Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulagenerhöhung bei Arbeitszeitverkürzung
Orientierungssatz
1. Die in der Ziffer 21a in Verbindung mit der Protokollnotiz Nr 2 des Manteltarifvertrages für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie im nordwestdeutschen Raum der Bundesrepublik Deutschland für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende vom 3.1.1985 (MTN) ab 1.10.1985 vorgesehene und im Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie und des Serienmöbelhandwerks in Westfalen-Lippe vom 11.1.1985 mit Wirkung ab 1.1.1985 (Lohn-TV) vollzogene Lohnausgleich für die Arbeitszeitverkürzung betrifft nur die Tariflöhne und enthält keine Aufstockung des Effektivlohnes. Zur Effektivklausel vergleiche BAG Urteil vom 16.9.1987, 4 AZR 268/87.
2. Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nicht vor, wenn bei Arbeitnehmern mit einem Monatslohn oder Monatsgehalt keine Minderung des Gehalts bei Arbeitszeitverkürzungen vorgenommen wird und nur bei Arbeitern mit Stundenlohnvereinbarung der bisherige übertarifliche Lohn beibehalten wird.
Normenkette
TVG § 1; BGB §§ 242, 611; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 10.03.1987; Aktenzeichen 13 Sa 1270/86) |
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 27.05.1986; Aktenzeichen 5 Ca 765/86) |
Tatbestand
Der Kläger ist seit Oktober 1975 bei der Beklagten als Maschinenführer beschäftigt. Auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die Tarifverträge der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie im nordwestdeutschen Raum Anwendung.
Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 15. Februar 1984 und der Änderungsmitteilung vom 30. September 1985 ist der Kläger in die Lohngr. 5 des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie und des Serienmöbelhandwerks in Westfalen/Lippe vom 11. Januar 1985 eingruppiert und erhielt bis einschließlich September 1984 einen Brutto-Stundenlohn von 15,50 DM. Dieser Lohn setzte sich bis 31. Dezember 1984 zusammen aus dem Tariflohn (einschließlich Maschinenführerzulage) von 11,90 DM und einer so bezeichneten "freiwilligen betrieblichen Zulage" von 3,60 DM. Mit Wirkung vom 1. Januar 1985 erhöhte sich der Tariflohn auf 12,14 DM und die freiwillige betriebliche Zulage betrug nur noch 3,36 DM. Durch den Lohntarifvertrag erhöhte sich mit Wirkung vom 1. Oktober 1985 der Tariflohn um 0,47 DM auf 12,61 DM zum Ausgleich für die im Manteltarifvertrag für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie im nordwestdeutschen Raum der Bundesrepublik Deutschland (MTN) vom 3. Januar 1985, gültig ab 1. Januar 1985, vereinbarte Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden ab 1. Oktober 1985 um 3,9 %. Danach zahlte die Beklagte an den Kläger einen Brutto-Stundenlohn von 15,97 DM, der sich aus dem Tariflohn (einschließlich Maschinenführerzulage) von 12,61 DM und der freiwilligen betrieblichen Zulage von 3,36 DM zusammensetzte.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Erhöhung der freiwilligen betrieblichen Zulage entsprechend der Tariflohnerhöhung um 3,9 % auf 3,49 DM für die in den Monaten Oktober und November 1985 geleisteten Arbeitsstunden in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 81,28 DM brutto.
