Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifauslegung. Nachtarbeits- und Feiertagszuschläge
Leitsatz (redaktionell)
vgl. auch Urteil vom 28. Mai 1996 – 3 AZR 294/95 –, n.v.
Normenkette
TVG § 1 Auslegung; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 28. April 1995 – 6 Sa 114/94 – insoweit aufgehoben, als es das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28. September 1994 – 6 Ca 423/93 – teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich eines Teilbetrages von 138,48 DM brutto und des Klageantrages zu 3 abgewiesen hat.
Die Berufung der Beklagten wird im Umfang der Aufhebung zurückgewiesen.
2. Im übrigen werden die Revisionen der Parteien zurückgewiesen.
3. Von den Kosten der Berufung und der Revision hat der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Nachtarbeits- und Feiertagszuschläge.
Der Kläger ist seit dem 1. August 1989 bei der Beklagten als Schichttechniker beschäftigt. Er ist in der sog. Wochenendwechselschicht tätig und wird im wöchentlichen Wechsel in der Samstags- und Sonntags-Tagschicht (6.00 Uhr bis 18.00 Uhr) bzw. der Samstags- und Sonntagsnachtschicht (18.00 Uhr bis 6.00 Uhr) eingesetzt. Zusätzlich hat er Freitags-Frühschichten zu übernehmen und an bestimmten Feiertagen zu arbeiten. In der Anlage vom 14. November 1990 zum Anstellungsvertrag haben die Parteien u.a. vereinbart:
„1. Der Arbeitnehmer wird in Wochenendwechselschicht unter Einschluß von Freitagen (Frühschicht) tätig. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zusätzlich, an bestimmten gesetzlichen Feiertagen (Karfreitag, Ostermontag, 1. Mai, Himmelfahrt, Pfingstmontag, 3. Oktober, Buß- und Bettag) entsprechend dem Wochenendschichtmodell zu arbeiten. …
…
3. Zulagen und Zuschläge bestimmen sich nach den tariflichen und betrieblichen Vereinbarungen.
…”
Der Manteltarifvertrag für die Metallindustrie in den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein sowie in den Landkreisen Harburg und Stade vom 18. Mai 1990 (MTV) regelt die Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit wie folgt:
„§ 6
Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit
…
2. Begriff der Nachtarbeit
Nachtarbeit ist die zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr geleistete Arbeit.
2.1 Tarifgebiet Hamburg und Umgebung
Regelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie mindestens fünf Arbeitstage umfaßt.
Unregelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie weniger als fünf Arbeitstage umfaßt.
…
2.2 Tarifgebiet Schleswig-Holstein
Regelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie mindestens fünf aufeinanderfolgende Arbeitstage umfaßt oder regelmäßig wöchentlich wiederkehrend geleistet wird.
Unregelmäßige Nachtarbeit liegt vor, wenn sie weniger als fünf Arbeitstage umfaßt und nicht wöchentlich wiederkehrend geleistet wird.
…
§ 7
Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit
1. Zuschläge für Arbeitnehmer im Tarifgebiet Hamburg und Umgebung
1.1 Höhe des Zuschlages
Die Arbeitnehmer erhalten je Stunde für angeordnete
…
b) |
Nachtarbeit, soweit nicht unregelmäßige bzw. regelmäßige Nacht- oder Nachtschichtarbeit vorliegt, |
50,0 % Zuschlag |
c) |
regelmäßige Nachtarbeit oder regelmäßige Wechselschichtarbeit in der Nacht |
12,5 % Zuschlag |
d) |
unregelmäßige Nachtarbeit oder unregelmäßige Wechselschichtarbeit in der Nacht |
20,0 % Zuschlag |
e) |
Sonntagsarbeit |
50,0 % Zuschlag |
… |
|
|
g) |
Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen, an dem im Betrieb regelmäßig gearbeitet wird, |
150,0 % Zuschlag |
h) |
Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Wochentag fallen, an dem im Betrieb regelmäßig nicht gearbeitet wird, |
100,0 % Zuschlag |
i) |
Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Sonntag fallen, |
100,0 % Zuschlag |
1.2 Treffen mehrere Zuschläge zusammen, so ist nur der höhere Zuschlag zu zahlen.
…”
Die Beklagte zahlte dem Kläger im Jahre 1993 für die Arbeit am Ostersonntag, Ostermontag, Himmelfahrt, Pfingstsonntag und Pfingstmontag einen Feiertagszuschlag von 100 %. Für die Nachtarbeit in der Zeit vom 1. Februar bis 30. April 1993 erhielt er einen Zuschlag von 12,5 %.
