Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung einer Betriebsrente. maßgebliches Gehalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Unregelmäßige und unterschiedliche Anhebung der Höchstgrenze für das ruhegeldfähige Gehalt durch inhaltlich geänderte Neufassungen der Versorgungsbestimmungen; Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung unabhängig davon, zu welchem Sozialversicherungszweig und von welchem Arbeitgeber die Beiträge erbracht wurden.

 

Normenkette

BetrAVG § 1 Berechnung, § 5; BGB §§ 157, 242, 315 Abs. 3; ZPO § 256 Abs. 1; AVG § 89 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 06.03.1990; Aktenzeichen 11 Sa 805/89)

ArbG Köln (Urteil vom 14.06.1989; Aktenzeichen 10 Ca 8475/88)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. März 1990 – 11 Sa 805/89 – teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14. Juni 1989 – 10 Ca 8475/88 – teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der Betriebsrente als anrechnungsfähiges Einkommen mindestens dasjenige höchste Tarifgehalt zugrunde zu legen, das bei Ausscheiden des Klägers aus den Diensten der Beklagten gilt.

3. Im übrigen werden die Berufung und die Revision des Klägers zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4 zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, nach welchem Gehalt die Betriebsrente zu berechnen ist und inwieweit die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden darf.

Der schwerbehinderte Kläger ist am 15. Juli 1928 geboren. Die Beklagte stellte ihn zum 1. Januar 1968 als Leiter des Patentbüros ein. In § 7 des Dienstvertrages vom 21./27. September 1967 wurde ihm folgende Versorgungszusage erteilt:

„Herrn H wird gemäß der Pensionsordnung im C -Konzern eine Altersversorgung zugesagt, wie sie sich nach den Richtlinien für die Pensionierung von leitenden Angestellten errechnet. Für die Ruhegehaltsberechnung gilt vom Eintrittsdatum, dem 1. Januar 1968 bis zum 31. Dezember 1972 gleichbleibend ein Pensionsdienstalter von zehn Jahren, danach gilt das Eintrittsdatum, der 1. Januar 1968, zuzüglich einer anzurechnenden Dienstzeit von fünf Jahren.”

Nach der (allgemeinen) Pensionsordnung wurde das Ruhegehalt mit 0,6 % des höchsten Tarifgehaltes jährlich ohne Anrechnung der Sozialversicherungsrente ermittelt. „Richtlinien für die Pensionierung von leitenden Angestellten” gab es bei Abschluß des Arbeitsvertrages nicht. Es galten die „Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten im F & G-Konzern” in der Fassung vom 20. Januar 1965, die auszugsweise wie folgt lauten:

„Es gilt grundsätzlich die Pensionsordnung des C -Konzerns mit folgenden Abweichungen:

  1. Für jedes Dienstjahr wird 1,6 % des für die Pension anrechnungsfähigen Einkommens zugrundegelegt.
  2. Die Wartezeit beträgt zehn Jahre.
  3. Das für die Pension anrechnungsfähige Einkommen ist das letzte Monatsgehalt (ohne Gratifikation und Zulagen) bis zur Höchstgrenze von 3.000,– DM, vermindert um 15 v. H., jedoch mindestens das höchste Tarifgehalt.
  4. Sofern und insoweit von Arbeitgeberseite die Hälfte des Beitrages zur Angestelltenversicherung getragen wurde, wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bis zur Hälfte in Abzug gebracht.”

Nr. 3 dieser Bestimmungen wurde durch die Neufassung vom 10. März 1972 wie folgt geändert:

„Das für die Pension anrechnungsfähige Einkommen ist das letzte Monatsgehalt (ohne Gratifikation und Zulagen) bis zur Höchstgrenze von 3.600,– DM, jedoch mindestens das höchste Tarifgehalt.”

