Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwandsentschädigung bei Montagearbeiten

 

Orientierungssatz

Aufwandsentschädigung (Auslösung) bei Montagearbeiten unter täglichem Beginn und Ende der Arbeitszeit am Betriebssitz gemäß § 5 des Lohntarifvertrages für die Arbeitnehmer der Elektrohandwerke NW vom 26.4.1986.

 

Normenkette

TVG § 1

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 14.01.1987; Aktenzeichen 14 (11) Sa 1541/86)

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 03.09.1986; Aktenzeichen 10 Ca 3453/86)

 

Tatbestand

Der 35-jährige Kläger steht seit 2. Januar 1974 als Fernmeldemechaniker in den Diensten der Beklagten. Beide Parteien sind Mitglieder der tarifschließenden Verbände für die Arbeitnehmer der Elektrohandwerke im Lande Nordrhein-Westfalen.

Ab Mai 1986 war der Kläger auf einer Baustelle eingesetzt, die mehr als 30 km von der Werkstatt der Beklagten entfernt war. Im Hinblick auf diesen auswärtigen Einsatz zahlte die Beklagte dem Kläger bis 19. Mai 1986 eine Aufwandsentschädigung in Höhe von arbeitstäglich DM 31,35 brutto. Für die Zeit vom 20. bis 23. Mai 1986 sowie für den 26. und 28. Mai 1986 und den 2., 4., 6., 13. und 24. Juni 1986 bestellte die Beklagte den Kläger morgens zu Beginn der Arbeitszeit zunächst in den Betrieb. Von hier aus fuhr er zur Außenarbeitsstelle und kehrte auf Weisung der Beklagten nach Beendigung seiner Arbeit auf der Außenbaustelle jeweils wieder zur Werkstatt zurück. Mit der Rückkehr zur Werkstatt endete die Arbeitszeit. Die Beklagte zahlte dem Kläger für die genannten Tage für die Zeit vom Beginn der Arbeitszeit im Betrieb bis zur Rückkehr des Klägers von der Außenarbeitsstelle in den Betrieb Arbeitsvergütung, gewährte dem Kläger jedoch nur für den 6. Juni 1986 eine Aufwandsentschädigung in Höhe von DM 15,35 brutto.

Der Kläger verlangt von der Beklagten für die angeführten Tage im Mai und Juni 1986 eine Aufwandsentschädigung in Höhe von je DM 31,35 brutto. Dies ergibt unter Berücksichtigung des von der Beklagten für den 6. Juni 1986 gezahlten Betrags einen Betrag von DM 329,20 brutto.

Der Kläger hat vorgetragen, nach den tariflichen Bestimmungen des Lohntarifvertrags für Arbeitnehmer der Elektrohandwerke im Lande Nordrhein-Westfalen stehe ihm die begehrte Aufwandsentschädigung zu. Der Anspruch auf Aufwandsentschädigung setze zwar nach dem Tarifvertrag die Einhaltung der vollen Arbeitszeit an der Montagestelle voraus. Wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zum Betrieb bestellt werde, gelte jedoch diese Zeit auch als an der Montagestelle verbrachte Arbeitszeit. Diese Voraussetzung treffe für ihn zu, da er an den streitbefangenen Arbeitstagen von der Beklagten zum Beginn und zum Ende seiner Arbeitszeit in den Betrieb bestellt worden sei. Aufwandsentschädigung verliere ein auf Außenarbeitsstellen eingesetzter Arbeitnehmer nur dann, wenn Abwesenheitszeiten ihre Ursache in seinem Verhalten hätten. Dies treffe vorliegend nicht zu. Die Aufwandsentschädigung solle nicht nur eventuelle Wegezeiten außerhalb der Arbeitszeit zur und von der Außenarbeitsstelle abgelten, sondern auch den Verpflegungsmehraufwand. Dieser Verpflegungsmehraufwand sei für ihn unabhängig davon entstanden, ob seine Arbeitszeit am Betriebssitz oder an der Außenarbeitsstelle beginne. Auswärts beschäftigte Arbeitnehmer hätten in allen Fällen keine Möglichkeit, in der Mittagspause nach Hause zu fahren und dort eine Mahlzeit einzunehmen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

