Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche aus unerlaubter Handlung wegen Benachteiligung als Teilzeitkraft. Verjährung
Normenkette
BGB § 612 Abs. 2, § 823 Abs. 2, §§ 852, 209, 196 Abs. 1 Nrn. 8-9, § 812 Abs. 1 S. 1, § 818 Abs. 1; BeschFG 1985 § 2 Abs. 1; ZPO § 554 Abs. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. November 1999 – 12 (8) Sa 862/99 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers wegen Benachteiligung als Teilzeitkraft.
Die Beklagte betreibt Tankstellen. Der Kläger war bei ihr von 1986 bis 1994 als teilzeitbeschäftigter Tankwart tätig. Die Stundenvergütung des Klägers als Teilzeitkraft war geringer als die vergleichbarer Vollzeitkräfte.
Mit Schriftsatz vom 21. September 1993 hat der damalige Prozeßbevollmächtigte des Klägers von der Beklagten wegen zu niedriger Vergütung eine Nachzahlung verlangt und diese mit weit über 10.000,00 DM beziffert. Im Hinblick auf einen gleichgelagerten, noch nicht rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreit hat der Kläger zugleich einen Verzicht auf die Verjährungseinrede wegen möglicher Schadensersatzansprüche gefordert. Dieser Verjährungsverzicht ist nicht erfolgt.
Mit seiner am 29. Oktober 1998 eingereichten Zahlungsklage hat der Kläger von der Beklagten Schadensersatz wegen vorenthaltenem Arbeitslohn für die Zeit von 1986 bis 1994 in einer Gesamthöhe von 44.027,35 DM verlangt. Der Kläger hat weiterhin geltend gemacht, er hätte bei gewöhnlichem Lauf der Dinge einen Teil des ihm vorenthaltenen Arbeitsentgelts verzinslich angelegt. Der entgangene Gewinn belaufe sich bis zum 30. Juli 1998 auf insgesamt 14.068,25 DM. Schließlich hat der Kläger wegen der vorenthaltenen Vergütungsbeträge Ersatz des Verzugsschadens in Höhe von 8.362,56 DM gefordert.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 66.458,16 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Ansprüche seien nicht begründet, im übrigen hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel im Umfang von 25.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit 3. November 1998 weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ansprüche des Klägers sind entweder verjährt oder bestehen nicht.
A. Die Revision ist überwiegend zulässig.
Nach § 554 Abs. 3 Nr. 1 ZPO muß die Revisionsbegründung die Erklärung enthalten, inwieweit das Berufungsurteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde. Das Berufungsgericht hat die Klage auf Zahlung von Schadensersatz wegen vorenthaltener Arbeitsvergütung in Höhe von 44.027,35 DM brutto, wegen entgangenem Gewinn in Höhe von 14.068,25 DM und auf Zahlung von Zinsen in Höhe weiterer 8.362,56 DM abgewiesen. Der Kläger hat mit der Revision die Versagung des Schadensersatzanspruchs wegen vorenthaltener Arbeitsvergütung in einem Teilumfang von 20.000,00 DM und die Versagung der beiden anderen Ansprüche im Teilumfang von insgesamt 5.000,00 DM angegriffen. Da sich alle drei Klageansprüche aus mehreren Einzelforderungen zusammensetzen, war es erforderlich, genau zu bestimmen, welche Teilforderungen vom Revisionsantrag erfaßt werden.
Der Kläger hat eine solche Bestimmung nur teilweise vorgenommen. Nach Maßgabe der Revisionsbegründung setzt sich der mit der Revision weiterverfolgte Schadensersatzanspruch von 20.000,00 DM aus dem vorenthaltenen Lohn für das Jahr 1986 im Umfang von 7.501,53 DM, für das Jahr 1987 im Umfang von 9.047,21 DM und für das Jahr 1990 im (Teil-)Umfang von 3.451,26 DM zusammen. Wie sich dieser Betrag von 3.451,26 DM zusammensetzt, ist nicht näher bestimmt. Diese Forderung ist auch nicht aufgrund der Aufschlüsselung in der Revisionsbegründung bestimmbar. Sie besteht aus einer Vielzahl von Einzelstreitgegenständen. Welche einzelnen dieser Streitgegenstände mit der Teilklage verfolgt werden, ist nicht ersichtlich. Die Revision ist insoweit gem. § 554 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unzulässig.
