Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung aus Parteivermögen der PDS
Normenkette
ParteienG-DDR § 20 b i.d.F. des EV Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschn. III; BetrVG 1972 §§ 19, 112; TVG § 1
Verfahrensgang
LAG Berlin (Urteil vom 29.11.1996; Aktenzeichen 4 Sa 91/96 4 Sa 98/96) |
ArbG Berlin (Urteil vom 20.06.1996; Aktenzeichen 66 Ca 30976/95) |
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 29. November 1996 – 4 Sa 91 + 98/96 – insoweit aufgehoben, als es die Klage abgewiesen hat.
2. Die Sache wird insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer weiteren Abfindung aus dem Sozialplan vom 11. Juli 1990.
Der Kläger war vom 1. Juli 1958 an beim Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung, einer Einrichtung der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin (SED), mit einem Arbeitsentgelt von zuletzt 2.625,– DM brutto monatlich beschäftigt. Der Direktor des Instituts, Prof. B…, kündigte das Arbeitsverhältnis am 28. September 1990 wegen “Strukturveränderungen” zum 31. Dezember 1990.
Am 11. Juli 1990 hatten die Beklagte, die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen/DDR und die Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) beim Parteivorstand einen Sozialplan für alle Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten wegen grundlegender Änderung der Betriebsorganisation fristgemäß gekündigt werden, geschlossen. Nach diesem Sozialplan würde dem Kläger ein Abfindungsanspruch in Höhe von 31.500,– DM zustehen.
Nachdem der Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung der Vermögenswerte aller Parteien und Massenorganisationen der DDR (im folgenden: Unabhängige Kommission) mit Schreiben vom 20. Juni 1990 eine pauschale Genehmigung zur Auszahlung von Abfindungsbeträgen wegen der Beendigung von Arbeitsverhältnissen bis zur Höhe von 10.000,– DM erteilt hatte, wurde dem Kläger eine entsprechende Abfindung ausgezahlt. Die Unabhängige Kommission hat ihre Genehmigung mit Schreiben vom 12. Februar 1991 zurückgezogen.
Eine weitere Zahlung an den Kläger ist nicht erfolgt.
Am 13. März 1991 erhielt der Kläger vom Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung folgendes Schreiben:
“Bescheinigung
Herr F… S…
hat aufgrund der Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der PDS gemäß Sozialplan Anspruch auf einmalige Abfindung wegen Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von
10.000,– DM (Restsumme).
Die Auszahlung der Abfindungssumme wird durch die Treuhandanstalt nicht genehmigt, da die Unabhängige Kommission zur Überprüfung der Vermögenswerte aller Parteien und Massenorganisationen der DDR ihre Zustimmung zum Sozialplan zurückgezogen hat.
Der Rechtsanspruch auf Abfindungszahlung bleibt bestehen.
…”
Die Bescheinigung war von Dr. H… vom Parteivorstand der PDS – Bereich Parteifinanzen – und von Prof. B… als Direktor des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung unterzeichnet.
Am 29. November 1991 schlossen das Präsidium des Parteivorstands der PDS und die bei diesem und den Untergliederungen gebildeten Betriebsräte eine “Vereinbarung zum Sozialplan der PDS” ab, wonach u.a. der Sozialplan vom 11. Juli 1990 aufgehoben wurde, neue Abfindungsregelungen getroffen wurden und nach der diejenigen Arbeitnehmer, die Ansprüche aus dem Sozialplan vom 11. Juli 1990 geltend machen, keine Abfindung aus diesem Sozialplan erhalten sollten.
In einer Vereinbarung vom 26. November 1991 hatten der Parteivorstand der Beklagten, der Hauptvorstand der Gewerkschaft HBV und die Betriebsräte aller Einrichtungen und Gliederungen der Beklagten eine Regelung zum Sozialplan vom 11. Juli 1990 getroffen, in der es u.a. heißt:
“…
1. Nach dem Einigungsvertrag verwaltet die Treuhandanstalt im Einvernehmen mit der Unabhängigen Kommission das Vermögen der PDS treuhänderisch.
Ansprüche aus der Vereinbarung vom 11.07.1990 können wegen der ausstehenden Klärung über den materiell-rechtsstaatlichen Erwerb des Parteivermögens seitdem von der PDS vorläufig nicht erfüllt werden.
