Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Lehrerin nach dem BAT-O. Bestätigung und Fortführung der Rechtsprechung zur Eingruppierung der Lehrer im Beitrittsgebiet. Verweisung durch Tarifvertrag auf Beamtenbesoldung
Leitsatz (amtlich)
- Es wird dabei verblieben, daß Lehrer für untere Klassen einer allgemeinbildenden Schule in den neuen Bundesländern nach §§ 22, 23 BAT-O in Verbindung mit § 2 Nr. 3 der Sonderregelung 2 l I BAT-O einzugruppieren sind, was dazu führt, daß sie in die Vergütungsgruppe eingruppiert sind, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht. in welche der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde.
- Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 können in die Besoldungsgruppe A 10 oder A 11 einzureihen sein. Eine Eingruppierung in die Besoldungsgruppe A 11 kann erfolgen, wenn diese Lehrer entweder eine achtjährige Lehrtätigkeit oder eine dreijährige Dienstzeit in der Besoldungsgruppe A 10 zurückgelegt haben.
- Die Höherstufung von A 10 nach A 11 steht im pflichtgemäßen, aber auch auszuübenden Ermessen der zuständigen Verwaltungsbehörde, die den Stellenkegel einerseits, aber auch die Befähigung des Lehrers andererseits berücksichtigen muß.
- Es bestehen keine Rechtsbedenken, daß in einem Tarifvertrag für die Eingruppierung von Lehrern auf die für Beamte bestehenden Grundsätze verwiesen wird, wenn damit eine weitgehende Gleichbehandlung von angestellten und verbeamteten Lehrkräften erreicht werden soll.
- Die Normen des Tarifvertrages können nicht einseitig durch Lehrererlasse eingeschränkt werden. Hierfür bietet § 2 Nr. 3 der Sonderregelung keinen Raum. Der Hinweis auf Lehrerrichtlinien erlaubt nur noch eine Ergänzung, wenn die für Beamte geltenden Besoldungsgruppen nicht ausreichen.
Normenkette
BAT-O § 11 S. 2; ÄnderungsTV Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 § 2 Nr. 3; 2. BesÜV vom 21. Juni 1991, Anlage 1 Besoldungsgruppe A 10 und A 11
Verfahrensgang
LAG Berlin (Urteil vom 04.08.1993; Aktenzeichen 8 Sa 60/93) |
ArbG Berlin (Urteil vom 16.12.1992; Aktenzeichen 17 Ca 3848/92) |
Tenor
Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 4. August 1993 – 8 Sa 52/93 – und – 8 Sa 60/93 – aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht Berlin zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin in die VergGr. IVb oder IVa BAT-O.
Die Klägerin erwarb 1969 die Lehrbefähigung für den Unterricht in den unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule für die Fächer Deutsch, Mathematik und Kunsterziehung an dem Institut für Lehrerbildung in R…. Seither ist die Klägerin mit Ausnahme der Zeit von September 1973 bis Dezember 1975, in der sie als Erzieherin eingesetzt war, als Lehrerin, zuletzt an der 11. Grundschule in B…, tätig.
Seit dem 1. Juli 1991 zahlt das beklagte Land der Klägerin die Vergütung nach der VergGr. IVb BAT-O. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 20. September 1991.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung der Erste Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) einschließlich der ihn ändernden und ergänzenden Bestimmungen Anwendung. Durch § 1 Nr. 40 des ÄnderungsTV Nr. 1 vom 8. Mai 1991 zum Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) wurden mit Wirkung vom 1. Juli 1991 die Sonderregelungen 2 l I BAT-O u.a. um Nr. 3a wie folgt ergänzt:
“Nr. 3a
Zu §§ 22 bis 25 – Eingruppierung -
Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben.
…”
§ 2 Nr. 3 dieses Änderungs-TV enthält die folgende Regelung:
“Die Anlage 1a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die
…
als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 l I fallen,
beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – ggf. nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde.
