Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordentliche Kündigung nach Einigungsvertrag

 

Normenkette

Einigungsvertrag Art. 20 Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 10.02.1993; Aktenzeichen 2 Sa 142/92)

KreisG Görlitz (Urteil vom 03.06.1992; Aktenzeichen IV Ca 3260/92)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 10. Februar 1993 – 2 Sa 142/92 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1 des Einigungsvertrages (fortan: Abs. 4 Ziff. 1 EV) gestützten ordentlichen Kündigung.

Der 1943 geborene Kläger steht seit 1. August 1967 im Schuldienst. Er wurde zunächst als Lehrer beschäftigt. Vom 1. September 1980 bis zum 31. Juli 1983 war er als Schulinspektor tätig. 1981 besuchte er die Kreisparteischule. Der Kläger beantragte am 8. Dezember 1981 mündlich und am 25. August 1982 schriftlich die Abberufung von der Funktion als Kreisschulinspektor. Im Überleitungsvertrag vom 6./7. Juli 1983 wurde der ab 1. September 1980 bestehende Arbeitsvertrag „auf persönlichen Wunsch” zum 31. Juli 1983 aufgelöst und dem Kläger die Arbeitsaufgabe „Leiter der Teiloberschule” in D. übertragen. An dieser vierklassigen einzügigen Teiloberschule waren insgesamt vier Lehrer in den Klassen 1 bis 4 eingesetzt. Während dieser Tätigkeit wurde der Kläger zum Oberlehrer ernannt.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 1991, dem Kläger zugegangen am 1. November 1991, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1992 wegen mangelnder persönlicher Eignung des Klägers.

Mit seiner am 6. November 1991 beim Kreisgericht eingereichten Kündigungsschutzklage hat der Kläger das Fehlen eines Kündigungsgrundes und die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 11.10.1991 nicht zum 31.3.1992 aufgelöst worden ist, ferner für den Fall, daß der Kläger mit dem Feststellungsantrag obsiegt,
  2. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, den Schulinspektoren habe die Kontrolle der ihnen zugeordneten Schulen oblegen, insbesondere im Hinblick auf das politische Klima an der Schule, ferner die Kontrolle über den Lehrereinsatz sowie die Kontrolle über die pädagogischen Räte. Nach ihrer Kontrolltätigkeit seien sie zur Berichterstattung gegenüber dem Kreisschulrat verpflichtet gewesen, der seinerseits wieder Bericht an die Parteileitung erstattet und ihn – in den meisten Fällen – an das Ministerium für Staatssicherheit weitergeleitet habe.

Als Schulinspektor sei es insbesondere Aufgabe des Klägers gewesen, die planmäßige Durchführung der Beschlüsse der SED und der zu ihrer Verwirklichung erlassenen Bestimmungen zu sichern und insoweit die Lehrkräfte zu kontrollieren. Hierbei hätten Schulinspektoren u.a. Belobigungen und Bestrafungen veranlassen können. Seine Aufgaben als Schuldirektor habe der Kläger offensichtlich so vorbildlich erfüllt, daß er in dieser Zeit zum Oberlehrer befördert worden sei.

Das Kreisgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage in vollem Umfange stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Beklagte Klageabweisung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

A. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Die Voraussetzungen für eine Kündigung nach Abs. 4 Ziff. 1 EV seien nicht erfüllt. Der Kläger sei für den Lehrerberuf nicht persönlich ungeeignet. Es könne zwar zugunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, daß die Tätigkeit als Schulinspektor grundsätzlich eine besondere Identifikation mit dem SED-Staat mit sich gebracht habe, doch sei im Fall des Klägers die besondere Identifikation ausgeschlossen. Der Kläger sei nur über einen Zeitraum von knapp drei Jahren als Schulinspektor tätig gewesen, so daß bereits Zweifel bestünden, ob ein solcher Zeitraum ausreiche, um eine besondere Identifikation mit dem SED-Staat bejahen zu können. Hinzu komme, daß der Kläger bereits am 8. Dezember 1981 um seine Abberufung als Schulinspektor gebeten und diese Bitte am 25. August 1982 wiederholt habe. Der Kläger sei also nach nur wenig mehr als einjähriger Tätigkeit als Schulinspektor zu der Überzeugung gelangt, daß diese Tätigkeit für ihn nicht geeignet sei. Damit habe er sich bereits nach einem Jahr von seiner Tätigkeit als Schulinspektor distanziert. Hierbei sei es durchaus glaubhaft, wenn er vortrage, im Hinblick auf die damaligen politischen Verhältnisse habe er nicht den wahren Grund für seinen Wunsch auf Ablösung von der Funktion als Kreisschulinspektor angeben können. Immerhin habe er aber in seinem Schreiben vom 25. August 1982 ausgeführt, daß ihm die Arbeit im Schulkollektiv wesentlich mehr Freude mache und ihn besser ausfülle. Weiter komme hinzu, daß im Zeitpunkt der Kündigung des Klägers mehr als acht Jahre seit der Beendigung seiner Tätigkeit als Schulinspektor vergangen gewesen seien.