DM 329,20 brutto nebst 4 % Zinsen aus DM

188,10 brutto seit 7. Juli 1986 und 4 %

Zinsen aus DM 141,10 brutto seit 3. September

1986 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, Sinn der tariflichen Regelung über die Aufwandsentschädigung sei es, dem Arbeitnehmer den zusätzlichen Zeitaufwand zu vergüten, der ihm dadurch erwachse, daß er statt in der Werkstatt auf einer Außenarbeitsstelle tätig sei. Ein solcher zusätzlicher Zeitaufwand entstehe aber nicht, wenn er unter Einbeziehung der Zeiten für die Fahrten vom Firmensitz zur Außenarbeitsstelle und zum Firmensitz zurück nie länger als die volle Arbeitszeit unterwegs gewesen sei. Damit habe er keinen größeren Zeitaufwand gehabt als Arbeitnehmer, die im Betrieb arbeiteten. Dies komme im Tarifvertrag auch dadurch zum Ausdruck, daß die Höhe der Tagesaufwandsentschädigungen sich nach der Entfernung der Außenarbeitsstelle vom Betrieb richte, die Tarifvertragsparteien also davon ausgingen, eine weitere Entfernung bringe auch einen höheren Zeitaufwand mit sich. Das sei aber nur der Fall, wenn die Arbeitszeit an der Montagestelle beginne und ende. Beginne und ende sie - wie für den Kläger - im Betrieb, liege ein höherer Zeitaufwand wegen auswärtiger Tätigkeit überhaupt nicht vor. Zusätzliche Verpflegungskosten bei der Aufwandsentschädigung würden nach der ausdrücklichen tariflichen Regelung des § 5 Ziff. 3 des Lohntarifvertrags nur bei der Auswärtsmontage mit Übernachtung berücksichtigt. Wenn § 5 Ziff. 4 Satz 2 des Lohntarifvertrags auch solche Zeiten "als an der Montagestelle verbrachte Arbeitszeit" gelten lasse, die der Arbeitnehmer nicht an der Montagestelle verbringe, weil er vom Arbeitgeber zum Betrieb bestellt sei, betreffe dies nur die Fälle, in denen die Arbeit auf der Außenbaustelle zugewiesen sei, aber aus besonderen Gründen das Erscheinen am Betriebssitz erforderlich sei. Nicht erfaßt seien damit aber die Fälle, in denen - wie vorliegend - der Arbeitnehmer sich zum Arbeitsbeginn und zum Arbeitsende am Betriebssitz des Arbeitgebers einfinden müsse, damit der Arbeitseinsatz täglich neu vom Arbeitgeber bestimmt werde.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision mit der Maßgabe, daß er Zinsen nur vom Nettobetrag begehrt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Denn entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts setzt der tarifliche Auslösungsanspruch voraus, daß die Arbeitszeit des Arbeitnehmers in der Regel an der Außenarbeitsstelle beginnt und dort auch endet. Ob dies vorliegend zutrifft, wird das Landesarbeitsgericht noch festzustellen haben.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Lohntarifvertrag für Arbeitnehmer der Elektrohandwerke im Lande Nordrhein-Westfalen vom 26. April 1986 (LTV) kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Danach kann dem Kläger nach folgenden Bestimmungen ein Anspruch auf Aufwandsentschädigung zustehen:

§ 5

Aufwandsentschädigungen (Auslösungen)

-------------------------------------

1. Für alle Arbeiten außerhalb der Werkstatt

(Betriebssitz) mit einer Entfernung von

dieser bis zu 7 km in der Luftlinie wird

nur das übliche Fahrgeld zur Benutzung des

billigsten zur Verfügung stehenden öffentlichen

Verkehrsmittels für Hin- und Rückweg

vergütet. Falls der Weg des Arbeitnehmers

von seinem Wohnsitz zur Außenarbeitsstelle

kürzer ist, werden nur diese Fahrtkosten

ersetzt. Für die Zone 1 gilt in Orten,

in denen die Erreichung der Arbeitsstätte

so behindert ist, daß der kürzeste

zumutbare Anmarschweg die Luftlinienentfernung

um mehr als 20 % überschreitet,

der tatsächlich kürzeste Anmarschweg.