Die Parteien ersetzten den Dienstvertrag vom 21./27. September 1967 durch den Dienstvertrag vom 2. Januar 1974. In § 7 wurde die Ruhegeldzusage wie folgt aufrechterhalten:

„Herrn H wird gemäß der Pensionsordnung im F -Konzern eine Altersversorgung zugesagt, wie sie sich nach den Richtlinien für die Pensionierung von leitenden Angestellten errechnet. Für die Ruhegehaltberechnung gilt das Eintrittsdatum 1. 1. 1968, zuzüglich einer anzurechnenden Dienstzeit von 5 Jahren.”

Am 1. April 1974 wurden die Bestimmungen mit Wirkung vom 1. Januar 1974 erneut geändert und Nr. 3 wie folgt gefaßt:

„Das für die Pension anrechnungsfähige Einkommen ist das letzte Monatsgehalt (ohne Gratifikation und Zulagen) bis zur Höchstgrenze von 4.000,– DM.

Ergibt die Berechnung nach der Pensionsordnung des F -Konzerns auf der Basis des höchsten Tarifgehaltes, das während des letzten Monats der Dienstzugehörigkeit zu F & G galt, eine höhere Werkrente, so wird diese gewährt. Voraussetzung für diese Werkrente ist eine Wartezeit von 15 Jahren.”

Diese Neufassung übersandte die Beklagte dem Kläger mit folgendem Schreiben vom 22. November 1974:

„Wir freuen uns, Ihnen nach unserem letzten Schreiben vom 22. Dezember 1972 in dieser Angelegenheit mitteilen zu können, daß die Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten mit Wirkung vom 1. Januar 1974 weiter wesentlich verbessert wurden.

So wird nunmehr das für die Pension anrechnungsfähige Einkommen bis zur Höchstgrenze von DM 4.000,– statt bisher DM 3.600,– berücksichtigt; gleichzeitig schafft der angefügte Absatz 2 zu Ziffer 3 die neue Möglichkeit, eine auf Basis des höchsten Tarifgehaltes mit einem Satz von 0,6 % pro Dienstjahr, jedoch ohne jeden Abzug ermittelte Werksrente zu zahlen, wenn diese höher ist, als sie sich sonst nach den Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten berechnen würde. Der gleichfalls neue Absatz 2 zu Ziffer 4 regelt die formale Gleichstellung von Arbeitgeberbeiträgen für die befreiende Lebensversicherung mit denen für die gesetzliche Rentenversicherung.

Als Anlage überreichen wir Ihnen eine Ausfertigung der neu gefaßten Bestimmungen. Wir bitten Sie, den Vorgang streng vertraulich zu behandeln.”

Der Kläger äußerte sich hierzu nicht.

In der Folgezeit erteilte die Beklagte Versorgungszusagen dieser Art nur noch leitenden Angestellten in der Funktion von Geschäftsbereichs- oder Zentralbereichsleitern. Die übrigen eintretenden oder neu ernannten AT-Angestellten behandelte sie nach der allgemein geltenden Pensionsordnung. Nicht leitenden AT-Angestellten, die bereits eine Versorgungszusage nach Maßgabe der Bestimmungen von 1974 bekommen hatten, blieb diese Regelung als Besitzstand erhalten.

Mit Schreiben vom 5. Dezember 1979 hob die Beklagte zum 1. Januar 1980 die Höchstgrenze des maßgeblichen Einkommens auf 5.000,– DM an und führte gleichzeitig die Gesamtversorgungsobergrenze von 70 % des letzten Bruttoeinkommens, die für die übrigen Mitarbeiter bereits aufgrund einer Betriebsvereinbarung von 1978 galt, auch für die Geschäftsbereichs- und Zentralbereichsleiter ein. Der Kläger erhielt keine entsprechende Mitteilung.

Für Versorgungszusagen an neu berufene Geschäfts- oder Zentralbereichsleiter verwandte die Beklagte später den Text der „Bestimmungen für die Pensionierung von leitenden Angestellten auf der Grundlage der jeweils gültigen Pensionsordnung” vom 8. November 1985, deren Nummern 3 und 5 wie folgt lauten:

„3. Das für die Pension anrechnungsfähige Einkommen ist das letzte Monatsgehalt (ohne Gratifikation und Zulagen) bis zur Höchstgrenze von 5.000,– DM.

