Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplanabfindung. Bemessung nach der Betriebszugehörigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Bestätigung der Rechtsprechung des Senats vom 30. März 1994 – 10 AZR 352/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen.
Normenkette
BetrVG §§ 75, 112
Verfahrensgang
LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 03.03.1993; Aktenzeichen 3 Sa 247/92) |
ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 05.11.1992; Aktenzeichen 2 Ca 382/91) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. März 1993 – 3 Sa 247/92 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Revision trägt der Kläger.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer Sozialplanabfindung. Der Kläger war im Anschluß an seine 31jährige Dienstzeit als Berufsoffizier bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen DDR (im folgenden: NVA) am 1. Mai 1986 in die Dienste des Rechtsvorgängers der Beklagten, des VEB C., eingetreten. Dieser überreichte ihm am 29. April 1990 eine Urkunde, in der es u.a. heißt:
„Für 35jährige Mitarbeit sprechen wir dem Kollegen Herbert K. Dank und Anerkennung aus.”
Mit Schreiben vom 15. Oktober 1990 kündigte die Beklagte dem Kläger zum 31. Oktober 1990 aus betrieblichen Erfordernissen wegen der Umstrukturierung des Unternehmens. Am 18. Oktober 1990 teilte sie dem Kläger, nachdem dieser der Kündigung widersprochen hatte, mit, daß unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von drei Monaten das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 1991 gekündigt werde.
Am 15. Januar 1991 kam es für den Betrieb der Beklagten zum Abschluß einer Betriebsvereinbarung über einen Sozialplan.
Dieser Sozialplan lautet – sowie vorliegend von Interesse –
„3. Geltungsdauer und Berechnungsbasis des Sozialplanes
Die Geltungsdauer des Sozialplanes umfaßt den Zeitraum vom 1.7.1990 bis 31.12.1991 und bezieht sich auf die Mitarbeiter des M. GmbH. Als Berechnungsbasis gilt der Bruttolohn mit Stand 31.12.1990.
4. Höhe der Abfindungen
Arbeitnehmer, die während der Laufzeit des Sozialplanes aus dem M. GmbH ausscheiden, erhalten eine Abfindung, die 25 % eines Monatseinkommens pro abgeleistetem Dienstjahr beträgt.
Die Abfindung ist zahlbar und fällig mit der letzten Lohn- und Gehaltszahlung. Arbeitnehmer, die eine Kündigungsschutzklage gegen die ordentliche Kündigung erhoben haben, erhalten die Abfindung erst nach Rücknahme oder der rechtskräftigen Abweisung der Klage.
Als Betriebszugehörigkeit gilt die im Betrieb verbrachte Beschäftigungsdauer. Eine frühere Beschäftigungszeit wird nicht angerechnet.
Für die ab 1.7.1990 gekündigten Mitarbeiter erfolgt die Nachzahlung der Abfindungsleistungen unter Abzug der bereits erhaltenen tariflich vereinbarten Abfindungsgelder.”
Die Beklagte zahlte dem Kläger eine Sozialplanabfindung in Höhe von 2.756,00 DM. Bei der Berechnung dieser Abfindung war sie von einer Betriebszugehörigkeit seit dem 1. Mai 1986 ausgegangen.
Der Kläger ist der Meinung, bei der Bemessung der Abfindung müsse auch seine Dienstzeit bei der NVA mitberücksichtigt werden. Dies ergebe sich aus der Verordnung über die Förderung der Bürger nach dem aktiven Wehrdienst – Förderungsverordnung – vom 25. März 1982 (im folgenden: FörderungsVO). Diese lautet – soweit hier von Bedeutung –
„§ 18
Anrechnung der Dienstzeit
(1) Bürgern, die aktiven Wehrdienst in militärischen Berufen geleistet haben, ist die geleistete Dienstzeit auf die Betriebszugehörigkeit bzw. auf die Dauer der Tätigkeit in einem bestimmten Beruf, einer Funktion oder ähnlichem in jedem Arbeitsrechtsverhältnis anzurechnen. Die Anrechnung der Dauer der Dienstzeit zieht alle materiellen und moralischen Vergünstigungen nach sich, die an die Dauer der Betriebszugshörigkeit, der Berufsausübung oder der Funktion usw. gebunden sind.
…”
Unter Berücksichtigung seiner 31 Dienstjahre bei der NVA errechnet der Kläger für sich einen Abfindungsanspruch in Höhe von insgesamt 20.300,00 DM.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn entsprechend dem Sozialplan eine Abfindung in Höhe von 20.300,00 DM abzüglich bezahlter 2.756,00 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie beruft sich auf die Bestimmung des Sozialplanes, daß als Betriebszugehörigkeit die im Betrieb verbrachte Beschäftigungsdauer gelte und eine frühere Beschäftigungszeit nicht angerechnet werde.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Mit der durch den Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
Dem Kläger steht eine Abfindung aus dem Sozialplan vom 15. Januar 1991 nur in der auf Grund seiner tatsächlichen Betriebszugehörigkeit errechneten Höhe zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe nur Anspruch auf die unter Zugrundelegung einer Beschäftigungszeit seit dem 1. Mai 1986 errechnete Abfindung in Höhe von 2.756,00 DM.
