Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung nach Einigungsvertrag. persönliche Eignung

 

Normenkette

Einigungsvertrag Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1

 

Verfahrensgang

LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 31.05.1994; Aktenzeichen 5 Sa 1637/93)

ArbG Dessau (Urteil vom 14.10.1993; Aktenzeichen 11 Ca 358/91)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 31. Mai 1994 – 5 Sa 1637/93 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1 Einigungsvertrag (künftig: Abs. 4 Ziff. 1 EV) gestützten ordentlichen Kündigung.

Der im Jahre 1943 geborene Kläger trat am 1. August 1961 in den Schuldienst der ehemaligen DDR. Er unterrichtete zunächst als Unterstufenlehrer und ab 1966 als Fachlehrer für Kunsterziehung. Von 1974 bis 1978 war er Direktor einer Polytechnischen Oberschule und wechselte dann zur Abteilung Volksbildung beim Rat des Kreises Z. Dort war er bis 1979 Schulinspektor, anschließend bis 1984 1. Stellvertreter des Kreisschulrats und danach Kreisschulrat. Diese Funktion legte er im November 1989 nieder. Ab Dezember 1989 arbeitete er wieder als Lehrer an Polytechnischen Oberschulen und im Haus der Schuljugend Z.

Nach einer entsprechenden Empfehlung der Personalkommission kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit einem am 26. September 1991 zugegangenen Schreiben ordentlich zum 31. Dezember 1991. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe herausgehobene politische Funktionen wahrgenommen, was erhebliche Zweifel an seiner Verfassungstreue begründe.