Ergibt die Berechnung auf der Basis des zuletzt gültigen höchsten Tarifgehaltes eine höhere Werksrente, so wird diese gewährt.

5. Werkrente zuzüglich Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. analog aus der befreienden Lebensversicherung dürfen jedoch 70 % des letzten Bruttoeinkommens im Pensionierungszeitpunkt nicht übersteigen.”

Dem Kläger wurden diese Bestimmungen nicht zugeleitet.

Der Kläger verlangt von der Beklagten, daß sie seine Betriebsrente nach seinem letzten Gehalt vor Beendigung des Ar-beitsverhältnisses bemißt und die hälftige Anrechnung auf die Teile der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt, die auf die von der Beklagten mitfinanzierte Angestelltenversicherung entfallen. Er hat die Auffassung vertreten, daß die Bestimmungen vom 8. November 1985 anzuwenden seien. Selbst wenn die Beklagte jetzt zwischen gehobenen und leitenden Angestellten unterscheide, müsse die Fassung von 1985 auch für ihn gelten. Er erfülle die erforderlichen Voraussetzungen und sei auch leitender Angestellter. Da die wiederholt angehobene Höchstgrenze (1972: 3.600,– DM, 1974: 4.000,– DM, 1985: 5.000,– DM) nunmehr unterhalb des derzeit höchsten Tarifgehaltes von 5.441,– DM liege, sei die Beklagte zur weiteren Anhebung verpflichtet. Die Höchstgrenze müsse der allgemeinen Gehaltsentwicklung folgen. Die Beklagte habe die Betriebsrente nach dem letzten Monatsgehalt des Klägers (zur Zeit 9.400,– DM brutto), mindestens aber nach dem höchsten Tarifgehalt zu berechnen. Soweit die Bestimmungen vom 1. April 1974 das höchste Tarifgehalt nicht mehr als Mindestgrenze vorsähen, sei diese verschlechternde Änderung der Versorgungsregelung unwirksam. Zur Anrechnung der Sozialversicherungsrente hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Anrechnungsklausel sei eng auszulegen. Sie nenne nur die Angestellten-, nicht aber die Arbeiterrentenversicherung. Daraus ergebe sich, daß allenfalls die Hälfte der Renten aus der Angestelltenrentenversicherung angerechnet werden könne. Außerdem müsse die Beklagte selbst die Hälfte des Beitrages zur Angestelltenrentenversicherung getragen haben.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

  1. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der ihm nach seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten zustehenden Betriebsrente als anrechnungsfähiges Einkommen sein letztes Monatsgehalt vor seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten zugrunde zu legen;

    hilfsweise festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, als anrechnungsfähiges Einkommen eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Höchstgrenze zugrunde zu legen;

    äußerst hilfsweise festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, als anrechnungsfähiges Einkommen mindestens dasjenige höchste Tarifgehalt zugrunde zu legen, das bei seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten gegolten haben wird;

  2. festzustellen, daß die Beklagte nur die Hälfte desjenigen Teils der Angestelltenversicherungsrente in Abzug bringen darf, für den sie während seiner Tätigkeit bei ihr die Hälfte der Beiträge erbracht hat;

