Abgesehen davon bestehen gegenwärtig Bemühungen der Bundesregierung und des Bundesgesetzgebers, die AZO durch eine entsprechende gesetzliche Neuregelung zu ersetzen, die sich auch auf die Arbeitszeit der in Krankenhäusern tätigen Arbeitnehmer unter Einschluß der im Arbeitsverhältnis stehenden Ärzte erstrecken soll. Von dieser gesetzlichen Neuregelung soll - entgegen dem bisherigen Recht - auch der Bereitschaftsdienst mit erfaßt werden. Unter diesen Umständen wäre die Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung ein Vorgreifen gegenüber der geplanten Neuregelung durch den Gesetzgeber.
Im übrigen verkennt das Landesarbeitsgericht, daß nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, obwohl sie sich in erster Linie mit Fragen der Vergütung ärztlicher Mehrarbeit beschäftigt hat, die AZO insgesamt auf angestellte Krankenhausärzte keine Anwendung finden soll. Auch wird vom Landesarbeitsgericht verkannt, daß die von ihm angeschnittenen Fragen des ärztlichen Berufsethos keineswegs zwingend die Anwendung der AZO auf angestellte Krankenhausärzte fordern. Dabei handelt es sich vielmehr in erster Linie um eine vom Gesetzgeber zu entscheidende Rechtsfrage, der er nunmehr näherzutreten im Begriff ist.
Auch die vom Kläger in der Revisionserwiderung und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgebrachten Einwendungen gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vermögen eine andere rechtliche Beurteilung im Hinblick auf den hier zu entscheidenden Bereitschaftsdienst nicht zu rechtfertigen. Soweit sich der Kläger auf die vorgenannte Schrift von Samland beruft, vermag auch dieser nicht in Abrede zu stellen, daß die AZO eine Regelung für angestellte Krankenhausärzte nicht enthält und sowohl nach dem Gesetzeswortlaut als auch nach der Rechtsentwicklung beachtliche Gründe dafür herangezogen werden können, daß die AZO für Krankenhausärzte im Angestelltenverhältnis nicht gilt. Wenn der Kläger auf die "deutliche Arbeitnehmerposition" des angestellten Krankenhausarztes verweist, so übersieht er, daß die AZO trotz ihrer beträchtlichen Reichweite für zahlreiche Arbeitnehmer bzw. Gruppen von Arbeitnehmern nicht gilt und den Bereitschaftsdienst überhaupt nicht regelt. Die öffentliche Meinung ist entgegen der Auffassung des Klägers bei der Auslegung von Rechtsnormen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Einem von der öffentlichen Meinung geforderten Anliegen Rechnung zu tragen, ist vielmehr Sache des Gesetzgebers, der nunmehr die Frage der Neuregelung des Arbeitszeitrechts seinerseits aufgegriffen hat. Schließlich kommt es entgegen den Ausführungen des Klägers auch nicht darauf an, ob und inwieweit das Verhältnis zwischen Krankenhaus und Patient bzw. zwischen Patient und behandelndem Arzt zwischenzeitlich "entpersonifiziert" worden ist. Auch diesem Umstand und seinen Folgewirkungen angemessen Rechnung zu tragen, ist vielmehr Sache des Gesetzgebers und der Tarifvertragsparteien, die hierzu einen weiten Gestaltungsspielraum haben.
