Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung nach Einigungsvertrag. mangelnde Eignung
Normenkette
Einigungsvertrag Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 10.12.1993; Aktenzeichen 3 Sa 123/93) |
ArbG Dresden (Urteil vom 10.03.1993; Aktenzeichen 3 Ca 7123/92) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 10. Dezember 1993 – 3 Sa 123/93 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die 1954 geborene Klägerin war nach ihrem Studium zunächst für kurze Zeit wissenschaftliche Assistentin an der TU. Vom November 1976 bis April 1980 wurde sie als Aspirantin an das Moskauer Energetische Institut delegiert. Danach nahm sie ihre Tätigkeit an der TU, zunächst als wissenschaftliche Assistentin wieder auf. Seit 1. Mai 1984 wurde sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Universitätsbibliothek tätig. Ihr wurde die Leitung der neu zu gründenden Fachbibliothek Elektrotechnik/Elektronik übertragen. Von September 1985 bis 30. November 1987 war sie hauptamtliche Kreissekretärin der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische-Freundschaft (DSF) an der TU, Anschließend wurde sie wieder kurzfristig als wissenschaftliche Assistentin beschäftigt und übernahm dann ab 1. Mai 1988 erneut die Tätigkeit als Fachreferentin für Elektrotechnik in der Universitätsbibliothek der TU, zuletzt in der Fachbibliothek Elektrotechnik/Elektronik. Als Fachreferentin war die Klägerin vornehmlich beim Bestandsaufbau und bei der Sacherschließung eingesetzt. Zu ihren Aufgaben gehörten der Aufbau, die Pflege und die Profilierung des wissenschaftlichen Buchbestandes der Fachbibliothek und die Zusammenarbeit mit den Bibliotheksbeauftragten der Institute der Fakultät Elektrotechnik bei der Ausschöpfung der Bucherwerbungsmittel. Darüber hinaus oblag ihr die sachliche Erschließung der Neuzugänge im Fachkatalog der Fachbibliothek und der Hauptbibliothek sowie die ständige Aktualisierung der Sacherschließung entsprechend dem Wissenschaftsstand.
Von 1973 bis 1976 war die Klägerin während ihres Studiums Mitglied der Parteileitung der SED an ihrer Universitätssektion. Von 1980 bis 1982 war sie Mitglied der Abteilungsparteileitung der SED, von 1982 bis 1984 ehrenamtliche APO-Sekretärin. Von 1984 bis 1985 war sie Vorsitzende der Betriebsgewerkschaftsleitung im Bibliotheksbereich. Von September bis November 1982 hat sie die Bezirksparteischule der SED besucht.
Die Personalkommission prüfte die „persönliche Integrität” der Klägerin und sprach sich einstimmig gegen deren Eignung für eine Weiterbeschäftigung aus. Daraufhin kündigte der Beklagte nach Beteiligung des Hauptpersonalrats, der gegen die beabsichtigte Kündigung keine Einwendungen erhob, das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 11. August 1992 zum 31. Oktober 1992 mit der Begründung, die Klägerin habe durch die Ausübung verschiedener Ämter das politische System der DDR entscheidend mitgetragen und unterstützt und sei deshalb für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst nicht mehr geeignet im Sinne von EV Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1 (künftig: Abs. 4 Ziff. 1 EV).
Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam. Sie macht geltend, wenn der Beklagte ihre Eignung bezweifle, übersehe er, daß sie nur in der Universitätsbibliothek beschäftigt sei und weder einen Lehr- noch einen Forschungsauftrag habe. Sie sei dem SED-Staat nicht kritiklos hörig gewesen. Soweit ihr vorgeworfen werde, sie habe an der Exmatrikulation eines Studenten aus politischen Gründen mitgewirkt, sei dies nicht zutreffend. An dem fraglichen Gespräch habe sie nicht als APO-Sekretärin, sondern nur als Gruppenberaterin dieses Studenten teilgenommen. Der Student habe Auflagen hinsichtlich seiner Leistungen nicht erfüllt. Deshalb sei schon ein Gespräch mit ihm durchgeführt worden. Zu dem zweiten Gespräch sei der Student dann wohl mit dem Aufnäher „Schwerter zu Pflugscharen” erschienen. Der Vorsitzende der Gesprächsrunde habe ihn gefragt, warum er den Aufnäher trage, die Antwort des Studenten wisse sie nicht mehr. Dessen Exmatrikulation habe allein auf Leistungsgesichtspunkten beruht. Er habe im übrigen – insoweit unstreitig – nach einem Jahr sein Studium fortgesetzt und erfolgreich abgeschlossen.
