Ruhezeit: Welche Vorgaben macht das Arbeitszeitgesetz?

Ein modernes Arbeitszeitgesetz soll heutigen gesellschaftlichen Ansprüchen nach größtmöglicher Flexibilität genügen. Immer wieder Stein des Anstoßes sind die arbeitsrechtlichen Vorgaben zur Einhaltung einer elfstündigen Ruhezeit. Was gilt diesbezüglich, welche Abweichungen sind möglich und wo besteht Spielraum für Änderungen?

Arbeitszeiten flexibler gestalten - das ist häufig der Wunsch, sowohl von Arbeitgebern als auch von Arbeitnehmenden. Die derzeit geltenden arbeitsrechtlichen Regelungen werden bisweilen als zu unflexibel empfunden. Insbesondere die pauschale Ruhezeitregelung steht immer wieder in der Kritik.

Was gilt als Ruhezeit?  

Ruhezeit ist die Zeit, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwischen der Arbeit zur Verfügung haben sollen, um sich zu erholen. Elf Stunden müssen zwischen Feierabend und dem nächsten Arbeitsbeginn des Arbeitnehmenden liegen, und zwar ohne Unterbrechung. Das sieht das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) in § 5 Abs.1 ArbZG vor. Für Jugendliche gilt eine ununterbrochene Freizeit von mindestens 12 Stunden, § 13 JArbSchG. 

Als Ruhezeit und nicht als Arbeitszeit gilt auch die Rufbereitschaft. Nur, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin auch tatsächlich in Anspruch genommen wird, gilt die Rufbereitschaft als Arbeitszeit. Eine Sitzung des Betriebsrats unterbricht die Ruhezeit, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), ließ aber dabei noch offen, ob Betriebsratstätigkeit immer als Arbeitszeit im Sinne des ArbZG zu werten ist (BAG, Urteil vom 18.1.2017, Az. 7 AZR 224/15). Drei Jahre später urteilte das BAG im Falle eines Personalrates, dass die Teilnahme an einer Personalratssitzung als Arbeitszeit zu werten ist (BAG, Urteil vom 16.9.2020, Az. 7 AZR 491/19).

Bereitschaftsdienst gilt arbeitszeitrechtlich immer als Arbeitszeit, weshalb es nötig ist, Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst klar abzugrenzen

Wöchentliche Ruhezeit

Nach der europäischen Arbeitszeitgestaltungs-Richtlinie muss Beschäftigten auch eine wöchentliche Ruhezeit von 24 Stunden gewährt werden. Im deutschen Arbeitszeitgesetz ist das in § 9ff. ArbZG umgesetzt, wo geregelt ist, dass Arbeitnehmende an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden dürfen.

Werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie nach § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG einen Ersatzruhetag haben. Ein Ersatzruhetag in diesem Sinn ist nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 8.12.2021, Az. 10 AZR 641/19) ein vollständiger Werktag, an dem der oder die Arbeitnehmende von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr keine Arbeitsleistung erbringt. Ein davon abweichender individueller Zeitraum mit einer Dauer von 24 Stunden genügt nicht als Ersatzruhetag.

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Tägliche Ruhezeit darf kein Teil der wöchentlichen Ruhezeit sein

Die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Ruhezeit sind zwei autonome Rechte, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem neuen Urteil festgestellt (EuGH, Urteil vom 2.3.2023 in der Rechtssache C-477/21). Arbeitgeber müssen die tägliche Ruhezeit also zusätzlich zur wöchentlichen Ruhezeit gewähren, auch wenn die tägliche Ruhezeit der wöchentlichen Ruhezeit unmittelbar vorausgeht. Arbeitet ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin bis Samstagabend 24 Uhr, ist in der darauffolgenden 24-Stunden-Sonntagsruhezeit (wöchentliche Ruhezeit) die tägliche Ruhezeit von elf Stunden nicht enthalten. Aus Sicht des EuGH würde der Anspruch auf die tägliche Ruhezeit ausgehöhlt, wenn diese ein Teil der wöchentlichen Ruhezeit wäre.

Der Gerichtshof verwies darauf, dass die Richtlinie ausdrücklich klarstelle, dass zum Zeitraum der wöchentlichen Ruhezeit der Zeitraum hinzukommen müsse, der mit dem Recht auf tägliche Ruhezeit verknüpft ist. Von daher könne die tägliche Ruhezeit nicht Teil der wöchentlichen Ruhezeit sein. Dies müsse auch dann gelten, wenn die tägliche Ruhezeit der wöchentlichen Ruhezeit unmittelbar vorausgeht.

Was die Ruhezeit von der Ruhepause unterscheidet 

Die Ruhezeit darf nicht verwechselt werden mit der Ruhepause. § 4 ArbZG schreibt vor, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmenden während einer zusammenhängenden Arbeitszeit Ruhepausen gewähren muss. Der Begriff ist gesetzlich nicht definiert. Er wird allgemein verstanden als Arbeitsunterbrechung, die im Interesse des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin stattfindet. Diese können Arbeitnehmende nach eigener Vorstellung verbringen und dürfen währenddessen nicht zur Arbeitsleistung herangezogen werden.  

Ruhezeit: Verkürzungen in einzelnen Branchen

In einigen Branchen kann die gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeit um bis zu eine Stunde auf zehn Stunden verkürzt werden. Möglich ist dies beispielsweise in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen, in denen Menschen behandelt, gepflegt und betreut werden, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk, in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung. Jede Verkürzung der Ruhezeiten muss aber innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von 4 Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens 12 Stunden ausgeglichen werden. 

Abweichungen von der Ruhezeit durch Tarifvertrag

Ebenso gibt es die Möglichkeit für Tarifvertragsparteien gemäß § 7 Abs.1 ArbZG (sog. Tariföffnungsklausel), die Ruhezeit um bis zu zwei Stunden zu kürzen, wenn die Art der Arbeit dies erfordert und die Kürzung innerhalb eines festzulegenden Zeitraums ausgeglichen wird. 

Die zeitlichen Vorgaben des Ausgleichszeitraums können die Tarifvertragsparteien ebenfalls selbst festlegen. 

In der Praxis hat die Möglichkeit, auf tarifvertraglicher Grundlage die Ruhezeit bei Rufbereitschaft infolge von Inanspruchnahmen zu verkürzen (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG) eine große Bedeutung. Auch hier ist ein Zeitraum für den Ausgleich verkürzter Ruhezeiten zu bestimmen.


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Schlagworte zum Thema:  Arbeitszeit, Arbeitszeitgesetz, Pausen