Aus der Tätigkeit des Klägers als Leiter einer Teiloberschule könnten keine Schlüsse auf eine besondere Identifikation mit dem SED-Staat gezogen werden. Der Kläger sei kein Direktor im Sinne der Bestimmungen der ehemaligen DDR gewesen. Er habe lediglich eine vierklassige und damit eine sogenannte Teiloberschule geleitet und sei gegenüber dem Direktor rechenschaftspflichtig gewesen. Der Kläger habe seine Tätigkeit als Schulinspektor nicht als Sprungbrett für eine Karriere benutzt, vielmehr stelle sein Tätigkeitswechsel eher einen beruflichen Abstieg dar. Aus seiner Beförderung zum Oberlehrer könnten keine Schlüsse auf die besondere Identifikation mit dem SED-Staat gezogen werden. Es sei nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien die Beförderung zum Oberlehrer erfolgte und gegebenenfalls ob der Kläger sie überhaupt erfüllt habe.

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei wird davon ausgegangen, daß Streitgegenstand des Feststellungsantrages allein die zwischen den Parteien streitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 11. Oktober 1991 zum 31. März 1992 ist, also die Worte „sondern unverändert fortbesteht” keinen selbständigen zweiten Streitgegenstand kennzeichnen, vielmehr ohne eigenständige Bedeutung, lediglich formelhaft den ersten Streitgegenstand verdeutlichen sollen.

I. Nach Abs. 4 Ziff. 1 EV ist die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in der öffentlichen Verwaltung auch zulässig, wenn der Arbeitnehmer wegen mangelnder persönlicher Eignung den Anforderungen nicht entspricht. Die Wirksamkeit der Kündigung ist aufgrund einer auf den Kündigungszeitpunkt bezogenen Einzelfallprüfung zu beurteilen.

1. Die mangelnde persönliche Eignung im Sinne von Abs. 4 Ziff. 1 EV ist eine der Person des Arbeitnehmers anhaftende Eigenschaft, die sich auch aus der bisherigen Lebensführung herausgebildet haben kann. Die persönliche Eignung eines Angestellten des öffentlichen Dienstes erfordert, daß er sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen muß. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (vgl. BVerfGE 2, 1 – Leitsatz 2 –).

Die hiernach zu stellenden Anforderungen haben sich an den Aufgaben des Angestellten auszurichten. Ein Lehrer muß den ihm anvertrauten Schülern glaubwürdig die Grundwerte des Grundgesetzes vermitteln. Er muß insbesondere die Gewähr dafür bieten, daß er in Krisenzeiten und ernsthaften Konfliktsituationen zu den Grundwerten der Verfassung steht (BVerfG Beschluß vom 22. Mai 1975 – 2 BvL 13/73 – BVerfGE 39, 334 = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 5 GG; BAG Urteil vom 18. März 1993 – 8 AZR 356/92 – AP Nr. 12 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu B III 1, 2 der Gründe).