Der Kläger hat für die genannten Feiertage nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. g MTV einen Feiertagszuschlag von 150 % verlangt. Die Vergütungsdifferenz für Ostermontag, Christi Himmelfahrt und Pfingstmontag beläuft sich unstreitig auf insgesamt 575,61 DM brutto. Für Ostersonntag und Pfingstsonntag hat der Kläger einen Unterschiedsbetrag von insgesamt 383,74 DM errechnet. Für die geleistete Nachtarbeit hat er nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. d MTV einen Nachtzuschlag von 20 % gefordert. Der Differenzbetrag zum gezahlten Nachtzuschlag beträgt unstreitig insgesamt 138,48 DM brutto.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.097,83 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an ihn je Stunde für angeordnete Arbeit an gesetzlichen Feiertagen einen Zuschlag in Höhe von 150 % zu zahlen,
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an ihn je Stunde für angeordnete Nachtarbeit einen Zuschlag in Höhe von 20 % zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insoweit abgewiesen, als der Kläger höhere Nachtarbeitszuschläge und höhere Zuschläge für die Arbeit an Feiertagen, die auf einen Sonntag fallen, verlangt hat. Mit ihren Revisionen verfolgen die Parteien ihre bisherigen Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet und die Revision des Klägers nur teilweise begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf einen höheren Nachtarbeitszuschlag zu. Einen höheren Feiertagszuschlag kann er nur für Feiertage verlangen, die auf Montag bis einschließlich Samstag fallen, nicht jedoch für Feiertage, die auf einen Sonntag fallen.
I. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 1993 noch einen Nachtarbeitszuschlag von 138,48 DM brutto zu zahlen. Der dem Kläger zustehende Nachtarbeitszuschlag beläuft sich nicht auf 12,5 %, sondern auf 20 %.
1. Im Tarifgebiet Hamburg und Umgebung, in dem der Kläger tätig ist, beträgt der Zuschlag für regelmäßige Nachtarbeit oder regelmäßige Wechselschichtarbeit in der Nacht 12,5 % (§ 7 Nr. 1.1 Buchst. c MTV). Der Zuschlag erhöht sich nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. d MTV bei unregelmäßiger Nachtarbeit oder unregelmäßiger Wechselschichtarbeit in der Nacht auf 20 %. Die Tätigkeit des Klägers war einerseits unregelmäßige Nachtarbeit, andererseits regelmäßige Wechselschichtarbeit. Da der Kläger gleichzeitig die Voraussetzungen beider Zuschlagsregelungen erfüllt, ist nach § 7 Nr. 1.2 MTV der höhere Zuschlag zu zahlen.
a) Der Begriff der unregelmäßigen Nachtarbeit ist für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung in § 6 Nr. 2.1 MTV näher bestimmt. Danach liegt eine regelmäßige Nachtarbeit vor, wenn sie mindestens fünf Arbeitstage umfaßt. Um eine unregelmäßige Nachtarbeit handelt es sich, wenn sie weniger als fünf Arbeitstage umfaßt. Ob die fünf Nachtarbeitstage unmittelbar aufeinanderfolgen müssen, kann dahingestellt bleiben. Eine Unterbrechung durch freie Tage mag unschädlich sein. Zwischen den Arbeitstagen mit Nachtschicht darf jedoch kein Arbeitstag mit einer Tagschicht liegen. Während es im Tarifgebiet Schleswig-Holstein genügt, wenn die Nachtarbeit entweder fünf aufeinanderfolgende Arbeitstage umfaßt oder regelmäßig wöchentlich wiederkehrend geleistet wird, haben die Tarifvertragsparteien die zweite Alternative für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung nicht übernommen, sondern sich dort auf die erste Alternative beschränkt. Im vorliegenden Fall umfaßt die vom Kläger jeweils geleistete Nachtarbeit keine fünf Arbeitstage. Erarbeitete höchstens vier Tage in der Woche und wechselte wöchentlich zwischen Tag- und Nachtschicht. Soweit er freitags eingesetzt wurde, war er in der Frühschicht (6.00 bis 14.00 Uhr) tätig.