    hilfsweise festzustellen, daß die Beklagte nur die Hälfte desjenigen Teils der Angestelltenversicherungsrente in Abzug bringen darf, für den ein Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge erbracht hat.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Klage für unzulässig gehalten, weil der Kläger noch im Arbeitsverhältnis stehe und ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung nicht zu erkennen sei. Die Klage sei auch unbegründet. Die Betriebsrente des Klägers sei nach den Bestimmungen vom 1. April 1974 zu berechnen, deren Anwendung er über 13 Jahre lang nicht widersprochen habe. Seit 1. Januar 1974 sei bei den verbesserten Versorgungszusagen an AT-Angestellte das höchste Tarifgehalt nicht mehr „Untergrenze” des maßgeblichen Einkommens. Im Begleitschreiben vom 22. November 1974 sei dem Kläger erläutert worden, daß durch die Änderung ein zweiter Weg für die Berechnung der Betriebsrente eröffnet worden sei. Entweder werde für jedes Dienstjahr 1,6 % des anrechnungsfähigen Einkommens bis zur Höchstgrenze von 4.000,– DM zugrunde gelegt und dafür die Sozialversicherungsrente hälftig angerechnet oder die Betriebsrente werde nach der Pensionsordnung des F -Konzerns pro Dienstjahr nur mit 0,6 % des höchsten Tarifgehalts berechnet, aber ohne Anrechnung einer Sozialversicherungsrente. Die Anrechnungsklausel in den Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten im F -Konzern vom 1. April 1974 erfasse alle Teile der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die irgendein Arbeitgeber mindestens zur Hälfte mitfinanziert habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Hinsichtlich des Hilfsantrags zum Klagantrag zu 2) hat das Berufungsurteil die Klage für unzulässig, im übrigen für unbegründet gehalten. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist teilweise begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die Betriebsrente nach dem beim Ausscheiden des Klägers geltenden höchsten Tarifgehalt zu berechnen. Im übrigen haben die Vorinstanzen die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Die Klage ist mit Ausnahme des Hilfsantrags zu 2) zulässig.

1. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, obwohl der Kläger noch bei der Beklagten beschäftigt ist und der Zeitpunkt seines Ausscheidens ungewiß ist. Zwischen den Parteien bestehen Meinungsverschiedenheiten über die Berechnung der Betriebsrente. Durch die Klärung dieser Streitfrage kann sich der Kläger eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage sowohl für anderweitige Vorsorgemaßnahmen als auch für die Inanspruchnahme oder Nichtinanspruchnahme vorzeitigen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung verschaffen.

2. Das Landesarbeitsgericht hat den Hilfsantrag zu 2) zu Recht als unzulässig abgewiesen. Mit diesem Hilfsantrag will der Kläger feststellen lassen, daß nur die Rente aus der Rentenversicherung der Angestellten, nicht aber aus anderen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden darf. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß diese Frage ohne erkennbare praktische Bedeutung für die spätere Berechnung der Betriebsrente des Klägers sei. Er habe nicht näher dargelegt, daß für ihn jemals Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung gezahlt worden seien und ihm aus diesem Versicherungszweig eine Rente zustehe. Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe die richterliche Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO verletzt, greift nicht durch. Dem Berufungsgericht ist ein derartiger Verfahrensfehler nicht unterlaufen. Bereits in der Berufungserwiderung vom 29. Dezember 1989 hat die Beklagte die Auffassung vertreten, für den Hilfsantrag zu 2) bestehe kein Feststellungsinteresse, weil jede nachprüfbare Begründung hierfür fehle. Der Beklagten sei nicht bekannt, ob der Kläger jemals Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung geleistet habe. Mit Schriftsatz vom 15. Februar 1990 hat der Kläger sein Berufungsvorbringen zu anderen Fragen ergänzt, hierzu aber nichts vorgetragen. Im Schriftsatz vom 27. Februar 1990 hat die Beklagte erneut darauf hingewiesen, daß sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht ergebe, ob die mit dem Hilfsantrag zu 2) aufgeworfene Rechtsfrage für den Kläger überhaupt eine Rolle spiele. Zu den eingehenden Ausführungen der Beklagten zum Feststellungsinteresse hat der Kläger nicht Stellung genommen. Unter diesen Umständen war ein weiterer Hinweis durch das Berufungsgericht entbehrlich.

II. Der Kläger kann nur verlangen, daß seine Betriebsrente mindestens nach dem höchsten Tarifgehalt zu berechnen ist. Im übrigen ist die Klage unbegründet.

1. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Betriebsrente nach dem letzten Monatsgehalt des Klägers vor seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten zu berechnen. Dem Kläger ist keine derartige Versorgungszusage erteilt worden. Sowohl der Dienstvertrag vom 21./27. September 1967 als auch der Dienstvertrag vom 2. Januar 1974 verweisen auf die „Richtlinien für die Pensionierung von leitenden Angestellten”. Damit waren die „Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten” gemeint. Alle Fassungen dieser Bestimmungen ermöglichten die Berücksichtigung des letzten Monatsgehalts nur bis zu einer bestimmten Höchstgrenze. Die „Bestimmungen für die Pensionierung von leitenden Angestellten auf der Grundlage der jeweils gültigen Pensionsordnung” vom 8. November 1985 verwandte die Beklagte nur für Versorgungszusagen an neu berufene Geschäfts- und Zentralbereichsleiter. Auch diese Bestimmungen begrenzen das berücksichtigungsfähige Monatsgehalt, und zwar auf höchstens 5.000,– DM. Das Monatsgehalt des Klägers liegt darüber.

2. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Anhebung der Höchstgrenze zu.

a) Die Parteien haben keine entsprechende Vereinbarung getroffen. Die Beklagte ist auch nicht aufgrund einer betrieblichen Übung verpflichtet, die Höchstgrenze zu ändern. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, daß ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll (vgl. BAG Urteile vom 13. November 1986 – 6 AZR 567/85 – AP Nr. 27 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu II 3 a der Gründe und vom 23. Juni 1988 – 6 AZR 137/86BAGE 59, 73 = AP Nr. 33 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu II 3 a der Gründe). Die Arbeitnehmer können nur dann auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen, wenn dessen Verhalten eine gewisse Gleichförmigkeit aufweist und den Eindruck einer Gesetzmäßigkeit erweckt. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Nach Nr. 3 der Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten in der Fassung vom 20. Januar 1965 belief sich die Höchstgrenze des berücksichtigungsfähigen Monatsgehaltes auf 3.000,– DM. Sie wurde erst nach 7 Jahren durch die Neufassung vom 10. März 1972 auf 3.600,– DM erhöht. Nach weiteren 2 Jahren wurden die Bestimmungen überarbeitet, durch die Neufassung vom 1. April 1974 inhaltlich verändert (u.a. Einführung eines alternativen zweiten Rechenweges) und die Höchstgrenze des berücksichtigungsfähigen Monatsgehalts auf 4.000,– DM angehoben. Selbst wenn die neue Höchstgrenze von 5.000,– DM in den Bestimmungen für die Pensionierung von leitenden Angestellten vom 8. November 1985 mit herangezogen würde, könnte nicht außer acht gelassen werden, daß die Höchstgrenze erst nach über 11 Jahren durch insgesamt neugefaßte Bestimmungen verändert wurde. Sowohl die zeitliche Abfolge als auch die Art und Weise der Anhebung der Höchstgrenzen, nämlich durch vollständige, mit weiteren Änderungen verbundene Neufassungen der Bestimmungen, sprechen gegen die Annahme, der Arbeitgeber habe sich zu regelmäßigen Anhebungen der Bemessungsgrenze verpflichten wollen.

b) Der Kläger kann von der Beklagten keine Erhöhung der Höchstgrenze nach billigem Ermessen verlangen. § 315 Abs. 3 BGB ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht anwendbar. § 315 Abs. 3 BGB setzt voraus, daß eine Leistungspflicht dem Grunde nach besteht, ihre nähere Ausgestaltung aber einem Vertragspartner überlassen bleibt. Die Beklagte hat sich weder in der Pensionsordnung und den Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten noch durch ausdrückliche Vereinbarung oder Betriebsübung zu einer Erhöhung der Höchstgrenze verpflichtet, auch nicht zu einer Erhöhung nach billigem Ermessen.

c) Der Kläger kann sich zur Begründung seines Anpassungsbegehrens auch nicht auf das Urteil des Senats vom 18. Dezember 1975 (– 3 AZR 58/75 – AP Nr. 170 zu § 242 BGB Ruhegehalt) berufen. Im damaligen Fall hatte der Arbeitgeber zunächst im Zweijahresrhythmus die Bemessungsgrundlage für die Betriebsrente der Einkommensentwicklung angepaßt und durch gleichförmiges Verhalten einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

d) Eine gesetzliche Anpassungspflicht besteht nicht. Sie läßt sich nicht aus § 16 BetrAVG herleiten. Diese Vorschrift schreibt nur die Anpassung von laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor, nicht dagegen von Anwartschaften (vgl. BAG Urteil vom 15. September 1977 – 3 AZR 654/76 – BAGE 29, 294 = AP Nr. 5 zu § 16 BetrAVG).

