Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung
Normenkette
ZPO § 554 Abs. 3 Nr. 3, § 554a Abs. 1; ArbGG § 72 Abs. 5
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 28. März 2000 – 2 Sa 80/99 – wird als unzulässig verworfen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses in verschiedener Hinsicht nach Maßgabe eines Haustarifvertrages zu Lasten des Klägers wirksam geändert worden ist.
Der gewerkschaftlich nicht organisierte Kläger ist seit dem 3. November 1975 bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte nimmt als Gesellschaft des privaten Rechts die gesetzlichen Aufgaben der Freien und Hansestadt Hamburg wahr, Dienstleistungen im öffentlichen Personennahverkehr anzubieten. Nach der vom Kläger unterschriebenen Einstellungsbestätigung vom 3. November 1975 sind „für das Arbeitsverhältnis … die Bestimmungen der jeweils gültigen Tarifverträge maßgebend”.
Seit dem 1. Februar 1976 wird der Kläger als Bus-Einmannwagenfahrer beschäftigt. Er bezog seitdem Vergütung nach Gruppe 6 des Vergütungstarifvertrags nebst einer Funktionszulage nach diesem Tarifvertrag.
Im Jahre 1998 fanden Tarifvertragsverhandlungen zwischen der Beklagten einerseits und den Gewerkschaften ÖTV und DAG andererseits statt. Unter dem 24. November 1998 unterzeichneten die Tarifvertragsparteien ein „Ergebnisprotokoll der Tarifverhandlung bei der H.”, in dem es in der Präambel heißt:
…
Dieser Tarifvertrag ist grundlegende Voraussetzung eines Restrukturierungsplanes, …
In Ziff. 1. dieses Ergebnisprotokolls heißt es:
Produktivitäts- und Personalkostenanpassungen
Mit Wirkung ab 01.01.1999 (Abweichungen sind ggf. bei den Einzelpositionen genannt) treten folgende tarifliche Veränderungen für Mitarbeiter mit einem Einstellungsdatum bis zum 31.05.1996 in Kraft.
…
Der als Ergebnisprotokoll bezeichnete Tarifvertrag (Haustarifvertrag 1999) hat eine Reihe von Änderungen zu Lasten der unter seinen Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer mit Wirkung ab 1. Januar 1999 zum Inhalt, zB die Kürzung der Nacht- sowie der Sonn- und Feiertagszuschläge, den Wegfall der Einmannwagenfahrerzulage der Busfahrer in Höhe von 259,63 DM und die Absenkung der Höchsteingruppierung für Busfahrer von ehemals VergGr. 9 auf VergGr. 8.
Zum Ausgleich für die Einkommensverluste infolge der Tarifänderung sind in Ziff. 5 des Ergebnisprotokolls Abfindungszahlungen vorgesehen. Danach erhalten Busfahrer 8.500,00 DM, Zugfahrer 3.500,00 DM, Haltestellenwärter, Haltestellenüberwacher/Mobiler Dienst und Weichensteller sowie Handwerker ebenfalls 3.500,00 DM, alle übrigen Mitarbeiter 2.000,00 DM. Nach Ziff. 10 des Ergebnisprotokolls sind für alle am 31. Dezember 1998 beschäftigten Mitarbeiter betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. März 2004 ausgeschlossen.
Gegen die nach Maßgabe des Haustarifvertrags 1999 eingetretenen Änderungen seiner Arbeitsbedingungen sowie die dadurch eingetretenen Entgeltkürzungen wendet sich der Kläger, dessen monatlicher Bruttoverdienst „zuletzt” – so sein Vortrag in seiner Klage vom 1. April 1999 – 4.549,76 DM betrug, mit seiner Klage. Er hat die Auffassung vertreten, in der Umsetzung der tariflichen Regelung ab dem 1. Januar 1999 liege eine Änderungskündigung, die er nur unter dem Vorbehalt der Wirksamkeit annehme. Mit den neuen Regelungen seien zahlreiche Verschlechterungen verbunden, allein der Wegfall der Einmannwagenfahrerzulage (Funktionszulage) und die Kürzung der Rüstzeitpauschale machten 319,90 DM brutto pro Monat aus, der für die Monate Januar 1999 bis Mai 1999 mit dem Klageantrag zu 1) verfolgt werde. Außerdem liege im Vergleich zu den U-Bahnfahrern und den übrigen Mitarbeitern ein Verstoß gegen höherrangiges Recht, nämlich Art. 3 Abs. 1 GG vor. Er werde, da nicht tarifgebunden, zudem in seiner negativen Koalitionsfreiheit verletzt. Im übrigen verstießen die verschlechternden Regelungen gegen tragende Grundsätze des Arbeitsrechts.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.599,50 DM brutto zu zahlen;
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,
- dem Kläger die bisherige Funktionszulage zu zahlen,
- dem Kläger auch zukünftig eine Rüstzeitpauschale von 132,27 DM (statt 72,00 DM) zu zahlen,
- es bei der bisherigen Nachtzulage in Höhe von 4,28 DM (statt 3,70 DM) pro Stunde zu belassen,
- es bei der bisherigen Sonn- und Feiertagszulage in Höhe von 4,51 DM (statt 3,70 DM) pro Stunde zu belassen,
- die Nachtstunden von 20.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens zu berechnen,
- es bei der bisherigen Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden zu belassen,
- auch weiterhin den Zuschlag für den Dienst an freien Tagen von Montag bis Freitag einer Woche in Höhe von 50 % (statt 35 %) zu zahlen,
- auch zukünftig den Zuschlag für den Dienst an Sonn- und Feiertagen in Höhe von 100 % (statt 75 %) zu gewähren,
- dem Kläger auch zukünftig die Möglichkeit einzuräumen, nach vier Dienstjahren jeweils 12 Tage einen Aufenthalt in dem Erholungsheim der Beklagten in R. zu absolvieren.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, daß der Haustarifvertrag 1999 auch im Verhältnis zu dem Kläger Wirksamkeit entfalte. Der als Ergebnisprotokoll bezeichnete Tarifvertrag vom 24. November 1998 habe die Rechtsnatur eines Tarifvertrages mit entsprechender Rechtsnormwirkung. Die vereinbarten Regelungen seien nur noch in das bestehende Regelwerk einzuarbeiten gewesen, was zwischenzeitlich geschehen sei. Die Tarifvertragsparteien seien berechtigt, verschlechternde Tarifbedingungen wirksam zu vereinbaren. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liege nicht vor.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision des Klägers ist gem. § 554 a Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Denn sie enthält ihrem Inhalt nach keine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil, sondern vielmehr eine solche mit einem Urteil einer anderen Kammer des Landesarbeitsgerichts in einer Parallelsache.