Der Regelung in Abs. 4 Ziff. 1 EV liegt zugrunde, daß Arbeitnehmer von einem früheren Arbeitgeber eingestellt worden sind, mit denen der jetzige Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag nicht geschlossen hätte, wenn er an ihrer persönlichen Eignung berechtigte Zweifel gehabt hätte. Abs. 4 Ziff. 1 EV erlaubt daher – auch – eine Prüfung, ob der früher eingestellte Arbeitnehmer für die jetzige Tätigkeit persönlich geeignet ist, ohne daß bereits Vertragsverletzungen und damit konkrete Störungen des Arbeitsverhältnisses eingetreten sein müßten. Die Regelung in Abs. 4 Ziff. 1 EV zwingt den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber im übergeordneten staatlichen Interesse nicht, gleichsam die rechtsstaatliche Einstellung eines Arbeitnehmers in jedem Falle zunächst zu erproben (BAG Urteil vom 18. März 1993, a.a.O.). Ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen der Nr. 1 Abs. 4 EV ist damit nicht verbunden. Es gelten nicht die Grundsätze für Einstellungen in den öffentlichen Dienst, sondern die für Kündigungen (vgl. zum Beurteilungsspielraum BAG Urteil vom 6. Juni 1984 – 7 AZR 456/82 – AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, zu II 2 a aa der Gründe; BAG Urteil vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 – AP Nr. 3 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu III der Gründe; BVerwG Urteil vom 27. November 1980 – 2 C 38.79 – AP Nr. 10 zu Art. 33 Abs. 2 GG. betr. die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Volksschulen; BVerwG Urteil vom 28. November 1980 – 2 C 24.78 – AP Nr. 12 zu Art. 33 Abs. 2 GG, betr. die Entlassung eines Beamten auf Probe), denn durch eine auf Abs. 4 Ziff. 1 EV gestützte Kündigung wird in besonderer Weise in das Grundrecht der Berufsfreiheit des einzelnen Beschäftigten eingegriffen. Ein Beurteilungsspielraum kann sich nur im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung auf eine Abwägung besonders belastender Umstände bei der Identifikation mit den Staats- und Parteizielen in der ehemaligen DDR gegenüber spezifisch entlastenden Tatsachen zur persönlichen Eignung des Arbeitnehmers beziehen. Darum geht es im Streitfalle jedoch nicht.

Ein Lehrer ist nicht schon deshalb ungeeignet, weil er nach den früheren gesetzlichen Bestimmungen bei der Verwirklichung der Staatsziele der DDR mitzuwirken hatte. Eine mangelnde persönliche Eignung ist aber indiziert, wenn er sich in der Vergangenheit in besonderer Weise mit dem SED-Staat identifiziert hat. Dies ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer nicht nur kurzfristig Funktionen wahrgenommen hat, aufgrund derer er in hervorgehobener Position oder überwiegend an der ideologischen Umsetzung der Ziele der SED mitzuwirken hatte. Der kündigende Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat die vom Arbeitnehmer wahrgenommene Funktion einschließlich ihrer Grundlagen und ihrer Bedeutung in der Verfassungswirklichkeit der DDR darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, die Annahme der besonderen Identifikation durch substantiierten Sachvortrag zu entkräften. Dabei können neben den Umständen der früheren Tätigkeit auch sonstige die Eignung des Arbeitnehmers begründende Tatsachen berücksichtigt werden. Liegt ein dahingehender schlüssiger und nachprüfbarer substantiierter Vortrag vor, hat der Arbeitgeber darzutun, daß die behaupteten erheblichen, nachprüfbaren Tatsachen nicht vorliegen oder daß trotz dieser Umstände aus weiteren Tatsachen auf eine Ungeeignetheit zu schließen ist.

2. Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend erkannt, daß aus der Tätigkeit des Klägers als Kreisschulinspektor nicht auf seine Nichteignung als Lehrer im Sinne von Abs. 4 Ziff. 1 EV geschlossen werden kann. Die Tätigkeit als Kreisschulinspektor ist zwar an sich geeignet, die besondere Identifikation mit dem SED-Staat zu belegen und dadurch die Nichteignung für den Lehrerberuf zu indizieren (vgl. dazu Senatsurteile vom 20. Januar 1994 – 8 AZR 658/92 – und vom 17. Februar 1994 – 8 AZR 194/93 – beide n.v.), doch ist die Würdigung des Berufungsgerichts, im Falle des Klägers sei die besondere Identifikation ausgeschlossen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat insofern entscheidend auf die unstreitige Gesamtdauer der Tätigkeit des Klägers als Kreisschulinspektor, den mehr als acht Jahre zwischen der Beendigung dieser Tätigkeit und der Kündigung liegenden Zeitraum und die unstreitigen Bemühungen des Klägers um die Beendigung seiner Tätigkeit als Kreisschulinspektor abgestellt. Insbesondere dem Umstand, daß der Kläger bereits nach 15monatiger Tätigkeit als Kreisschulinspektor um seine Abberufung nachsuchte, durfte das Berufungsgericht erhebliches Gewicht beimessen. Durch die Wiederholung seines Abberufungswunsches im August 1982 und die mit Überleitungsvertrag vom 6./7. Juli 1983 ausdrücklich auf seinen persönlichen Wunsch hin erfolgte Abberufung konnte das Berufungsgericht die mit dieser Tätigkeit verbundene Indizwirkung als entkräftet werten.