2. Die Betriebsparteien PDS und Betriebsrat einerseits und die Treuhandanstalt und Unabhängige Kommission andererseits haben deshalb Einvernehmen über geänderte Sozialpläne erzielt.
3. Voraussetzung für Ansprüche aus den geänderten Sozialplänen ist der individuelle Verzicht auf weitergehende Ansprüche aus der Vereinbarung vom 11.07.1990.
…”
In einem Vergleich vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin vom 18. Juli 1995 – OVG 3 V 22/93 – trafen die Beklagte und die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) eine Regelung über das Altvermögen der Beklagten. In § 5 dieser Vereinbarung heißt es u.a.:
“…
(2) Die PDS ist am 1. Januar 1994 eine bis zum 31. Dezember 1994 befristete freiwillige Verpflichtung zu Zusatzleistungen zu den Sozialplänen I und II der PDS vom 26./29. November 1991 eingegangen. Entsprechende Leistungen werden daher nicht mehr geschuldet. Darüber hinaus wird die gem. dem Urteil des BAG vom 10. Dezember 1992 (Az. 8 AZR 20/92) für eine Freigabe entsprechender Sozialplanmittel aus dem Altvermögen erforderliche Zustimmung seitens der BVS nicht mehr erteilt.
(3) Für den Fall, daß trotz der in den Absätzen 1 und 2 genannten Umstände ehemalige Mitarbeiter der SED/PDS Ansprüche gegen die PDS unmittelbar aus dieser Verpflichtung geltend machen, wird die BVS die PDS wegen dieser Sozialplanansprüche bis zu einem Betrag von insgesamt 1 Mio DM freistellen.
…”
Mit seiner Klage vom 13. Oktober 1995 machte der Kläger aus dem Sozialplan vom 11. Juli 1990 einen Anspruch auf die restliche Abfindung in Höhe von 21.500,– DM geltend. Hilfsweise verlangte er aufgrund des Schreibens des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung vom 13. März 1991 eine weitere Abfindung in Höhe von 10.000,– DM. Der Kläger hat der BvS den Streit verkündet; diese ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten.
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe der geltend gemachte weitere Abfindungsbetrag aus der Sozialplanvereinbarung vom 11. Juli 1990 zu, da dieser Sozialplan wirksam sei. Hierfür komme es nicht darauf an, ob die am Abschluß beteiligte BGL durch demokratische Wahl legitimiert war, da die Gewerkschaft HBV am Abschluß beteiligt gewesen sei und der Sozialplan daher den Charakter eines Firmentarifvertrags habe. Außerdem habe die Beklagte mit Schreiben vom 13. März 1991 ein Schuldanerkenntnis abgegeben, aus dem ihm jedenfalls der hilfsweise geltend gemachte Anspruch zustehe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 21.500,– DM nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit,
hilfsweise 10.000,– DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Sozialplan vom 11. Juli 1990 sei mangels demokratischer Legitimation der BGL und mangels Zustimmung der Unabhängigen Kommission bzw. der Treuhandanstalt rechtsunwirksam; jedenfalls sei er durch den Sozialplan vom 29. November 1991 aufgehoben worden. Auch als Firmentarifvertrag sei die Vereinbarung vom 11. Juli 1990 unwirksam. Die Bescheinigung vom 13. März 1991 könne den hilfsweise geltend gemachten Anspruch nicht begründen, da der Direktor des Instituts, Prof. B…, nicht bevollmächtigt gewesen sei, schuldrechtliche Verpflichtungserklärungen zu Lasten der Beklagten abzugeben.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger vorbehaltlich der Zustimmung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben/Unabhängige Kommission gemäß § 20 b Abs. 1 ParteienG-DDR oder des Wegfalls dieses Zustimmungserfordernisses 21.500,– DM zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von weiteren 10.000,– DM verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.
Gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts haben beide Parteien Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Der Senat hat mit Beschluß vom 23. Juli 1997 (– 10 AZN 240/97 –) die Revision für den Kläger zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Abfindung in Höhe von 11.500,– DM aus dem Sozialplan vom 11. Juli 1990 weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet.
