Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Diplom-Sportlehrers an einer Förderschule

 

Leitsatz (redaktionell)

Fortführung der Rechtsprechung des Sechsten Senats aus dem Urteil vom 19. Dezember 1996 – 6 AZR 525/95 – AP Nr. 57 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer

 

Normenkette

BAT §§ 22, 23 Lehrer; BAT-O § 11; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-0 § 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 14.01.1997; Aktenzeichen 9 Sa 1022/96)

ArbG Leipzig (Urteil vom 12.07.1996; Aktenzeichen 15 Ca 12485/95)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Januar 1997 – 9 Sa 1022/96 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Revision.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche, die sich aus einer höheren Eingruppierung des Klägers in der Zeit vom 1. Januar 1993 bis 30. Juni 1995 ergeben.

Der Kläger erteilt als Lehrer an einer Förderschule Sportunterricht in den Klassen 1–9. Er hat am 20. Juli 1989 nach einem vierjährigen Studium der Sportwissenschaften an der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) einen Hochschulabschluß als Diplom-Sportlehrer erworben. Im Dezember 1990 hat der Klägergleichfalls an der DHfK – die Prüfung in „Didaktik des Schulsports” erfolgreich abgelegt.

Der Kläger ist bis Ende 1992 nach VergGr. III BAT-O vergütet worden; seit 1. Januar 1993 erhält er Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O. Der Kläger ist der Auffassung, daß diese Eingruppierung nicht den tariflichen Vorschriften entspricht und er richtigerweise Vergütung nach VergGr. III BAT-O hätte erhalten müssen. Seit dem 1. Juli 1995 wird der Kläger auf der Grundlage der VergGr. III BAT-O vergütet.

Mit seiner Klage vom 29. November 1995 verlangt der Kläger, nachdem er seine Ansprüche mit Schreiben vom 24. Juni 1993 und vom 28. Juni 1995 erfolglos geltend gemacht hatte, Vergütung nach VergGr. III BAT-O; zuletzt begehrte er die Zahlung des Differenzbetrages in Höhe von 8.458,14 DM brutto für den Zeitraum vom 1. Januar 1993 bis 30. Juni 1995.

Der Kläger ist der Ansicht, er erfülle die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 12 der Anlage 1 zur Zweiten Besoldungsübergangsverordnung (2. BesÜV), die der Vergütung nach VergGr. III BAT-O entspreche. Als Sonderschullehrer erteile er Unterricht an einer Sonderschule und habe ein für das Lehramt geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium absolviert.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 8.458,14 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit Zustellung der Klageschrift vom 29. November 1995 zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dem Kläger stehe eine Vergütung nach VergGr. III BAT-O nicht zu, weil er keinen Abschluß als Sonderschulpädagoge habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger erfüllt im streitigen Zeitraum nicht die tariflichen Voraussetzungen für die Eingruppierung in VergGr. III BAT-O; ihm steht daher die geltend gemachte Vergütungsdifferenz nicht zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe mit dem Studium der Sportwissenschaften an der DHfK zwar ein wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens vier Studienjahren aufzuweisen. Dies rechtfertige aber nicht die Eingruppierung in VergGr. III BAT-O als Sonderschullehrer mit einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens vier Studienjahren (§ 7 Anl. 1 Fußn. 4), da dieses Studium kein für das Lehramt eines Sonderschullehrers, der als Sonderschulpädagoge Unterricht an einer Sonderschule erteile, geeignetes Hochschulstudium im Sinne der Fußnote 4 sei. Die vom Kläger an der DHfK abgelegte Prüfung im Fach „Didaktik des Schulsports” befähige den Kläger zwar für die Ausübung des Lehramtes im Fach Sport in der Sekundarstufe 1 und an Berufsschulen; spezielle sonderpädagogische Fähigkeiten, die den Kläger als Sonderschullehrer besonders qualifizierten, seien damit aber nicht erworben worden. Für die Eingruppierung als „Sonderschullehrer mit einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens vier Jahren” genüge nämlich nicht irgendein für ein Lehramt geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium; die Voraussetzungen der Fußnote 4 seien nur bei einer der besonderen Aufgabe als Sonderschullehrer entsprechenden Hochschulausbildung gegeben.

Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

II. Dem Kläger steht Vergütung nach VergGr. III BAT-O nicht zu. Er erfüllt nicht die Voraussetzungen der Einstufung in Besoldungsgruppe A 12, die der VergGr. III BAT-O entspricht. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf die begehrte Vergütungsdifferenz zwischen VergGr. III und VergGr. IV a BAT-O im streitigen Zeitraum.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung. Damit gelten für die Eingruppierung des Klägers folgende Bestimmungen:

a)§ 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991

3. Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte an zuwenden, die

als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 II fallen,

beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. …

b) Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 II BAT-O)

Nr. 1

Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich –

Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen)

Protokollnotiz:

Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.

Nr. 3 a

Zu §§ 23 bis 25 – Eingruppierung –

Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben.

Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.

c) Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl. I S. 1345)

§ 7

Besoldungsordnungen

(1) Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung. …

Anlage 1

Besoldungsgruppe A 11

Lehrer[1]

– als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule –

Besoldungsgruppe A 12

Lehrer[2]

– als Diplomlehrer im Unterricht der Klassen 5 bis 10 an einer allgemeinbildenden Schule –

Sonderschullehrer[3]

– als Sonderschulpädagoge im Unterricht an einer Sonderschule –

2. Der Kläger ist Lehrkraft im Sinne der tariflichen Bestimmungen, da er an einer Förderschule des Beklagten Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebs vermittelt. Der Kläger ist Sonderschullehrer. Für die Eingruppierung des Klägers ist nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 die Anl. 1 a zum BAT-O nicht anzuwenden. Die Eingruppierung des Klägers erfolgt gemäß § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vielmehr in die Vergütungsgruppe, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Soweit die Tarifvertragsparteien hierfür auf die Vorschriften der 2. BesÜV verweisen, ist diese Verweisung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig (BAG Urteile vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 972/94 – AP Nr. 9 zu § 11 BAT-O und – 6 AZR 858/94 – BAGE 83, 201 = AP Nr. 45 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; Urteil vom 19. Dezember 1996 – 6 AZR 525/95 – AP Nr. 57 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).

a) Nach den danach anzuwendenden Vorschriften der 2. BesÜV steht dem Kläger ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. III BAT-O, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe A 12 entspricht, nicht zu. Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen der Fußnote 4 für eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 12.

Wie der Sechste Senat in dem Urteil vom 19. Dezember 1996 (– 6 AZR 525/95 – AP Nr. 57 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer) ausführlich begründet hat, hat der Verordnungsgeber der 2. BesÜV in der Fußnote 4 geregelt, daß ein Sonderschullehrer der Besoldungsgruppe A 12 ein für das Lehramt geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens 4 Studienjahren absolviert haben muß; dabei muß es sich um ein Hochschulstudium handeln, das zu einer für das Lehramt als Sonderschullehrer geeigneten Qualifikation führt.

Dies wird aus dem Gesamtzusammenhang der besoldungsrechtlichen Vorschriften deutlich. Für Lehrer als Diplomlehrer im Unterricht der Klassen 5 bis 10 an einer allgemeinbildenden Schule wird in der Fußnote 1 zur Besoldungsgruppe A 12 eine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung gefordert.

Dies schließt es aus, daß durch eine solche Ausbildung gleichzeitig die Voraussetzung eines für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudiums i.S.d. Fußnote 4 erfüllt wird. Wenn der Verordnungsgeber eine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung in der Fußnote 4 hätte ausreichen lassen wollen, hätte dieselbe Formulierung wie in der Fußnote 1 verwendet werden können. Durch das in Fußnote 4 geforderte, für das Lehramt als Sonderschullehrer geeignete Hochschulstudium wird deshalb eine Qualifikation auf sonderpädagogischem Gebiet verlangt. Dies zeigt auch ein Vergleich mit den Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 11. Insoweit ist neben der abgeschlossenen Fachschulausbildung nach Fußnote 6 für Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule ebenfalls eine zusätzliche Qualifikation auf sonderpädagogischem Gebiet durch ein für das Lehramt geeignetes Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren erforderlich.