Entgegen der Meinung der Vorinstanzen und des Klägers verstoßen die anzuwendenden tariflichen Bestimmungen auch nicht insgesamt gegen sonstiges vorrangiges staatliches Recht. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 26. November 1980 - 4 AZR 1181/78 - (AP Nr. 6 zu § 17 BAT, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) im einzelnen ausgeführt hat, stellt Abs. 7 Unterabs. 1 der Nr. 8 SR 2c nicht schlechthin Anforderungen, die mit der menschlichen Leistungsfähigkeit und den Standespflichten eines Arztes in so hohem Maße unvereinbar sind, daß damit die Rechtsgestaltungsmöglichkeiten der Tarifvertragsparteien nach § 1 Abs. 1 TVG und dem Rechtsgedanken des § 306 BGB als überschritten anzusehen wären. Die Tarifnormen verstoßen auch nicht insgesamt und schlechthin gegen verfassungsrechtliche Vorschriften (Art. 1 Abs. 1, Art. 2, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 GG). Dabei verbleibt der Senat auch bei seiner bereits in dem Urteil vom 26. November 1980 - 4 AZR 1181/78 - vertretenen Rechtsauffassung, daß vorliegend bei der Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG berücksichtigt werden muß, daß die besonderen Erfordernisse des Krankenhausbetriebes schon im Interesse der jederzeitigen angemessenen und sachgerechten Versorgung der Patienten eine differenzierte Regelung auch für die Arbeitszeit und den Bereitschaftsdienst der Ärzte notwendig machen und gestatten. Damit kann der Kläger entgegen dem Inhalt seines ersten Klageantrages keine allgemeine Arbeitsfreistellung nach geleistetem ärztlichen Bereitschaftsdienst für die Dauer der allgemeinen täglichen Arbeitszeit am folgenden Wochentag verlangen. Aus den gleichen Rechtsgründen gibt es auch keine Rechtsgrundlage für das weitere Klagebegehren auf Feststellung der Unterlassung der Heranziehung des Klägers zu mehr als einem ärztlichen Bereitschaftsdienst in der Woche.
Zwar begründet das Landesarbeitsgericht seine abweichende Rechtsauffassung in Übereinstimmung mit dem Kläger in erster Linie mit der unmittelbaren oder entsprechenden Anwendung von Vorschriften der AZO. Im Sinne einer Hilfsbegründung führt es jedoch weiter aus, daß das Klagebegehren auch wegen einer Verletzung der Fürsorgepflicht durch die Beklagte begründet sei, wobei freilich auf die in diesem Zusammenhang zu erörternde Verschuldensfrage nicht eingegangen wird, die angesichts der zweifelhaften Rechtslage im geltenden Gesetzesrecht jedenfalls der Überprüfung bedurft hätte. Einer näheren Erörterung dieser rechtlichen Erwägungen des Landesarbeitsgerichts bedarf es jedoch nicht. Wie der Senat ebenfalls in seinem Urteil vom 26. November 1980 - 4 AZR 1181/78 - näher ausgeführt hat, hat nämlich die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ihren Rechtsgrund im Arbeitsvertrag, so daß sich auch nach den konkreten Umständen des jeweiligen Arbeitsvertrages und seiner jeweiligen Gestaltung bestimmt, welche entsprechenden Pflichten zu Lasten des Arbeitgebers im Hinblick auf die geschuldete Fürsorgepflicht bestehen, woraus sich zugleich ergibt, daß je nach den Umständen im Einzelfalle auch die tarifkonforme Heranziehung eines Krankenhausarztes zum ärztlichen Bereitschaftsdienst gegen die Fürsorgepflicht des das Krankenhaus betreibenden Arbeitgebers verstoßen kann. Derartige Umstände hat der Kläger jedoch nicht dargetan und auch das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, daß er sich auf eine konkrete Fürsorgepflichtverletzung der Beklagten ihm gegenüber nicht stützen wolle. Soweit er in diesem Zusammenhang auf die nach seiner Auffassung unzureichende Schlafgelegenheit und die dort zeitweise bestehende Unruhe hinweist, mögen diese Umstände in anderem Zusammenhang rechtserheblich sein und auch eine Fürsorgepflichtverletzung begründen können. Eine Rechtfertigung des Klagebegehrens nach einer allgemeinen Freistellung kann daraus jedoch jedenfalls nicht hergeleitet werden.