3. Der Berechnung der Betriebsrente ist jedoch mindestens das höchste Tarifgehalt zugrunde zu legen, das bei Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses gelten wird.

a) Anspruchsgrundlage für die Betriebsrente ist § 7 des Dienstvertrages vom 2. Januar 1974 in Verbindung mit der allgemeinen Pensionsordnung im F -Konzern und den Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten im F -Konzern vom 1. April 1974. In § 7 Satz 1 des Dienstvertrages vom 2. Januar 1974 wurde dem Kläger gem. der Pensionsordnung im F -Konzern eine Altersversorgung zugesagt, wie sie sich nach den Richtlinien für die Pensionierung von leitenden Angestellten errechnet. Diese Verweisung ist nicht statisch, sondern dynamisch. § 7 Satz 1 des Dienstvertrages nennt keine bestimmte Fassung der Pensionsordnung und der sie ergänzenden Bestimmungen. In Nr. 1 der Vorbemerkungen zur Pensionsordnung des F -Konzerns richtet sich jede Pensionierung „nach den Bestimmungen, die im Zeitpunkt der Pensionierung… oder einer Neufestsetzung der Werksrente nach Abschnitt I B 4 maßgebend sind”. Damit hat die Beklagte klar zum Ausdruck gebracht, daß sie möglichst gleiche Bedingungen für alle Versorgungsfälle schaffen will. Diese Vereinheitlichung ermöglicht eine einfache Verwaltung der Betriebsrenten. Aus dem weit gefaßten Wortlaut und dem Regelungszweck der Nr. 1 der Vorbemerkungen zur Pensionsordnung ergibt sich, daß für die ergänzenden Bestimmungen zur Pensionsordnung nichts anderes gelten soll. Auch die Bestimmungen über die Pensionierung von gehobenen Angestellten sind in ihrer im Zeitpunkt des Versorgungsfalles geltenden Fassung anzuwenden.

b) Nach Nr. 3 Abs. 1 der Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten vom 1. April 1974 richtet sich die Betriebsrente nach dem letzten Monatsgehalt (ohne Gratifikationen und Zulagen) bis zur Höchstgrenze von 4.000,– DM. Der zuvor in den Versorgungsbestimmungen enthaltene Halbsatz „jedoch mindestens das höchste Tarifgehalt” fehlt zwar. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich daraus aber nicht, daß nunmehr die Höchstgrenze unter dem höchsten Tarifgehalt liegen darf.

Dem Wortlaut der neugefaßten Nr. 3 läßt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die bisherige Mindestgrenze gestrichen und insoweit die Rechtsstellung der Arbeitnehmer verschlechtert werden sollte oder ob ein Absinken der Höchstgrenze unter die bisherige Mindestgrenze als nicht regelungsbedürftig angesehen wurde.