Der Kläger ist der Auffassung, aus § 21 a MTN und der Protokollnotiz Nr. 2 zum MTN ergebe sich, daß die Beklagte die Erhöhung von 3,9 % auch auf die übertarifliche Zulage gewähren müsse, da nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die Arbeitnehmer durch die Arbeitszeitverkürzung keine Lohneinbußen hinnehmen sollten und mit dem Begriff Arbeitsentgelt nicht nur den Tariflohn gemeint hätten. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Verbot von Effektivklauseln sei hier nicht anwendbar, da sie auf dem Gedanken der Zweckidentität beruhe. Nur wenn die übertarifliche Bezahlung denselben Zweck verfolge wie die Tariflohnerhöhung, sei der Arbeitgeber zur Kürzung übertariflicher Lohnbestandteile berechtigt. Daran fehle es vorliegend, da die Vereinbarung des vollen Lohnausgleichs nur der Sicherung des bislang erzielten Arbeitsentgelts diene. Mit der tariflichen Regelung seien nur die Berechnungsgrundlage der Arbeitsvergütung bestimmt und nicht übertarifliche Zulagen mit tarifrechtlicher Wirkung abgesichert, so daß die Tarifbestimmung den Regelungen von Verdienstsicherungsklauseln entspreche. Die Beklagte verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie dem Kläger nicht den vollen Lohnausgleich gewähre, da insbesondere die Angestellten keine Einkommenseinbußen durch die Arbeitszeitverkürzung hinnehmen müßten und weiterhin ihr bisheriges Monatsgehalt einschließlich der übertariflichen Bestandteile erhielten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 81,28 DM
brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus
ergebenden Nettobetrag ab 1. Januar 1986 zu
zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, der im Tarifvertrag vereinbarte volle Lohnausgleich für die Verkürzung der Wochenarbeitszeit könne sich nur auf den Tariflohn beziehen und auch der in der Protokollnotiz verwendete Begriff Arbeitsentgelt erfasse nicht den Effektivlohn, sondern werde als Sammelbegriff für Lohn-, Gehalts- und Ausbildungsvergütungen gebraucht. Nach der vom Kläger vorgenommenen Auslegung wäre die tarifliche Bestimmung als unzulässige Effektivklausel unwirksam, da eine freiwillig gewährte übertarifliche Zulage anderenfalls wenigstens in Höhe der Tariflohnerhöhung zum Tariflohn würde. Eine solche Regelung übertariflicher Lohnbestandteile sei den Tarifvertragsparteien jedoch nach den allgemeinen Grundsätzen des Tarifrechts entzogen. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei nicht erkennbar und die unterschiedlichen Auswirkungen für Angestellte und Stundenlöhner beruhten auf der unterschiedlichen Entgeltfindung, worin ihr sachlicher Grund liege. Insoweit habe der Kläger auch keinen Lohnverlust erlitten, da sich sein Effektivlohn ab 1. Oktober 1985 um 0,47 DM auf 15,97 DM brutto erhöht habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision war zurückzuweisen. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß dem Kläger ein Anspruch auf Erhöhung des übertariflichen Lohnanteiles beim Übergang von der 40- auf die 38,5-Stunden-Woche ab 1. Oktober 1985 nicht zusteht.
Die ab 1. Oktober 1985 eingetretene Tariflohnerhöhung bezieht sich nur auf den Tariflohn und nicht auf die Effektivlöhne. Die durch den Übergang auf die verkürzte Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche eingetretene Verringerung des Wochenlohnes des Klägers ist allein durch die kürzere Wochenarbeitszeit bedingt. Nach Beibehaltung der Stundenlöhne für Arbeiter auch im Lohntarifvertrag vom 11. Januar 1985 über den 30. September 1985 hinaus ist nur der jeweilige tarifliche Stundenlohn für Arbeiter um 3,9 % zum Ausgleich der Arbeitszeitverkürzung erhöht worden. Diese Erhöhung wirkt sich nicht auf übertarifliche Lohnteile aus und ist auch nicht zur Erhaltung des bisherigen Wochenlohnes zulässig.
Auszugehen ist von dem Manteltarifvertrag für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie im nordwestdeutschen Raum der Bundesrepublik Deutschland (MTN) für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende vom 3. Januar 1985, an den beide Parteien tarifgebunden sind, und in dem in Ziffer 21 a bestimmt ist:
"Die regelmäßige Arbeitszeit ausschließlich der
Pausen darf bis zum 3o. September 1985
40 Stunden wöchentlich nicht überschreiten.
Ab 1. Oktober 1985 wird die regelmäßige Arbeitszeit
auf 38,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich verkürzt.
Durch Betriebsvereinbarung kann für Betriebsabteilungen
oder den ganzen Betrieb davon abgewichen
werden."
Hierzu haben die Tarifvertragsparteien in der Protokollnotiz Nr. 2 vereinbart:
"Die Verkürzung der Arbeitszeit um 1,5 Stunden
pro Woche erfolgt ohne Minderung des Arbeitsentgelts
auf der Basis der bisher geltenden
40-Stunden-Woche."