Dennoch ist der Klageantrag zu 1) teilweise begründet und insoweit die Revision zurückzuweisen. Die Vorinstanzen haben nämlich mit Recht insoweit nach dem Klagebegehren erkannt, als im Urteilsausspruch der Vorinstanzen mit enthalten ist, daß der Kläger von der Beklagten dann während der normalen Tagesarbeitszeit von der Dienstleistung freizustellen ist, wenn ihm während des an einen Tagesdienst anschließenden vorangegangenen werktäglichen ärztlichen Bereitschaftsdienstes in der üblichen nächtlichen Ruhezeit zwischen 21.00 Uhr und dem Wiederbeginn der allgemeinen Tagesarbeitszeit im Krankenhaus (8.00 Uhr) eine ununterbrochene Ruhezeit von sechs Stunden nicht zur Verfügung gestanden hat. Soweit die tariflichen Bestimmungen dem entgegenstehen, sind sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges staatliches Recht mit zwingendem Charakter unwirksam.
Dabei geht der Senat von den entsprechenden Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts aus, die insoweit auf einem unstreitigen Sachverhalt beruhen. Obwohl der Kläger regelmäßig in dem tariflich zugelassenen zeitlichen Ausmaß während des Bereitschaftsdienstes beschäftigt worden ist (46, 8 v.H.), waren bei ihm - anders als in dem vom Senat entschiedenen Fall AP Nr. 6 zu § 17 BAT - seine Ruhezeiten häufig wegen der zahlreichen Unterbrechungen durch ärztliche Dienstleistungen nur eine Stunde oder noch weniger lang, so daß zwar rein rechnerisch seine Inanspruchnahme im Laufe des Bereitschaftsdienstes den tariflichen Bestimmungen entsprach, die tariflich geforderte Ruhezeit jedoch nur mit vielfachen und verschieden langen Unterbrechungen durch ärztliche Dienstleistungen zustandekommt. Tarifwortlaut und tariflicher Gesamtzusammenhang geben keinen sicheren Aufschluß darüber, ob die Tarifvertragsparteien auch an diese in bestimmten Zweigen der öffentlichen Krankenhäuser nicht selten vorkommende Fallgestaltung gedacht haben und auch dabei die tariflichen Voraussetzungen als erfüllt ansehen, wie die Beklagte annimmt. Unabhängig davon, ob nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auch bei einer derartigen Fallgestaltung die tariflichen Bestimmungen in vollem Umfang gelten sollen oder ob insoweit eine von den Tarifvertragsparteien nicht ausgefüllte Tariflücke vorliegt, ist jedenfalls davon auszugehen, daß insoweit die tariflichen Bestimmungen nicht uneingeschränkte Geltung beanspruchen können.
Dabei knüpft der Senat an den Inhalt der tariflichen Bestimmungen selbst und damit an den darin zum Ausdruck kommenden Willen der Tarifvertragsparteien an. Wenn die Tarifvertragsparteien in Abs. 7 Unterabs. 3 der Nr. 8 SR 2c bestimmen:
"Auf Verlangen ist dem Arzt im Anschluß an einen Bereitschaftsdienst Freizeitabgeltung für diesen Bereitschaftsdienst nach Absatz 4 - mindestens nach der Stufe B - zu gewähren, wenn er sich nach dem Bereitschaftsdienst übermüdet fühlt, weil seine Inanspruchnahme während des Bereitschaftsdienstes erheblich über die für die Zuordnung zur Stufe D maßgebende Inanspruchnahme hinausgegangen ist",
so bringen sie damit zum Ausdruck, daß nach ihrem Willen ein übermüdeter und deswegen für eine weitere ärztliche Dienstleistung ungeeigneter Arzt nach Ableistung des auf einen vollen Tagesdienst folgenden Bereitschaftsdienstes nicht an einem weiteren ärztlichen Tagesdienst teilnehmen soll. Damit tragen die Tarifvertragsparteien auch den entsprechenden ärztlichen Standespflichten sowie dem Umstand Rechnung, daß ein übermüdeter Arzt leichter als ein ausgeruhter und voll einsatzfähiger in Gefahr gerät, Kunstfehler zu begehen und damit zivilrechtliche Schadenersatzansprüche sowie eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nach den §§ 222 und 230 StGB zu begründen. Der Senat verkennt indessen nicht, daß die Tarifvertragsparteien diese Voraussetzungen erst als erfüllt ansehen, wenn das Arbeitspensum des Arztes während des Bereitschaftsdienstes erheblich über das für die Zuordnung zur Stufe D maßgebliche Zeitmaß hinausgegangen ist, also der angestellte Arzt innerhalb des Bereitschaftsdienstes zu erheblich mehr als 50 v.H. zur ärztlichen Dienstleistung herangezogen worden ist. Das ist selbst bei der starken Inanspruchnahme des Klägers nur ganz ausnahmsweise der Fall gewesen. Im übrigen knüpfen die Tarifvertragsparteien in diesen Fällen die Arbeitsfreistellung des Arztes auch noch ausdrücklich an dessen "Verlangen".