1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision gehört die Angabe der Revisionsgründe unter Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm. Dies erfordert grundsätzlich, daß sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt (BAG 29. Oktober 1997 – 5 AZR 624/96 – BAGE 87, 41 mwN). Die Revisionsbegründung muß den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts aufzeigen. Sie muß zu den gem. § 554 Abs. 3 Nr. 3 ZPO gerügten Punkten eine Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils enthalten (BAG 4. September 1975 – 3 AZR 230/75 – AP ZPO § 554 Nr. 15 = EzA ZPO § 554 Nr. 1). Dies erfordert eine konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (BAG 16. August 1991 – 2 AZR 241/90 – AP SchwbG 1986 § 15 Nr. 2 = EzA SchwbG 1986 § 15 Nr. 5).
2. Diese Voraussetzungen erfüllt die Revisionsbegründung des Klägers nicht. Denn sie bezieht sich nicht auf das angefochtene Urteil. Dies ist zwar in der Revisionsschrift richtig bezeichnet worden, so daß sich die dem in der Revisionsbegründung enthaltenen Antrag, „das angefochtene Urteil aufzuheben”, nachfolgende Begründung formal auf das angefochtene Urteil bezieht. Ihrem Inhalt nach ist dies hingegen nicht der Fall. Denn danach setzt sich die Revisionsbegründung mit dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 3. März 2000 (– 3 Sa 78/99 – = – 4 AZR 521/00 –) in einer Parallelsache auseinander, deren Kläger ebenfalls vom Prozeßbevollmächtigten des Klägers dieser Sache vertreten werden. Auf diese Parallelsache weist der Kläger in seiner Revisionsbegründung selbst einleitend unter Ziff. 1 hin. Der nachfolgende Inhalt seiner Revisionsbegründung ist von ganz geringfügig formalen Abweichungen abgesehen – andere Bezifferung der Gliederungsfolge wegen des in der Parallelsache fehlenden Hinweises der Ziff. 1, Bezeichnung der Klagepartei dort „Kläger/Klägerin” – identisch mit demjenigen der Revisionsbegründung in der Parallelsache – 4 AZR 521/00 –. Damit enthält die Revisionsbegründung in dieser Sache keine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil. Denn dieses ist völlig abweichend von demjenigen in der Parallelsache gefaßt. Während das Berufungsurteil in der Parallelsache – 4 AZR 521/00 – einen Umfang von 30 Seiten hat, endet das angefochtene Urteil mit Seite 18. Demzufolge können die vom Kläger in der Revisionsbegründung in Bezug genommenen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts auf „Seite 27” und „Seite 21”, mit denen er sich in der Revisionsbegründung auseinandersetzt, in dem angefochtenen Urteil nicht enthalten sein. Auch inhaltlich finden sich der in Ziff. 3 Einleitungsabsatz der Revisionsbegründung in Bezug genommene „ausdrückliche Hinweis (s. dort Seite 27)” und die unter Ziff. 3 c der Revisionsbegründung behandelten Ausführungen des Landesarbeitsgerichts im Zusammenhang mit den vom Kläger zitierten Worten „schlicht wirtschaftlichen Einbußen” „auf Seite 21” nur in dem Urteil in der Parallelsache. Dies gilt auch für die vom Kläger ebenfalls unter Ziff. 3 c ohne Blattzahlangabe aus dem Berufungsurteil der Parallelsache wiedergegebenen Ausführungen, daß „durch die hier vorgenommenen Kürzungen entweder mit überraschendem Inhalt oder aber so nachhaltig in das Arbeitsverhältnis der Parteien eingegriffen wird, daß dies außerhalb dessen liegt, womit die Arbeitsvertragsparteien billigerweise rechnen konnten”.
Auch im übrigen läßt die Revisionsbegründung des Klägers eine Auseinandersetzung mit Ausführungen des angefochtenen Urteils nicht erkennen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schliemann, Wolter, Bott, Gotsche, Kralle-Engeln
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 30.05.2001 durch Freitag, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 651432 |
ARST 2002, 65 |