Mit der am 9. Oktober 1991 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Kündigung sei rechtsunwirksam. Er sei für eine Tätigkeit als Lehrer persönlich geeignet. Der Beklagte hätte ihn vor Ausspruch der Kündigung im Rahmen einer Einzelfallprüfung anhören und konkrete Erkenntnisse über die persönliche Amtsführung oder Funktionsausübung darlegen müssen. Als Kreisschulrat habe er gegenüber Schuldirektoren, Lehrern und Schülern nach Grundsätzen gehandelt, die auch nach der grundgesetzlichen Wertordnung voll zu akzeptieren seien. Insbesondere habe er die fachlich befähigten Lehrer gefördert, nicht aber jene, die sich als besonders eifrige Parteipropagandisten hervorgetan hätten. Er habe auch niemals eine Veranlassung gesehen, gegen einen Lehrer ein politisch motiviertes Disziplinarverfahren einzuleiten. Bei sachlich begründeten Disziplinarverfahren wegen dienstlicher Verfehlungen habe er von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Verfahren ohne Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme zu beenden. Er habe es nicht zugelassen, daß den Schulen Zahlen für die militärische Nachwuchsgewinnung vorgegeben worden seien. Darauf abzielende, Gespräche habe er nicht unterstützt. Nach seinem Amtsantritt als Kreisschulrat habe der Kreis Z. die staatlichen Vorgaben für militärische Berufe nicht mehr erfüllt. Unter seiner Leitung seien Aufnahmeanträge von Schülern aus christlich gebundenen Elternhäusern zum Besuch der Erweiterten Oberschule regelmäßig positiv beschieden worden; ihm sei vorgeworfen worden, er habe bei der Auswahl die politische Verläßlichkeit der Schüler gegenüber den fachlichen Leistungen zu wenig berücksichtigt. Nach der Wende habe er sich vorbehaltlos in den Dienst des gesellschaftlichen Erneuerungsprozesses gestellt. Im Dezember 1989 sei gegen ihn ein Parteiverfahren wegen parteischädigenden Verhaltens und im Nachgang Anfang 1990 ein Disziplinarverfahren durch seinen Dienstvorgesetzten eingeleitet worden. Für eine Partei oder Gruppierung mit verfassungsfeindlichen Zielen habe er sich niemals engagiert. Im übrigen beschäftige der Beklagte die ehemaligen Leiter der Kreis- und der Bezirksschulinspektion und den vorherigen Direktor des pädagogischen Kreiskabinetts weiterhin im öffentlichen Dienst.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 26. September 1991 nicht aufgelöst worden sei.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, der Kläger sei aufgrund seines Werdeganges und seiner Identifizierung mit den Zielsetzungen der SED ungeeignet, die Grundwerte einer freiheitlich-demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung glaubwürdig zu vermitteln. Als Schulinspektor habe er die Schulen auf ihre politisch-ideologische Linie überprüft und das sozialistische Bildungssystem durchsetzen müssen. Die Positionen des 1. Stellvertreters des Kreisschulrats und des Kreisschulrats hätten ebenfalls nur von Personen wahrgenommen werden können, die sich mit den Zielsetzungen des SED-Staates identifizierten. Der Kreisschulrat sei in der höchsten Position eines Lehrkörpers auf Kreisebene für die allgemeine Koordinierung und Überwachung, die Kaderpolitik und straffe Planung, Leitung und Kontrolle der außerschulischen Bildung und Erziehung im Kreis verantwortlich gewesen; auch hier habe die politisch-ideologische Tätigkeit im Vordergrund gestanden. Der Kläger sei eben nicht unmittelbar nach der Wende aus der SED ausgetreten. Parteiverfahren seien damals vielfach provoziert worden, um sich als Opfer des SED-Regimes dokumentiert zu wissen. Das Entlastungsvorbringen des Klägers sei weitgehend unsubstantiiert. Seine Personalakte sei offenbar stark ausgedünnt worden; sie enthalte weder ein Zeugnis noch eine dienstliche Beurteilung aus DDR-Zeiten. Eltern und Lehrer hätten im Vorfeld der Kündigung Vorbehalte gegen eine Weiterbeschäftigung des Klägers vorgebracht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Für die Annahme einer mangelnden persönlichen Eignung genüge das bloße Innehaben der unstreitigen Funktionen des Klägers nicht. Es komme bei leitenden Positionen im Schulwesen darauf an, ob der Arbeitnehmer sein Amt sachbezogen oder überwiegend im Sinne der SED ausgeübt habe. Hierzu habe der Beklagte nichts vorgetragen. Da die an der Parteilinie der SED ausgerichtete Amtsausübung zum Tatbestand der Kündigungsnorm gehöre, treffe den Arbeitgeber insoweit die Darlegungs- und Beweislast. Deshalb sei es unbehelflich, wenn sich der Beklagte nahezu ausschließlich mit dem Entlastungsvorbringen des Klägers auseinandersetze, ohne zuvor selbst hinreichende Umstände dargelegt zu haben, die die fehlende persönliche Eignung des Klägers begründen könnten.

II. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Nach Abs. 4 Ziff. 1 EV ist die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in der öffentlichen Verwaltung auch zulässig, wenn der Arbeitnehmer wegen mangelnder persönlicher Eignung den Anforderungen nicht entspricht.

a) Die mangelnde persönliche Eignung im Sinne von Abs. 4 Ziff. 1 EV ist eine der Person des Arbeitnehmers anhaftende Eigenschaft, die sich auch aus der bisherigen Lebensführung herausgebildet haben kann. Die persönliche Eignung eines Angestellten des öffentlichen Dienstes erfordert, daß er sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen muß. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.

Die hiernach zu stellenden Anforderungen haben sich an den Aufgaben des Angestellten auszurichten. Ein Lehrer muß den ihm anvertrauten Schülern glaubwürdig die Grundwerte des Grundgesetzes vermitteln. Er muß insbesondere die Gewähr dafür bieten, daß er in Krisenzeiten und ernsthaften Konfliktsituationen zu den Grundwerten der Verfassung steht.