Wie auch immer in diesem Punkte die Vorstellungen und Zielsetzungen der Tarifvertragsparteien beschaffen sein mögen, sind jedenfalls die Tarifnormen insoweit wegen Verstoßes gegen vorrangiges zwingendes staatliches Recht nichtig bzw. ist eine entsprechende Tariflücke dahin auszufüllen, daß die Pflicht des angestellten Krankenhausarztes, nach einem an einen Tagesdienst anschließenden Bereitschaftsdienst einen weiteren Tagesdienst zu leisten, dann entfällt, wenn ihm während des vorangegangenen Bereitschaftsdienstes in der Zeit zwischen 21.00 Uhr und dem Beginn der allgemeinen Tagesarbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von sechs Stunden nicht zur Verfügung gestanden hat. Dies ergibt sich zunächst aus dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 306 BGB (vgl. auch dazu das schon genannte Urteil des Senats vom 26. November 1980 - 4 AZR 1181/78 - = AP Nr. 6 zu § 17 BAT, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt). Dabei geht der Senat davon aus, daß diese Gesetzesnorm des allgemeinen Schuldrechts die Rechtsfolgen eines auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichteten Vertrages regelt, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ergibt (vgl. Söllner in Münchener Kommentar, § 306 Rdnr. 5; Ballhaus in RGRK, 12. Aufl., § 306 Rdnrn. 2, 5 und 7; Reimer Schmidt in Soergel-Siebert, BGB, 10. Aufl., § 306 Rdnrn. 1 und 5; Kaduk in Staudinger, BGB, 10./11. Aufl., § 306 Rdnrn. 3, 5 und 11). Bei höchstpersönlichen Leistungen wie denen eines angestellten Arztes (§ 613 BGB) kann sich auch nur subjektives Unvermögen zugleich als objektive Unmöglichkeit darstellen (vgl. Söllner, aaO, § 306 Rdnr. 7; Ballhaus in RGRK, aaO, § 306 Rdnr. 5; Reimer Schmidt in Soergel-Siebert, aaO, § 306 Rdnr. 1). Weiter berücksichtigt der Senat, daß hierbei nicht von dem strengen absoluten Unmöglichkeitsbegriff der Logik und Philosophie auszugehen ist, sondern daß § 306 BGB auch auf Leistungen anzuwenden ist, die physisch so schwierig oder in so hohem Maße unzumutbar sind, daß sie deswegen nach der allgemeinen Anschauung des Lebens als unmöglich anzusehen sind (vgl. Kaduk in Staudinger, aaO, § 306 Rdnrn. 5 - 6). Diese Grundsätze müssen auch dann gelten, wenn darüber zu entscheiden ist, ob tarifliche Normen von einem Arbeitnehmer ein entsprechendes Arbeitspensum verlangen. Danach sind sie wegen Verstoßes gegen den Rechtsgedanken des § 306 BGB dann und insoweit unwirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer Arbeitsleistungen abverlangen, die mit dem allgemeinen menschlichen Leistungsvermögen und den jeweils in Betracht kommenden Standespflichten unvereinbar sind bzw. sich als schlechthin unzumutbar darstellen.