Nach den Erklärungen der Beklagten im Schreiben vom 22. November 1974 durfte der Kläger davon ausgehen, daß seine Rechte nicht geschmälert werden sollten. Im ersten Absatz dieses Schreibens hob die Beklagte hervor, daß die Neufassung die bisherigen Bestimmungen für die Pensionierung von leitenden Angestellten mit Wirkung vom 1. Januar 1974 wesentlich verbessert habe. Im folgenden Absatz wurden die Änderungen dargestellt und erläutert. Auf den angeblichen Zusammenhang zwischen der Streichung der bisherigen Mindestgrenze und der Einführung des sog. zweiten Rechenweges (Nr. 3 Abs. 2 der Bestimmungen), auf den die Beklagte jetzt im Rechtsstreit abstellt, wies sie seinerzeit nicht einmal andeutungsweise hin. Nr. 3 Abs. 2 der Bestimmungen vom 1. April 1974 schreibt eine Vergleichsberechnung vor. Ergibt die Berechnung nach der Pensionsordnung des F -Konzerns auf der Basis des höchsten Gehalts, das während des letzten Monats der Dienstzugehörigkeit zu F galt, eine höhere Betriebsrente, so ist diese zu gewähren. Dies entspricht dem Sinn und Zweck der Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten, ihre Rechtsstellung gegenüber den übrigen Arbeitnehmern zu verbessern, nicht aber zu verschlechtern. Durch diese neu eingefügte Bestimmung wurden bisher mögliche, systemfremde Ergebnisse vermieden. Es handelt sich um eine Schutzvorschrift für die betroffenen Arbeitnehmer. Mit keinem Wort erwähnte die Beklagte in ihrem Erläuterungsschreiben vom 22. November 1974, daß die bisherige Mindestbemessungsgrundlage gestrichen worden sei und die Höchstgrenze des maßgeblichen Monatsgehalts künftig das höchste Tarifgehalt unterschreiten dürfte. Ein entsprechender Hinweis erübrigte sich nur, wenn die Beklagte mit dieser Streichung keine inhaltliche Änderung der Versorgungsanwartschaft des Klägers erreichen wollte.

Bei der Neufassung der Bestimmungen im Jahre 1974 lag es auch nahe, die Erwähnung einer Mindestgrenze als überflüssig anzusehen. Das höchste Tarifgehalt lag damals bei 2.549,– DM und die Höchstgrenze des berücksichtigungsfähigen Monatsgehaltes bei 4.000,– DM, also fast 60 % darüber. In den nächsten Jahren war nicht mit einem Absinken der Höchstgrenze unter die bisherige Mindestgrenze zu rechnen.

Angesichts dieser Begleitumstände, vor allem wegen der Erläuterungen im Schreiben der Beklagten vom 22. November 1974, durfte der Kläger die Neufassung der Bestimmungen vom 1. April 1974 dahin verstehen, daß die Beklagte nur eine ihr überflüssig erscheinende Regelung streichen wollte.

c) Da sich die gestrichene Regelung durch die spätere Entwicklung doch als notwendig erwiesen hat, ist eine Regelungslücke entstanden, die durch ergänzende Auslegung zu schließen ist. Aus den getroffenen Regelungen, ihrem Sinn und Zweck sowie den Begleitumständen ist der mutmaßliche Parteiwille zu ermitteln. Die Neufassung der Bestimmungen vom 1. April 1974 diente nach den Erläuterungen der Beklagten in ihrem Begleitschreiben vom 22. November 1974 lediglich der Verbesserung der Rechtsstellung des Klägers, nicht aber der Einschränkung seiner Versorgungsansprüche. Der bisherige Mindeststandard sollte nicht unterschritten werden. Dem erklärten Parteiwillen und dem zum Ausdruck gebrachten Regelungszweck entspricht es, die Altersversorgung in der bisherigen Mindesthöhe zu gewähren, wenn die Höchstgrenze planwidrig unter die bisherige Mindestgrenze absinkt. Die maßgebliche Mindestgrenze ist das beim Ausscheiden des Klägers geltende höchste Tarifgehalt.

d) Die Bestimmungen für die Pensionierung von leitenden Angestellten auf der Grundlage der jeweils gültigen Pensionsordnung vom 8. November 1985 haben an dieser Rechtslage schon deshalb nichts geändert, weil sie für die Versorgungsansprüche des Klägers nicht gelten. Die Beklagte hat diese Bestimmungen lediglich für neu berufene Geschäfts- und Zentralbereichsleiter geschaffen.