Zu der Kündigung sei auch der Hauptpersonalrat nicht ordnungsgemäß angehört und durch den zuständigen Dienststellenleiter über den Kündigungssachverhalt informiert worden.
Die Klägerin hat beantragt
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 11. August 1992, zugestellt am 14. August 1992, aufgelöst worden ist und
- für den Obsiegensfall den Beklagten zu verurteilen, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als wissenschaftliche Mitarbeiterin/Fachreferentin in der Universitätsbibliothek der TU, bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsrechtsstreits weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat zur Stützung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, die individuelle Lebensgeschichte und das politische Vorleben der Klägerin ließen den Schluß zu, daß diese persönlich nicht geeignet für eine weitere Tätigkeit im öffentlichen Dienst sei. Als Kreissekretärin der DSF habe die Klägerin eine herausgehobene Stellung gehabt. Die DSF habe in besonderem Maße die Ziele der SED unterstützt und sei Bestandteil des bestehenden Apparates zur Druckausübung auf die Bürger gewesen. Außerdem habe die Klägerin Exmatrikulationen von Studenten zugestimmt, die auch ideologisch aufgefallen seien. Der Hauptpersonalrat sei mit Schreiben des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 4. August 1992 ordnungsgemäß angehört worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die auf Abs. 4 Ziff. 1 EV gestützte Kündigung des Beklagten ist rechtsunwirksam.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin sei nicht ungeeignet für die zuletzt ausgeübte Bibliothekstätigkeit. Die von der Klägerin ausgeübten verschiedenen Funktionen im Parteiapparat bzw. in anderen gesellschaftlichen Organisationen ließen nicht erkennen, daß die Klägerin maßgeblich dazu beigetragen habe, die parteiliche Wissenschafts- und Kaderpolitik der SED an der Hochschule durchzusetzen. Mit der Funktion eines Mitglieds der Abteilungsparteileitung bzw. derjenigen einer APO-Sekretärin habe sich die Klägerin nicht wesentlich aus der Masse der Parteimitglieder herausgehoben. Die DSF sei zwar ein von der SED maßgeblich beeinflußter Verband gewesen. Der Beklagte habe jedoch nicht ausreichend vorgetragen, welche Aufgaben der DSF über die reine Tätigkeit im Rahmen der Völkerverständigung hinaus zugekommen seien. Das Engagement der Klägerin in der DSF sei auch nach ihrem mehrjährigen Aufenthalt in der Sowjetunion verständlich. Wäre die Klägerin an der Exmatrikulation eines Studenten beteiligt gewesen, so hätte ein solcher Vorgang allerdings erhebliche Zweifel an ihrer Eignung nach sich gezogen; die Behauptungen des Beklagten seien jedoch insoweit auf den Vortrag der Klägerin hin nicht genügend konkretisiert worden. Der Student, dessen Namen der Beklagte nicht angegeben habe, sei nach dem Vorbringen der Klägerin wegen mangelhafter Leistungen exmatrikuliert worden, ob der von ihm getragene Aufnäher auf die Exmatrikulationsentscheidung Einfluß gehabt habe, sei fraglich geblieben. Dagegen spreche, daß der Student sein Studium habe fortsetzen und schließlich erfolgreich abschließen können. Auch die Beurteilungen der Klägerin durch die SED-Kreisleitung und SED-Grundorganisation fielen nicht überschwenglich aus. Wenn der Klägerin bescheinigt werde, sie sei in ihrem öffentlichen Auftreten mitunter recht zurückhaltend, so spreche daraus die Kritik, die Klägerin habe nicht genügend im Sinne der SED auf andere eingewirkt.