…”
In den auf diese Tarifbestimmung gestützten Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 (TdL-Richtlinien), die am 1. Juli 1991 in Kraft getreten sind, werden “Lehrkräfte mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung an allgemeinbildenden Schulen in Vergütungsgruppe IVb eingereiht, soweit sie Unterricht in den Klassen 1 bis 4 erteilen”.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. IVa BAT-O. Diese Vergütungsgruppe entspreche der Besoldungsgruppe A 11, die in der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl I S. 1345) für die Besoldung entsprechender beamteter Lehrer vorgeschrieben sei. Wegen dieser im BAT-O enthaltenen abschließenden Regelung komme die Anwendung der TdL-Richtlinien nicht in Betracht, soweit diese zu ihren Lasten von den tariflichen Regelungen abwichen.
Mit der am 5. Februar 1992 bei dem Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin zunächst die Feststellung beantragt, daß sie in die VergGr. IVa BAT-O einzugruppieren sei. Diese Klage hat sie mit Schriftsatz vom 11. November 1992, dem beklagten Land zugestellt am 23. November 1992, erweitert und in der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 1992 teilweise zurückgenommen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ab 1. Juli 1991, hilfsweise ab 1. Januar 1992, an sie Vergütung nach der VergGr. IVa BAT-O zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Ansicht, daß die Eingruppierung in die VergGr. IVb BAT-O zutreffend sei. Die Eingruppierung richte sich nach der TdL-Richtlinie. Auch aus dem tarifvertraglichen Verweis auf die beamtenrechtlichen Vorschriften der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergebe sich kein Anspruch auf Höhergruppierung. Eine Höhergruppierung hiernach könne nur dann erfolgen, wenn auch die übrigen entsprechend anwendbaren beamtenrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien. So hänge die Übertragung von Beförderungsämtern u.a. davon ab, daß solche Ämter in entsprechen der Anzahl eingerichtet seien. Desweiteren habe der Dienstherr bei der Übertragung von Beförderungsämtern bei Beamten einen Ermessensspielraum.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ab 1. Januar 1992 die Klägerin nach der VergGr. IVa BAT-O zu vergüten und im übrigen die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung der Klägerin unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festgestellt, das beklagte Land sei verpflichtet, an die Klägerin seit dem 1. Juli 1991 Vergütung nach der VergGr. IVa BAT-O zu zahlen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land den Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Zur Beurteilung der Frage, ob die Klägerin in die VergGr. IVa BAT-O einzugruppieren ist, bedarf es weiterer Feststellungen.
I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, bei der nach ständiger Rechtsprechung des Senats das nach § 256 ZPO erforderliche besondere rechtliche Interesse an der Feststellung zu bejahen ist (Senatsurteile vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 20. April 1994 – 4 AZR 312/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
II. Für die Beurteilung, ob die Klägerin Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. IVa BAT-O hat, bedarf es weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Die Klage ist nur dann begründet, wenn die Klägerin, stünde sie im Beamtenverhältnis, im streitbefangenen Zeitraum in die Besoldungsgruppe A 11 eingestuft worden wäre.
1. Zutreffend kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, daß im vorliegenden Fall die Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a des BAT-O nicht heranzuziehen sind. Nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des 1. ÄnderungsTV zum BAT-O ist die Anlage 1a auf Lehrkräfte nicht anzuwenden.
2. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst und damit u. a. auch der 1. ÄnderungsTV zum BAT-O Anwendung, der für die Eingruppierung der Lehrkräfte auf die für beamtete Lehrkräfte geltenden Besoldungsvorschriften verweist.
