Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzschutz bei Vereinsauflösung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Sicherungsfall des § 7 Abs 1 Satz 3 Nr 4 BetrAVG ist auch dann gegeben, wenn die Masselosigkeit erst nach der Betriebsbeendigung eintritt und offensichtlich wird (Bestätigung von BAG 20.11.1984 3 AZR 444/82 = BAGE 47, 229).

2. In einem solchen Fall besteht die Eintrittspflicht des PSV auch dann, wenn ein Konkursverfahren schon allein deshalb nicht in Betracht kommt, weil Versorgungsschuldner ein Verein war, der durch den Austritt aller Mitglieder seine Rechts- und Konkursfähigkeit verloren hat.

 

Normenkette

BGB §§ 47, 49, 73; KO §§ 208, 213; BGB §§ 42-43, 826, 1913; BetrAVG §§ 9, 15, 30, 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 22.05.1984; Aktenzeichen 6 Sa 164/84)

ArbG Köln (Entscheidung vom 20.02.1983; Aktenzeichen 5 Ca 4320/83)

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1 und 2 aus dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes und den Beklagten zu 3 als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in Anspruch.

Der Kläger war seit 1. Januar 1966 als Geschäftsführer beim Westdeutschen H verband e.V. (im folgenden: WHV) in E tätig. Ihm war eine Altersversorgung zugesagt. In § 5 des Anstellungsvertrags vom 1. Juli 1968 heißt es dazu:

"Herr R erhält nach den besoldungsrecht-

lichen Vorschriften des Landes Nordrhein-West-

falen Gruppe A 13 Stufe 13 ein monatliches,

nachträglich zahlbares Gehalt in Höhe von

DM 2.300,-- (zweitausenddreihundert) sowie

ein 13. Gehalt, das im Monat Dezember jeden

Jahres fällig wird. Die Leistung für die Ru-

hegehaltskasse richtet sich nach den besol-

dungsrechtlichen Vorschriften für das Land

Nordrhein-Westfalen, Gruppe A 13 Stufe 13.

Der Westdeutsche H verband e.V.

gewährt Herrn R , geb. am 4.3.1911, über

den D -Verband, F ,

K -Ufer 2, im Rahmen seines Dienstver-

hältnisses Anspruch auf Versorgungsbezüge

(Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Un-

fall) nach Maßgabe der Satzung der Sonderkas-

se der Organisation des Handwerks."

Im Jahre 1976 trat der Kläger in den Ruhestand. Er erhielt von der Rheinischen Versorgungskasse (im folgenden: RVK) in Köln, an die der WHV Umlagen zahlte, Versorgungsbezüge von zuletzt monatlich 3.355,65 DM. Der WHV, dessen Vorstandsmitglieder die Beklagten zu 1 und 2 waren, verlor durch Austritte zum 31. Dezember 1980 alle Mitglieder. Mit Schreiben vom 30. Dezember 1980 teilte der WHV der RVK mit, daß der Verein "zum 31. Dezember 1980 als aufgelöst zu betrachten" sei und daher keine Umlagen mehr leisten könne. Die RVK erwiderte mit Schreiben vom 11. Februar 1981, die Zahlung der Umlagen sei Voraussetzung für die Gewährung der Versorgungsbezüge. Die Leistungen an den Kläger würden daher mit Ablauf des 28. Februar 1981 eingestellt. Das Schreiben enthielt den Hinweis, der WHV möge sich, falls er weiterhin nicht zahlen könne, mit dem PSV in Verbindung setzen und dort die Zahlungsaufnahme beantragen. Der WHV wandte sich daraufhin an den Beklagten zu 3. In seinem Schreiben vom 28. Februar 1981 heißt es u.a.:

"Wir haben der Rheinischen Versorgungskasse

mitteilen müssen, daß unser Verein zu weite-

ren Zahlungen nicht mehr in der Lage ist.

Unser Verein hatte als Mitglieder verschie-

dene Häuteverwertungen. Diese haben sämtlich

unter Einhaltung der satzungsgemäßen Frist

zum 31. Dezember 1980 ihren Austritt aus dem

Verein erklärt.

Demgemäß verfügen wir über keinerlei Einnah-

men mehr, nachdem die Mitgliedsbeiträge un-

sere einzigen Einkünfte dargestellt haben."

Der Beklagte zu 3 lehnte seine Einstandspflicht ab. Am 13. März 1981 wurde der WHV, der am 31. Dezember 1980 seinen Betrieb eingestellt hatte, im Vereinsregister gelöscht. Ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des WHV wurde nicht gestellt.