2. Beträgt die Entfernung von der Werkstatt

bis zur Außenarbeitsstelle mehr als 7 km

in der Luftlinie, werden dem Arbeitnehmer

das Fahrgeld und Tagesaufwandsentschädigungen

nach folgender Staffel bezahlt:

ab 1. Mai ab 1. Juni

1986 1987

in Zone 1 über

7 - 12 km 11,25 DM 11,50 DM

in Zone 2 über

12 - 20 km 15,35 DM 15,65 DM

in Zone 3 über

20 - 30 km 23,00 DM 23,50 DM

in Zone 4 über

30 - 40 km 31,35 DM 32,00 DM

in Zone 5 über

40 km 36,15 DM 36,85 DM

Ist in Zone 1 der Weg von der Wohnung zur

Montagestelle kürzer als der Weg von der

Wohnung zum Betriebssitz, entfällt die Aufwandsentschädigung.

3. Bei der Auswärtsmontage mit Übernachtung

wird anstelle der Aufwandsentschädigung ein

Übernachtungsgeld/Tagegeld von 53,90 DM ab

1. Mai 1986 und 55,00 DM ab 1. Juni 1987

pro Tag gewährt. Für besonders teure Orte

ist ein höheres Übernachtungsgeld/Tagegeld

mit dem Betriebsrat zu vereinbaren. Ä)

Bei länger andauernden Arbeiten werden an

Fahrgeld die Kosten für die billigsten Wochen-

bzw. Monatskarten gezahlt.

Ä) Protokollnotiz zu § 5 Ziff. 3

Fällt die Reisezeit auf Anordnung des Arbeitgebers

auf einen freien Tag (einschl.

Vorabend eines Sonnabends, Sonntags oder

Feiertags), so ist die Reisezeit wie reguläre

Arbeitszeit einschl. der Zuschläge gemäß

§ 4 "Manteltarifvertrag für Arbeiter

und Angestellte der Elektrohandwerke im

Lande NW (gültig ab 1. Mai 1974)" zu bezahlen.

4. Der Anspruch auf Aufwandsentschädigung setzt

die Einhaltung der vollen Arbeitszeit an

der Montagestelle voraus. Wird der Arbeitnehmer

vom Arbeitgeber zur Abholung von Materialien

oder aus anderen Gründen zum Betrieb

bestellt, gilt diese Zeit als an der

Montagestelle verbrachte Arbeitszeit. Zur

Berücksichtigung besonderer Verhältnisse

(z. B. Gestellung von Unterkunft oder Verpflegung

durch den Arbeitgeber, Transport

mit Unternehmerfahrzeug usw.) kann eine abweichende

vorherige Vereinbarung getroffen

werden.

Unstreitig hat der Kläger an den Tagen, für die er Aufwandsentschädigung geltend macht, auf einer Außenarbeitsstelle gearbeitet, die mehr als 30 km von der Werkstatt der Beklagten entfernt liegt. Dafür sieht § 5 Ziff. 2 LTV in Zone 4 eine arbeitstägliche Aufwandsentschädigung von DM 31,35 vor, die der Kläger mit der Klage auch geltend macht.

Dem Anspruch des Klägers auf Aufwandsentschädigung kann jedoch § 5 Ziff. 4 LTV entgegenstehen. Danach setzt der Anspruch auf Aufwandsentschädigung die Einhaltung der vollen Arbeitszeit an der Montagestelle voraus. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger unstreitig nicht. Seine Arbeitszeit begann und endete an den streitbefangenen Tagen vielmehr im Betrieb der Beklagten, von wo aus er zur Montagestelle fuhr und wohin er nachmittags wieder zurückkehrte. Nach § 5 Ziff. 4 Satz 2 LTV gelten jedoch Zeiten, in denen der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zur Abholung von Materialien oder aus anderen Gründen zum Betrieb bestellt wird, als an der Montagestelle verbrachte Arbeitszeit. Danach kommt es vorliegend darauf an, ob die Anordnung der Beklagten, daß der Kläger an den strittigen Arbeitstagen zum Beginn und zum Ende seiner Arbeitszeit im Betrieb der Beklagten erscheinen sollte, als "zum Betrieb bestellt" im Sinne von § 5 Ziff. 4 Satz 2 LTV anzusehen ist. Dies ist nach dem für die Tarifauslegung in erster Linie maßgebenden Tarifwortlaut und tariflichen Gesamtzusammenhang zu beurteilen (vgl. BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung).