a) Damit kommen im vorliegenden Fall für die Einstufung der Klägerin nach der Anlage 1 der 2. BesÜV sowohl die BesoldungsGr. A 10 als auch A 11 in Betracht, die den VergGr. IVb bzw. IVa BAT-O entsprechen (§ 11 BAT-O). Diese haben – soweit es hier interessiert – folgenden Wortlaut:
“Besoldungsgruppe A 10
Lehrer$
- als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule -
- …
Besoldungsgruppe A 11
Lehrer$
- als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule -
- …
Die Klägerin erfüllt neben den fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Einstufung in die BesoldungsGr. A 10 als Eingangsamt auch die der BesoldungsGr. A 11 als Aufstiegsamt. In letztere können Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung eingereiht werden, soweit sie die in der Fußnote 2) geforderten Voraussetzungen erfüllen. Danach ist entweder eine achtjährige Lehrtätigkeit nach Abschluß der Fachschulausbildung erforderlich (1. Alt.) oder eine dreijährige Dienstzeit seit Anstellung als Lehrer in der BesoldungsGr. A 10 (2. Alt.).
Die Klägerin erfüllt bereits die Voraussetzungen der 1. Alt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts besitzt sie nach der im Jahr 1969 abgeschlossenen pädagogischen Fachschulausbildung die Lehrbefähigung für die unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule. Nach den weiteren, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen weist sie bis zum Juli 1991 eine Lehrtätigkeit von 21 Jahren auf.
b) Entgegen der Auffassung der Revision steht es einer Einstufung der Klägerin in die BesoldungsGr. A 11 nicht entgegen, daß sie keine drei Jahre als Lehrer in der BesoldungsGr. A 10 verbracht hat. Nach der Fußnote 2) zu der BesoldungsGr. A 11 ist es für eine Einstufung ausreichend, wenn eine der beiden dort genannten Voraussetzungen vorliegt. Zutreffend hat bereits das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß ansonsten für die 1. Alt. kein Anwendungsbereich bliebe.
Diese Sichtweise wird durch einen Vergleich mit den ursprünglichen Anforderungen für die Einstufung der beamteten Lehrkräfte nach der 1. BesÜV vom 4. März 1991 (BGBl I S. 622) bestätigt. Nach deren Anlage 1 war für die Lehrkräfte in den unteren Klassen 1 bis 4 EingangsbesoldungsGr. A 9 und Aufstiegsgruppe A 10, soweit sie nicht über ein Ergänzungsstudium verfügten. Die Zuordnung zur letztgenannten Gruppe erforderte nach der Fußnote 2) eine achtjährige Lehrtätigkeit, davon drei Jahre im Beamtenverhältnis, oder eine vierjährige Amtszeit als Lehrer in der EingangsbesoldungsGr. A 9. Nach der geänderten Fassung der Fußnote 2) ist die Ausübung der Lehrtätigkeit im Beamtenverhältnis gerade keine Voraussetzung mehr für eine Zuordnung in die Aufstiegsgruppe A 11.
c) Allerdings ist die Klägerin nicht schon deshalb in die von ihr begehrte VergGr. IVa BAT-O eingruppiert, weil sie die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für eine Anstellung in der BesoldungsGr. A 11 erfüllt. Denn nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des 1. ÄnderungsTV ist darüber hinaus erforderlich, daß sie in diese BesoldungsGr. tatsächlich eingestuft worden wäre, soweit sie das beklagte Land in ein Beamtenverhältnis übernommen hätte.
Nach der tariflichen Regelung müssen die angestellten Lehrkräfte nicht nur die in den Besoldungsgruppen genannten fachlichen und pädagogischen Anforderungen erfüllen, sondern für ihre Eingruppierung ist darüber hinaus maßgeblich, daß die Voraussetzungen einer Anstellung im Beamtenverhältnis vorliegen. Dies folgt aus dem Wortlaut der Tarifnorm, insbesondere den letzten beiden Halbsätzen von Satz 2. Dort wird für die Eingruppierung ausdrücklich auf die mutmaßliche Einstufung im Beamtenverhältnis abgestellt und nicht lediglich, ob die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für eine bestimmte BesoldungsGr. erfüllt sind. Nach Beamtenrecht ist ein Aufstieg innerhalb derselben Laufbahn aber an weitere Voraussetzungen gebunden. So muß der Bewerber aufgrund seiner bisherigen Leistung für das Beförderungsamt geeignet erscheinen und die betreffende Planstelle auch tatsächlich im Haushalt zur Verfügung stehen. Selbst dann besteht im Gegensatz zur Tarifautomatik des BAT-O kein Anspruch des Beamten auf Übertragung des Beförderungsamts, sondern lediglich auf ermessensfehlerfreie Entscheidung seines Dienstherrn in dieser Hinsicht.