Eine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung ohne Bezug zur Sonderpädagogik – wie sie der Kläger in Form seines Studiums der Sportwissenschaft in Verbindung mit der Prüfung in „Didaktik des Schulsports” aufzuweisen hat – reicht zur Erfüllung der Anforderungen der Fußnote 4 zu Besoldungsgruppe A 12 deshalb nicht aus. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht insoweit angenommen, aus dem Wortlaut der Fußnote 4 folge, daß sich das wissenschaftliche Hochschulstudium auf die Tätigkeit als Sonderschullehrer beziehen müsse.

b) Der Kläger erfüllt im Klagezeitraum auch nicht die Voraussetzungen der VergGr. III BAT-O nach den TdL-Richtlinien, so daß deren Anwendbarkeit dahingestellt bleiben kann. Die TdL-Richtlinien erfordern in Fallgr. 3 zur VergGr. III – wie die Fußnote 4 zur Besoldungsgruppe A 12 – ein für das Lehramt eines Sonderschulpädagogen geeignetes Hochschulstudium, das der Kläger nicht aufzuweisen hat. Mit der Zusatzprüfung „Didaktik des Schulsports” verfügt der Kläger auch nicht zusätzlich zu seiner Hochschulausbildung als Diplom-Sportlehrer über ein für das Lehramt als Sonderschullehrer geeignetes wissenschaftliches Hochschulstudium von mindestens zwei Jahren im Sinne der ab 1. Januar 1994 geltenden Fallgr. 4 zur VergGr. III der TdL-Richtlinien (BAG Urteil vom 19. Dezember 1996 – 6 AZR 525/95 – a.a.O.).

c) Die vom Kläger in der Revisionsbegründung angeführten Überlegungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Die Tatsache, daß ein Diplom-Sportlehrer mit didaktischer Zusatzqualifikation ein sog. Fachlehrer ist, der an allen Schultypen eingesetzt werden kann, rechtfertigt nicht das Absehen von dem erforderlichen Merkmal des für das Lehramt als Sonderschullehrer geeigneten Hochschulstudiums.

Auch die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch, da das Landesarbeitsgericht die gerügten Feststellungen auf die Urkunde der DHfK vom Dezember 1990 und deren Bewertung gestützt hat. Mit seiner Verfahrensrüge möchte der Kläger lediglich seine Wertung an die Stelle der Wertung des Landesarbeitsgerichts setzen. Insbesondere kann das Zeugnis der DHfK den Nachweis einer sonderschulpädagogischen Ausbildung nicht erbringen. Das Zeugnis sagt zu einer solchen Ausbildung nichts aus. In ihm wird nur bescheinigt, daß die Anforderungen für die Ausübung eines Lehramtes „Unterricht im Fach Sport in der Sekundarstufe I und an Berufsschulen” erfüllt werden.

Die Verfahrensrüge hinsichtlich der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes greift nicht durch. Abgesehen davon, daß der Vortrag des Klägers zu einem Anspruch auf Gleichbehandlung nicht ausreichend substantiiert ist, wird in dem vom Kläger angeführte Schreiben des Oberschulamtes Leipzig vom 18. Oktober 1995 nur zum Ausdruck gebracht, daß das Sächsische Staatsministerium für Kultus die Oberschulämter lediglich angewiesen habe, Beschäftigte mit einer Ausbildung als Diplomsportlehrer und einem zusätzlichen Abschluß in „Didaktik des Schulsport” bei einer Tätigkeit an der Mittelschule, am Gymnasium oder an einer Berufsschule auch im Rahmen der bis zum 30. Juni 1995 gültigen Richtlinien der TdL vom 24. Juni 1991 in die VergGr. III BAT-O höherzugruppieren. Eine gleichartige Regelung für Beschäftigte an Förderschulen gebe es aber nicht. Dieses Schreiben kann daher nicht einen Anspruch auf Gleichbehandlung begründen; es belegt nicht, daß bis zum 30. Juni 1995 Sportlehrer an Förderschulen nach VergGr. III BAT-O vergütet worden sind.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Freitag, Dr. Jobs, Hauck, Bacher, Burger

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1254400

[1] Als Eingangsamt,

Mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung und einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren.

[2] Mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung,

Als Eingangsamt.

[3] Als Eingangsamt,

Mit einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens vier Studienjahren.

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