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist insoweit aufzuheben als die Klage abgewiesen worden ist. Eine Entscheidung in der Sache selbst (§ 565 Abs. 3 ZPO) ist dem Senat jedoch nicht möglich. Der Rechtsstreit ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne die Zahlung eines weiteren Abfindungsbetrages über die ausgezahlten 10.000,– DM hinaus nur in Höhe von weiteren 10.000,– DM verlangen. Dieser Anspruch ergebe sich aus der Bescheinigung vom 13. März 1991 als kausalem Schuldanerkenntnis. Der Beklagten fehle insoweit auch nicht die Passivlegitimation, da die Erfüllung einer nach dem Stichtag 7. Oktober 1989 eingegangenen Verpflichtung der Beklagten in Streit stehe, die dem nach dem 8. Oktober 1989 erworbenen Neuvermögen zuzuordnen sei. Die Vereinbarung zum Sozialplan der PDS vom 11. Juli 1990 scheide hingegen als Anspruchsgrundlage für weitere Abfindungsansprüche des Klägers aus. Das folge zwar nicht aus einer mangelnden Zustimmung der Unabhängigen Komission bzw. der Treuhandanstalt oder aus einer Aufhebung dieses Sozialplans durch den Sozialplan vom 29. November 1991. Die Sozialplanvereinbarung vom 11. Juli 1990 sei aber aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen unwirksam, da die am Abschluß beteiligte BGL nicht nach demokratischen Grundsätzen in geheimer Abstimmung von der Mehrheit der Belegschaft gewählt worden sei. Der Kläger gehe offenbar selbst nicht davon aus, daß die BGL demokratisch gewählt sei, da er den Ausführungen der Beklagten zur mangelnden demokratischen Legitimation der BGL nicht entgegengetreten sei. Die rechtsunwirksame Sozialplanvereinbarung vom 11. Juli 1990 könne auch nicht in einen Firmentarifvertrag oder eine Gesamtzusage umgedeutet werden; insbesondere lägen die für einen Tarifvertrag maßgeblichen Elemente, nämlich der obligatorische und der normative Teil nicht vor.
II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann ein weiterer Abfindungsanspruch des Klägers nicht verneint werden. Ob die Beklagte entsprechend dem Antrag des Klägers zu verurteilen ist, an diesen eine weitere Abfindung in Höhe von 11.500,– DM zu zahlen, kann der Senat jedoch aufgrund der bisher vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen.
1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Beklagte den Rechtsstreit im eigenen Namen führen kann. Wie bereits der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 10. Dezember 1992 (– 8 AZR 20/92 – BAGE 72, 95 = AP Nr. 1 zu § 20b ParteienG-DDR) entschieden hat, ist die Treuhandanstalt (jetzt: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben – BvS) nach § 20b ParteienG-DDR nicht zum gesetzlichen Vertreter der Beklagten geworden. Die betroffenen Parteien der früheren DDR haben ihre Geschäfts- bzw. Parteifähigkeit nicht verloren.
2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß ein Anspruch des Klägers auf die weitere Abfindung nicht auf die Sozialplanvereinbarung vom 11. Juli 1990 als Firmentarifvertrag gestützt werden kann. Die Sozialplanvereinbarung vom 11. Juli 1990 ist kein Tarifvertrag im Sinne von § 1 TVG.
a) Der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in dem Urteil vom 16. Mai 1995 (– 3 AZR 535/94 – BAGE 80, 139 = AP Nr. 15 zu § 4 TVG Ordnungsprinzip) entschieden, daß eine als “Sozialplan” bezeichnete Vereinbarung, die von der Arbeitgeberin und der HBV abgeschlossen war und Abfindungsregelungen enthielt, einen Firmentarifvertrag darstellt. Dabei hat er darauf abgestellt, daß dieser “Sozialplan” Regelungen enthielt, die nach § 1 Abs. 1 TVG Inhalt eines Tarifvertrags sein könnten und die Bezeichnung der Vereinbarung als “Sozialplan” der rechtlichen Würdigung als Tarifvertrag nicht entgegenstehe. Die Begriffe “Interessenausgleich” und “Sozialplan” seien Begriffe aus dem Betriebsverfassungsgesetz, die Vereinbarungen des Arbeitgebers mit dem Betriebsrat im Sinne von § 112 BetrVG bezeichneten; da der “Sozialplan” aber von der HBV und nicht auch von einem Betriebsrat abgeschlossen worden sei, könne er weder ein “Interessenausgleich” noch ein “Sozialplan” im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sein.