Diese Protokollnotiz ist Bestandteil des MTN und hat damit Tarifwirkung.
Dazu wurde der Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie und des Serienmöbelhandwerks in Westfalen-Lippe vom 11. Januar 1985 mit Wirkung ab 1. Januar 1985 (Lohn-TV) geschlossen, worin bestimmt ist, daß der Lohn nach Lohngruppe 5 ab 1. Oktober 1985 auf 12,61 DM erhöht wird. Diese Tariflohnerhöhung von 12,14 DM auf 12,61 DM beträgt 3,9 % und macht damit genau jenen Wert aus, um den die Wochenarbeitszeit durch den MTN gesenkt worden ist. Ein Arbeitnehmer, der 38,5 Stunden in der Woche arbeitet, erhält damit den gleichen Tariflohn, den er vor der Arbeitszeitverkürzung während der Geltung der 40-Stunden-Woche erzielt hat. Der im MTN vorgeschriebene volle Lohnausgleich ist folglich für den Tariflohn erreicht.
TEXTNachdem die Beklagte dem Kläger die bisherige übertarifliche Zulage von 3,36 DM unverändert fortzahlt und eine Anrechnung auf die Tariflohnerhöhung insoweit nicht vorgenommen hat, erhält der Kläger allerdings durch den Übergang zur wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden diesen übertariflichen Lohnanteil von 3,36 DM nur noch für 38,5 Stunden wöchentlich und nicht mehr für 40 Wochenstunden. Damit ermäßigt sich die wöchentliche Vergütung des Klägers, weil der übertarifliche Lohnanteil nicht zum Ausgleich der Verkürzung der Wochenarbeitszeit ebenfalls um 3,9 % erhöht worden ist. Diese Lohnminderung macht 3,9 % des übertariflichen Lohnanteiles aus, weil dieser Lohnanteil nicht um diesen Betrag wie der Tariflohn erhöht worden ist. Diese Regelung ist jedoch, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, aufgrund der tariflichen Arbeitszeitverkürzung eine notwendige Folge daraus, daß für Arbeiter der tarifliche Stundenlohn sich - auf die Wochenarbeitszeit gesehen - verringert hat, deshalb um 3,9 % erhöht worden ist und das für den übertariflichen Lohnanteil nicht vorgesehen ist und von den Tarifvertragsparteien auch nicht vorgesehen werden konnte. Die tarifliche Regelung bezieht sich nur auf das Arbeitsentgelt als den tariflichen Mindestlohn. Zwar ist generell unter Arbeitsentgelt die in Geld auszuzahlende Vergütung des Arbeitgebers für die geleistete Arbeit ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung zu verstehen (vgl. z. B. Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 87 Rz 57). Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, der für die Auslegung des Tarifvertrages maßgeblich ist (vgl. BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung), ergibt sich aber, daß die Tarifvertragsparteien des MTN nicht immer dann, wenn sie Entgeltfragen regeln, den Begriff Arbeitsentgelt verwenden, sondern differenzieren. In Ziffer 47 MTN heißt es, daß grundsätzlich Arbeitsentgelt nur für die Zeit gezahlt wird, in der Arbeit geleistet wird, und in Ziffer 56 MTN, daß der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts hat. Nach Ziffer 38 a MTN sind aber die Mehrarbeitszuschläge bei Zeitlohn nach dem tatsächlichen Stundenlohn zu berechnen. Entsprechend heißt es in Ziffer 60 c MTN, daß dem Arbeitnehmer auf Verlangen Einsicht in die Berechnungsgrundlagen des Bruttolohnes zu geben ist und berechnet sich das Urlaubsentgelt nach Ziffer 90 a MTN aus dem Bruttoverdienst der letzten 13 Lohnwochen. Für Angestellte wird das Urlaubsentgelt gemäß Ziffer 91 MTN nach dem monatlichen Gesamtgehalt bemessen, das danach weiterzuzahlen ist. Insofern verweisen aber die Begriffe des tatsächlichen Stundenlohnes, des Bruttolohnes, des Bruttoverdienstes und des Gesamtgehalts auf den Effektivlohn. Insoweit gehen also die Tarifvertragsparteien zulässigerweise davon aus, daß als Berechnungsgrundlage für Sondervergütungen die Effektivlöhne zugrunde zu legen sind (vgl. BAGE 33, 83 = AP Nr. 9 zu § 4 TVG Effektivklausel). Damit haben aber die Tarifvertragsparteien des MTN immer dann, wenn sie effektiv gezahlte Löhne in ihre Regelung als Berechnungsgrundlage einbeziehen, den Begriff Arbeitsentgelt nicht verwendet, sondern andere Formulierungen gebraucht. Daraus ist zu entnehmen, daß sie mit der Verwendung des Begriffes Arbeitsentgelt nicht den Effektivlohn, sondern den Tariflohn gemeint haben. Da zudem der MTN für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende gilt, hätte korrekterweise stets nebeneinander die Begriffe des Lohnes, des Gehalts und der Ausbildungsvergütung verwendet werden müssen. Es ist deshalb anzunehmen, daß die Tarifvertragsparteien mit dem Begriff Arbeitsentgelt einen Sammelbegriff für die tariflichen Lohnarten gemeint haben.
Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht auch davon aus, daß eine unzulässige und damit unwirksame Effektivklausel vorliegen würde, wenn die Tarifvertragsparteien mit dieser Bestimmung die Effektivlöhne hätten sichern wollen und nicht nur der Tariflohn, sondern auch der übertarifliche Lohnanteil um 3,9 % auf die begehrten 3,49 DM pro Stunde hätte erhöht werden sollen. Der Kläger hat weder einen tarifrechtlichen noch einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf einen bestimmten Wochenlohn. Der Wochenlohn ist vielmehr das Produkt aus Stundenlohn und Arbeitszeit und daher in der Höhe abhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit. Die Einbuße des Klägers im Wochenlohn ist allein eine Folge der Verkürzung des Faktors Arbeitszeit. Die im Tarifvertrag vereinbarte Verkürzung der Wochenarbeitszeit bewirkt eine unmittelbare und zwingende rechtliche Umgestaltung des Arbeitsvertrages. Sollte unter Beibehaltung des Zeitlohnprinzips gleichwohl der vorher erzielte Wochenlohnverdienst gesichert werden, müßte sich zwangsläufig der Faktor der Entgeltberechnung verändern. Das ergibt sich im vorliegenden Fall besonders deutlich, weil für die Klageforderung der übertarifliche Lohn, wie er zwischen den Parteien vereinbart worden ist, um 3,9 % aufgestockt werden müßte. Eine solche Folge bedürfte aber eines besonderen Rechtsgrundes. Da der Arbeitsvertrag aufgrund der Vereinbarung einer bestimmten Zulage ausscheidet, müßte tarifvertraglich nicht nur der Tariflohn, sondern auch der übertarifliche Lohnanteil um 3,9 % erhöht werden. Das kann aber der tariflichen Regelung nicht entnommen werden. Anderenfalls würde nicht nur eine begrenzte Effektivklausel mit der Wirkung der Erhaltung des übertariflichen Lohnanteils zum Zeitpunkt der Tariflohnerhöhung, sondern sogar eine Effektivgarantieklausel vorliegen, die gegenüber dem bisherigen vereinbarten einen höheren übertariflichen Lohnanteil vorschreibt. Der Arbeitgeber würde mit normativer Wirkung verpflichtet, die Tariflohnerhöhung zusätzlich zu dem bisher gezahlten effektiven Lohn zu zahlen und den übertariflichen Lohnanteil entsprechend zu erhöhen. Das wäre aber eine Effektivklausel, die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unzulässig ist (vgl. BAGE 20, 308 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Effektivklausel).
Die Annahme einer Effektivklausel wird entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagten die rechtliche Möglichkeit verbleibt, künftige Tariflohnerhöhungen anzurechnen. Eine Effektivklausel liegt nämlich auch dann vor, wenn sich die unmittelbare und zwingende Wirkung der Tarifklausel in der einmaligen Erhöhung des Tariflohnes erschöpft, fortan also der neben dem neuen Tariflohn zu zahlende Lohnbestandteil seinen Rechtsgrund allein in der arbeitsvertraglichen Lohnabrede haben soll und demgemäß wieder der freien Parteidisposition unterliegt (sog. begrenzte Effektivklausel, vgl. BAGE 20, 308 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Effektivklausel).