Das trifft zu, wenn ein angestellter Krankenhausarzt bei bestehender Verpflichtung zu zweimaliger wöchentlicher Bereitschaftsdienstleistung nach vollem ärztlichen Tagesdienst anschließend Bereitschaftsdienst zu leisten und am folgenden Tage wiederum vollen Tagesdienst zu verrichten hat und ihm während des Bereitschaftsdienstes keine ununterbrochene Ruhezeit von sechs Stunden zur Verfügung gestanden hat. Aus den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Gründen der naturgegebenen Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit und des deshalb erforderlichen Ruhebedürfnisses übersteigt eine derartige Arbeitsleistung ohne Gewährung ausreichender Nachtruhe das menschliche Leistungsvermögen. Eine solche über mehr als 24 Stunden andauernde Tätigkeit ohne ausreichende Ruhezeit ist als schlechthin unzumutbar anzusehen, zumal sie die Gefahr in sich birgt, daß der Krankenhausarzt seine physische Leistungsfähigkeit infolge seiner Beanspruchung im Bereitschaftsdienst nicht mehr objektiv zu beurteilen vermag, Kunstfehler begeht, zivilrechtliche Schadenersatzansprüche begründet und selbst strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird. Dem tragen für das gesamte Arbeitsleben und für bestimmte Berufszweige auch die entsprechenden arbeitszeitrechtlichen Schutzbestimmungen Rechnung. Schließlich berücksichtigt die gesamte Rechtsordnung, daß jeder Mensch und insbesondere jeder arbeitende Mensch nach bestimmter Zeit und insbesondere während der Nachtzeit ein schutzwertes Ruhebedürfnis hat (vgl. § 19 AZO, § 188 ZPO, § 104 StPO).
Die dargelegten Gründe führen außerdem dazu, daß die gewürdigten Tarifnormen der SR 2c in dem aufgezeigten Ausmaß zugleich gegen den Verfassungsgrundsatz der Menschenwürde verstoßen, dem alle staatlichen Gewalten gleichermaßen Rechnung zu tragen haben (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 - 2 GG). Dabei geht der Senat mit dem Bundesverfassungsgericht davon aus, daß Art. 1 GG zu den alle Bestimmungen des Grundgesetzes beherrschenden Konstitutionsprinzipien gehört und damit das Grundgesetz die freie menschliche Persönlichkeit, ihre Würde und eine entsprechende eigenverantwortliche Lebensgestaltung als besonders hohe Rechtswerte betrachtet (vgl. BVerfGE 6, 32, 36; 12, 45, 53; 35, 202, 225 und 49, 286, 298; Leibholz-Rinck, Grundgesetz, 6. Aufl., Art. 1 Rdnrn. 1 und 2). Daraus folgt die Unwirksamkeit solcher Tarifnormen, die diesem wichtigen Verfassungsgrundsatz widersprechen (vgl. Stumpf-Wiedemann, TVG, 5. Aufl., Einleitung Rdnr. 59). Werden beispielsweise die bürgerlich - rechtlichen Vorschriften über die Gewährung des notwendigen Unterhalts, das Pfändungsverbot für lebensnotwendige Sachen (§ 811 ZPO) und der Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen (§§ 850 ff. ZPO) im Hinblick auf Art. 1 GG für verfassungsrechtlich geboten erachtet (vgl. Maunz-Dürig-Herzog, Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 1 Abs. 1 Rdnr. 44; Schmidt-Bleibtreu-Klein, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 1 Rdnr. 14) und gehört weiter zum Wesen der Menschenwürde die Ermöglichung einer individuellen menschlichen Privatsphäre, in die sich jeder Mensch zurückziehen und über die er verfügen kann (vgl. BVerfGE 6, 32, 41 und 389, 433 sowie Hamann-Lenz, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 1, Anm. B 1 b), dann müssen im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1 GG auch solche tariflichen Bestimmungen als unwirksam angesehen werden, die einem Arbeitnehmer den bezeichneten Individualbereich in unzumutbarer Weise vorenthalten oder ihm ein mit dem menschlichen Leistungsvermögen und der Zumutbarkeit nicht mehr vereinbares Arbeitspensum auferlegen. Das trifft in dem bezeichneten Ausmaß auf die tariflichen Vorschriften der SR 2c BAT zu. Diese Beurteilung entspricht zugleich dem Grundgedanken und der Zweckbestimmung aller die Arbeitszeit der Arbeitnehmer regelnden arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen und zugleich auch Artikel 24 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, wonach jeder Mensch u.a. Anspruch auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit hat.