Ob die Voraussetzung "zum Betrieb bestellt" nur dann erfüllt ist, wenn der Kläger während seiner an der Außenarbeitsstelle begonnenen und beendeten Arbeitszeit zum Betrieb bestellt wird, oder auch dann erfüllt werden kann, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zum Beginn und zum Ende seiner Arbeitszeit in den Betrieb bestellt wird, ist im LTV nicht ausdrücklich geregelt. Da andererseits der Begriff "zum Betrieb bestellt" nach dem Wortlaut des LTV nicht eingeschränkt ist, ist es danach möglich, daß der Arbeitnehmer auch zum Beginn oder zum Ende der Arbeitszeit zum Betrieb bestellt wird und damit die Voraussetzungen des § 5 Ziff. 4 Satz 2 LTV erfüllt. Nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang ist der Begriff "zum Betrieb bestellt" jedoch enger. Er wird nur erfüllt, wenn der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit oder bei sonst regelmäßigem Beginn und Ende der Arbeitszeit an der Montagestelle gelegentlich zum Beginn oder zur Beendigung der Arbeitszeit zum Betrieb bestellt wird.

Auszugehen ist hierbei von § 5 Ziff. 4 Satz 1 LTV. Danach wird die Einhaltung der vollen Arbeitszeit an der Montagestelle vorausgesetzt. Dies bedeutet, daß die Arbeitszeit an der Montagestelle beginnt und endet. Das wird von den Tarifvertragsparteien als Regelfall angesehen. Der nachfolgende Satz fingiert nur bestimmte Abwesenheitszeiten als an der Montagestelle verbrachte Arbeitszeit. Wenn die Tarifvertragsparteien aber von dem Regelfall ausgehen, daß die Arbeitszeit des Arbeitnehmers an der Montagestelle beginnt und auch dort endet, schließt dies ein, daß die Bestellung zum Betrieb im Sinne von § 5 Ziff. 4 Satz 2 LTV nach der an der Montagestelle begonnenen und noch nicht beendeten Arbeitszeit erfolgt. Im Rahmen dieses Regelfalls liegt es auch noch, wenn ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitszeit in der Regel an der Außenarbeitsstelle beginnt oder endet, ausnahmsweise gelegentlich zum Beginn oder zur Beendigung der Arbeitszeit zum Betrieb bestellt wird. Diese Auslegung trägt auch dem Wortlaut der tariflichen Regelung Rechnung, der die Bestellung zum Betrieb zum Beginn oder zur Beendigung der Arbeitszeit nach § 5 Ziff. 4 Satz 2 LTV miterfaßt.