Abs. 4 Ziff. 1 EV zwingt den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber nicht, gleichsam die rechtsstaatliche Einstellung eines Arbeitnehmers zunächst zu erproben. Ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen des Abs. 4 EV ist damit nicht verbunden. Es gelten nicht die Grundsätze für Einstellungen in den öffentlichen Dienst, sondern die für Kündigungen; denn durch eine auf Abs. 4 Ziff. 1 EV gestützte Kündigung wird in besonderer Weise in das Grundrecht der Berufsfreiheit des einzelnen Beschäftigten eingegriffen. Ein Beurteilungsspielraum kann sich nur im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung auf eine Abwägung besonders belastender Umstände bei der Identifikation mit den Staats- und Parteizielen in der ehemaligen DDR gegenüber spezifisch entlastenden Tatsachen zur persönlichen Eignung des Arbeitnehmers beziehen.

b) Ein Lehrer ist nicht schon deshalb ungeeignet, weil er nach den früheren gesetzlichen Bestimmungen bei der Verwirklichung der Staatsziele der DDR mitzuwirken hatte. Eine mangelnde persönliche Eignung ist aber indiziert, wenn er sich in der Vergangenheit in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert hat. Dies ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer nicht nur kurzfristig Funktionen wahrgenommen hat, aufgrund derer er in hervorgehobener Position oder überwiegend an der ideologischen Umsetzung der Ziele der SED mitzuwirken hatte. Der kündigende Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat die vom Arbeitnehmer wahrgenommene Funktion einschließlich ihrer Grundlagen und ihrer Bedeutung in der Verfassungswirklichkeit der DDR darzulegen und ggf. zu beweisen. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, die Annahme der besonderen Identifikation durch substantiierten Sachvortrag zu entkräften. Dabei können neben den Umständen der früheren Tätigkeit auch sonstige die Eignung des Arbeitnehmers begründende Tatsachen berücksichtigt werden. Liegt ein dahingehender schlüssiger und nachprüfbarer Vortrag vor, hat der Arbeitgeber darzutun, daß die behaupteten erheblichen nachprüfbaren Tatsachen nicht vorliegen oder daß trotz dieser Umstände aus weiteren Tatsachen auf eine Ungeeignetheit zu schließen ist. Eine Umkehr der im Kündigungsschutzprozeß allgemein bestehenden Beweislast findet nicht statt (vgl. Senatsurteile vom 18. März 1993 – 8 AZR 356/92BAGE 72, 361 = AP Nr. 12 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX; vom 4. November 1993 – 8 AZR 127/93BAGE 75, 46 = AP Nr. 18, a.a.O.; vom 28. April 1994 – 8 AZR 57/93BAGE 76, 323 = AP Nr. 22, a.a.O.).

c) Bei der Auslegung und Anwendung des Abs. 4 Ziff. 1 EV ist der Bedeutung und Tragweite von Art. 12 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen. Danach begründet die für Verbleib und Aufstieg im öffentlichen Dienst der DDR notwendige und übliche Loyalität und Kooperation für sich allein keine mangelnde Eignung. Die Kündigung erfordert – auf der Grundlage des Parteivortrags – eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers nach seinem gesamten Verhalten vor und nach dem Beitritt. Abs. 4 Ziff. 1 EV eröffnet nicht die Möglichkeit, die Tragbarkeit eines Arbeitnehmers für den öffentlichen Dienst allein nach seiner Stellung in der Hierarchie der DDR und seiner früheren Identifikation mit dem SED-Regime pauschal zu beurteilen. Die innere Einstellung eines Menschen kann sich ändern, und die Erfahrungen und Einsichten, die gerade Bürger der DDR nach 1989 gemacht haben, können eine solche Änderung herbeigeführt haben (BVerfG Beschluß vom 21. Februar 1995 – 1 BvR 1397/93 – BVerfGE 92, 140 = AP Nr. 44 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, zu C I 3 b aa der Gründe). Der besondere Kündigungstatbestand des Abs. 4 Ziff. 1 EV ist in dieser – der dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsprechenden – Auslegung verfassungsgemäß (BVerfG, a.a.O., zu C I der Gründe).

d) Eine solche Anwendung von Abs. 4 Ziff. 1 EV verstößt nicht gegen das ILO-Übereinkommen Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf vom 25. Juni 1958 (BGBl. 1961 II S. 98). Die Kündigung wegen Nichteignung eines Lehrers knüpft nicht an die politische Meinung des einzelnen Lehrers an, sondern an die durch seine früheren Funktionen begründete mangelnde persönliche Eignung, als Lehrer gemäß seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung die Grundwerte unserer Verfassung den Schülern glaubwürdig zu vermitteln. Wer über längere Zeit aufgrund seiner Funktion eine verfassungsmäßige Ordnung als revanchistisch und imperialistisch zu bekämpfen hatte, kann nun nicht glaubhaft eine gegenteilige Auffassung vertreten, wenn er sich nicht durch konkretes Verhalten von dem ideologischen Auftrag distanziert hat.