Die mit der Revision weiterhin geltend gemachten 5.000,00 DM wegen entgangenen Gewinns und wegen Verzugsschadens genügen den Anforderungen des § 554 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Der Kläger hat in der Revisionsbegründung ausgeführt, der Teilbetrag von 5.000,00 DM setze sich aus einem im einzelnen aufgeschlüsselten Zinsschaden für die Jahre 1986 bis 1990 in einer Gesamthöhe von 2.723,25 DM sowie einem Verzugsschaden in Höhe von 2.276,75 DM zusammen. Diesen behaupteten Verzugsschaden hat der Kläger in der Revisionsbegründung konkret dargelegt.
B. Die Revision ist unbegründet. Die Klage hat keinen Erfolg.
I. Der Zahlungsanspruch in Höhe von 20.000,00 DM als Teil der ursprünglichen Forderung von 44.027,35 DM brutto sowie der geltend gemachte entgangene Gewinn sind nicht durchsetzbar.
1. Der Anspruch ist sowohl nach § 612 Abs. 2 BGB als auch nach § 823 Abs. 2 BGB entstanden. Der Kläger macht zu Recht Gleichbehandlung mit Vollzeitkräften geltend. Die mit ihm getroffene Vergütungsabrede verstieß gegen § 2 Abs. 1 des ab dem 1. Mai 1985 geltenden BeschFG. Dies führte wegen § 134 BGB zu ihrer Nichtigkeit. An die Stelle der unwirksam vereinbarten Vergütung trat die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB. Dies war die anteilige Vergütung der Vollzeitkräfte.
Der Zahlungsanspruch folgt zugleich aus § 823 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist, wer gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt, zum Ersatz des daraus herrührenden Schadens verpflichtet. Die Beklagte hat § 2 Abs. 1 BeschFG verletzt. Diese Vorschrift ist ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB (BAG 25. April 2001 – 5 AZR 368/99 – zVv.; BAG 12. Juni 1996 – 5 AZR 960/94 – BAGE 83, 168). Die Beklagte handelte rechtswidrig und schuldhaft (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 1996 a.a.O.). Der zu ersetzende Schaden besteht in der Unterbezahlung des Klägers im Vergleich zu Vollzeitkräften. Er entspricht der vom Kläger geltend gemachten Vergütungsdifferenz. Was deren Höhe sowie den geltend gemachten entgangenen Gewinn (§ 252 BGB) angeht, so kann die Richtigkeit der Behauptungen des Klägers für die revisionsrechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils zunächst unterstellt werden.
2. Der Anspruch ist nicht untergegangen. Zwar ist er tariflich verfallen, soweit er auf § 612 Abs. 2 BGB beruht. Der auf § 823 Abs. 2 BGB gestützte Anspruch wird aber von der einschlägigen Vorschrift des § 22 Abs. 4 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendenden allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrags für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen nicht erfaßt.
3. Der Anspruch ist verjährt.
a) Gemäß § 852 Abs. 1 1. Halbs. BGB verjährt der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat. Eine Unterbrechung der Verjährung konnte im Streitfall nur durch Klageerhebung gemäß § 209 Abs. 1 BGB herbeigeführt worden sein. Diese erfolgte nicht vor dem 29. Oktober 1998. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 852 Abs. 1 BGB bereits verstrichen.