Andererseits kann der Auffassung nicht gefolgt werden, daß dem Arbeitnehmer die Aufwandsentschädigung auch dann zusteht, wenn er regelmäßig zum Beginn und zur Beendigung der Arbeitszeit zum Betrieb bestellt wird und von hier aus zur Außenarbeitsstelle fährt und nach Beendigung seiner Arbeit in den Betrieb zurückkehrt. Denn die Aufwandsentschädigung stellt nach dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung eine Wegezeitvergütung dar, durch die die zusätzliche Wegezeit vergütet werden soll, die dem Arbeitnehmer dadurch entsteht, daß er nicht am Betriebssitz arbeiten kann, sondern an einer Außenarbeitsstelle tätig wird. Die Tarifvertragsparteien gehen für den Regelfall davon aus, daß die Arbeitszeit an der Montagestelle beginnt und endet. Die Aufwandsentschädigung hängt davon ab, daß die Außenarbeitsstelle mehr als 7 km von der Werkstatt entfernt ist. Mit wachsender Entfernung der Außenarbeitsstelle von der Werkstatt erhöht sich nach § 5 Ziff. 2 LTV die zu zahlende Aufwandsentschädigung. Daraus ist zu folgern, daß mit der Aufwandsentschädigung die zusätzliche Wegezeit vom Betriebssitz zur Außenarbeitsstelle vergütet werden soll. Dies schließt es aus, daß die Aufwandsentschädigung auch dann zu zahlen ist, wenn die Arbeitszeit regelmäßig am Betriebssitz beginnt und endet. In letzterem Fall erhält der Arbeitnehmer für die Fahrzeit vom Betrieb zur Außenarbeitsstelle und zurück seine normale Arbeitsvergütung, so daß für eine zusätzliche Wegezeitvergütung, die nach dem von den Tarifvertragsparteien bestimmten Regelfall für Wegezeiten außerhalb der Arbeitszeit gezahlt werden soll, jede sachliche Berechtigung fehlt. Mit Fahrtkosten hat die Aufwandsentschädigung nichts zu tun, da diese gemäß § 5 Ziff. 1 und 2 LTV zusätzlich erstattet werden.

Entgegen der Auffassung des Klägers soll mit der hier strittigen tariflichen Aufwandsentschädigung kein Verpflegungsmehraufwand abgegolten worden, der dem Arbeitnehmer auch dann entsteht, wenn seine Arbeitszeit regelmäßig am Betriebssitz beginnt und endet und er von hier aus zum Arbeitseinsatz an Außenarbeitsstellen fährt. Dies folgt bereits aus § 5 Ziff. 3 LTV. Danach wird bei Auswärtsmontagen mit Übernachtung statt der Aufwandsentschädigung ein Übernachtungsgeld/Tagegeld gewährt. Mit dem Begriff Tagegeld wird üblicherweise der Verpflegungsmehraufwand umschrieben. Da die Tarifvertragsparteien vorliegend zwischen Tagegeld und Aufwandsentschädigung unterscheiden, spricht dies dafür, daß mit der Aufwandsentschädigung nur eine Wegezeitvergütung gewährt werden, aber kein Verpflegungsmehraufwand abgegolten werden sollte.

Es ist dem Kläger zwar einzuräumen, daß bei Arbeiten an auswärtigen Arbeitsstellen regelmäßig ein Verpflegungsmehraufwand entsteht. Es ist aber Sache der Tarifvertragsparteien, ob sie für einen solchen Verpflegungsmehraufwand eine Abgeltung für den Arbeitnehmer vorsehen wollen. Vorliegend ist hierfür kein Anhaltspunkt ersichtlich. Der Verpflegungsmehraufwand ist unabhängig von der Länge der Entfernung zwischen Betriebssitz und Außenarbeitsstelle. Er fällt immer und in etwa gleicher Höhe an, wenn der Arbeitnehmer auswärts, d. h. mehrere Kilometer vom Betriebssitz oder der Wohnung entfernt, arbeiten muß. Deshalb ist die Staffelung der Aufwandsentschädigung nach der Länge der Entfernung der Außenarbeitsstelle vom Betriebssitz nur verständlich, wenn die Aufwandsentschädigung als Wegezeitvergütung aufgefaßt wird, nicht aber wenn sie auch als Verpflegungsmehraufwand aufgefaßt wird. Es kann noch nicht einmal davon ausgegangen werden, daß nach dem Willen der Tarifvertragsparteien ein bestimmter Betrag für alle Zonen den Verpflegungsmehraufwand abgelten soll. Hiergegen spricht insbesondere, daß bei einer Entfernung der Außenarbeitsstelle vom Betriebssitz bis zu 7 km in der Luftlinie, was im allgemeinen einer größeren tatsächlichen Entfernung entspricht, überhaupt keine Aufwandsentschädigung zu zahlen ist (§ 5 Ziff. 1 LTV). Wäre in der Aufwandsentschädigung auch die Abgeltung eines Verpflegungsmehraufwands enthalten, wäre es nicht verständlich und sachlich nicht gerechtfertigt, daß z. B. Arbeitnehmer, die an einer Außenarbeitsstelle arbeiten, die 6 km in der Luftlinie vom Betriebssitz entfernt liegt, keine Aufwandsentschädigung erhielten.