Der Kläger hat vorgetragen, der WHV habe den Konkursantrag unterlassen, weil dieser offensichtlich mangels Masse erfolglos gewesen wäre. Der WHV sei bereits seit vielen Jahren überschuldet gewesen und habe jedenfalls bei der Löschung im Vereinsregister keine für ein Konkursverfahren ausreichenden baren Mittel mehr besessen. Dies ergebe sich aus der Bilanz zum 31. Dezember 1980, die mit einem Verlust von 13.250,11 DM abschließe. Ihm als Betriebsrentner sei nicht möglich gewesen, bereits vor diesem Zeitpunkt, als der WHV noch Vermögen besaß, den Konkursantrag zu stellen. Er habe weder die konkrete finanzielle Lage des Vereins gekannt noch gewußt, daß sämtliche Mitglieder ihren Austritt erklärt hatten. Die Beklagten zu 1 und 2 seien als Vorstandsmitglieder des WHV nach § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB zum Schadenersatz verpflichtet, weil sie es schuldhaft unterlassen hätten, rechtzeitig den Konkursantrag zu stellen. Auch hätten sie, als die Austritte der Vereinsmitglieder bekannt wurden, nicht ausreichend bei ihrem Justitiar und Streithelfer Rat eingeholt oder diesem einen unzutreffenden Sachverhalt geschildert. Ein etwaiges Verschulden des Streithelfers müßten sie sich zurechnen lassen. Weiter hätten sie ihre Mitteilungspflicht gegenüber dem PSV nicht erfüllt. Der Klageanspruch gegen die Beklagten zu 1 und 2 sei deshalb auch als Schadenersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verb. mit § 12 Abs. 1 Nr. 1 und § 11 Abs. 3 und 5 BetrAVG gerechtfertigt. Seine Versorgungsrente betrage monatlich für die Zeit bis April 1981 3.355,65 DM, ab Mai 1981 bis Juni 1982 3.495,97 DM und von Juli 1982 bis April 1983 3.618,50 DM. Von Januar 1981 bis April 1983 ergebe sich somit unter Einbeziehung des jeweiligen 13. Monatsgehalts ein Anspruch in Höhe von 105.665,45 DM brutto. Darauf seien Zahlungen der RVK für Januar und Februar 1981 in Höhe von 5.960,30 DM netto anzurechnen. Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten - und zwar die Beklagten

zu 1) und 2) als Gesamtschuldner - zu

verurteilen, an den Kläger 105.665,45

DM brutto abzüglich 5.960,30 DM netto

zuzüglich 4 % Zinsen von 91.080,01 DM

seit dem 2. März 1983 und von 14.585,44

DM seit Zustellung des Schriftsatzes

vom 11. Mai 1983 zu zahlen;

2. festzustellen, daß die Beklagten - die

Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuld-

ner - verpflichtet sind, dem Kläger ein

Ruhegehalt nach den besoldungsrechtli-

chen Vorschriften für das Land Nord-

rhein-Westfalen, Gruppe A 13 Stufe 13

zu gewähren.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Die Beklagten zu 1 und 2 haben vorgetragen, Mitte 1980 habe sich herausgestellt, daß der laufende Jahreshaushalt des WHV nicht ausgeglichen werden könne, wenn der Beitrag nicht erhöht werde. Daraufhin sei es zum Austritt der Mitglieder gekommen. Als sich dies abzeichnete, hätten sie über die rechtlichen Konsequenzen, auch für die Altersversorgung des Klägers, eingehend mit ihrem Justitiar beraten und diesen über die wirtschaftliche Lage des Vereins unterrichtet. Bei den Besprechungen, an denen der Kläger selbst teilgenommen habe, sei man sich einig gewesen, daß ein Konkursverfahren mangels Masse nicht eröffnet würde und somit die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG vorlägen. Im übrigen sei der nach dem 31. Dezember 1980 eingetretene Wegfall der Rechts- und Konkursfähigkeit des Vereins ein Insolvenzschutztatbestand, der der Nichteröffnung des Konkursverfahrens wegen offensichtlicher Masselosigkeit gleichzusetzen sei. In einem solchen Fall habe der Beklagte zu 3 als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung einzutreten.