Die 31jährige Dienstzeit bei der NVA sei auf seine Beschäftigungszeit bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger nicht anzurechnen. Eine Auslegung des Sozialplanes ergebe nämlich, daß die Abfindungsansprüche alleine an die tatsächliche Beschäftigungsdauer im Betrieb der Beklagten und deren Rechtsvorgänger anknüpften.
Eine Berücksichtigung der NVA-Dienstzeiten bei der Bemessung der Abfindungshöhe sei auch nicht gemäß § 18 FörderungsVO geboten, weil der Einigungsvertrag eine Weitergeltung der Förderungsverordnung über den 3. Oktober 1990 hinaus nicht vorsehe.
Ein Anspruch des Klägers auf die geforderte Abfindung ergebe sich auch nicht auf Grund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Das Abstellen auf die im Betrieb tatsächlich verbrachte Beschäftigungszeit als Berechnungsfaktor für die vorgesehene Abfindung sei nicht unbillig, sondern sachgerecht.
II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis und auch in Teilen der Begründung zuzustimmen.
1. Die Dienstzeiten des Klägers bei der NVA sind nach den Bestimmungen des Sozialplanes vom 15. Januar 1991 bei der Berechnung der Höhe der Abfindung nicht zu berücksichtigen.
So regelt Ziff. 4 Abs. 3 des Sozialplanes, daß als Betriebszugehörigkeit die im Betrieb verbrachte Beschäftigungsdauer gilt und daß eine frühere Beschäftigungszeit nicht angerechnet wird.
Das Landesarbeitsgericht hat diese Bestimmung zutreffend dahingehend ausgelegt, daß Grundlage für die Abfindungsberechnungen nur die im Betrieb der Beklagten und ihres Rechtsvorgängers tatsächlich zurückgelegten Beschäftigungsjahre sein sollen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Sozialpläne als Betriebsvereinbarungen besonderer Art wie Tarifverträge auszulegen. Maßgeblich ist dabei – entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung – zunächst der Wortlaut. Über den reinen Wortlaut hinaus sind sodann der wirkliche Wille der Betriebspartner und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung mitzuberücksichtigen, sofern und soweit sie im Sozialplan erkennbar zum Ausdruck gekommen sind. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelung, der häufig schon deswegen einzubeziehen ist, weil daraus auf den wirklichen Willen der Betriebspartner geschlossen und nur so der Sinn und Zweck der Regelung zutreffend ermittelt werden kann (vgl. BAG Urteil vom 16. März 1994 – 10 AZR 606/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
Nach diesen Grundsätzen ergibt sich, daß die Dienstzeit des Klägers bei der NVA bei der Berechnung der Sozialplanabfindung nicht zu berücksichtigen ist.
So deutet bereits die in Ziff. 4 Abs. 3 Satz 1 des Sozialplanes verwendete Formulierung „im Betrieb verbrachte Beschäftigungsdauer” darauf hin, daß nur die tatsächlich im Betrieb abgeleisteten Beschäftigungsjahre als Betriebszugehörigkeit gelten sollen. Dieser Wille der Sozialplanparteien kommt auch im zweiten Satz des Absatzes 3 der Ziff. 4 des Sozialplanes zum Ausdruck, wo es heißt:
„Eine frühere Beschäftigungszeit wird nicht angerechnet.”
2. Diese in Ziff. 4 Abs. 3 des Sozialplanes getroffene Regelung ist rechtswirksam.
a) Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die Förderungsverordnung vom 25. März 1982 sah für Berufsoffiziere wie den Kläger bei mindestens fünfjähriger Dienstzeit eine Anrechnung der geleisteten Dienstzeit auf die Betriebszugehörigkeit vor. Gleichzeitig bestimmte die Verordnung, diese Anrechnung solle „alle materiellen und moralischen Vergünstigungen” nach sich ziehen, die an die Dauer der Betriebszugehörigkeit gebunden seien, § 18 Abs. 1 FörderungsVO. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplanes am 15. Januar 1991 war die Förderungsverordnung aber nicht mehr geltendes Recht. Sie war mit Inkrafttreten des Einigungsvertrages am 3. Oktober 1990 außer Kraft getreten, weil dieser eine Fortgeltung der Verordnung nicht vorsieht.
b) Die Regelung in Ziff. 4 Abs. 3 des Sozialplanes stellt auch keinen Verstoß gegen § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar. Nach dieser Norm haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, daß alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. An diese Grundsätze sind die Betriebspartner auch beim Abschluß von Sozialplänen gebunden. Allerdings haben sie grundsätzlich einen weiten Ermessensspielraum, wie sie in einem Sozialplan die Nachteile einer Betriebsänderung ausgleichen oder mildern wollen (ständige Rechtsprechung des BAG; vgl. BAGE 59, 359 = AP Nr. 47 zu § 112 BetrVG 1972; BAG Urteil vom 24. November 1993 – 10 AZR 311/92 – AP Nr. 72 zu § 112 BetrVG 1972).