In dem bezeichneten Ausmaß ist die Freizeitgewährung auch nicht etwa von einer Antragstellung oder einem sonstigen "Verlangen" des angestellten Arztes abhängig, sondern schlechthin aus übergeordneten rechtlichen Gründen geboten. Demgemäß ist durch die Beklagte als Krankenhausträger im Wege entsprechender organisatorischer Maßnahmen sicherzustellen, daß der Kläger bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen nach einem an einen Tagesdienst anschließenden Bereitschaftsdienst nicht mehr zu einem weiteren allgemeinen Tagesdienst herangezogen wird. Freilich trifft auch den Kläger eine entsprechende Mitteilungs- und Aufklärungspflicht, da sonst je nach der Fallgestaltung die Beklagte trotz entsprechender allgemeiner Vorkehrungen, z.B. durch Unkenntnis, daran gehindert sein könnte, die geforderte Arbeitsfreistellung zu realisieren. Im übrigen gelten die aufgezeigten Grundsätze nicht in Ausnahmefällen, d.h. in akuten Notfällen, worüber auch zwischen beiden Parteien Einvernehmen besteht und worauf der Kläger demgemäß auch bei seiner Antragstellung Bedacht genommen hat. Dabei ist auf die tarifliche Regelung in Nr. 8 Abs. 7 SR 2c zurückzugreifen, wo die Tarifvertragsparteien in Übereinstimmung mit dem ärztlichen Standesrecht für den Bereitschaftsdienst und die Rufbereitschaft allgemein eine Einschränkung für derartige Fälle vorsehen ("von Ausnahmefällen abgesehen").
Die demgegenüber von der Beklagten in der Revision und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Die Beklagte kann nicht erfolgreich einwenden, für die vom Senat gezogenen rechtlichen Folgerungen fehle es an den erforderlichen Tatsachenfeststellungen. Sie beruhen vielmehr auf dem gegebenen unstreitigen Sachverhalt und insbesondere auf der Feststellung des Landesarbeitsgerichts, daß dem Kläger während des Bereitschaftsdienstes häufig nur ununterbrochene Ruhezeiten von teilweise sogar weniger als einer Stunde zur Verfügung gestanden haben, so daß von einer den Bedürfnissen des menschlichen Organismus und den Erfordernissen einer sachgerechten, verantwortungsvollen ärztlichen Tätigkeit entsprechenden Ruhezeit nicht die Rede sein kann, selbst wenn sich das Maß der Inanspruchnahme des Klägers dabei rein rechnerisch im Rahmen des tariflich Zulässigen gehalten hat. Im übrigen folgt der Senat den allgemeinen Erfahrungssätzen, daß jede menschliche Leistungsfähigkeit begrenzt ist und daß nicht ausreichende Nachtruhe zu Übermüdung und dadurch bedingter mangelnder Leistungsfähigkeit führen kann. Dabei kommt es entgegen der Meinung der Beklagten auch nicht etwa auf die individuelle Leistungsfähigkeit des einzelnen angestellten Arztes an. Vielmehr müssen bei einer allgemeinen Regelung auch andere Umstände wie das unterschiedliche Alter der Ärzte, ihr Geschlecht, ihre Konstitution, ihr unterschiedlicher Gesundheitszustand bzw. die Art ihres Einsatzes (z.B. in einem Unfallkrankenhaus) berücksichtigt werden.