Leitsatz (amtlich)
1. Verlangt der Gläubiger einer Masseforderung Zahlung und steht bereits im Erkenntnisverfahren fest, daß die Masse zur vollen Befriedigung der Massegläubiger der jeweiligen Rangklasse nicht – oder jedenfalls nach dem derzeitigen, Stand nicht – ausreicht, so darf das Gericht den Konkursverwalter nicht ohne Einschränkung verurteilen.
In einem solchen Fall darf der Konkursverwalter nur in Höhe der nach § 60 Abs. 1 KO errechneten Quote zur Leistung verurteilt werden; im übrigen ist im Wege eines Teilurteils die Forderung festzustellen.
2. a) Ein Leistungsurteil darf schon dann nicht ergehen, wenn die Erschöpfung der Masse zwar droht, aber noch keine Klarheit über ihren Stand geschaffen ist.
b) Ist in einem solchen Fall die Forderung streitig, kann diese durch Teilurteil festgestellt werden.
c) Ist die Forderung unstreitig, sollte das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO ausgesetzt werden.
3. Im Streitfall trägt der Konkursverwalter die Darlegungs- und Beweislast für die bereits eingetretene oder jedenfalls drohende Unzulänglichkeit der Masse. Das heißt: Der Konkursverwalter muß seine Befürchtung, die Masse werde nicht ausreichen, durch Tatsachen belegen und diese Tatsachen, falls sie bestritten werden, nachweisen. Dabei ist ihm eine je nach der Größe des Konkurses abzuschätzende Einarbeitungszeit zuzubilligen.
4. Ist der Konkursverwalter uneingeschränkt zur Leistung verurteilt worden, kann er die Unzulänglichkeit der Masse durch eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) geltend machen. Hierbei kommt eine Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO nur dann in Betracht, wenn der Stand der Masse bereits vor Schluß der letzten mündlichen Verhandlung im Erkenntnisverfahren soweit geklärt war, daß sich die Quote nach § 60 Abs. 1 KO errechnen ließ.
Hat der Gläubiger bereits vollstreckt und stellt sich alsdann die Unzulänglichkeit der Masse heraus, muß er den vollstreckten Betrag an die Masse zurückzahlen.
Hat der Gläubiger nach Erhebung der Zwangsvollstreckungsabwehrklage vollstreckt, so kann der Konkursverwalter die Klage auf Herausgabe des durch die Vollstreckung Erlangten umstellen.
Normenkette
KO § 60 Abs. 1, §§ 14, 59 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 82; ZPO §§ 148, 268 Nr. 3 a.F., § 717 Abs. 2, § 767; BGB § 812 Abs. 1 S. 2, § 820 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 6 Sa 110/77) |
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Mai 1977 – 6 Sa 110/77 – aufgehoben,
2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der Firma K… KG. Der Beklagte war seit 1968 als angestellter Außendienstmitarbeiter bei der Gemeinschuldnerin beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis endete nach der im Herbst 1975 erfolgten Konkurseröffnung am 31. Dezember 1975.
In dem Rechtsstreit 4 Ca 1623/75 Arbeitsgericht Koblenz gegen die Gemeinschuldnerin, später gegen den jetzigen Kläger erstritt der Beklagte ein Teilurteil vom 18. August 1976, durch das die „Firma E… K… vertreten durch den Konkursverwalter Dr. Dr. T…” zur Zahlung von 7.090,31 DM brutto als entgangene Provision für die Monate November und Dezember 1975 an den jetzigen Beklagten verurteilt wurde. Die vom Kläger gegen dieses Urteil mit Schriftsatz vom 12. Januar 1977 eingelegte Berufung wurde durch Beschluß des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. März 1977 – 6 Sa 44/17 – als unzulässig verworfen.
Mit der vorliegenden bei Gericht am 15. November 1976 eingegangenen Klage begehrte der Kläger die Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Teilurteils vom 18. August 1976. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Forderungen an die Masse betrügen rund 100.000,– DM aus weiteren arbeitsgerichtlichen Verfahren sowie aus einem Sozialplan, rund 1,2 Mio. DM von Arbeitsämtern und 4,9 Mio. DM aus rückständiger Umsatzsteuer. Dem stünden allenfalls 100.000,– bis 150.000,– DM an Masse gegenüber. Der Kläger hat deshalb Erschöpfung der Konkursmasse geltend gemacht.
Er hat beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. August 1976 – 4 Ca 1623/75 – für unzulässig zu erklären.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat hingewiesen auf ein bei dem Prozeßbevollmächtigten des Beklagten am 11. März 1976 eingegangenes Schreiben des Klägers vom Februar 1976 „an die Gläubiger in dem Konkursverfahren der Firma E… K… KG, L…”, in dem unstreitige Forderungen von rund 51 Mio. DM und bestrittene Forderungen von rund 19 Mio. DM aufgeführt sind und in dem es u.a. heißt:
„Die Konkursmasse ist nach wie vor äußerst dürftig. Es können nicht einmal die Masseverbindlichkeiten, vor allen Dingen an das Arbeitsamt und für die rückständigen Löhne bis zum normalen Auslauf der Kündigungszeiten, bezahlt werden.