Beim Abschluß eines Sozialplanes müssen die Betriebspartner den Normzweck des § 112 BetrVG beachten, wonach Sozialplanleistungen dem Ausgleich oder der Milderung zu erwartender Nachteile und damit als Überbrückungshilfen dienen sollen.
Diesem Sinn und Zweck von Sozialplanabfindungen widerspricht es nicht, wenn deren Höhe auch nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer bestimmt wird. In einem solchen Falle gehen die Betriebspartner zulässigerweise davon aus, daß die durch die Abfindung gewährte Überbrückungshilfe um so höher sein soll, je länger der Arbeitnehmer dem Betrieb die Treue gehalten und zu dessen wirtschaftlichem Erfolg beigetragen hat (BAG Urteil vom 30. März 1994 – 10 AZR 352/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
Bei diesem Verständnis stellt sich eine an der Dauer der Betriebszugehörigkeit orientierte Sozialplanabfindung auch nicht als eine an sich unzulässige Entschädigung für geleistete Dienste oder für den Verlust eines Besitzstandes dar.
Da es im Ermessen der Betriebsparteien liegt, ob sie die Höhe der Überbrückungshilfe an vergangenheitsbezogenen Kriterien, wie der Betriebszugehörigkeit, ausrichten oder nicht, stellt es keinen Verstoß gegen die Grundsätze des § 75 Abs. 1 BetrVG dar, wenn sie bei der Berechnung der Abfindung nur solche Zeiten berücksichtigen, in denen der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich für den Betrieb tätig geworden ist. Das Recht der Betriebspartner, bei der Bemessung einer Abfindung die Dauer der Betriebszugehörigkeit völlig außer Betracht zu lassen, beinhaltet auch die Befugnis, Betriebszugehörigkeitszeiten nur modifiziert zu berücksichtigen (BAG Urteil vom 30. März 1994, a.a.O.).
c) Hinzu kommt, daß die Betriebspartner, als sie im Januar 1991 den Sozialplan vereinbarten, auf Grund der Außerkraftsetzung der Förderungsverordnung durch den Gesetzgeber davon ausgehen durften, auf die in der Förderungsverordnung vorgesehene Anrechnung von NVA-Dienstzeiten auf die Betriebszugehörigkeit, keine Rücksicht mehr nehmen zu müssen.
Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, in der sozialistischen Gesellschaftsordnung der ehemaligen DDR sei jede Tätigkeit für den Staat erbracht worden, so daß auch seine Dienstzeiten bei der NVA denjenigen bei der Beklagten und deren Rechtsvorgänger gleichzusetzen seien mit der Folge, daß sie auch bei der Bemessung der Sozialplanabfindung mitberücksichtigt werden müßten.
Zwar beruhen auf solchen Überlegungen die Regelungen der Förderungsverordnung über die Anrechnung von Dienstzeiten. Diese für das Gesellschaftssystem der ehemaligen DDR folgerichtigen Bestimmungen entsprechen aber nicht der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb war es auch zwangsläufig, daß der Gesetzgeber im Einigungsvertrag eine Weitergeltung der Förderungsverordnung nicht vorgesehen hat.
Grundsätzlich sind die im Wege der Privatisierung der staatlichen Betriebe der ehemaligen DDR entstandenen Unternehmen nicht verpflichtet, die von Arbeitnehmern für den Staat geleisteten Dienste bei der Berechnung von Sozialplanleistungen ebenso zu berücksichtigen wie Dienstzeiten für den Betrieb selbst. Im Zuge der Privatisierung und der Betriebsnachfolge sind nämlich nur Vermögensteile des Staates auf die Privatbetriebe übergegangen.
Das hat zur Folge, daß die Unternehmen im Interesse des Staates geleistete Dienste ihrer Arbeitnehmer auch nicht so bewerten müssen, als seien sie für ihre Betriebe selbst geleistet worden (vgl. auch: BAG Urteil vom 1. April 1993 – 4 AZR 73/93 (A) – AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bewachungsgewerbe).