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, die vom Senat gezogenen Rechtsfolgen führten zu praktischen Schwierigkeiten im Krankenhausbetrieb und machten den Vollzug von Bereitschaftsdienstplänen unmöglich. Dabei verkennt der Senat nicht, daß infolge seiner Rechtsprechung in bestimmten Fällen oder einzelnen Krankenhäusern der ärztliche Bereitschaftsdienst ganz oder teilweise nicht mehr wie seither praktiziert werden kann und weitere finanzielle Aufwendungen entstehen. Diese tatsächlichen Umstände rechtfertigen es jedoch im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beklagten nicht, weiterhin an einer Tarifnorm festzuhalten, die unter den geschilderten Voraussetzungen von angestellten Ärzten ein mit dem menschlichen Leistungsvermögen nicht vereinbares und gegen die Menschenwürde verstoßendes Arbeitspensum verlangen. Abgesehen davon sind die von der Beklagten aufgezeigten tatsächlichen Schwierigkeiten auch praktisch behebbar, wobei der Senat Bedacht darauf nimmt, daß die Beklagte, nachdem an den Wochenenden der Anfall an ärztlichen Dienstleistungen stark angestiegen war, dafür im Krankenhaus H anstelle des bisherigen Bereitschaftsdienstes ärztlichen Schichtdienst eingeführt hat. Im übrigen mußte die Beklagte auch schon nach gegenwärtigem Tarifstand damit rechnen, daß ein angestellter Arzt von der in Abs. 7 Unterabs. 3 der Nr. 8 SR 2c vorgesehenen rechtlichen Möglichkeit Gebrauch machte und bei Erfüllung der tariflichen Voraussetzungen um Arbeitsfreistellung nachsuchte. Daraus, daß seitens der angestellten Ärzte von dieser Möglichkeit - aus welchen Gründen auch immer - kein oder nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht worden ist, kann die Beklagte keine Rechte herleiten. Im übrigen handelt sie im Hinblick auf ihre Fürsorgepflicht, aber auch im Verhältnis zu ihren Patienten zumindest leichtfertig, wenn sie es duldet oder nahelegt, daß übermüdete oder aus anderen Gründen nicht voll leistungsfähige Ärzte in ihren Krankenanstalten ärztliche Dienste verrichten.
Auch auf Belange der Allgemeinheit kann sich die Beklagte zur Stützung ihrer Rechtsauffassung nicht berufen. In gerichtlichen Verfahren können diese ohnehin nur insoweit Berücksichtigung finden, als dies der geltenden Rechtsordnung entspricht. Mit dieser und auch mit den Belangen der Allgemeinheit ist es aber nicht vereinbar, wenn ein angestellter Arzt nach einem vollen Tagesdienst und anschließender Bereitschaftsdienstleistung ohne ausreichende Nachtruhe nochmals am folgenden Tage wieder vollen ärztlichen Dienst - möglicherweise zweimal wöchentlich - mit der Möglichkeit der Patientengefährdung und Verletzung ärztlicher Standespflichten leistet. Damit kommt es auch nicht auf den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten weiteren Gesichtspunkt an, ob und inwieweit die Tarifvertragsparteien schon bei der Tarifgestaltung ihrerseits auf die Belange der Allgemeinheit Rücksicht zu nehmen haben (vgl. dazu Wiedemann-Stumpf, aaO, Einleitung Rdnr. 100; Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Band II/2, S. 1032). Entscheidend ist demgegenüber, daß die heranzuziehenden Tarifbestimmungen in dem bezeichneten Ausmaß schon deswegen nichtig sind, weil sie gegen zwingendes höherrangiges staatliches Gesetzesrecht und Verfassungsrecht verstoßen. Daher kann sich die Beklagte auch nicht erfolgreich auf den rechtlichen Gesichtspunkt einer Abwägung der verschiedenen Rechtsgüter stützen, die nur in den vorliegend nicht zur Entscheidung stehenden besonderen Ausnahmefällen (Notfällen) in Betracht kommt.
