Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug und tarifliche Ausschlußfristen
Orientierungssatz
Ausdrückliche Ablehnung tariflicher Zahlungsansprüche (hier: § 13 Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland) gegenüber dem Prozeßbevollmächtigten des Arbeitnehmers für einen Kündigungsschutzprozeß.
Normenkette
TVG § 1; ZPO § 286
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 21.06.1983; Aktenzeichen 4 Sa 89/83) |
ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 02.12.1982; Aktenzeichen 1 Ca 1164/82) |
Tatbestand
Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 18. September 1978 als Arbeiterin gegen einen Stundenlohn von zuletzt 12,98 DM beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (einschließlich Berlin-West) in der ab 1. Januar 1979 geltenden Fassung (in der Folge BMTV) Anwendung, der unter § 13 folgende Bestimmungen enthält:
"§ 13 Ausschlußfristen für die Geltendmachung
tariflicher Ansprüche
1. Ansprüche aus dem Manteltarifvertrag und den
Lohntarifverträgen sind wie folgt geltend zu
machen:
a) Ansprüche auf tarifliche Zuschläge und Antrittsgebühren
innerhalb von 2 Wochen nach
Vorliegen der Lohnabrechnung, bei der sie
hätten abgerechnet werden müssen.
b) Sonstige tarifliche Geldansprüche innerhalb
von 8 Wochen nach dem Zeitpunkt, an
dem sie hätten erfüllt werden müssen.
2. Eine Geltendmachung nach Ablauf der unter Ziffer
1 festgesetzten Fristen ist ausgeschlossen.
3. Ist ein tariflicher Anspruch rechtzeitig geltend
gemacht und lehnt der andere Teil seine
Erfüllung ab, muß der Anspruch innerhalb von
12 Wochen seit der ausdrücklichen Ablehnung
rechtshängig gemacht werden. Eine spätere Klageerhebung
ist ausgeschlossen."
Gegen eine von der Beklagten am 29. Januar 1982 zum 12. Februar 1982 ausgesprochene fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses hatte die Klägerin am 15. Februar 1982 Kündigungsschutzklage erhoben, mit der sie rügte, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß nach § 102 Abs. 1 BetrVG gehört worden. In diesem Verfahren (- 2 Ca 242/82 - ArbG Mönchengladbach) hatte die Beklagte mit ihrem am 24. Februar 1982 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Antrag auf Klageabweisung angekündigt und diesen Antrag in der streitigen Verhandlung vom 1. September 1982 gestellt. Mit dem in diesem Termin ergangenen und rechtskräftig gewordenen Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgerechte Kündigung vom 29. Januar zum 12. Februar 1982 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 19. März 1982 fortbestanden hat. Nur bis zum 19. März 1982 hat das Arbeitsverhältnis deshalb bestanden, weil die Beklagte in der Zwischenzeit nach Anhörung des Betriebsrats am 15. Februar 1982 eine erneute Kündigung zum 19. März 1982 ausgesprochen hatte, die von der Klägerin nicht angegriffen worden ist.
Zwischen den Parteien besteht nun Streit über die Lohnzahlungspflicht der Beklagten für die Zeit vom 15. Februar bis 19. März 1982 in unstreitiger Höhe von 2.596,-- DM brutto abzüglich des von der Klägerin für diesen Zeitraum bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.125,-- DM. Diesen Anspruch hat die Klägerin am 16. August 1982 gerichtlich geltend gemacht.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.596,-- DM
brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 20. März 1982
abzüglich 1.125,-- DM netto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Anspruch der Klägerin sei gemäß § 13 Abs. 3 BMTV verfallen. Sie, die Beklagte, habe nämlich gegenüber der Klägerin stets den Standpunkt vertreten, daß die am 29. Januar 1982 erklärte Kündigung wirksam gewesen sei und somit nach Ablauf der Kündigungsfrist eine weitere Lohnzahlung nicht in Betracht kommen könne. Dementsprechend habe sie sich auch in der Folge verhalten. Bereits die Ankündigung ihres Klageabweisungsantrags sei als ausdrückliche "Ablehnung" im Sinne der Tarifbestimmung aufzufassen. Außerdem habe sie die Lohnansprüche der Klägerin dadurch ausdrücklich abgelehnt, daß sie die am 20. März 1982 spätestens fällig gewordenen Lohnansprüche nicht erfüllt habe. Darüber hinaus habe sie im Rahmen der am 3. Mai 1982 zum Abschluß gekommenen Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan auch gegenüber dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin, der in diesen Verhandlungen auf Arbeitnehmerseite die Interessen u.a. auch der Klägerin wahrgenommen habe, mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie weitere Lohnzahlungen ablehne. Die im Tarifvertrag geforderte ausdrückliche Ablehnung sei somit nicht nur im Rahmen der Kündigungsschutzklage erfolgt, sondern zusätzlich auch im Rahmen der Sozialplanverhandlungen.