b) In der Entscheidung vom 17. Januar 1996 (– 10 AZR 1061/94 – n.v.) hat der Senat ausgeführt daß ein Rationalisierungsabkommen, das sowohl einen Interessenausgleich als auch einen Sozialplan beinhaltet, keinen Firmentarifvertrag darstellt, und dies daraus abgeleitet, daß das Rationalisierungsabkommen sowohl in der Überschrift als auch im Text ausdrücklich als Interessenausgleich und Sozialplan bezeichnet wird und es ausschließlich für einen Interessenausgleich und einen Sozialplan typische Regelungen enthält. Ebenso hat der Senat in der Entscheidung vom 13. März 1996 (– 10 AZR 835/94 – n.v.) die gemeinsame Erklärung von Treuhandanstalt, DGB und DAG vom 13. April 1991 nicht als Tarifvertrag angesehen.
c) Vorliegend spricht bereits der Wortlaut der Vereinbarung zum Sozialplan der PDS vom 11. Juli 1990 gegen die Annahme eines Firmentarifvertrags. In der Präambel ist aufgeführt “… folgender Sozialplan gemäß § 112 Abs. 1 BetrVG …” werde vereinbart; in Ziff. 1.1. heißt es, “Der Sozialplan beruht auf dem Arbeitsgesetzbuch (AGB), dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) und dem BetrVG”; mehrfach, so in Ziff. 1.3, ist die Rede von “Sozialplan”, auch in Ziff. 5 “Schlußbestimmungen” heißt es “Der Sozialplan tritt mit Wirkung vom 1. Juli 1990 in Kraft”. Aus dieser Wortwahl ist zu schließen, daß die am Abschluß der Sozialplanvereinbarung vom 11. Juli 1990 Beteiligten tatsächlich eine Sozialplan und keinen Tarifvertrag abschließen wollten. Im übrigen fehlt es – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat – an den für einen Tarifvertrag typischen Elementen des obligatorischen und des normativen Teils. Für die Annahme, daß auch die Beteiligten die Vereinbarung zum Sozialplan der PDS vom 11. Juli 1990 nicht als Tarifvertrag angesehen haben, spricht weiter die Vereinbarung in Ziff. 1.2 des Sozialplans der PDS vom 29. November 1991, in der geregelt ist, daß der Parteivorstand und der Betriebsrat die genannten Vereinbarungen – u.a. die Sozialplanvereinbarung vom 11. Juli 1990 – aufheben; hätten die Beteiligten diese Vereinbarung als Tarifvertrag angesehen, so hätte bei der Aufhebungsvereinbarung auch die beim Abschluß beteiligte Gewerkschaft einbezogen werden müssen.
Soweit der Senat im Urteil vom 12. März 1997 (– 10 AZR 582/96 – n.v.) ausgeführt hat, der Sozialplan vom 11. Juli 1990 “… ist im übrigen auch mit der HBV vereinbart worden und somit als Firmentarifvertrag wirksam” wird an dieser pauschalen Beurteilung nicht festgehalten.
3. Ein Anspruch des Klägers auf eine weitere Abfindungszahlung aus der Sozialplanvereinbarung vom 11. Juli 1990 kann aber nicht mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung abgelehnt werden.
a) Dabei ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß für diejenigen Arbeitnehmer, die – wie der Kläger – Ansprüche aus den Sozialplanvereinbarungen vom 11. Juli bzw. 27. November 1990 verfolgen (Ziff. 3.3. des Sozialplans vom 29. November 1991), der Sozialplan vom 11. Juli 1990 nicht durch den Sozialplan vom 29. November 1991 aufgehoben worden ist. Dies wird gestützt durch Ziff. 3 der Vereinbarung vom 26. November 1991, wonach – wie nach Ziff. 3.3. des Sozialplans vom 29. November 1991 – Arbeitnehmer, die … Abfindungsansprüche z.B. aus der Vereinbarung vom 11. Juli 1990 aufrechterhalten, keine Leistungen aus dem späteren Sozialplan erhalten sollen.