aa) Für den Beginn der Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB kommt es darauf an, ob der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage – und sei es nur in Form einer Feststellungsklage – erheben kann, die bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Tatsachen soviel Aussicht auf Erfolg bietet, daß sie für ihn zumutbar ist (BGHZ 6, 195, 201; BGHZ 97, 97, 111; BGHZ 122, 317, 325; MünchKomm-Stein BGB 3. Aufl. § 852 Rn. 9 m.w.N.; Staudinger-Schäfer BGB 12. Aufl. § 852 Rn. 6 m.w.N.). Dem Kläger war der geltend gemachte Schaden und die Person des Schädigers bereits 1993 bekannt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben des damals außergerichtlich bevollmächtigten Rechtsanwalts Dr. Schmitt vom 21. September 1993 mit hinreichender Deutlichkeit. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers im Jahre 1994 endete, hätte der Kläger wegen seiner Ansprüche für 1994 spätestens im Jahre 1997 Klage erheben müssen. Die Klage wurde jedoch erst am 29. Oktober 1998 eingereicht.
bb) Entgegen der Ansicht des Klägers begann der Lauf der Verjährungsfrist nicht erst mit Bekanntwerden des in dem Parallelverfahren ergangenen Senatsurteils vom 12. Juni 1996 (–5 AZR 960/94 – BAGE 83, 168). Der Kläger führt für seine Rechtsauffassung an, er habe erst durch dieses Urteil Kenntnis davon erlangt, daß die Ungleichbehandlung von Teilzeitkräften zu deliktischen Schadensersatzansprüchen führen könne. Dem kann nicht gefolgt werden.
(1) Der Umstand, daß die Beklagte in dem Parallelverfahren geltend gemacht hatte, der Kläger jenes Verfahrens sei kein Arbeitnehmer und falle nicht in den von § 2 Abs. 1 BeschFG geschützten Personenkreis, hinderte den Fristbeginn nicht. Dieser setzt nicht das Fehlen aller Risiken und die unbedingte Sicherheit voraus, im Prozeß zu obsiegen (BGH VersR 1962, 289, 291; BGH VersR 1974, 197, 198; MünchKomm-Stein a.a.O. Rn. 9; Staudinger-Schäfer a.a.O. Rn. 7 m.w.N.). Daß eine erfolgreiche Klage seinen Arbeitnehmerstatus voraussetzen würde und daß darin ein gewisses Prozeßrisiko läge, durfte den Kläger nicht von einer Klageerhebung abhalten. Da er zu einer Klärung seines Status ohnehin die Gerichte hätte anrufen müssen, war es ihm schon aus diesem Grund zuzumuten, seinen Arbeitnehmerstatus als Vortrage im Rahmen eines Zahlungsprozesses prüfen zu lassen.
(2) Der Beginn der Verjährungsfrist wurde auch nicht dadurch hinausgeschoben, daß das Bundesarbeitsgericht erstmals mit der Entscheidung vom 12. Juni 1996 (a.a.O.) das Bestehen eines deliktischen Anspruchs ausdrücklich bejahte. Soweit der Kläger die Auffassung vertreten hat, mit dieser Entscheidung sei der Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2 Abs. 1 BeschFG überhaupt erst „entstanden”, trifft dies nicht zu. Eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über das Bestehen eines Anspruchs führt dessen Entstehung nicht herbei, sondern stellt diese nur fest. Entstanden ist der Anspruch in dem Augenblick, in dem seine tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen. Das war hier bereits in den Jahren 1986 bis 1994 der Fall.
Soweit der Kläger vorbringen will, vor der Entscheidung vom 12. Juni 1996 (a.a.O.) sei eine Schadensersatzklage wegen einer Benachteiligung als Teilzeitkraft aussichtslos gewesen und zumindest aus diesem Grunde habe die Frist des § 852 Abs. 1 BGB frühestens mit dem 12. Juni 1996 begonnen, kann er auch damit nicht durchdringen. Sieht der Geschädigte von einer Klageerhebung ab, weil sie nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, und ändert sich diese Rechtsprechung, so daß nunmehr eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, so beginnt zwar die Verjährungsfrist nach Auffassungen in der Literatur erst, wenn diese neue Rechtsprechung bekannt wird (Staudinger-Schäfer a.a.O. Rn. 8 c, 23 m.w.N.). Der Kläger hatte jedoch auch schon vor dem 12. Juni 1996 keinen begründeten Anlaß für die Annahme, eine auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2 Abs. 1 BeschFG gestützte Schadensersatzklage sei wegen einer feststehenden gegenteiligen Rechtsprechung aussichtslos. Eine die Anwendbarkeit des § 823 Abs. 2 BGB explizit verneinende Rechtsprechung gab es nicht. Das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs war lediglich noch nicht ausdrücklich bejaht worden.