Die Klägerin hat erwidert, sie bestreite, daß die Beklagte während der Verhandlungen über den Abschluß eines Sozialplans ihre Lohnansprüche für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist der am 29. Januar 1982 ausgesprochenen Kündigung abgelehnt habe. Selbst wenn dies aber der Fall gewesen sein sollte, sei diese Ablehnung nicht wirksam, da sie nicht ihr, der Klägerin, gegenüber erklärt worden sei. Die Ablehnung gegenüber dem Gewerkschaftssekretär N habe nicht ausgereicht, weil dieser zu diesem Zeitpunkt nur eine Prozeßvollmacht für eine Kündigungsschutzklage gehabt habe, nicht aber für die Geltendmachung der Lohnansprüche.
Hiergegen hat die Beklagte die Auffassung vertreten, wenn der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin nicht bevollmächtigt gewesen sei, die Lohnansprüche geltend zu machen, dann seien auch mit Erhebung der Kündigungsschutzklage noch nicht die Lohnansprüche der Klägerin geltend gemacht worden, wie es die erste Stufe der tariflichen Ausschlußfrist vorsehe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin Abweisung der Klage, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung durch das Berufungsgericht.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Klageabweisungsantrag des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozeß könne nicht als ausdrücklich e Ablehnung etwaiger Zahlungsansprüche im Sinne von § 13 Ziffer 3 BMTV aufgefaßt werden. Wenn etwas ausdrücklich zu erklären sei, so bedeute dies, daß sich die abzugebende Erklärung ganz konkret und ausdrücklich auf einen bestimmten Erklärungsgegenstand beziehen müsse. Es genüge entgegen der von der Beklagten vertretenen Meinung nicht, wenn eine solche "Erklärung" erst im Wege einer Schlußfolgerung aus einer mit ganz anderer Zweckbestimmung abgegeben - im vorliegenden Fall prozessualen - Erklärung abgeleitet werde. Die ausdrückliche Ablehnung der Ansprüche solle eine Signalwirkung auslösen, durch die der Arbeitnehmer vor dem jetzt drohenden Verlust seiner Ansprüche gewarnt und ihm klar und deutlich vor Augen geführt werden solle, diese zur Vermeidung ihres Verfalls nunmehr innerhalb von 12 Wochen rechtshängig zu machen. Eine solche Signalwirkung gehe von dem Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzverfahren nicht aus. Ebenso könne eine solche Signalwirkung nicht allein der Nichtzahlung der am 20. März 1982 fällig gewordenen Lohnforderungen entnommen werden. Schließlich könne unterstellt werden, daß die Beklagte im Rahmen der Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan gegenüber Herrn N (Prozeßbevollmächtigter der Klägerin im Kündigungsschutzprozeß) weitere Lohnzahlungen abgelehnt habe. Damit habe die Beklagte aber nicht der Klägerin gegenüber die geltend gemachte Lohnforderung ausdrücklich abgelehnt, denn der Gewerkschaftssekretär N habe zu diesem Zeitpunkt nur eine Prozeßvollmacht zur Durchführung des Kündigungsschutzprozesses gehabt, nicht aber zur gerichtlichen Geltendmachung der Lohnansprüche. Die Äußerungen, die die Beklagte dem Gewerkschaftssekretär gegenüber als Vertreter des Betriebsrats im Rahmen der Verhandlung über den Sozialplan gemacht habe, könnten nicht zum Verlust von Rechten der Klägerin führen.
B. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Teilen stand.
I.1. Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom 4. Mai 1977 (BAGE 29, 152 = AP Nr. 60 zu § 4 TVG Ausschlußfristen) für eine wortgleiche zweistufige Ausschlußfrist entschieden, daß in der Erhebung der Kündigungsschutzklage je nach Lage des Falles ein ausreichendes Mittel zur Geltendmachung von Ansprüchen liegen kann, die während des Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen, sofern die einschlägige tarifliche Verfallklausel nur eine formlose oder eine schriftliche Geltendmachung verlangt. In derselben Entscheidung hat der Fünfte Senat die Auffassung vertreten, die Ankündigung des Klageabweisungsantrages reiche zur ausdrücklichen Ablehnung der Ansprüche durch den Arbeitgeber nicht aus. Der Fünfte Senat hat dies damit begründet, daß das Erfordernis der ausdrücklichen Ablehnung eine Signalwirkung auslösen solle. Die Ablehnung solle nach dem Willen der Tarifvertragsparteien den Arbeitnehmer vor dem jetzt drohenden Verlust seiner Ansprüche warnen und ihm klar und deutlich vor Augen führen, daß er sie zur Vermeidung ihres Verfalls nunmehr innerhalb von zwölf Wochen rechtshängig machen müsse. Mit dieser Signalfunktion wäre es nicht vereinbar, wollte man in dem von dem Arbeitgeber in dem Kündigungsprozeß gestellten Klageabweisungsantrag, der anderen Zwecken diene, auch eine, die Ausschlußfrist in Lauf setzende Ablehnung der vom Ausgang des Kündigungsprozesses abhängigen Ansprüche sehen.