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze kann die persönliche Eignung des Klägers noch nicht abschließend beurteilt werden. Es bedarf weiterer Feststellungen und einer abschließenden Einzelfallwürdigung durch das Landesarbeitsgericht.

a) Der Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Arbeitgeber müsse in jedem Fall eine an der Parteilinie der SED ausgerichtete Amtsführung des Arbeitnehmers konkret darlegen, vermag der Senat nicht zu folgen. Diese Auffassung entspricht nicht den Grundsätzen, die der Senat in ständiger Rechtsprechung zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast aufgestellt hat (vgl. oben 1 b).

Sie überfordert angesichts weitgehend „bereinigter” Personalakten den öffentlichen Arbeitgeber. Bei längerer Wahrnehmung hervorgehobener Funktionen, in denen generell die politischen Ziele der SED ideologisch umzusetzen waren, kann dem betreffenden Arbeitnehmer zugemutet werden, zunächst selbst zu seiner Amtsführung vorzutragen. Er weiß selbst am besten, wie er im Einzelfall sein Amt ausgeübt hat. Das Maß der gebotenen Substantiierung hängt davon ab, wie sich die Gegenseite darauf einläßt (§ 138 Abs. 2 ZPO). Es bedarf des Vortrags konkreter Entlastungstatsachen unter Benennung geeigneter Beweismittel. Der Arbeitgeber kann dann seine Ermittlungen hierauf konzentrieren, wobei die Beweislast auch insoweit bei ihm verbleibt. Welche Anforderungen an eine sachbezogene und zurückhaltende Amtsausübung zu stellen sind, läßt sich nicht allgemein beantworten und hängt insbesondere auch von der Art des in Frage stehenden Amtes ab.

Das Landesarbeitsgericht hat – von seinem Standpunkt aus konsequent – die Indizwirkung der Funktionen des Klägers nicht geprüft und keine ausreichenden Feststellungen hierzu getroffen. Es hat den Vortrag des Beklagten nicht aufgeklärt und die maßgebenden Rechtsgrundlagen zur Beurteilung nicht herangezogen. Das wird nachzuholen sein. Sofern sich im erneuten Berufungsverfahren eine Indizwirkung aufgrund der ausgeübten Ämter ergibt oder aus anderen Gründen Zweifel an der Eignung des Klägers hervortreten, hat eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen. Auch hierzu müssen die maßgeblichen Tatsachen erst noch festgestellt werden.

Im einzelnen erscheinen folgende Hinweise zu einer möglichen Indizwirkung und deren Entkräftung angebracht:

b) Das Amt des Schuldirektors, das der Kläger von 1974 bis 1978 ausübte, begründet für sich genommen noch keinen Eignungsmangel, obwohl es parteinah ausgerichtet war. Erheblich werden kann es aber im Zusammenhang mit anderen Ämtern oder Funktionen (vgl. nur Senatsurteil vom 18. Januar 1996 – 8 AZR 613/93 – n.v., zu B 2 a der Gründe, m.w.N.).

Die nicht nur kurzfristige Tätigkeit als Schulinspektor kann wegen der damit verbundenen ideologischen Umsetzung der Ziele der SED zur Annahme einer mangelnden Eignung führen (vgl. nur Senatsurteil vom 18. April 1996 – 8 AZR 13/94 – n.v., zu B II 2 d der Gründe, m.w.N.). Der Kläger hatte dieses Amt weniger als zwei Jahre inne, die genaue Zeitdauer ist nicht festgestellt. Wegen der jedenfalls nur kurzen Amtsausübung kommt es darauf an, ob auch die anschließenden Ämter des Klägers eine mangelnde Eignung indizieren.