II. Diese Ausführungen halten im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.
1. Da die Klägerin als Fachreferentin an der Universitätsbibliothek dem öffentlichen Dienst in den Beitrittsländern angehörte (Art. 20 Abs. 1 EV), ist die Kündigung zulässig, wenn die Klägerin wegen mangelnder persönlicher Eignung nach Abs. 4 Ziff. 1 EV den Anforderungen nicht entspricht. Hinsichtlich einer Kündigung wegen mangelnder persönlicher Eignung i.S. des Abs. 4 Ziff. 1 EV sind in der einschlägigen Rechtsprechung des Achten und Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts (u.a. BAG Urteile vom 28. April 1994 – 8 AZR 57/93 – AP Nr. 22 zu Einigungsvertrag Anl. I Kap. XIX, vom 13. Oktober 1994 – 2 AZR 201/93 – AP Nr. 35 zu Einigungsvertrag Anl. I Kap. XIX und – 2 AZR 261/93 –, sämtlich auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) zum Nachweis einer solchen mangelnden Eignung aufgrund besonderer Identifikation mit den grundgesetz-feindlichen Zielen der SED bzw. von Entlastungstatsachen – kurz zusammengefaßt folgende Grundsätze entwickelt worden:
Die mangelnde persönliche Eignung im Sinne von Abs. 4 Ziff. 1 EV ist eine der Person des Arbeitnehmers anhaftende Eigenschaft, die dann indiziert ist, wenn sich ein in der früheren DDR tätig gewesener Arbeitnehmer in der Vergangenheit in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert hat. Positionen in Staat und Partei, die ein Arbeitnehmer seinerzeit innegehabt hat, können Anhaltspunkte für eine mangelnde Eignung sein. Allerdings erfordern Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 Abs. 1 GG) und im öffentlichen Dienst ergänzend Art. 33 Abs. 2 GG eine konkrete, einzelfallbezogene Würdigung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, die sein Verhalten nach dem Beitritt der neuen Bundesländer unter Prüfung der Fähigkeit und inneren Bereitschaft einbezieht, seine dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung glaubwürdig wahrzunehmen (BVerfG Beschluß vom 21. Februar 1995 – 1 BvR 1397/93 – NZA 1995, 619). Die Beweislast für den Nachweis der mangelnden persönlichen Eignung obliegt dem Arbeitgeber, wobei allerdings die Darlegungslast für be- und entlastendes Vorbringen abgestuft ist: Schon angesichts der Tatsache, daß zahlreiche Personalakten nach der sog. Wende „gesäubert” wurden, würden die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers überspannt, wenn von ihm ohne konkretes Gegenvorbringen die detaillierte Darlegung verlangt würde, der mit der Umsetzung der grundgesetz-feindlichen SED-Ideologie beauftragte Funktionsträger habe im konkreten Fall die Funktion auch tatsächlich entsprechend diesen Zielen ausgeübt. Wie er im Einzelfall die Funktion tatsächlich ausübte, weiß der belastete Arbeitnehmer in aller Regel weitaus besser. Er hat sich deshalb zu der allgemeinen Funktionsbeschreibung konkret zu äußern. Das Maß der gebotenen Substantiierung von Entlastungsvorbringen hängt ebenfalls davon ab, wie sich die andere Seite darauf einläßt (§ 138 Abs. 2 ZPO). Es bedarf des Vertrages konkreter Entlastungstatsachen unter Benennung geeigneter Beweismittel. Der Arbeitgeber kann dann seine Ermittlungen auf die vorprozessual oder im Prozeß konkretisierten Tatsachen konzentrieren, wobei die Beweislast auch insoweit bei ihm verbleibt.