b) Voraussetzung für einen solchen Anspruch des Klägers ist aber, daß die Vereinbarung vom 11. Juli 1990 als Sozialplan wirksam zustande gekommen ist. Das Landesarbeitsgericht hat dies mit der Feststellung in den Entscheidungsgründen seines Urteils “Davon geht der Kläger offenbar selbst nicht aus, indem er den Ausführungen der Beklagten zur mangelnden demokratischen Legitimation der BGL nicht entgegengetreten ist” verneint. Allein darauf kann die Unwirksamkeit des Sozialplans, wie der Kläger mit Recht rügt, aber nicht gestützt werden. Zur Beurteilung, ob die zuständige BGL bzw. eine nach demokratischen Grundsätzen gewählte BGL die Sozialplanvereinbarung vom 11. Juli 1990 abgeschlossen hat, wird das Landesarbeitsgericht daher – ggf. nach weiterem Sachvortrag der Parteien – weitere Feststellungen zu treffen haben.
c) Der Anspruch kann auch nicht wegen Verjährung verneint werden, da eine entsprechende Einrede der Beklagten in den Tatsacheninstanzen (vgl. BGHZ 1, 234, 239) nicht erhoben worden ist.
4. Falls die Sozialplanvereinbarung vom 11. Juli 1990 wirksam zustande gekommen ist, hat das Landesarbeitsgericht weiter aufgrund entsprechender Feststellungen insbesondere zum Inhalt des Vergleiches vor dem OVG Berlin vom 18. Juli 1995 (OVG 3 V 22/93) zu klären, ob ein solcher Anspruch dem Altvermögen der PDS zuzuordnen ist oder dem Neuvermögen, mit der Folge, daß eine unbedingte (Neuvermögen) oder lediglich eine bedingte (Altvermögen) Verurteilung der Beklagten in Betracht kommt.
Dabei ist davon auszugehen, daß nach Auffassung des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 10. Dezember 1992 – 8 AZR 20/92 – aaO) nach dem 7. Oktober 1989 begründete Verpflichtungen ohne weiteres dem Neuvermögen zuzuordnen sind. Das Bundesverfassungsgericht ist in der Entscheidung vom 10. Juli 1991 (– 2 BvE 3/91 – BVerfGE 84, 290, 302) davon ausgegangen, daß vor dem 1. Juni 1990 eingegangene Verpflichtungen dem Altvermögen, spätere Verpflichtungen aber dem Neuvermögen der Beklagten zuzuordnen sind. Dagegen folgert die Beklagte aus dem Vergleich vom 18. Juli 1995 vor dem OVG Berlin (OVG 3 V 22/93), daß Stichtag für die Zuordnung zum Altvermögen der 31. August 1991 ist; in diesem Falle käme eine Verurteilung der Beklagten – soweit ein Anspruch des Klägers zu bejahen ist – lediglich unter dem Vorbehalt in Betracht, daß die Unabhängige Komission bzw. BvS ihre Zustimmung zur Auszahlung des Klagebetrages erteilt, oder das Zustimmungserfordernis wegfällt. Dabei ist nach dem im Rechtsstreit bisher vorliegenden Text des Vergleichs vom 18. Juli 1995 (OVG 3 V 22/93) davon auszugehen, daß hinsichtlich des Altvermögens der Beklagten eine abschließende Entscheidung der Unabhängigen Komission/Treuhand/BvS über die Zustimmung zu Abfindungszahlungen bisher nicht vorliegt. Dies folgt daraus, daß der Parteivortrag zum Inhalt und zur Bezifferung der verschiedenen Sozialpläne nicht eindeutig ist. Deshalb kann der Umfang der in § 5 Abs. 3 des Vergleichs vorgesehenen Freistellung der Beklagten von weiteren Sozialplanansprüchen, anders als noch im Senatsurteil vom 12. März 1997 (– 10 AZR 582/96 – n.v.), nicht abschließend beurteilt werden.
III. Das Landesarbeitsgericht hat auch über die Kosten der Revision zu entscheiden.
Unterschriften
Dr. Freitag, Hauck, Böck, Schaeff, N. Schuster
Fundstellen