b) Unerheblich ist es, daß der Kläger seine unregelmäßige Nachtarbeit im Rahmen einer regelmäßigen Wechselschichtarbeit leistete.
aa) Im Gegensatz zum Begriff der „regelmäßigen Nachtarbeit” haben die Tarifvertragsparteien den Begriff der „regelmäßigen Wechselschichtarbeit in der Nacht” nicht in § 6 MTV definiert. Die Anforderungen für die Regelmäßigkeit einer „Nachtarbeit” können nicht auf die Regelmäßigkeit einer „Wechselschichtarbeit in der Nacht” übertragen werden. Dies widerspräche dem unmißverständlich auf die Nachtarbeit beschränkten Wortlaut des § 6 Nr. 2.1 MTV und der Systematik des § 7 Nr. 1.1 Buchst. c und d MTV. Die Zuschlagsregelung des § 7 Nr. 1.1 Buchst. c und d MTV enthält für das Tarifgebiet Hamburg und Umgebung im Gegensatz zur Nachtarbeitszuschlagsregelung in § 7 Nr. 2.4 MTV für das Tarifgebiet Schleswig-Holstein nicht eine, sondern zwei Möglichkeiten. Wäre die Regelmäßigkeit in beiden Alternativen gleich zu verstehen, so wäre die Unterscheidung bedeutungslos. Sinnlose Regelungen können jedoch den Tarifvertragsparteien nicht unterstellt werden. Ausgehend vom allgemeinen Sprachgebrauch liegt eine regelmäßige Wechselschichtarbeit in der Nacht vor, wenn sie nach einer im voraus bestimmten Regel laufend anfällt. Diese Voraussetzung erfüllt die vom Kläger zu leistende Wochenendschichtarbeit.
bb) Die beiden Alternativen in den Zuschlagsregelungen des § 7 Nr. 1.1 Buchst. c und d MTV schließen sich nach dem Tarifwortlaut nicht aus, sondern stehen nebeneinander. Arbeiten in der Nacht können gleichzeitig unter § 7 Nr. 1.1 Buchst. c und d MTV fallen. Nach § 7 Nr. 1.2 MTV ist, wenn mehrere Zuschläge zusammentreffen, der höhere Zuschlag zu zahlen. Dies entspricht auch dem Zweck des § 7 Nr. 1.1 Buchst. c und d MTV. Die Tarifvertragsparteien gehen von einer den höheren Zuschlag rechtfertigenden größeren Belastung der Arbeitnehmer aus, wenn eine der beiden Alternativen vorliegt. Diese Tatsachenbewertung der Tarifvertragsparteien ist von den Gerichten zu respektieren. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liegt nicht vor.
c) Der Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlich gewährten Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 12,5 % und dem zu zahlenden in Höhe von 20 % beläuft sich für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 1993 unstreitig auf 138,48 DM.
II. Für die montags bis einschließlich samstags anfallende Feiertagsarbeit steht dem Kläger nicht ein Zuschlag in Höhe von 100 %, wie die Beklagte angenommen hat, sondern ein Zuschlag in Höhe von 150 % zu. Der Zuschlag von weiteren 50 % für die im Jahre 1993 am Ostermontag, an Christi Himmelfahrt und am Pfingstmontag geleistete Feiertagsarbeit beträgt unstreitig insgesamt 575,61 DM brutto.
Nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. g und h MTV hängt die Höhe des Zuschlags davon ab, ob die Feiertagsarbeit auf einen Wochentag fällt, an dem im Betrieb regelmäßig gearbeitet wird (150 % Zuschlag) oder regelmäßig nicht gearbeitet wird (100 % Zuschlag). Im Betrieb der Beklagten wird werktags regelmäßig gearbeitet. Unerheblich ist es, daß der Kläger und die Wochenendschichtarbeiter in der Regel montags bis donnerstags nicht arbeiten mußten. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es nicht auf die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Klägers oder der Wochenendschichtarbeiter an.