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, daß die verschiedenen von der Klägerin ausgeübten Funktionen nicht den Schluß zulassen, die Klägerin sei für eine weitere Verwendung als Hochschulangestellte mit Bibliotheksaufgaben im öffentlichen Dienst persönlich nicht geeignet.
a) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht zunächst bei der Festlegung des Maßstabes für die Gesamtabwägung aller für und gegen die Eignung der Klägerin sprechenden Umstände darauf abgestellt, daß die Klägerin zwar im Hochschulbereich, aber nicht in Lehre und Forschung, sondern in der Universitätsbibliothek beschäftigt wird. Es geht vorliegend also nicht wie bei einem Lehrer oder Hochschullehrer um die Glaubwürdigkeit bei der Vermittlung der Grundwerte der Verfassung an Schüler bzw. Studenten, sondern die Klägerin befaßt sich vielmehr mit der Katalogisierung von Fachbüchern über Elektrotechnik und Elektronik, der Pflege des entsprechend Buchbestandes und damit zusammenhängenden Aufgaben. Damit gelten für die Klägerin nicht die gesteigerten Anforderungen, die hinsichtlich der persönlichen Eignung insbesondere an Lehrer und Hochschullehrer zu stellen sind. Die allgemeinen Anforderungen an die persönliche Eignung eines Angestellten im öffentlichen Dienst, insbesondere im Hochschuldienst hat das Landesarbeitsgericht zutreffend beschrieben, die Revision rügt insoweit auch keine Rechtsfehler.
b) Bei der Bewertung der von der Klägerin ausgeübten Funktionen ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin vor der Wende längere Zeit überhaupt keine Parteiämter bzw. parteinahe Funktionen ausgeübt hat. Selbst wenn man die Tätigkeit der Klägerin in der DSF als belastend ansieht, hat die Klägerin jedenfalls in der konkreten Bibliothekstätigkeit, für die ihre persönliche Eignung zu prüfen ist, bis auf eine kurzfristige und lange zurückliegende Tätigkeit in der Betriebsgewerkschaftsleitung keinerlei Partei- bzw. parteinahe Funktionen ausgeübt. Selbst wenn dies in erster Linie familiäre Gründe gehabt haben sollte, spricht dieser Umstand eher dafür, daß die Klägerin nicht gerade eine parteigestützte Karriere im Hochschulbetrieb anstrebte. Dazu paßt es, daß nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen werden, die Beurteilung der Klägerin durch die SED-Organe eher eine zurückhaltende Bewertung ihrer Parteiaktivitäten erkennen läßt.
3. Der gravierendste Vorwurf gegenüber der Klägerin ist – davon geht auch das Landesarbeitsgericht aus – die Behauptung, die Klägerin habe an einer politisch motivierten Exmatrikulation eines Studenten entscheidend mitgewirkt. Es ist aber revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn insoweit das Berufungsgericht die Sachdarstellung des Beklagten nicht für erwiesen hält. Nach ihrer Darstellung hat die Klägerin an dem fraglichen Gespräch nicht in ihrer Eigenschaft als APO-Sekretärin teilgenommen, hatte keine Einflußmöglichkeiten auf den Ausgang des Verfahrens und die Entscheidung beruhte auf den mangelnden Leistungen des Studenten, nicht auf politischen Motiven. Trifft dies zu, kann der Klägerin aus ihrer bloßen Anwesenheit bei dem Gespräch kein Vorwurf gemacht werden. Der Beklagte hat seine davon abweichende Sachdarstellung nicht hinreichend konkretisiert und erst recht dafür keinen Beweis angetreten, obwohl der Hergang des Verfahrens vor der Personalkommission dafür spricht, daß ihm dies möglich gewesen sein muß. Die Revision rügt insoweit auch keine Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts, sondern nimmt nur Bezug auf den unstreitigen, vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt. Dieser läßt aber nicht mit hinreichender Sicherheit den Schluß zu, daß es sich um eine politisch motivierte Exmatrikulation handelte, an der die Klägerin mitgewirkt hat. Allein die Tatsache, daß der Student nach einem Jahr das Studium wieder aufnehmen und erfolgreich abschließen konnte, läßt nicht schon, wie die Revision meint, den Schluß zu, daß die Exmatrikulation vor allem wegen des Aufnähers erfolgt ist. Genausogut kann Grund für die Exmatrikulation gewesen sein, daß der Student bis zu dem zweiten Gespräch die Auflagen zu seinen fachlichen Leistungen nicht erfüllt hat, daß ihm dies aber später trotz der Exmatrikulation gelungen ist.