Aus der vom Kläger angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Juli 1992 (–3 AZR 173/92 – BAGE 71, 29, 43/44) folgt nichts anderes. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht darin ausgeführt, ein Anspruch auf Gleichbehandlung setze kein Verschulden des Arbeitgebers voraus, weil es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch, sondern um einen Erfüllungsanspruch i.S.d. § 612 Abs. 2 BGB handele. Daraus läßt sich aber nicht ableiten, das Bundesarbeitsgericht habe in dieser Entscheidung die Möglichkeit, auf die Verletzung des § 2 Abs. 1 BeschFG einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB zu stützen, auch bei Vorliegen von Verschulden ausdrücklich ausgeschlossen. Zumindest kann auf Grund dieses Urteils nicht von einer feststehenden Rechtsprechung die Rede sein.
b) Für die Klageforderung ist die Frist des § 852 Abs. 1 BGB nicht nach Maßgabe des § 852 Abs. 3 BGB verlängert. Nach der letztgenannten Vorschrift ist der Ersatzpflichtige auch nach Vollendung der Verjährung i.S.d. Abs. 1 zur Herausgabe desjenigen verpflichtet, was er durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten erlangt hat; auf diese Verpflichtung finden die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung Anwendung. Der betreffende Herausgabeanspruch verjährt demzufolge nach den für einen entsprechenden bereicherungsrechtlichen Anspruch geltenden Vorschriften. Für einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gilt grundsätzlich die 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB, doch können im Einzelfall die kürzeren Fristen der §§ 196,197 BGB entsprechend anzuwenden sein.
Ob im Streitfall eine längere als die dreijährige Frist des § 852 Abs. 1 BGB zur Anwendung kommt, braucht nicht entschieden zu werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 852 Abs. 3 BGB liegen nicht vor. Nach mittlerweile herrschender Meinung enthält allerdings § 852 Abs. 3 BGB lediglich eine sog. Rechtsfolgenverweisung. Für den Eintritt einer möglicherweise längeren Verjährungsfrist ist es damit nicht erforderlich, daß sämtliche Voraussetzungen für einen Anspruch aus §§ 812 ff. BGB gegeben sind. Der verjährte Deliktsanspruch bleibt vielmehr als solcher bestehen. Er wird nur in seinem Umfang auf das beschränkt, was der Schädiger durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten erlangt hat (BGHZ 71, 86, 98 ff.; BGHZ 130, 288, 297; Staudinger-Schäfer a.a.O. Rn. 126, 127; Erman-Schiemann BGB 10. Aufl. § 852 Rn. 24; Soergel-Zeuner Stand Frühjahr 1998 § 852 Rn. 32). Derjenige, der durch die unerlaubte Schädigung eines anderen sein eigenes Vermögen vermehrt hat, soll nicht im Genuß dieses Vorteils bleiben (MünchKomm-Stein a.a.O. Rn. 70). Gleichwohl ist es nach § 852 Abs. 3 BGB erforderlich, daß der Verpflichtete dem Geschädigten nicht nur einen Schaden zugefügt, sondern „durch die unerlaubte Handlung” auf dessen Kosten „etwas erlangt” hat.
