Entscheidungsstichwort (Thema)
Verspätete Urteilsabsetzung
Orientierungssatz
Der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes hat erkannt, daß ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefaßtes Urteil iSv § 551 Nr 7 ZPO als nicht mit Gründen versehen anzusehen ist, wenn der Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesarbeitsgericht angeschlossen.
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des
Landesarbeitsgericht Hamm vom 15. Januar 1998 - 4 (18) Sa
682/94 - aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das
Landesarbeitsgericht Hamm zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten sich über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger hat beantragt festzustellen, daß die Beklagte
verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 Lohn
nach der Lohngruppe 8 a des Lohngruppenverzeichnisses zu § 4 Abs.
2 BZT-G/NRW vom 7. Dezember 1990 zu zahlen und die nachzuzahlenden
Nettobeträge jeweils mit 4 vH ab Fälligkeit zu verzinsen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage im wesentlichen stattgegeben. Das am 15. Januar 1998 verkündete Berufungsurteil ist den Parteien zunächst unvollständig am 8. März 1999 und vollständig am 23. bzw. 24. März 1999 zugestellt worden.
Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Sie rügt unter anderem, daß das angefochtene Urteil mit Tatbestand und Entscheidungsgründen nicht innerhalb von fünf Monaten nach seiner Verkündung von allen Richtern unterschrieben zur Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts gelangt ist. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, weil der absolute Revisionsgrund gem. § 551 Nr. 7 ZPO vorliegt. Das angefochtene Urteil ist als Urteil ohne Entscheidungsgründe anzusehen.
1. Der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes hat mit Beschluß vom 27. April 1993 (- GmS-OGB 1/92 - AP ZPO § 551 Nr. 21 = EzA ZPO § 551 Nr. 1) erkannt, daß ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefaßtes Urteil iSv. § 551 Nr. 7 ZPO als nicht mit Gründen versehen anzusehen ist, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesarbeitsgericht angeschlossen (vgl. nur BAG 4. August 1993 - 4 AZR 501/92 - BAGE 74, 44).
2. Das am 15. Januar 1998 verkündete Urteil ist nicht binnen fünf Monaten in der entsprechenden Form zur Geschäftsstelle gelangt. Diese Frist war bereits abgelaufen, als der Kläger mit Schreiben vom 9. September 1998 anfragte, wann mit der Absetzung des Urteils zu rechnen sei. Eine Antwort hat er darauf nicht erhalten. Vielmehr ist erst im März 1999, dh. etwa 15 Monate nach der Verkündung, das Urteil den Parteien zugestellt worden. Schliemann
FriedricWolter Jürgens
Dräger
Fundstellen