4. Im Ergebnis zu Unrecht rügt die Revision auch, das Landesarbeitsgericht habe die von der Klägerin ausgeübten Funktionen falsch bewertet.
a) Die Tätigkeit der Klägerin als APO-Sekretärin war verhältnismäßig kurz und liegt schon lange zurück. Wenn die Klägerin schon am 1. Mai 1984 ihre Tätigkeit in der Universitätsbibliothek aufgenommen und ab September 1982 drei Monate lang die Bezirksparteischule besucht hat, so steht nicht einmal fest, daß sie in der Zeit von 1982 bis 1984 eine volle Amtszeit lang ehrenamtliche APO-Sekretärin war. Eine Wiederwahl, auf die der Senat für eine Indizwirkung stets abgestellt hat, ist nicht vorgetragen. Auch wenn man die Mitgliedschaft der Klägerin in der Abteilungsparteileitung und den Besuch der Bezirksparteischule hinzunimmt, ist es nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Landesarbeitsgericht daraus noch keine besondere Identifikation mit den Zielen der SED hergeleitet hat.
b) Auf die kurzfristige Tätigkeit der Klägerin als BGL-Vorsitzende an der Universitätsbibliothek hat der Beklagte weder in der Kündigung abgestellt noch ist diese Tätigkeit bedeutsam genug, entscheidend gegen die persönliche Eignung der Klägerin zu sprechen. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
c) Die Tätigkeit der Klägerin in der DSF fällt bei der Gesamtabwägung stärker ins Gewicht, weil es sich um eine hauptamtliche Tätigkeit gehandelt hat. Es ist jedoch nicht als rechtsfehlerhaft anzusehen, wenn das Landesarbeitsgericht die entsprechende Tätigkeit der Klägerin nicht als geeignet angesehen hat, ihre persönliche Nichteignung zu begründen. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß die DSF ein von der SED maßgeblich beeinflußter Verband war, und die Klägerin hat bei ihrer Anhörung selbst darauf hingewiesen, jedes DSF-Papier habe von der SED-Kreisleitung genehmigt werden müssen. Andererseits zeigt schon der Mitgliederbestand der DSF von zuletzt 6,3 Millionen Mitgliedern, daß die Mitgliedschaft in der DSF einen Mindestnachweis von „gesellschaftlicher Aktivität” darstellte, der zudem zu einem geringen Monatsbeitrag zu haben war (Herbst/Ranke/Winkler, So funktionierte die DDR, Bd. 1, S. 336 ff., Stichwort: Gesellschaft für Deutsch-sowjetische Freundschaft). Daher kann der Tätigkeit in einer solchen Massenorganisation nicht ein ähnliches Gewicht beigemessen werden wie einer Parteitätigkeit für die SED. Berücksichtigt man außerdem, daß die Klägerin nach ihrem mehrjährigen Aufenthalt in Moskau für eine Tätigkeit in der DSF aus der Sicht der SED geradezu prädestiniert sein mußte und die entsprechende Funktion auch nur verhältnismäßig kurzfristig – noch dazu in einer Zeit der zunehmenden politischen Liberalisierung in der Sowjetunion – ausgeübt hat, ist die Bewertung dieser Tätigkeit durch das Landesarbeitsgerichts rechtlich nicht zu beanstanden. Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe insoweit den Sachverhalt nicht hinreichend – z.B. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens – aufgeklärt, geht fehl. Dies hätte einen substantiierteren Sachvortrag des Beklagten über die politischen Aufgaben des Kreissekretärs der DSF erfordert, der entgegen der Ansicht der Revision nicht vorliegt.
III. Über den Weiterbeschäftigungsantrag hatte der Senat nicht mehr zu entscheiden, nachdem der Feststellungsantrag rechtskräftig erledigt ist.
Unterschriften
Bitter, Bröhl, Fischermeier, Nielebock, Bartz
Fundstellen