Schließlich kann die Beklagte auch nicht erfolgreich einwenden, allein der beteiligte Arzt könne und dürfe darüber entscheiden, ob er sich nach Ableistung des Bereitschaftsdienstes noch in der Lage sehe, weiter ärztlichen Tagesdienst zu leisten. Dabei übersieht die Beklagte, daß gerade in diesem Punkte die tariflichen Bestimmungen unwirksam sind. Zudem kann die Entscheidung darüber, ob er gewillt ist und sich physisch dazu in der Lage fühlt, ein die menschliche Leistungsfähigkeit überschreitendes, der Menschenwürde widersprechendes und deswegen nach geltenden Grundprinzipien der Rechtsordnung unerlaubtes Arbeitspensum zu leisten, nicht der Entscheidung des einzelnen Arztes überlassen bleiben. Einmal kann nämlich niemals ausgeschlossen werden, daß der Arzt bei einer solchen Entscheidung - zumal in einer Konfliktslage - seine Leistungsfähigkeit überschätzt. Zudem muß schon angesichts der bisherigen Verhaltensweise der angestellten Ärzte nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat befürchtet werden, daß Ärzte trotz Erfüllung der Voraussetzungen für eine Unzulässigkeit ihrer Weiterarbeit nach geleistetem Bereitschaftsdienst dazu doch aus den verschiedensten Gründen (z.B. Ehrgeiz, Befürchtung von Einnahmeverlusten, Rufschädigung, Geltung als "unbequemer Mitarbeiter") ihre Einwilligung geben. Daher ist die Pflicht zur Dienstfreistellung der Ärzte dann, wenn sie während des Bereitschaftsdienstes nicht eine mindestens sechsstündige ununterbrochene Ruhezeit hatten, auch nicht von einer irgendwie gearteten formellen Antragstellung abhängig.
Im übrigen verbleibt der Senat dabei, daß es Sache des Gesetzgebers ist, die Arbeitszeit der angestellten Krankenhausärzte sachgerecht und unter Berücksichtigung der Belange aller Beteiligten zu regeln. Dies ist, wie die Beklagte insoweit zutreffend bemerkt, nicht Sache der Gerichte. Ebenfalls ist es, wie der Senat schon in seinem Urteil vom 26. November 1980 - 4 AZR 1181/78 - (AP Nr. 6 zu § 17 BAT, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) hervorgehoben hat, eine Aufgabe der Tarifvertragsparteien, ihrerseits im Rahmen des staatlichen Gesetzesrechts eine Änderung der den ärztlichen Bereitschaftsdienst regelnden tariflichen Bestimmungen herbeizuführen, sofern und soweit die gegenwärtig gültigen Tarifnormen nicht mehr den Vorstellungen und Interessen der Tarifunterworfenen entsprechen oder sich - aus welchen Gründen auch immer - inzwischen als nicht mehr praktikabel erwiesen haben sollten (so auch Zmarzlik in der Anmerkung zu der zuletzt bezeichneten Entscheidung). Unter diesen Umständen und angesichts der gegenwärtigen Bemühungen sowohl des Gesetzgebers als auch der Tarifvertragsparteien um neue, sachgerechte Lösungen hat sich der Senat darauf zu beschränken, lediglich den Teil der gegenwärtig geltenden tariflichen Regelungen, der gegen höherrangiges staatliches Recht verstößt, für unwirksam zu erklären, wobei er besonders den Umstand berücksichtigt, daß die geltende Tarifregelung dem angestellten Arzt eine zweimalige wöchentliche Bereitschaftsdienstleistung neben seinem allgemeinen Tagesdienst abverlangt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Feller Schmidt Trautmann
Fundstellen
Haufe-Index 439067 |
BAGE 38, 69-85 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
BAGE, 69 |
NJW 1982, 2140 |
NJW 1982, 2140-2143 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
BlStSozArbR 1982, 279-279 (Gründe) |
BlStSozArbR 1982, 369-375 |
AP § 17 BAT (Leitsatz 1-3 und Gründe), Nr 7 |
AP BAT § 17, Nr. 7 Meisel |
AR-Blattei, Arzt Entsch 19 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
AR-Blattei, ES 250 Nr 19 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
PersV 1984, 251-257 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
RiA 1982, 227-228 (Gründe) |