Daran fehlt es im Streitfall. Die unerlaubte Handlung der Beklagten bestand darin, daß sie den Kläger als Teilzeitkraft schlechter vergütete als ihre Vollzeitkräfte. Sie hat dadurch nichts „erlangt”. Die Arbeitskraft des Klägers hat sie nicht auf Grund der unerlaubten Handlung, sondern auf Grund des – nur in seiner Vergütungsabrede unwirksamen – Arbeitsvertrags erlangt. Auch den von der vertraglichen Vergütungsabrede nicht gedeckten Wert der Arbeitskraft hat sie nicht erst durch ihre unerlaubte Handlung erlangt: Der Kläger arbeitete auf Grund seiner vertraglich eingegangenen Arbeitsverpflichtung. Unerlaubterweise hat die Beklagte den Kläger nur nicht gesetzeskonform vergütet. Dies begründet keine Herausgabepflicht. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß derjenige, der eine bestehende Forderung nicht erfüllt, dadurch nichts erlangt. Einen Anspruch nicht vollständig zu erfüllen bedeutet nicht, um den unerfüllten Teil bereichert zu sein. Das betreffende Vermögen ist vielmehr von Beginn an und bleibt weiterhin mit der noch nicht erfüllten Forderung belastet. Selbst wenn man annehmen wollte, die Beklagte hätte durch die Mindervergütung Aufwendungen erspart, gilt nichts anderes. Ersparte Aufwendungen sind kein erlangtes Etwas (MünchKomm-Lieb BGB § 812 Rn. 298 a).
Die Beklagte hat dem Kläger den aus seiner Benachteiligung entstandenen Schaden zu ersetzen, herauszugeben hat sie ihm dagegen nichts. Ein Anspruch nach § 852 Abs. 3 BGB besteht nicht. Der auf den Ausgleich der Lohndifferenzen gerichtete Schadensersatzanspruch einschließlich des geltend gemachten entgangenen Gewinns ist verjährt. Hierauf hat sich die Beklagte berufen. Wegen § 222 Abs. 1 BGB ist er deshalb nicht durchsetzbar.
II. Der mit der Revision hilfsweise weiterverfolgte Anspruch auf Nutzungsherausgabe besteht nicht. Er ergibt sich weder aus § 818 Abs. 1 BGB i.V.m. § 812 Abs. 1 BGB noch aus § 818 Abs. 1 BGB i.V.m. § 852 Abs. 3 BGB.
1. Voraussetzung wäre zunächst, daß die Beklagte aus den dem Kläger vorenthaltenen Lohnbeträgen die behaupteten Nutzungen in Form von Zinserträgen überhaupt gezogen hat. Zugunsten des Klägers kann ein solcher Zinsvorteil der Beklagten unterstellt werden.
2. Voraussetzung wäre weiter, daß eine Verpflichtung zur Herausgabe desjenigen besteht, aus dem die Nutzungen gezogen wurden. Daran fehlt es.
a) Die Voraussetzungen einer Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB liegen nicht vor. Zum einen hat der Kläger seine Arbeitskraft geleistet, nicht aber Geld, aus dem Nutzungen hätten gezogen werden können. Zum anderen hat er seine Arbeitskraft nicht ohne rechtlichen Grund geleistet. Leistungsgrundlage war der bis auf die Vergütungsabrede wirksame Arbeitsvertrag. Der Leistungsaustausch zwischen den Parteien fand nicht ohne Rechtsgrund statt. Damit scheidet auch ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. BGB wegen einer Bereicherung in sonstiger Weise aus.
b) Ein Herausgabeanspruch aus § 852 Abs. 3 BGB besteht ebenfalls nicht; dies wurde ausgeführt. Da es somit schon an einer herauszugebenden Hauptsache fehlt, werden auch keine aus ihr gezogenen Nutzungen i.S.d. § 818 Abs. 1 BGB von einer Herausgabepflicht erfaßt.
III. Der weiterverfolgte Zinsanspruch ist ebensowenig begründet. Der Kläger will ihn – und dies zusätzlich zu dem Anspruch auf Nutzungsherausgabe – aus § 852 Abs. 3 i.V.m. § 819 Abs. 2, § 818 Abs. 4, § 291, § 288 Abs. 1 BGB herleiten. Wie dargelegt, fehlt es schon am Herausgabeanspruch aus § 852 Abs. 3 BGB selbst.
Unterschriften
Müller-Glöge, Linck, Kreft, Glaubitz, Reinders
Fundstellen