Mit dem Amt des stellvertretenden Kreisschulrats hat sich das Bundesarbeitsgericht bisher dreimal befaßt (Senatsurteile vom 26. Mai 1994 – 8 AZR 248/93 – n.v., zu B II 2 c cc der Gründe; vom 27. April 1995 – 8 AZR 275/93 – n.v., zu B I 2 der Gründe; vom 18. April 1996 – 8 AZR 13/94 – n.v., zu B II 2 d der Gründe). In allen Fällen war über die Indizwirkung nicht zu entscheiden, da diese schon aufgrund des zuvor – jeweils längerfristig – ausgeübten Amtes des Schulinspektors bzw. Parteisekretärs vorlag.

Nicht maßgebend ist allerdings, daß es sich bei dem Amt des 1. Stellvertreters des Kreisschulrats gegenüber dem des Schulinspektors um ein Beförderungsamt gehandelt hat. Vielmehr kommt es auch hier auf die konkrete Tätigkeit an, die vom Landesarbeitsgericht bisher nicht festgestellt worden ist und zu der beide Parteien noch näher vortragen müssen. Aus den normativen Grundlagen für die Arbeit des Kreisschulrats und seines Stellvertreters ergibt sich, soweit sie veröffentlicht sind, kein abschließendes Bild. Zu nennen sind etwa § 77 Abs. 4 des Gesetzes über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965 (GBl. I S. 83), § 43 des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Juli 1973 (GBl. I S. 313), die §§ 17 Abs. 1 und 32 der Verordnung über die Sicherung einer festen Ordnung an den allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen – Schulordnung – vom 29. November 1979 (GBl. I S. 433), die §§ 2 und 5 der Anordnung über die Aufnahme in die erweiterte allgemeinbildende polytechnische Oberschule und in Spezialklassen an Einrichtungen der Volksbildung sowie über die Bestätigung von Schülern für die Bewerbung um eine Lehrstelle in der Berufsausbildung mit Abitur – Aufnahmeordnung – vom 5. Dezember 1981 (GBl. 1982 I S. 1; dazu Anweisung vom 5. Dezember 1981, a.a.O., S. 3) und die Standpunkte und Hinweise zur Arbeitsweise der Kreisschulinspektion (Arbeitsmaterial für Schulräte und Schulinspektoren) vom Oktober 1983.

Mit dem Amt des Kreisschulrats hat sich das Bundesarbeitsgericht bisher nicht befaßt. Hier gilt das gleiche wie für den stellvertretenden Kreisschulrat.

c) Der Einzelvortrag des Klägers ist grundsätzlich geeignet, eine etwaige Indizwirkung zu entkräften. Allerdings bedarf er nach den Einlassungen des Beklagten überwiegend weiterer Substantiierung. Das betrifft etwa die Frage, inwiefern der Kläger Vorgaben für die militärische Nachwuchsgewinnung nicht zugelassen hat, wer dem Kläger zu welcher Zeit und aus welchem Anlaß mangelnde Berücksichtigung der politischen Verläßlichkeit der Schüler bei der Auswahl für die Erweiterten Oberschulen vorgeworfen hat, und welche konkreten Vorgänge dem Partei- bzw. Disziplinarverfahren zugrunde lagen. Der Kläger wird sich ferner über das Vorhandensein und den Verbleib von schriftlichen Unterlagen erklären müssen.

Auch der Vortrag des Beklagten bedarf der Substantiierung, z.B. zu den Vorbehalten von Eltern und Lehrern gegenüber dem Kläger. Ggf. wird das Landesarbeitsgericht auf Beweisanträge des Beklagten hinzuwirken haben.

3. Der Vortrag des Klägers zur Weiterbeschäftigung hochrangiger Pädagogen im öffentlichen Dienst ist unschlüssig. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann damit schon deshalb nicht belegt werden, weil die Vergleichbarkeit der Fälle nicht dargelegt wird.

 

Unterschriften

Ascheid, Dr. Wittek, Mikosch, Umfug, Rosemarie Iskra

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1089215

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