Dies folgt auch aus Sinn und Zweck von § 2 Nr. 3 des 1. ÄnderungsTV. Die Regelung dient der vergütungsrechtlichen Gleichbehandlung der beim beklagten Land beschäftigten Lehrkräfte, unabhängig davon, ob sie im Beamten- oder Angestelltenverhältnis tätig sind. Ansonsten würde die tarifliche Regelung zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung der Angestellten führen. Diese hätten beim Vorliegen der fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen der BesoldungsGr. A 11 Anspruch auf Zahlung der VergGr. IVa BAT-O. Damit wäre der Aufstieg der angestellten Lehrkräfte im Gegensatz zu dem der Beamten nicht vom Vorliegen entsprechender Planstellen abhängig. Darüber hinaus könnten bei der Höhergruppierung von angestellten Lehrkräften deren bisherige Leistungen nicht berücksichtigt werden. Nach dem insoweit maßgeblichen Wortlaut der Anlage 1 der 2. BesÜV wird die Bewährung der Lehrkraft in der zurückgelegten achtjährigen Dienstzeit nicht als Voraussetzung für einen Aufstieg gefordert.
d) Die in dieser Form im Tarifvertrag vorgenommene Verweisung auf beamtenrechtliche Besoldungsvorschriften begegnet keinen Bedenken. Auf diese Weise wird erreicht, daß Lehrkräfte, die nach ihren fachlichen Qualifikations- und Tätigkeitsmerkmalen als gleichwertig anzusehen sind, eine annähernd gleiche Vergütung für ihre Tätigkeit ohne Rücksicht darauf erhalten, ob sie Beamte oder Angestellte sind. Eine solche Regelung ist angesichts des Umstandes, daß Angestellte und beamtete Lehrer oft nebeneinander an derselben Schule und außerdem unter weitgehend gleichen äußeren Arbeitsbedingungen tätig sind, sachgerecht. Dies rechtfertigt die in der Tarifnorm enthaltene Blankettverweisung auf die Vorschriften der 2. BesÜV (Senatsurteil vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, m.w.N.; BAG Urteil vom 20. April 1994 – 4 AZR 312/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Gegen die rechtliche Zulässigkeit der im Tarifvertrag enthaltenen Verweisung auf die fiktive Einstufung im Beamtenverhältnis spricht nicht, daß hierdurch dem Arbeitgeber ein weitgehender Gestaltungsspielraum für die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte eingeräumt wird. So verbleibt ihm durch die Ausweisung der entsprechenden Zahl von Beförderungsstellen im Haushaltsplan letztlich die Entscheidung, in welchem Umfang überhaupt ein Aufstieg von Lehrern der unteren Klassen in die VergGr. IVa BAT-O in Betracht kommt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats bestehen im Bereich des öffentlichen Dienstes keine Bedenken, wenn der Tarifvertrag die Eingruppierung des Angestellten vom Vorliegen bestimmter, für Beamte geltende haushaltsrechtlicher Vorgaben abhängig macht (vgl. BAG Urteil vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 26/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu II 2a der Gründe, m.w.N.). Durch diese Verweisung entäußern sich die Tarifvertragsparteien nicht in unzulässiger Form ihrer Regelungsmacht. So bleibt es, wie beispielsweise im vorliegenden Fall, ihrem Willen überlassen, ob sie die getroffene Festlegung beibehalten wollen oder die Voraussetzungen für den Aufstieg der angestellten Lehrkräfte an andere Voraussetzungen knüpfen. Ebenso kann eine Regelung vorsehen, daß ein Aufstieg eines angestellten Lehrers in eine höhere Vergütungsgruppe nur bei Vorliegen der nach dem Beamtenrecht bestehenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfolgt (BAG Urteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 394/92 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Darüber hinaus ist es auch nicht in das freie Ermessen des Dienstherrn gestellt, den Aufstieg angestellter Lehrkräfte etwa dadurch zu verhindern, daß er überhaupt keine A 11-Stellen ausweist oder vorhandene Stellen ausschließlich durch beamtete Lehrkräft besetzt.
Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste oder zweckmäßigste aller in Betracht kommenden Regelungen getroffen haben; sie haben lediglich zu kontrollieren, ob in der Norm die Grenzen des den Tarifvertragsparteien durch Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumten Gestaltungsspielraumes überschritten werden (BAG Urteil vom 27. November 1991 – 4 AZR 533/89 – AP Nr. 103 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie). Hierfür bestehen aufgrund des bisherigen Parteivortrags zur Zeit noch keine Anhaltspunkte.
3. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes sind die TdL-Richtlinien für die Eingruppierung der Klägerin ohne Bedeutung. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, daß TdL-Richtlinien kein Rechtsnormcharakter zukommt. Sie sind lediglich einseitige Empfehlungen einer Tarifvertragspartei an ihre Mitglieder (BAG Urteil vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu II 3a der Gründe; BAGE 58, 283, 291 f. = AP Nr. 24 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAG Beschluß vom 12. November 1991 – 4 AZN 464/91 – AP Nr. 42 zu § 72a ArbGG 1979 Grundsatz).
a) Die Anwendung von TdL-Richtlinien im Arbeitsverhältnis kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn sie von den Arbeitsvertragsparteien vereinbart worden ist oder die Tarifvertragsparteien insoweit dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB zuerkannt haben. An beiden Voraussetzungen fehlt es jedoch im vorliegenden Fall.
b) Auch die in § 2 Nr. 3 Satz 2 des 1. ÄnderungsTV zum BAT-O enthaltene Verweisung auf die TdL-Richtlinien führt nicht dazu, daß diese für die Eingruppierung der Klägerin maßgeblich wären. Diese Tarifnorm enthält durch die Verweisung auf die 2. BesÜV eine materielle Eingruppierungsregelung, die zwingend und in den von der 2. BesÜV unmittelbar erfaßten Fällen auch abschließend ist.
aa) Die 2. BesÜV in ihrer Anlage 1 eine abschließende Regelung für die als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule tätigen Lehrkräfte, die keiner ergänzenden Ausfüllung durch Richtlinien bedarf.
bb) § 2 Nr. 3 Satz 2 des 1. ÄnderungsTV zum BAT-O enthält Mindestbedingungen für die Eingruppierung der Angestellten, die keiner verschlechternden Regelung in TdL-Richtlinien zugänglich sind. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und aus dem Regelungszusammenhang der Tarifbestimmung, auf die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei der Auslegung in erster Linie abzustellen ist (z. B. Senatsurteil vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel, zu I 2a der Gründe, m.w.N.).
Wie der Senat bereits in der Entscheidung vom 24. November 1993 (– 4 AZR 16/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) ausgeführt hat, ist der Regelungsinhalt der Tarifnorm – Eingruppierung der angestellten Lehrer entsprechend der Einstufung der Beamten – zwar durch den Zusatz eingeschränkt, daß dies “gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien” zu erfolgen habe. Damit wird aber nicht die Möglichkeit eröffnet, den oben dargestellten Regelungsinhalt der Tarifnorm zu modifizieren. Zwar mag das Wort gegebenenfalls in der Bedeutung von “möglicherweise, eventuell, wenn sich ein bestimmter Fall ergibt” (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 3. Band, 1981), für sich allein verschiedene Auslegungen zulassen. So kann es den Fall erfassen, daß es überhaupt einschlägige Richtlinien gibt, wie auch den Fall, daß wegen der Unvollständigkeit der für Beamte geltenden Regelung eine Ergänzung durch Richtlinien vorgenommen wird. Aus dem Zusatz “nach näherer Maßgabe” ergibt sich aber, daß hier nur der zweite Fall gemeint ist. Damit läßt die Tarifbestimmung nämlich nur eine spezifizierende Regelung durch Richtlinien im Rahmen der aus der Heranziehung beamtenrechtlicher Besoldungsvorschriften gewonnenen Regelung zu. Ist diese Regelung aber, wie im vorliegenden Fall, abschließend, so ist für eine solche Spezifizierung kein Raum.