Kommt es für die Entkräftung der Indizwirkung wegen der bereits sehr frühzeitigen Abberufungsanträge des Klägers nicht darauf an, ob er sich vom Amt des Kreisschulinspektors „distanziert” hat, sind die Rügen der Revision zur Würdigung des Sachvortrags des Klägers durch das Berufungsgericht ungeeignet, eine andere Beurteilung herbeizuführen. Der Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, daß der Kläger selbst keine entsprechende Distanzierung vom Amt des Kreisschulinspektors behauptet hatte, doch wäre diese rechtlich nur dann erheblich, wenn der äußere Ablauf die besondere Identifikation des Klägers mit dem SED-Staat und damit die Nichteignung indiziert hätte.

3. Die besondere Identifikation des Klägers mit dem SED-Staat folgt auch nicht aus seiner früheren Tätigkeit als Leiter der Teiloberschule in D. Das Berufungsgericht hat insofern zutreffend dargestellt, daß der Verantwortungsbereich eines dem Direktor einer Oberschule unterstellten Leiters der Teiloberschule mit einem weit geringeren Verantwortungsbereich verbunden war. Revisionsrechtlich ist es deshalb nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, die vom Kläger wahrgenommene Verantwortung für insgesamt drei weitere Lehrer an der Teiloberschule in D. habe die Stellung des Klägers kaum über die eines normalen Lehrers herausgehoben. Die diesbezüglichen Rügen der Revision lassen nicht erkennen, welche eigenständigen Funktionen des Leiters einer Teiloberschule die besondere Identifikation mit dem SED-Staat begründen könnten. Vielmehr gibt auch die Revision zu erkennen, daß die eigentliche Verantwortung beim jeweiligen Direktor der Oberschule lag und lediglich die örtliche Entfernung zwischen Teiloberschule und Oberschule und die denkbare Existenz mehrerer Teiloberschulen dem Direktor die Wahrnehmung seiner Aufgaben erschweren konnten. Der vom Berufungsgericht aus § 23 Abs. 2 der Schulordnung vom 29. November 1979 – GBl. I S. 433 – abgeleitete geringere Verantwortungsbereich der Leiter von Teiloberschulen ist damit durch die Revision nicht widerlegt, sondern im Gegenteil bestätigt worden. Aus der Wahrnehmung des Amtes eines Leiters einer Teiloberschule kann deshalb nicht auf eine besondere Identifikation mit dem SED-Staat geschlossen werden.

4. Das Berufungsgericht hat aus der Ernennung des Klägers zum Oberlehrer keine Schlüsse auf die besondere Identifikation mit dem SED-Staat gezogen. Es sei nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien die Ernennung erfolgte und gegebenenfalls ob der Kläger sie überhaupt erfüllte. Daß das Berufungsgericht mit dieser Würdigung substantiierten Sachvortrag des Beklagten unberücksichtigt gelassen haben könnte, wird von der Revision nicht geltend gemacht. Der Beklagte unterläßt auch in der Revision die Angabe, auf welcher Grundlage Ernennungen zum Oberlehrer ausgesprochen wurden und aus welchem Grunde der Kläger diese Auszeichnung erfuhr. Die generelle Aussage der Revision, derartige Ernennungen seien nur solchen Personen zuteil geworden, denen die Partei ihren Dank für ihr besonderes Engagement für die Durchsetzung der Parteiinteressen ausdrücken wollte, ist eine nicht näher begründete Annahme, die nur bei entsprechender Substantiierung einer Beweisaufnahme zugänglich gewesen wäre.

5. Die Behauptung des Beklagten, der Kläger sei erst im Jahre 1976 – also während seines Beschäftigungsverhältnisses als Lehrer – in die SED eingetreten und habe dadurch seine besondere Identifikation mit dem SED-Staat ausgedrückt, ist den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden. Als neues tatsächliches Vorbringen hat diese Darlegung in der Revisionsinstanz unberücksichtigt zu bleiben.

6. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Gesamtbetrachtung zur Eignung des Klägers läßt keinen revisionsrechtlich erheblichen Fehler erkennen.

II. Der Beklagte hat keine weiteren Kündigungsgründe geltend gemacht, die eine soziale Rechtfertigung der Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG ergeben könnten. Die Kündigung ist daher nach § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam, sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Das Landesarbeitsgericht hat dementsprechend der Klage zu Recht stattgegeben. Die Revision des Beklagten ist als unbegründet zurückzuweisen.

C. Mit dieser Entscheidung über den Feststellungsantrag wird der Rechtsstreit rechtskräftig abgeschlossen, so daß über den mit dem Antrag zu 2. verfolgten Anspruch des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits nicht mehr zu befinden ist.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Ascheid, Dr. Wittek, Dr. Müller-Glöge, Mache, Dr. Pühler

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1076760

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