Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlung einer Abfindung aus einem zwischen einer Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) und dem Parteivorstand der PDS geschlossenen, von der Gewerkschaft HBV mitunterzeichneten Sozialplan vom 11. Juli 1990
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Sozialplan, der zwischen dem Parteivorstand der PDS und der Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) abgeschlossen ist, ist unwirksam, wenn die BGL nicht nach demokratischen Grundsätzen gewählt worden ist.
2. Eine Wahl entspricht demokratischen Grundsätzen, wenn sie geheim, unmittelbar, frei und gleich gewesen ist. Das war bei der Wahl der Mitglieder der BGL nicht der Fall.
3. Eine Vereinbarung über den Sozialplan der PDS wird nicht schon deshalb zu einer tarifvertraglichen Regelung, weil eine Gewerkschaft an dem Sozialplan beteiligt war und sie diese Vereinbarung mitunterzeichnet hat.
4. Für den Abschluß eines Rechtsnormen enthaltenen Tarifvertrages ist ein Wille der Tarifvertragsparteien erforderlich, der deutlich zum Ausdruck gebracht werden muß.
5. Eine mit „Vereinbarung zum Sozialplan der PDS” überschriebene Regelung enthält die Erklärung, einen Sozialplan gem. § 112 Abs. 1 BetrVG, somit eine Betriebsvereinbarung besonderer Art, abschließen zu wollen, was eindeutig gegen den Abschluß eines Tarifvertrags spricht.
Normenkette
BetrVG § 112; PartG-DDR § 20b Abs. 1; TVG § 1; BGB §§ 781, 208, 196 Abs. 1 Nr. 8, §§ 198, 200, 209 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 20.11.1997; Aktenzeichen 29 Ca 28989/95) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. November 1996 – 29 Ca 28989/95 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer weiteren Abfindung aus einem Sozialplan vom 11. Juli 1990.
Der Kläger war seit 1953 bei dem Institut … … der ehemaligen DDR tätig. Das Institut war eine Gliederung des Zentralkomitees der früheren SED. Die SED ist identisch mit der Beklagten. Im Gefolge der Ereignisse nach dem 9. November 1989 benannte sich die SED in SED-PDS und später in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) um. Diese wird nach ihrem Statut von dem Vorsitzenden der Partei im Rechtsverkehr vertreten.
Am 11. Juli 1990 kam es zu einer Vereinbarung, die als „Vereinbarung zum Sozialplan der PDS zwischen dem Parteivorstand der PDS, dem Hauptvorstand der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen/DDR und der BGL des Parteivorstandes der PDS” überschrieben und von den drei genannten Parteien unterzeichnet war. BGL steht für Betriebsgewerkschaftsleitung.
Der Sozialplan ist von der BGL des Parteivorstandes der PDS unterzeichnet worden. Diese war nicht berechtigt, die Arbeitnehmer des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung, bei dem der Kläger beschäftigt war, zu vertreten. Das Institut besaß bis zu seiner Auflösung im Jahre 1992 eine eigene Betriebsgewerkschaftsleitung, der ausschließlich Mitarbeiter des Instituts angehörten.
Die letztmalig 1987 gebildete BGL im Partei vorstand der PDS bestand aus den SED-Kadern, die bereits im Apparat des Zentralkomitees der SED tätig waren. Nur die Mitglieder der Gewerkschaften duften an den „Wahlen” teilnehmen. Die Kandidaten für die BGL wurden von den Abteilungsparteiorganisationen in Abstimmung mit den Abteilungsgewerkschaftsleitungen ausgesucht und von diesen bestätigt. Als Kandidaten kamen nur Personen in Betracht, die 100 %ig die SED-Politik vertraten sowie die Richtlinien der Partei- und jeweiligen Bereichsleitung durchzusetzen versprachen. Sie hatten sich im Klassenauftrag für das Amt bereitzuhalten. Die Gesamtliste der BGL-Kandidaten wurde nach der Aufstellung und vor der Wahl zunächst der zentralen Parteileitung des Zentralkomitees (ZK) der SED zur Bestätigung vorgelegt. Sofern sie nicht bestätigt wurden, wurden sie von der Liste gestrichen. Andere Mitarbeiter durften nicht kandidieren. Die Wahlhandlung bestand in der Abgabe eines Stimmzettels mit einer vollständigen Liste der zuvor ausgewählten und bestätigten Kandidaten. Hierbei wurden keine Wahlkabinen benutzt. Die Wahl fand unter den Augen der jeweiligen Vorgesetzten der Mitarbeiter statt. Die Mitarbeiter waren angewiesen, die zuvor von ihren Parteileitungen bestätigten Kandidaten zu wählen.
Im Eingangssatz der Vereinbarung vom 11. Juli 1990 heißt es, daß „aufgrund des notwendigen weiteren Abbaus des Personalbestandes der Partei folgender Sozialplan gemäß § 112 Abs. 1 BetrVG vereinbart” werde. Die Vereinbarung sollte mit Wirkung vom 1. Juli 1990 in Kraft treten.
Nach dem in Nr. 4 der Vereinbarung niedergelegten Berechnungsmodus betrug die Höhe der Abfindung für den Kläger 39.000,– DM. Im Zuge des in der Vereinbarung genannten Personalabbaus kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 28. November 1990 zum 31. Dezember 1990 (Bl. 39 d.A.).
Die gemäß § 20 a ParteienG/DDR gebildete Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Parteivermögens der Parteien der DDR ließ der Beklagten am 14. Dezember 1990 über die Treuhandanstalt ihr ...