2. In einer kritischen Anmerkung zu dieser Entscheidung hat Wiedemann (Anm. zu BAG AP Nr. 60 zu § 4 TVG Ausschlußfristen) die Ansicht vertreten, es liege näher, den Klageabweisungsantrag als "Ablehnung" aufzufassen. Das habe nichts mit "juristisch- ästhetischer Symmetrie" zu tun, wohl aber mit Sinn und Zweck der Tarifvertragsklausel. Wiedemann räumt ein, der Sinn der ausdrücklichen Ablehnung liege darin, daß die Reaktion des Vertragspartners eindeutig sein solle: Derjenige, der Ansprüche erhebe, solle nicht - bewußt oder unbewußt - im Unklaren gelassen werden, ob Erfüllungsbereitschaft bestehe. Anders als der Fünfte Senat ist Wiedemann der Auffassung, dem Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzverfahren sei diese Eindeutigkeit zuzuerkennen. Die Rechtsfolge seiner Auslegung wird aber von der Revision nicht zutreffend wiedergegeben: Wiedemann ist der Auffassung, daß die Klageabweisung zwar als Ablehnung auch des Lohnzahlungsanspruches nach § 13 Nr. 3 BMTV gelte. Die daran anschließende Frist zur Klageerhebung soll aber seiner Auffassung nach bis zum Abschluß des Kündigungsschutzprozesses - sei es durch Urteil, sei es durch Vergleich - hinausgeschoben werden, damit der Arbeitnehmer vor Beendigung des Kündigungsschutzstreites keinen zweiten, in aller Regel überflüssigen Prozeß anstrengen muß.
3. Das Bundesarbeitsgericht hat der Kritik von Wiedemann (aaO) inzwischen teilweise Rechnung getragen und entschieden, wenn durch Erhebung der Kündigungsschutzklage eine tarifliche Ausschlußfrist für Ansprüche des Arbeitnehmers gewahrt werde, die vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses abhängen, so beginne eine daran anknüpfende weitere tarifliche Ausschlußfrist für die gerichtliche Geltendmachung mit der Erklärung des Arbeitgebers, er beantrage, die Kündigungsschutzklage abzuweisen, wenn nach dem Tarifvertrag der Fristbeginn nur von der einfachen Ablehnung der Ansprüche des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abhängt (BAGE 46, 359 = AP Nr. 86 zu § 4 TVG Ausschlußfristen; Senatsurteile vom 8. August 1985 - 2 AZR 459/84 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt, und vom 20. März 1986 - 2 AZR 295/85 - n.v.). Zur Begründung hat der Senat u.a. ausgeführt, wenn für die formlose Geltendmachung der Forderung durch den Arbeitnehmer die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreiche, könnten auf der anderen Seite keine strengeren Anforderungen an die formlose Ablehnung durch den Arbeitgeber gestellt werden. Allen drei Entscheidungen lagen zweistufige Ausschlußklauseln zugrunde, in denen die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung mit der formlosen, einfachen Ablehnung der Forderung durch den Arbeitgeber begann.
4. Für die tarifvertraglichen Ausschlußklauseln, die die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung mit der ausdrücklichen Ablehnung durch den Arbeitgeber beginnen lassen, muß es aber bei den Grundsätzen bleiben, die der Fünfte Senat im Urteil vom 4. Mai 1977 (aaO) aufgestellt hat. Bei der Auslegung eines Tarifvertrages ist vom Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang und dem im Wortlaut zum Ausdruck kommenden Zweck des Tarifvertrages auszugehen: Wenn eine tarifvertragliche Ausschlußklausel die Frist für die gerichtliche Geltendmachung einer Forderung mit der ausdrück lichen Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs beginnen läßt, so ist mit dem Fünften Senat davon auszugehen, daß über die nur mittelbare Ablehnung von Lohnfortzahlungsansprüchen hinaus die Ablehnung so konkret und deutlich ausgesprochen werden muß, daß sie den Arbeitnehmer vor dem jetzt drohenden Verlust seiner Ansprüche warnt und ihm klar und deutlich vor Augen führt, daß er zur Vermeidung ihres Verfalls nunmehr innerhalb von zwölf Wochen den Anspruch rechtshängig machen muß. Das Erfordernis der ausdrücklich e n Ablehnung hat eine Signalfunktion, der nur eine unmittelbar auf die Ansprüche selbst bezogene Ablehnungserklärung gerecht wird. Darauf weist der Wortlaut der Tarifbestimmung hin, die eine ausdrückliche Ablehnung fordert. Einen anderen Sinn kann der Tarifbestimmung nicht beigemessen werden. Der Alternativvorschlag von Wiedemann (aaO), die Klageabweisung als ausdrückliche Ablehnung genügen zu lassen, die daran anschließende Frist zur Klageerhebung aber bis zum Abschluß des Kündigungsschutzprozesses hinauszuschieben, ist zwar eine wünschenswerte Lösung weil sie überflüssige Prozesse vermeidet, sie findet aber in der Tarifklausel dieses Tarifvertrages keine Grundlage. Wie eine solche Ausschlußfrist aussehen würde, die zu der von Wiedemann (aaO) angeregten Auslegung berechtigt und zwingt, zeigt z.B. § 16 Ziffer 2 BRTV für gewerbliche Arbeitnehmer des Baugewerbes.
II. Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die Signalwirkung einer ausdrücklichen Ablehnung nicht schon dadurch erreicht wurde, daß die Beklagte am 20. März 1982 die fällig gewordenen Lohnforderungen nicht gezahlt hat. Die Nichtleistung kann die verschiedensten Ursachen haben: Im vorliegenden Fall war z.B. eine mögliche Ursache für die Nichtzahlung die Zahlungsunfähigkeit der Beklagten, die schließlich wirtschaftlich notleidend war und später in Konkurs ging.
III. Ob die Beklagte mit ihren Erklärungen im Rahmen der Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan die Lohnnachzahlungsforderung der Klägerin ausdrücklich abgelehnt hat, kann nach der Überzeugung des Senats auf Grund der bisherigen Feststellungen noch nicht beantwortet werden.
1. Die Revision hat gerügt, das Berufungsgericht habe § 286 ZPO verletzt, weil es im Zusammenhang mit der von der Beklagten aufgestellten Behauptung, sie habe die Lohnforderung der Klägerin im Rahmen der Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan gegenüber dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin ausdrücklich abgelehnt, die angebotenen Beweise nicht erhoben habe.
Diese Rüge hatte Erfolg.
Die Beklagte hat im Verlaufe dieses Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz vorgetragen, im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Abschluß eines Interessenausgleichs und Sozialplans vom 19. und 26. März 1982 habe sie mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie weitere Lohnzahlungen ablehne. An anderer Stelle hat die Beklagte vorgetragen, sie habe zur Bedingung des Interessenausgleichs und Sozialplans gemacht, daß die Kündigung vom 29. Januar 1982 nicht in Frage gestellt werde, so daß auch keine weiteren Lohnzahlungsansprüche geltend gemacht werden würden. Die Lohnzahlungsansprüche seien von dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten gegenüber Herrn N ausdrücklich abgelehnt worden. Diese Behauptungen hat das Landesarbeitsgericht als richtig unterstellt und der Klage trotzdem mit der Begründung stattgegeben, der Gewerkschaftssekretär N habe zu diesem Zeitpunkt noch keine Prozeßvollmacht für die gerichtliche Geltendmachung der Lohnansprüche gehabt und Erklärungen bei Verhandlungen über einen Sozialplan bezögen sich nicht auf den einzelnen Arbeitnehmer.
Diese Begründung trägt nicht: Es muß unterschieden werden zwischen gerichtlicher Geltendmachung, für die eine Prozeßvollmacht erforderlich ist und der nicht gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen, die einer Prozeßvollmacht nicht bedarf. Dementsprechend hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 29, 152 = AP Nr. 60 zu § 4 TVG Ausschlußfristen) vorliegend auch in der Erhebung der Kündigungsschutzklage durch den Gewerkschaftssekretär N die Geltendmachung der Lohnansprüche gesehen, die vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses abhängen, obwohl dieser keine Prozeßvollmacht für die gerichtliche Geltendmachung der Lohnansprüche hatte. Dann hat die Beklagte dem Gewerkschaftssekretär N gegenüber aber auch die geltend gemachte Forderung i.S. des Tarifvertrages ablehnen können.
Zwar kann sich aus der Tatsache, daß die ablehnende Erklärung der Beklagten im Rahmen der Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan erfolgte, ergeben, daß die Ablehnung von weiteren Lohnforderungen sich gar nicht konkret auf die Klägerin bezog. Eine solche Deutung läßt aber der Tatsachenvortrag der Beklagten nicht zu.
2. Dementsprechend war der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, unter Berücksichtigung aller Beweisangebote festzustellen, ob die Beklagte während der Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan die geltend gemachten Forderungen ausdrücklich abgelehnt hat.
Hillebrecht Dr. Weller Ascheid
Brocksiepe Walter
Fundstellen