4. Die Anrechnung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist nicht auf den Teil beschränkt, der von der Beklagten mitfinanziert wurde. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht es für unerheblich angesehen, ob die Beklagte selbst oder ein früherer Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge leistete.

a) Nach Nr. 4 der Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten vom 1. April 1974 wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bis zur Hälfte in Abzug gebracht, sofern und insoweit von Arbeitgeberseite die Hälfte des Beitrages getragen wurde. Mit dem Begriff „Arbeitgeberseite” hat die Beklagte die Anrechnungsklausel weit gefaßt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Anrechnung entgegen dem Wortlaut nur die von der Beklagten selbst mitfinanzierten Rententeile aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfassen sollte. Im Gegenteil: Die Beklagte bezeichnete sich selbst weder in der Pensionsordnung noch in anderen Regelungen als „Arbeitgeberseite”, sondern sprach von der „Fa.” oder vom „F -Konzern” (vgl. Nr. 5 Satz 1 der Bestimmungen für die Pensionierung von gehobenen Angestellten vom 10. März 1972 und vom 1. April 1974 sowie I 1 Satz 1 der Pensi-onsordnung). Diese weite Anrechnungsklausel war schon vor Erlaß des Betriebsrentengesetzes gebräuchlich und ist durch § 5 Abs. 2 BetrAVG gebilligt worden.

b) Die Anrechnungsklausel in Nr. 4 Satz 1 der Bestimmungen für die Pensionierung von leitenden Angestellten vom 1. April 1974 verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

aa) Entgegen der Ansicht des Klägers unterscheidet die Anrechnungsvorschrift nicht danach, ob der Angestellte bei früheren Arbeitgebern in der Arbeiter- oder Angestelltenrentenversicherung versichert war. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, daß Nr. 4 Satz 1 der Bestimmungen nur die „Beiträge zur Angestelltenversicherung” ausdrücklich erwähnt. Die Anrechnungsvorschrift gilt nach der Überschrift des Regelungswerkes ausschließlich für Angestellte. Sie erhalten eine Rente aus der Angestelltenversicherung. Selbst wenn sie früher in anderen Zweigen der Rentenversicherung versichert waren, hat die Bundesanstalt für Angestelltenversicherung nach § 89 Abs. 2 AVG eine Gesamtleistung zu berechnen und festzustellen. Das sozialversicherungsrechtliche Rentenverfahren läßt es verständlich erscheinen, daß die Anrechnungsklausel die übrigen Zweige der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ausdrücklich erwähnt. Im übrigen ist bei der Auslegung nicht nur der Wortlaut des ersten Halbsatzes, sondern auch der des zweiten Halbsatzes der Anrechnungsklausel zu berücksichtigen. Nach dem zweiten Halbsatz wird „die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung” in Abzug gebracht, ohne Beschränkung auf die Angestelltenrentenversicherung. Die weite Auslegung entspricht zudem dem üblichen Zweck derartiger Anrechnungsklauseln, den auf Leistungen irgendeines Arbeitgebers beruhenden Teil der Rente anzurechnen und lediglich den auf Eigenleistungen des Arbeitnehmers beruhenden Teil der Rente auszuklammern.

bb) Der Kläger meint, die Anrechnungsvorschrift verstoße auch deshalb gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil jeder Arbeitgeber die Sozialversicherungsrente voll auf die Betriebsrente anrechnen könne und dadurch Arbeitnehmer mit Betriebsrentenansprüchen gegen mehrere Arbeitgeber schlechter gestellt würden als Arbeitnehmer mit einem Betriebsrentenanspruch nur gegen einen Arbeitgeber. Die Anrechnungsklausel der Beklagten ist nach § 5 Abs. 2 BetrAVG zulässig. Für den Schutz vorzeitig ausscheidender Arbeitnehmer sorgt § 2 BetrAVG. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer nach dem Betriebsrentengesetz Rechtsnachteile erleiden. Jedenfalls verlangt Art. 3 Abs. 1 GG keine weitergehende Gleichbehandlung als die mit dem Betriebsrentengesetz erreichte. Es ist nicht sachwidrig, Arbeitnehmer, die bis zum Versorgungsfall betriebstreu sind, teilweise besser zu stellen als vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Dr. Wittek, Kremhelmer, Zieglwalner, Großmann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI951915

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