Sollte sich keine wesentliche Änderung des Konkursverfahrens ergeben, steht mit großer Wahrscheinlichkeit fest, daß die nicht bevorrechtigten Forderungen mit Sicherheit nicht zum Zuge kommen und daß auch die bevorrechtigten Forderungen zum großen Teil ausfallen werden.”
Unter Berufung auf dieses Schreiben hat der, Beklagte ausgeführt, daß die mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemachte Einwendung gemäß § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen sei.
Das Arbeitsgericht hat mit am 24. Januar 1977 verkündetem Urteil die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei mit dem Einwand der Erschöpfung der Konkursmasse ausgeschlossen, weil er ihn bereits in dem Verfahren, 4 Ca 1623/75 hätte vortragen können, wie sein Schreiben vom Februar 1976 zeige.
Aufgrund von Vollstreckungsmaßnahmen des Beklagten – der Kläger wurde zur Ableistung der eidesstattlichen Versicherung vorgeladen – zahlte dieser den Betrag aus dem Teilurteil vom 18. August 1976 in Höhe von 7.090,31 DM zuzüglich VoIlstreckungskosten, zusammen 7.310,16 DM durch Scheck am 25. Januar 1977.
Mit Schriftsatz vom 23. Februar 1977 hat der Kläger gegen das die Vollstreckungsabwehrklage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts Berufung eingelegt und Rückzahlung des gezahlten Betrages verlangt. Er hat dazu u.a. vorgetragen, er habe den Betrag aus dem Teilurteil vom 18. August 1976 gezwungenermaßen gezahlt. Das könne keinen Einfluß auf das vorliegende Verfahren haben. Der Beklagte sei aufgrund dieser Zahlung auf Kosten der Konkursmasse bereichert weil die anderen Ansprüche an die Masse nicht befriedigt werden könnten, so daß ein Rückforderungsanspruch der Konkursmasse gegen den Beklagten entstanden sei. Der Beklagte habe den bezahlten Betrag ohne rechtlichen Grund auf Kosten der Masse erhalten. Daher müsse der Kläger als Konkursverwalter die Bereicherung vom Beklagten zurückfordern, um nach Wiedererhalt des Betrages die ihm obliegende Verteilung gemäß § 60 Abs. 1 KO vorzunehmen.
Zwar habe er mit seinem Schreiben „an die Gläubiger …” vom Februar 1976 auf die Dürftigkeit der Masse hingewiesen. In diesem Zeitpunkt habe er aber immer noch der Auffassung sein können, daß sich bei einem günstigen Ausgang verschiedener Klageverfahren eine wesentlich größere Masse ergeben würde und daß er bei einem verständnisvollen Verhalten der Gläubiger die Massegläubiger würde befriedigen können. Er habe auch bei der Arbeitsverwaltung beantragt, daß diese mit ihren bevorrechtigten Masseforderungen hinter die Ansprüche der einzelnen Arbeitnehmer zurücktrete; diesem Antrag, sei bisher nicht entsprochen worden. Nachträglich sei denn die Umsatzsteuernachforderung von 4,9 Mio. DM für steckengebliebene halbfertige Arbeiten aufgrund eines Bescheides des Finanzamtes vom 2. September 1976 gekommen.
Der Übergang von der Vollstreckungsgegenklage zur Leistungsklage sei zulässig, wenn die Vollstreckung durchgeführt sei.
Der Kläger hat in der Berufungsinstanz beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 7.310,16 DM nebst 4% Zinsen seit dem 26. Januar 1977 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat insbesondere vorgetragen, der Vollstreckungsabwehrklage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger „Berufung und Vollstreckungsgegenklage nebeneinander betrieben” habe, und zwar jedenfalls ab dem Zeitpunkt, an dem der Kläger Berufung gegen das Teilurteil eingelegt habe. Das Rechtsschutzdürfnis fehle auch deswegen, weil die Zwangsvollstreckung aus dem Teilurteil nach Zahlung des Urteilsbetrages nebst Vollstreckungskosten durch den Kläger beendet sei. Der Übergang von der Vollstreckungsabwehrklage zur Zahlungsklage sei eine unzulässige Klageänderung.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung, mit Urteil vom 27. Mai 1977 als unbegründet zurückgewiesen, weil die Vollstreckungsabwehrklage unzulässig und die Klageänderung weder im Sinne des § 268 Nr. 3 ZPO a. F. zulässig noch im Sinne des § 264 ZPO a. F. sachdienlich sei.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge aus der Berufungsinstanz weiter.
Entscheidungsgründe
I.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es für die Vollstreckungsabwehrklage nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Es mag zwar sein, daß grundsätzlich kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsabwehrklage besteht, wenn der Schuldner gegen den Vollstreckungstitel einen statthaften Rechtsbehelf eingelegt hat (Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, 19. Aufl., § 767 Bem. II 3 zu Fußn. 116; Thomas-Putzo, ZPO, 10. Aufl., § 767 Bem. 5 b). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn das Rechtsmittel als unzulässig verworfen worden ist, weil dann der Schuldner sich gegen den Vollstreckungstitel nicht mehr zur Wehr setzen kann.