Der Beklagte zu 3 hat geltend gemacht, ein Sicherungsfall nach § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG sei nicht gegeben. Bis zum 31. Dezember 1980 habe offenkundige Masselosigkeit nicht vorgelegen. Nach Aussage des Zeugen R seien damals im Vermögen des WHV noch Beitragsforderungen in Höhe von 24.389,01 DM und weitere Guthaben in Höhe von 4.500,-- DM vorhanden gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Verein auch Beiträge an die RVK abgeführt. Im übrigen entfalle der gesetzliche Insolvenzschutz auch deshalb, weil der WHV schon vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes konkursreif gewesen sei. Der WHV habe durch die Erteilung der Pensionszusage an den Kläger eine Verpflichtung übernommen, für die es in seinem Vermögen keine Deckung gegeben habe. Dies habe der Kläger als Geschäftsführer des WHV wissen müssen. Seine Aufgabe sei es gewesen, entweder für hinreichende Deckung zu sorgen oder aber darauf hinzuwirken, daß ein Konkursantrag gestellt werde.

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr, soweit sie gegen den Beklagten zu 3 gerichtet ist, in vollem Umfang stattgegeben und sie im übrigen als unzulässig abgewiesen. Mit ihren Revisionen verfolgen der Kläger seinen Klageantrag gegen die Beklagten zu 1 und 2 und der Beklagte zu 3 seinen Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen haben keinen Erfolg. Die Revision des Beklagten zu 3 ist unbegründet, weil die Versorgungsansprüche des Klägers vom gesetzlichen Insolvenzschutz erfaßt werden (A). Die Revision des Klägers ist unbegründet, weil die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 unzulässig ist (B).

A. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht der Klage, soweit diese gegen den Beklagten zu 3 gerichtet ist, stattgegeben.

I. Grundlage des Klageanspruchs ist § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG. Nach dieser Bestimmung besteht die Eintrittspflicht des PSV bei vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit des Arbeitgebers im Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt.

Unstreitig beendete der WHV am 31. Dezember 1980 seine Betriebstätigkeit vollständig. Da ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des WHV nicht gestellt wurde, kommt es darauf an, ob ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam. Auch diese Voraussetzung der Eintrittspflicht des Beklagten zu 3 war im vorliegenden Fall gegeben.

1. Die Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG scheitert nicht daran, daß der WHV, geht man von der Behauptung des Beklagten zu 3 aus, am 31. Dezember 1980 noch Vermögen besaß, das für die Eröffnung des Konkursverfahrens ausgereicht hätte.

Bereits im Urteil vom 20. November 1984 - 3 AZR 444/82 - (BAG 47, 229) hat der Senat es für die Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG genügen lassen, daß Insolvenz erst nach der Betriebseinstellung eintritt und zur Masselosigkeit führt. Der Sicherungsfall der vollständigen Betriebsbeendigung bei offensichtlicher Masselosigkeit setzt nicht voraus, daß bereits bei der Betriebseinstellung offensichtlich keine die Kosten eines Konkursverfahrens deckende Masse vorhanden war, vielmehr genügt es, wenn die Zahlungsunfähigkeit und auch die Masselosigkeit erst später eintreten und offensichtlich werden (vgl. BAG, aa0). Daran ist festzuhalten. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, daß der WHV, hätte er über den 31. Dezember 1980 hinaus fortbestanden, keinerlei Einnahmen mehr erzielt hätte und offensichtlich masselos geworden wäre.

2. Der Eintrittspflicht des Beklagten zu 3 steht nicht entgegen, daß die Eröffnung eines Konkursverfahrens nach dem 31. Dezember 1980 bereits deshalb hätte abgelehnt werden müssen, weil der WHV durch den Austritt aller Mitglieder seine Rechtsfähigkeit und damit auch seine Konkursfähigkeit eingebüßt hatte.