Mit Recht gehen deshalb die Vorinstanzen davon aus, daß der Lohnausgleich für die Arbeitszeitverkürzung nur die Tariflöhne betrifft und keine Aufstockung des Effektivlohnes enthält. Eine solche Regelung würde eine Effektivklausel darstellen, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats unwirksam ist (BAGE 20, 308 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Effektivklausel, bestätigt durch die Entscheidungen BAGE 23, 399 = AP Nr. 8 zu § 4 TVG Effektivklausel, BAGE 33, 83 = AP Nr. 9 zu § 4 TVG Effektivklausel, BAGE 38, 118 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung) und von den Tarifvertragsparteien in dieser Form auch nicht gewollt sein kann. Der Senat sieht auch keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die Effektivklausel stellt einen unzulässigen Eingriff in die vertraglichen Beziehungen der Arbeitsvertragsparteien dar, wie hier besonders daraus deutlich wird, daß die Erhöhung des übertariflichen Stundenlohnanteils verlangt wird. Eine Verdienstsicherung läßt sich damit auf der Basis einer Stundenlohnvereinbarung nicht erreichen, zumal durch Vereinbarung eines Wochen- oder Monatslohnes die Möglichkeit besteht, solche Verdienstminderungen bei einer Arbeitszeitverkürzung zu verhindern. Solange die Tarifvertragsparteien an der Unterscheidung zwischen Stundenlöhnern und Lohnvereinbarungen nach Zeitabschnitten festhalten, sind die daraus sich ergebenden teilweisen Verdienstminderungen unvermeidlich und nicht durch Eingriffe in die den Tarifvertragsparteien verschlossene Einzelvereinbarung zu vermeiden (vgl. Urteil BAG vom 16. September 1987 - 4 AZR 265/87 -, zur Veröffentlichung bestimmt).
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt darin kein Verstoß gegen Gleichberechtigung oder Gleichbehandlung im Arbeitsrecht. Die tarifliche Regelung bezieht sich ohnehin nur auf die tariflichen Stundenlöhne und Gehälter der Angestellten. An Art. 3 GG ist daher diese Regelung nicht zu messen. Vielmehr könnte bei den übertariflichen Lohnteilen nur ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht kommen. Der dem Arbeitsvertragsrecht zugehörige Gleichbehandlungsgrundsatz verwehrt es dem Arbeitgeber, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemeinen Regelungen des Arbeitsverhältnisses auszunehmen und willkürlich schlechter zu stellen (vgl. BAG Urteile vom 17. Mai 1978 - 5 AZR 132/77 - AP Nr. 42 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAGE 35, 43 und BAGE 38, 118 = AP Nr. 45, 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung m. w. N.). Ein solcher Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt aber nicht vor, wenn bei Arbeitnehmern mit einem Monatslohn oder Monatsgehalt keine Minderung des Gehalts bei Arbeitszeitverkürzungen vorgenommen wird und nur bei Arbeitern mit Stundenlohnvereinbarung der bisherige übertarifliche Lohn beibehalten wird. Aus der Vereinbarung eines Wochen- oder Monatslohnes folgt nämlich, daß der vereinbarte Lohn für einen bestimmten Zeitabschnitt ohne Rücksicht darauf gezahlt wird, wieviel Arbeitszeit im Einzelfall tatsächlich geleistet wird. Beim Monatslohn wird dies besonders daraus deutlich, daß die einzelnen Monate des Jahres unterschiedliche Zahlen von Tagen aufweisen und damit auch die Zahl der Arbeitstage und somit die Arbeitszeit trotz gleichen Gehaltes unterschiedlich sind. Dann wirkt sich die Arbeitszeitverkürzung unterschiedlich aus.