1. Soweit der MTV auf die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des einzelnen Arbeitnehmers abstellt, hat er dies ausdrücklich so formuliert (vgl. u.a. § 2 Nr. 2.1, § 3 Nr. 1.2 Abs. 1 Satz 1, Nr. 1.2.2 Abs. 1 Satz 1, Nr. 1.5, Nr. 4.1, Nr. 4.4 Satz 1, Nr. 4.5 Satz 1, § 5 Nr. 1 Satz 2, § 6 Nr. 1 Abs. 1). Die Zuschlagsregelungen knüpfen in § 7 Nr. 3.7 Satz 1 ebenfalls an die „individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit” an. Dagegen haben die Tarifvertragsparteien diese Formulierung bei der Zuschlagsregelung für die Arbeit an Wochenfeiertagen (§ 7 Nr. 1.1 Buchst. g und h MTV) nicht übernommen, sondern die regelmäßige Arbeit „im Betrieb” ohne Einschränkung für maßgeblich erklärt. Weder sind Arbeitnehmergruppen mit besonderen Arbeitszeiten, wie etwa Teilzeitkräfte, ausgeklammert worden noch sind für sie Sonderregelungen zum Feiertagszuschlag geschaffen worden.
2. Der tarifvertragliche Zweck des erhöhten Feiertagszuschlags gebietet keine einschränkende Auslegung (teleologische Reduktion) des § 7 Nr. 1.1 Buchst. g MTV. Sinn und Zweck einer tariflichen Regelung sind insbesondere dem Wortlaut und der Systematik des Tarifvertrags zu entnehmen. Nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. g und h MTV kommt es nicht darauf an, ob der einzelne Arbeitnehmer ohne die Feiertagsarbeit einen Anspruch auf Feiertagsvergütung nach dem Feiertagslohnzahlungsgesetz (nunmehr § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz) gehabt hätte. Es genügt, daß nach den regelmäßigen Arbeitszeiten im Betrieb entweder bei den an einem Wochenfeiertag eingesetzten Arbeitnehmern selbst oder bei ihren Arbeitskollegen ein feiertagsbedingter Arbeitsausfall möglich ist. Wie sich aus der tarifvertraglichen Ausgestaltung ergibt, berücksichtigt der erhöhte Zuschlag nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. g MTV, daß Arbeiten verrichtet werden, deren Ausfall Vergütungsansprüche ohne Arbeitsleistung auslösen würde. Dementsprechend steht auch den Arbeitnehmern ein erhöhter Zuschlag zu, die einen feiertagsbedingten Ausfall von Arbeitskräften überbrücken. Der Anreiz zur Übernahme derartiger Tätigkeiten wurde mit der vorliegenden Zuschlagsregelung verstärkt.
3. Unerheblich ist es, wenn die Produktion an bestimmten Tagen – im vorliegenden Fall samstags – nur eingeschränkt fortgeführt wird. Nach dem Wortlaut des § 7 Nr. 1.1 Buchst. g und h MTV kommt es nicht darauf an, ob der Wochentag, auf den der Feiertag fällt, für die Mehrzahl der Arbeitnehmer zur regelmäßigen Arbeitszeit zählt. Auch an einem Wochentag, an dem üblicherweise lediglich ein Teil der Belegschaft tätig ist, wird „im Betrieb regelmäßig gearbeitet”. Soweit an einem solchen Wochentag feiertagsbedingte Arbeitsausfälle durch Feiertagsarbeit vermieden werden, entspricht es dem Sinn und Zweck des § 7 Nr. 1.1 Buchst. g MTV, daß die eingesetzten Arbeitnehmer Anspruch auf den erhöhten Zuschlag haben.
III. Für die Arbeit an Feiertagen, die auf einen Sonntag fallen, steht dem Kläger nicht der geforderte Zuschlag in Höhe von 150 %, sondern lediglich der gezahlte Zuschlag in Höhe von 100 % zu. Der Zuschlagsanspruch des Klägers für Ostersonntag und Pfingstsonntag 1993 ist demgemäß bereits erfüllt und damit erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB).