Wenn Tarifvertragsparteien die Abgeltung eines Verpflegungsmehraufwands regeln wollen, wird dies im allgemeinen deutlich zum Ausdruck gebracht. Mit Recht weist das Arbeitsgericht darauf hin, daß z. B. der Bundestarifvertrag für die besonderen Arbeitsbedingungen der Montagearbeiter der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie die Nahauslösung eine Pauschalerstattung nennt, die dem Umstand Rechnung trage, daß die Beschäftigung auf einer außerbetrieblichen Arbeitsstelle eine längere Abwesenheit des Montagestammarbeiters von zu Hause erfordere und die längere Abwesenheit Mehraufwendungen während des Erreichens der Montagestelle und auf der Montagestelle bedinge. Der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe enthält in § 7 Nr. 3.2 eine ausdrückliche Regelung über den Verpflegungszuschuß, der bezeichnenderweise für alle Arbeitnehmer, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, auf DM 5,-- je Arbeitstag, also auf den gleichen Betrag, festgesetzt wird. Aus diesen anderweitigen tariflichen Regelungen zieht das Arbeitsgericht jedoch die falschen Schlüsse. Gerade weil Tarifvertragsparteien besonders zum Ausdruck bringen, wenn bestimmte Beträge den Verpflegungsmehraufwand eines auswärts beschäftigten Arbeitnehmers abgelten sollen, kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, da hierfür ein entsprechender Anhaltspunkt im LTV fehlt und die Regelungen des § 5 LTV nur dann als sinnvoll erscheinen, wenn man die Aufwandsentschädigung als Wegezeitvergütung ansieht.

Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, mit dem Begriff der Wegezeitvergütung werde im allgemeinen auch der Verpflegungsmehraufwand erfaßt, ist unzutreffend. Zu Unrecht beruft sich das Landesarbeitsgericht insoweit auf die Senatsrechtsprechung. Der Senat hat im Gegenteil entschieden, daß zwischen Wegezeitvergütung und Verpflegungszuschuß begrifflich ein Unterschied besteht, und nur dann die Wegezeitvergütung als Verpflegungszuschuß angesehen, wenn die Tarifvertragsparteien eine entsprechende (sprachlich mißglückte) Definition gewählt haben (vgl. BAG Urteil vom 28. April 1982 - 4 AZR 642/79 -, AP Nr. 39 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

Für die Annahme des Klägers, nur schuldhaftes Fernbleiben des Arbeitnehmers vom Arbeitsplatz an der Baustelle während der Arbeitszeit beseitige den Anspruch auf Aufwandsentschädigung, fehlt jeder Anhaltspunkt im Tarifvertrag. Wenn die Aufwandsentschädigung die Einhaltung der vollen Arbeitszeit an der Montagestelle grundsätzlich voraussetzt, entfällt sie z. B. auch dann, wenn der Arbeitnehmer nach vierstündiger Arbeit auf der Baustelle arbeitsunfähig erkrankt, deshalb seine Arbeit abbrechen und der Arbeit auf der Baustelle aus entschuldbaren Gründen fernbleiben muß. Wenn der Kläger ferner meint, aus der Regelung in § 5 Ziff. 4 Satz 3 LTV, nach der z. B. bei einer Verpflegung durch den Arbeitgeber eine von § 5 LTV abweichende Vereinbarung getroffen werden kann, ergebe sich, daß die Aufwandsentschädigung auch den Verpflegungsmehraufwand umfasse, andernfalls sei eine von § 5 LTV abweichende Vereinbarung bei einer Verpflegung durch den Arbeitgeber nicht verständlich oder überflüssig, so ist dies nicht zwingend. Die Verpflegung durch den Arbeitgeber ist auch nach der hier vertretenen Auslegung ein Vorteil für den Arbeitnehmer, die z. B. eine generelle Kürzung der Aufwandsentschädigung, z. B. um DM 5,--, rechtfertigen könnte.