Anders ist aber die Rechtslage, wenn gemäß Arbeitsvertrag und hier auch nach dem Tarifvertrag die Bezahlung auf der Grundlage des Stundenlohnes erfolgt. Dann wird nur die jeweils geleistete Stundenzahl vergütet und somit von Woche zu Woche und Monat zu Monat eine unterschiedliche Lohnhöhe erzielt. Die Vereinbarung eines Lohnes für einen bestimmten Zeitabschnitt führt dazu, daß eine Arbeitszeitverkürzung die effektive Lohnhöhe trotz kürzerer Arbeitszeit unberührt läßt. Eine entsprechende Verkürzung des Wochen- oder Monatslohnes mag arbeitsvertraglich zulässig sein, wenn dieser Lohn nur auf der Basis der 40-Stundenwoche gewährt worden ist oder bei verkürzter Arbeitszeit die Grundlage der bisherigen Wochen- oder Monatslohnvereinbarung wegfällt. In keinem Falle aber kann der übertarifliche Lohnteil ohne weiteres sich vermindern, sondern es bedarf stets einer besonderen Berechnung und Erklärung der Herabsetzung. Während beim Stundenlohn der bisherige übertarifliche Lohnanteil des Klägers, wenn er - wie hier - zum jeweiligen Tariflohn gewährt wird, in voller Höhe erhalten bleibt, müßte er bei einem Monatslohn entsprechend gekürzt werden. Das wäre aber eine Veränderung der bisherigen Lohnvereinbarung.
Diese rein rechtlichen Unterschiede berechtigen deshalb zu einer ungleichen Behandlung von Stundenlöhnen auf der einen sowie Wochen- und Monatslöhnen (Gehältern) auf der anderen Seite. Das gleiche folgt aus den zahlreichen anderen Unterschieden, die zwischen Arbeitern und Angestellten nach dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht bestehen. Da die unterschiedliche Entlohnungsform zu unterschiedlichen Folgerungen bei Arbeitszeitverkürzungen und Tariflohnerhöhungen führt, ist auch eine andere Behandlung aufgrund der bisher getroffenen Vereinbarungen rechtlich zulässig. Dementsprechend versuchen auch die Tarifvertragsparteien, einheitliche Entlohnungsgrundsätze für Arbeiter und Angestellte zu schaffen. Insbesondere im Zuge der weiteren Arbeitszeitverkürzung 1987 ist in einzelnen Tarifbezirken der Metallindustrie erreicht worden, daß auch Arbeiter einen Monatslohn erhalten. In anderen Tarifbezirken ist es dagegen beim bisherigen Stundenlohn für Arbeiter geblieben. Bekannt sind auch die weiteren Bemühungen der Tarifvertragsparteien, einheitliche Manteltarifverträge für Arbeiter und Angestellte zu schließen. Eine solche einheitliche Regelung würde dazu führen, daß Arbeiter und Angestellte auch im Lohn gleichbehandelt werden und alle die gleiche Monatsvergütung erhalten. Dann wäre eine Ungleichbehandlung nicht mehr möglich. Solange das aber noch nicht geschehen ist, haben auch die Arbeitsgerichte der Tatsache Rechnung zu tragen, daß unterschiedlich für Arbeiter und Angestellte Stundenlöhne und Monatsgehälter gelten. Es kann nicht Sache der Gerichte für Arbeitssachen sein, durch Angleichung der Stundenlöhne an für einen bestimmten Zeitraum gezahlte Löhne und Gehälter den tariflichen Regelungen vorzugreifen. Nur soweit durch Vereinbarung der Tarifvertragsparteien erreicht wird, daß Arbeiter und Angestellte Wochen- oder Monatslöhne bzw. -gehälter erhalten, greift daher der Gleichbehandlungsgrundsatz ein. Er muß dann auch für die übertariflichen Lohnanteile gelten, so daß die Beibehaltung des Gesamtlohnes auch bei Arbeitszeitverkürzung bei Arbeitern wie bei Angestellten gleichmäßig zu gelten hätte. Solange aber, wie hier im vorliegenden Falle, die Stundenlohnvereinbarung besteht und mit dem Tarifvertrag in Einklang steht, muß diesen unterschiedlichen Voraussetzungen auch bei den Folgen einer Lohnerhöhung aufgrund Arbeitszeitverkürzung Rechnung getragen werden (vgl. BAG Urteil vom 3. Juni 1987 - 4 AZR 44/87 -, zur Veröffentlichung bestimmt).
Haben aber damit die Vorinstanzen zutreffend die Klage abgewiesen, war die Revision mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Freitag
Lehmann Wax
Fundstellen