Aus diesem Grunde durften die Betriebspartner des Sozialplanes vom 15. Januar 1991 die auf Grund der Förderungsverordnung auf die Betriebszugehörigkeit anzurechnende Dienstzeit des Klägers in der NVA bei der Festsetzung der Höhe der Abfindung unberücksichtigt lassen.
3. Der Kläger hat auch keinen individualrechtlichen Anspruch gegen die Beklagte, bei der Berechnung seiner Abfindung die Zeiten seines Armeedienstes mitzuberücksichtigen.
a) Selbst wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, daß ihm der Rechtsvorgänger der Beklagten durch Aushändigung der Anerkennungsurkunde wegen 35jähriger Mitarbeit am 29. April 1990 die bei der NVA zurückgelegte Dienstzeit auf seine Betriebszugehörigkeit in Vollzug des § 18 FörderungsVO angerechnet hat, ist für den Kläger kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der die Beklagte verpflichten könnte, ihn auch bei der Berechnung seines Abfindungsanspruches aus dem Sozialplan so zu behandeln, als habe er tatsächlich seit 1955 in ihren Diensten gestanden.
Als dem Kläger am 29. April 1990 eine Betriebszugehörigkeit von 35 Jahren auf der Grundlage der Förderungsverordnung bestätigt wurde, spielte die Betriebszugehörigkeit nach damaligem DDR-Recht nur für die Zuwendungen bei Arbeitsjubiläen, bei der Zahlung von Zuschlägen zur Jahresendprämie und der Gewährung von Treueprämien auf Grund von Rahmen- oder Betriebskollektivverträgen eine Rolle (BAG Urteil vom 30. März 1994, a.a.O., m.w.N.).
Dem Arbeitsrecht der ehemaligen DDR war das Rechtsinstitut der Zahlung einer Abfindung auf Grund von Sozialplänen fremd. Das Betriebsverfassungsgesetz wurde im Gebiet der ehemaligen DDR nämlich erst durch das Gesetz über die Inkraftsetzung von Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland in der Deutschen Demokratischen Republik vom 21. Juni 1990 (GBl. I S. 357) ab dem 1. Juli 1990 in Kraft gesetzt. Deshalb konnte der Kläger, wenn man von einer Anrechnung seiner NVA-Dienstzeit auf seine Betriebszugehörigkeit auf Grund der Übergabe der Anerkennungsurkunde am 29. April 1990 ausgeht, nicht damit rechnen und somit auch nicht darauf vertrauen, daß bei der Berechnung einer eventuellen Abfindung nach einem künftigen Sozialplan auch die gemäß der Förderungsverordnung festgesetzte Betriebszugehörigkeit zugrunde gelegt werden würde. Ein schützenwertes Vertrauen des Klägers konnte sich insoweit nicht bilden.
b) Die Beklagte hat dem Kläger auch nicht zugesichert, daß sie seine NVA-Dienstzeit bei der Berechnung einer Abfindung nach einem möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossenen Sozialplan berücksichtigen werde. Als sie ihm im Jahre 1990 durch Übergabe der Anerkennungsurkunde eine 35jährige Betriebszugehörigkeit bescheinigte, geschah dies in Vollzug des damals geltenden DDR-Rechts. Ein darüber hinausgehender Verpflichtungswille konnte und kann diesem Handeln der Beklagten nicht entnommen werden.
Selbst wenn man einen solchen Verpflichtungswillen annimmt, geht dieser doch nur dahin, den Kläger bei allen Ansprüchen, die als Anspruchsvoraussetzung ganz allgemein auf die Betriebszugehörigkeit abstellen, so zu behandeln, als sei er am 29. April 1990 bereits 35 Jahre bei ihr beschäftigt gewesen. Der Kläger konnte jedoch nicht annehmen, die Beklagte werde ihn auch dann, wenn eine Anspruchsnorm gerade nicht allgemein auf die Betriebszugehörigkeit abstellt, sondern eine bestimmte Beschäftigungsdauer (hier: diejenige bei der NVA vor Beginn der Tätigkeit bei der Beklagten) ausdrücklich bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit ausnimmt, dadurch besser stellen, daß sie ihm trotzdem die ausdrücklich ausgenommene Dienstzeit (hier: diejenige bei der NVA) anrechnet. Der Kläger konnte nicht erwarten, die Beklagte verpflichte sich, eine künftige Norm, auf deren Inhalt sie keinen oder nur einen eingeschränkten Einfluß hat (hier: den Sozialplan), zu seinen Gunsten „nachzubessern”.
Demzufolge steht dem Kläger nur die auf der Grundlage seiner tatsächlichen Betriebszugehörigkeit bei der Beklagten und deren Rechtsvorgänger errechnete Abfindung zu, so daß das Landesarbeitsgericht die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen hat. Die Revision des Klägers mußte demnach erfolglos bleiben.
Fundstellen