Die weitere Auffassung des Klägers, auch diejenigen Arbeitnehmer, die am Betriebssitz arbeiteten, müßten eine Wegezeit außerhalb der Arbeitszeit von ihrer Wohnung zur Arbeitsstelle in Kauf nehmen, ohne hierfür eine Vergütung zu erhalten, deshalb könne die Aufwandsentschädigung für die an Außenarbeitsstellen arbeitenden Arbeitnehmer nicht als reine Wegezeitvergütung angesehen werden, verkennt, daß es Sache des Arbeitnehmers ist, in der Nähe des Betriebssitzes seine Wohnung zu nehmen und damit die Wegezeit möglichst kurz zu halten. Die Wegezeiten zu den einzelnen Baustellen kann der Arbeitnehmer hingegen nicht durch Inanspruchnahme einer Wohnung an einem bestimmten Ort beeinflussen. Denn die Baustellen und damit die Wegezeiten vom Betrieb bzw. der Wohnung wechseln erfahrungsgemäß ständig. Abgesehen davon wird bei einer Entfernung bis zu 7 km zum Betriebssitz und zur Außenarbeitsstelle keine Aufwandsentschädigung gezahlt. Insoweit steht der Arbeitnehmer, der auf einer vom Betriebssitz weniger als 7 km entfernten Baustelle arbeitet, einem Arbeitnehmer gleich, der am Betriebssitz arbeitet und weniger als 7 km vom Betrieb entfernt wohnt.

Die Befürchtung des Klägers, bei der hier vertretenen Auslegung sei dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet, weil dann der Arbeitgeber der Zahlung einer Aufwandsentschädigung dadurch entgehen könne, daß er die Arbeitnehmer jeweils zum Beginn und Ende der Arbeitszeit zum Betriebssitz bestelle, ist unbegründet. Denn in diesen Fällen erhalten die Arbeitnehmer zwar keine Aufwandsentschädigung, aber für die Wegezeit Arbeitsvergütung, die für den Arbeitgeber in aller Regel höhere Kosten verursacht. Es liegt daher im Regelfall nicht im Interesse des Arbeitgebers, die Aufwandsentschädigung dadurch einzusparen, daß er Arbeitnehmer zum Beginn und Ende der Arbeitszeit an den Betriebssitz bestellt.

Nach dem Sachvortrag der Parteien und den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist nicht ersichtlich, ob der Kläger in dem hier strittigen Zeitraum vom 20. Mai bis 24. Juni 1986 mit seiner Arbeitszeit regelmäßig an Außenarbeitsstellen begann oder nicht. Er war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur für die Zeit vom 20. bis 23., für den 26. und 28. Mai 1986 sowie für den 2., 4., 6., 13. und 24. Juni 1986 zum Beginn und zur Beendigung der Arbeitszeit in den Betrieb bestellt. Von Anfang Mai bis 19. Mai 1986 erhielt er nach diesen Feststellungen auch die Aufwandsentschädigung. Sollte er während der übrigen Arbeitstage mit seiner Arbeitszeit an der Außenarbeitsstelle - wie offenbar auch in der Zeit bis zum 19. Mai 1986 - begonnen haben und sie hier auch beendet haben, spräche dies dafür, daß seine Arbeitszeit in der Regel an der Außenarbeitsstelle begann und endete. Dann könnte er für die Tage, an denen er ausnahmsweise zum Beginn und zur Beendigung der Arbeitszeit zum Betrieb bestellt war, Aufwandsentschädigung beanspruchen. Hat der Kläger hingegen etwa an den übrigen Arbeitstagen im Betrieb gearbeitet oder war er arbeitsunfähig erkrankt oder in Urlaub, könnte dies dafür sprechen, daß seine Arbeitszeit in der Regel am Betriebssitz begann und endete. Dann entfiele sein Anspruch auf Aufwandsentschädigung. Das Landesarbeitsgericht wird den Sachverhalt insoweit noch aufzuklären haben. Hierbei steht ihm bei der Frage, ob der Kläger mit seiner Arbeitszeit "in der Regel" an der Außenarbeitsstelle begann und sie hier beendete, ein weiter Beurteilungsspielraum zu.

Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten zu entscheiden haben.

Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Etzel

Dr. Börner Koerner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI439078

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