1. Auf § 7 Nr. 1.1 Buchst. g MTV kann der Kläger den geltend gemachten Anspruch nicht stützen. Sonntage sind keine Wochentage i.S. dieser Tarifvorschrift.
a) Der Tarifwortlaut spricht mehr gegen als für die Einbeziehung der auf einen Sonntag fallenden Feiertage. Nach dem überwiegenden Sprachgebrauch sind unter Wochentagen alle Kalendertage mit Ausnahme der Sonntage zu verstehen (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Band 6, S. 765; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2. Aufl., S. 1750). Allerdings ist der Wortlaut nicht eindeutig, weil unter Wochentagen teilweise auch alle sieben Tage der Woche verstanden werden (vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch, Band 30, S. 954) und der Tarifvertrag für die Tage Montag bis Samstag auch den Ausdruck Werktage verwendet. Der Gesamtzusammenhang führt jedoch zu einem klaren Auslegungsergebnis.
b) § 7 Nr. 1.1 Buchst. g und h MTV sprechen nicht von „Kalendertagen” oder ohne Einschränkung von „Tagen”, sondern erfassen mit dem Ausdruck „Wochentage” ebenso wie in §§ 7 Nr. 1.3 mit dem Ausdruck „Wochenfeiertage” nur einen Teil der Feiertage. Für die Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, die auf einen Sonntag fallen, enthält § 7 Nr. 1.1 Buchst. i MTV eine eigenständige Zuschlagsregelung. Bei Sonntagsfeiertagen wird nicht darauf abgestellt, ob im Betrieb regelmäßig gearbeitet oder nicht gearbeitet wird. Der Zuschlag beträgt einheitlich 100 %.
2. Diese tarifliche Zuschlagsregelung ist wirksam. Tarifverträge unterliegen keiner Billigkeits- und Zweckmäßigkeitskontrolle. Es ist nicht Sache der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen haben. Sie haben lediglich zu kontrollieren, ob die Grenzen der Tarifautonomie überschritten sind. Tarifverträge sind von den Gerichten nur daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen das Grundgesetz und zwingendes Gesetzesrecht verstoßen (BAG Urteil vom 12. Februar 1992 – 7 AZR 100/91 – AP Nr. 5 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu III 1 der Gründe; BAG Urteil vom 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu B II 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 5. Dezember 1995 – 3 AZR 226/95 –, n.v., zu B I 3 c der Gründe, jeweils m.w.N.). Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor.
a) Auch die Tarifvertragsparteien sind an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden, der Teil der objektiven Wertordnung ist und als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts Geltung beansprucht (vgl. u.a. BVerfGE 21, 362, 372 = AP Nr. 9 zu § 1542 RVO, zu B II 3 a der Gründe). Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt vor, wenn im wesentlichen gleichliegende Sachverhalte ohne sachlich einleuchtenden Grund unterschiedlich behandelt werden (vgl. u.a. BVerfGE 25, 198, 205; 25, 314, 321; 31, 101, 109; 36, 321, 328; 40, 65, 85; 49, 280, 283). Für die unterschiedliche Behandlung der Wochenfeiertage und der Sonntagsfeiertage gibt es vertretbare Gründe. Der Senat hat nicht zu prüfen, ob eine andere Regelung gerechter gewesen wäre.
b) Der erhöhte Zuschlag nach § 7 Nr. 1.1 Buchst. g MTV setzt voraus, daß an diesem Wochentag im Betrieb regelmäßig gearbeitet wird. Regelmäßige Sonntagsarbeit wollen die Tarifvertragsparteien jedoch möglichst verhindern. Um die Einhaltung der Sonntagsruhe weitestgehend zu sichern, können die Tarifvertragsparteien die Arbeit an Sonntagen einschränken und von erhöhten Zuschlägen absehen, um einen zusätzlichen Anreiz zur Sonntagsarbeit zu vermeiden.
IV. Die Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittel entsprechend dem Umfang ihres Unterliegens nach §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO anteilmäßig zu tragen.
Unterschriften
Kremhelmer, Mikosch, Richter Bepler ist durch Urlaub an der Unterschrift verhindert. Kremhelmer, Schwarze, Hofmann
Fundstellen