a) Richtig ist allerdings, daß ein Verein als aufgelöst gilt, wenn er alle Mitglieder durch Austritt verliert. Ein Verein ohne Mitglieder kann nicht bestehen (BGH, Urteil vom 17. November 1955 - II ZR 172/54 - BGHZ 19, 51 ff.; Urteil vom 30. September 1965 - II ZR 79/63 - LM Nr. 2 zu § 21 BGB; BAG, Urteil vom 13. April 1967 - 5 AZR 426/66 - AP Nr. 1 zu § 1913 BGB). Eine Liquidation des Vereinsvermögens nach § 47 BGB findet in diesem Fall, anders als in den sonstigen Fällen des Verlustes der Rechtsfähigkeit (§ 42 Abs. 1, § 43 Abs. 1, § 73 BGB), nicht statt. Der Verein gilt somit auch nicht unter den Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 BGB als fortbestehend. Er bleibt weder rechts- noch konkursfähig. Liquidatoren, die nach § 213 in Verb. mit § 208 K0 Konkursantrag stellen könnten, gibt es nicht. Die Vermögensabwicklung hat vielmehr durch einen Pfleger nach § 1913 BGB zu erfolgen; dieser ist durch das Amtsgericht (Vormundschaftsgericht) zu bestellen, sofern ein Beteiligter dies anregt oder das Gericht von dem Fürsorgefall erfährt. Der Pfleger soll hierbei nach Liquidationsgrundsätzen verfahren. Die Gläubiger sollen nicht deshalb schlechtergestellt werden, weil die Mitglieder durch ihren geschlossenen Austritt eine drohende Entziehung der Rechtsfähigkeit verhindert haben. Der Pfleger ist gesetzlicher Vertreter der an der Abwicklung Beteiligten und nicht des erloschenen Vereins oder der Anfallberechtigten (vgl. BAG, aaO; Reichert/Dannecker/Kühr, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 3. Aufl., Rz 1391, 1429, 1432).

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, bei dem hier gegebenen Zusammentreffen von Insolvenz und Verlust der Rechtsfähigkeit könne § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG allenfalls entsprechend angewendet werden. Dieser Gesetzesanalogie bedarf es jedoch nicht. Der vorliegende Fall wird vielmehr vom Tatbestand der Norm unmittelbar erfaßt. Die restriktive Auslegung des Landesarbeitsgerichts beruht auf der Annahme, § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG setze voraus, daß der PSV im Fall seines Eintritts die Möglichkeit habe, auf noch vorhandenes Arbeitgebervermögen zurückzugreifen. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Für den Sicherungsfall der offensichtlichen Masselosigkeit ist geradezu typisch, daß verwertbares Vermögen fehlt.

b) Allerdings hat der Senat in der Entscheidung vom 11. September 1980 - 3 AZR 544/79 - (BAG 34, 146 = AP Nr. 9 zu § 7 BetrAVG, zu II 2 b der Gründe) darauf hingewiesen, der PSV müsse, wenn er seine Funktion als "Auffangstation für Arbeitnehmerinteressen" im Bereich der betrieblichen Altersversorgung erfüllen solle, im Sicherungsfall nach § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG einerseits die Fortzahlung der Pensionen gewährleisten und andererseits in die Lage versetzt werden, eine schnelle und sachgerechte Klärung der tatsächlichen Verhältnisse herbeizuführen, damit ihm unter Umständen ein Rückgriff auf vorhandenes Vermögen des Arbeitgebers möglich bleibe. Jedoch schließt das Landesarbeitsgericht daraus zu Unrecht, das Merkmal der offensichtlichen Masselosigkeit setze voraus, daß dem PSV in dem Zeitpunkt, in dem er eingeschaltet wird, noch rechtliche Möglichkeiten des Rückgriffs auf das Vermögen des Versorgungsschuldners zur Verfügung stehen müßten. Unter die Bestimmung fällt vielmehr auch die Fallgestaltung des Wegfalls eines Versorgungsschuldners.

Bei der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG geht es nicht um eine Begrenzung des Insolvenzschutzes, sondern um das Verfahren beim Zugang zum Insolvenzschutz, dessen Notwendigkeit vorausgesetzt wird. Der Kreis der insolvenzgeschützten Forderungen soll durch § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG nicht erweitert oder eingeschränkt werden, sondern nur das formale Erfordernis eines Konkursantrags soll ausnahmsweise entfallen. Ist der Arbeitgeber zahlungsunfähig, so liegt ein Fall der Insolvenz vor. Zwar muß im Normalfall ein Konkurs- oder Vergleichsverfahren eingeleitet werden. Das ist nach § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG aber entbehrlich, wenn die Betriebstätigkeit des Arbeitgebers vollständig beendet ist und eine die Kosten des Konkursverfahrens deckende Masse offensichtlich fehlt. Die Vorschrift hat also die Funktion, im Falle der vollständigen Betriebseinstellung einen sinnlosen Konkursantrag zu vermeiden.