In dieser Auslegung hat die Tarifnorm auch ein vernünftiges Ergebnis, denn die in ihr in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Besoldungsvorschriften decken, was von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt wird, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der ehemaligen DDR vorhandene Vielzahl von Lehrerausbildungsabschlüssen nicht ab. Die Tarifvertragsparteien mußten daher davon ausgehen, daß für eine Reihe von Fällen die Eingruppierung nicht unmittelbar durch Rückgriff auf Vorschriften des Besoldungsrechts möglich sein, sondern – im Rahmen der im Besoldungsrecht zum Ausdruck kommenden Wertungen – noch ergänzende und präzisierende Vorgaben durch Richtlinien voraussetzen werde. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht.
Schließlich steht der von dem beklagten Land für richtig gehaltenen Auslegung, wonach für die Eingruppierung immer dann die Richtlinien maßgeblich sein sollen, wenn sie nur vorhanden sind, auch entgegen, daß der Tarifvertrag für ein derartiges generelles Zurücktreten der Tarifnorm gegenüber der von einer Tarifvertragspartei einseitig vorgenommenen Festlegung keine Grundlage bietet. Sollten die Tarifvertragsparteien wirklich eine solche ungewöhnliche Regelung gewollt haben, die einer Seite ein beliebiges und für die Tarifunterworfenen verbindliches Abweichen vom Tarifvertrag ermöglichen würde, dann hätten sie dies durch eine entsprechende Formulierung im Tarifvertrag – z.B. “sofern nicht in Richtlinien der Arbeitgeber etwas anderes bestimmt ist” – klar zum Ausdruck bringen müssen. Dabei kann hier dahinstehen, inwieweit eine solche Verweisung überhaupt wirksam wäre.
III. Der Rechtsstreit war aus den unter II.2 genannten Gründen an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Es bedarf weiterer Feststellungen, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt die Klägerin die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für eine Einstufung in die BesoldungsGr. A 11 erfüllt. Daneben wird das Landesarbeitsgericht auch zu klären haben, ob die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für einen Aufstieg der Klägerin in die begehrte VergGr. IVa BAT-O vorliegen. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, daß die Tarifvertragsparteien durch die Verweisung auf das Beamtenrecht dem beklagten Land nicht völlig freie Hand hinsichtlich der Höhergruppierung der angestellten Lehrer gegeben haben. Dieses ist vielmehr im Rahmen des von ihm auszuübenden pflichtgemäßen Ermessens verpflichtet, überhaupt entsprechende Beförderungsstellen entsprechend dem anzuwendenen Stellenkegel zu schaffen und insbesondere die angestellten Lehrer bei der Besetzung dieser Stellen auch leistungsentsprechend und unter Berücksichtigung ihrer Dienstzeiten als Lehrer angemessen zu berücksichtigen. Dabei sind die in der ehemaligen DDR zurückgelegten Dienstzeiten zu berücksichtigen. Sie dürfen nicht etwa gegenüber den im Westteil des beklagten Landes zurückgelegten Zeiten benachteiligt werden.
Unterschriften
Schaub, Friedrich, Schneider, Knapp, Wax
Fundstellen
Haufe-Index 856764 |
NZA 1995, 860 |