Legt man diese gesetzliche Zweckbestimmung zugrunde, von der der Senat bereits im Urteil vom 20. November 1984 (- 3 AZR 444/82 -, zu II 3 b (2) der Gründe) ausgegangen ist, so hängt die Eintrittspflicht des PSV nicht davon ab, ob Ansprüche nach § 9 Abs. 2 BetrAVG übergehen können. Die Anspruchsüberleitung ist zwar eine Voraussetzung, um den PSV in die Position des Konkursgläubigers zu bringen und ihm konkursrechtliche Maßnahmen zu ermöglichen, soweit diese im Hinblick auf das Ausmaß des wirtschaftlichen Verfalls des Versorgungsschuldners noch sinnvoll erscheinen. Dem lückenlosen Insolvenzschutz, der mit § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG bezweckt wird, würde es jedoch nicht gerecht, wenn man die Eintrittspflicht des PSV von einer Rückgriffsmöglichkeit abhängig machte.

c) Auch im systematischen Zusammenhang des Gesetzes wird deutlich, daß die Anspruchsüberleitung nach § 9 Abs. 2 BetrAVG und die damit verbundene Möglichkeit des Zugriffs auf das Restvermögen des Arbeitgebers für die Frage des Insolvenzschutzes nicht entscheidend ist. In § 7 Abs. 4 BetrAVG, wo die Anrechnung der Leistungen, die der Arbeitgeber noch nach Eintritt des Sicherungsfalls zu erbringen hat, geregelt wird, ist der Fall des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG ausgespart. Das Gesetz geht im Fall der Betriebseinstellung davon aus, daß der Versorgungsanspruch nicht mehr realisierbar ist (vgl. Blomeyer/Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, § 7 Rz 278). Vernachlässigt das Gesetz aber die Arbeitgeberleistung bei der Anrechnung, so ist nicht anzunehmen, daß es die Möglichkeit des Rückgriffs des PSV auf restliches Arbeitgebervermögen als Voraussetzung des Insolvenzschutzes verlangen will.

II. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zu folgen, daß der Sicherungsfall erst am 31. Dezember 1980 und somit nach Inkrafttreten der §§ 7 bis 15 BetrAVG eingetreten ist (§ 30 BetrAVG). Soweit der Beklagte zu 3 die Ansprüche des Klägers mit der Begründung ablehnt, der WHV sei schon bei Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes überschuldet gewesen, weil sein Vermögen nicht ausgereicht habe, die Versorgungsansprüche des Klägers auf Dauer zu gewährleisten, stellt er zu geringe Anforderungen an den Tatbestand des Sicherungsfalles. Solange der WHV bestand und die Mitglieder ihre Beiträge leisteten, genügten die laufenden Einnahmen zur Erfüllung der Versorgungsrechte des Klägers. Dies ergibt sich daraus, daß der Verein über viele Jahre hinweg die Umlagen an die RVK gezahlt hat, die die Leistungen an den Kläger ermöglichten. Ein Sicherungsfall lag in dieser Zeit noch nicht vor.

III. Ebenso hat das Landesarbeitsgericht zutreffend abgelehnt, daß das Verlangen des Klägers rechtsmißbräuchlich sei, weil der WHV und der Kläger als sein Geschäftsführer es unterlassen hätten, rechtzeitig den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens zu stellen. Durch die Stellung eines Konkursantrags wäre der Eintritt des Sicherungsfalls nicht gehindert worden. Der Beklagte zu 3 hat einen Schaden, der ihm durch den Verlust der Beteiligung am Konkursverfahren entstanden sein könnte, nicht dargelegt.

B. Die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 hat das Landesarbeitsgericht zu Recht als unzulässig abgewiesen.

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die vom Kläger vorgenommene subjektive Klagenhäufung dahingehend ausgelegt, daß die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 nur unter der auflösenden Bedingung des Erfolgs der Klage gegen den Beklagten zu 3 erhoben sei. Eine solche bedingte Klagenhäufung ist unzulässig, wie das Landesarbeitsgericht unter Bezugnahme auf die herrschende Meinung (vgl. Stein/Jonas/Schumann/Leipold, ZP0, 20. Aufl., Vorbem. I 3 vor § 59, mit weiteren Nachweisen in Fn. 6) erkannt hat.

Dr. Dieterich Griebeling Dr. Peifer

Dr. Bermel Halberstadt

 

Fundstellen

BB 1987, 692

DB 1986, 2686-2687 (LT1-2)

NZA 1986, 826-828 (LT1-2)

RdA 1986, 401

ZIP 1986, 1483

ZIP 1986, 1483-1485 (LT1-2)

AP § 7 BetrAVG (LT1-2), Nr 30

EzA § 7 BetrAVG, Nr 19 (LT1-2)

JZ 1987, 420

JZ 1987, 420-421 (LT1-2)

VersR 1987, 190-191 (LT1-2)

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