Deshalb ist hier die Vollstreckungsabwehrklage nicht dadurch unzulässig geworden, daß der Kläger später das Teilurteil vom 18. August 1976 mit einer – unzulässigen Berufung angefochten hat.
2. Die Zwangsvollstreckungsabwehrklage ist jedoch dadurch gegenstandslos geworden, daß der Kläger den Betrag aus dem Teilurteil vom 18. August 1976 einschließlich der Vollstreckungskosten am 25. Januar 1977 bezahlt hat (Stein-Jonas-Münzberg, a.a.O., § 767 Bem. III zu Fußn. 121; ebenso die überwiegende Meinung im Schrifttum, die meist Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses annimmt: vgl. z.B. Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 37. Aufl., § 767 Bem. 3 A; Thomas-Putzo, a.a.O., § 767 Bem. 5 b).
Folgerichtig hat der Kläger in der Berufungsinstanz seinen Klageantrag geändert und verlangt nunmehr Rückzahlung des aufgrund der Zwangsvollstreckung erlangten Betrages. Diese Umstellung des Klageantrages hat das Berufungsgericht zu Unrecht als nicht sachdienliche Klageänderung angesehen mit der Folge, daß es die Berufung als unbegründet zurückgewiesen hat.
Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung tritt an die Stelle der Vollstreckungsabwehrklage die Klage auf Rückgewähr des Geleisteten („verlängerte Vollstreckungsabwehrklage”). Darin liegt eine von Gesetzes wegen zulässige Klageänderung im Sinne von § 268 Nr. 3 ZPO a.F. = § 264 Nr. 3 ZPO 1977 (allg. Meinung, vgl. z.B., H. F. Gaul, JuS 1962, 1 [zu A 2]; Zöller-Scherübl, ZPO, 11. Aufl., 1974, § 767 Bem. 1 c; Stein-Jonas-Münzberg, a.a.O., § 767 Bem. IV 1 zu Fußn. 126).
3. Aus allem folgt, daß auf die Revision des Klägers das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
II.
Nach der Zurückverweisung wird das Landesarbeitsgericht prüfen müssen, ob der Kläger – wie das Arbeitsgericht angenommen hat – nach § 767 Abs. 2 ZPO mit dem Erschöpfungseinwand präkludiert ist. In Anbetracht der zahlreichen ungeklärten Fragen zu § 60 Abs. 1 KO (vgl. Uhlenbruck, KTS 1978, 66) hält der Senat folgende Hinweise für angebracht:
1. Die Konkursordnung regelt die Befriedigung der Massegläubiger nur unvollkommen, weil sie einerseits in § 60 Abs. 1 für die Erfüllung von Masseverbindlichkeiten eine Rangordnung, bei gleichem Rang eine Quotelung vorschreibt, andererseits kein Verfahren zur Verfügung stellt, um diese Rangordnung zu wahren. § 14 KO, der für die Konkursgläubiger die Einzelvollstreckung und dann eine Priorität der Einzelzwangsvollstreckung ausschließt, gilt für die Massegläubiger nicht; für sie ist keine Ausnahme vom Prioritätsprinzip vorgesehen.
2. Der Prioritätsgrundsatz kann jedoch nicht gelten, „sobald sich herausstellt”, daß die Masse nicht ausreicht. Anderenfalls wäre es für den Konkursverwalter unmöglich, dem Gesetz zu genügen, – die Rangfolge des § 60 Abs. 1 KO einzuhalten und die dort vorgeschriebenen Kürzungen zu beachten. Der Konkursverwalter muß deshalb die Einzelvollstreckung verhindern können(vgl. Uhlenbruck, a.a.O. 67 f., auch das in Fußn. 5 wiedergegebene alte Schrifttum).
Dem muß sowohl im Erkenntnisverfahren wie im Zwangsvollstreckungsverfahren Rechnung getragen werden. Der Senat ist allerdings bei der Vielfalt der denkbaren Tatbestände nicht in der Lage, eine schlechthin geltende Verfahrensregel aufzustellen.
3. a) Steht bereits im Erkenntnisverfahren fest, daß die Masse ausreicht, alle Massegläubiger oder jedenfalls die Massegläubiger der jeweiligen Rangklasse im Sinne des § 60 Abs. 1 KO zu befriedigen, kann ein Leistungsurteil gegen den Konkursverwalter ergehen. Auch der Zwangsvollstreckung steht nichts im Wege. Das gleiche gilt, solange kein Anlaß besteht, mit einer Unzulänglichkeit der Masse zu rechnen (vgl. z.B. Jaeger-Lent” KO, 8. Aufl., § 57 RdNr. 10).
b) Steht bereits im Erkenntnisverfahren fest., daß die Masse zur vollen Befriedigung der Massegläubiger der jeweiligen Rangklasse nicht – oder jedenfalls nach dein derzeitigen Stand nicht ausreicht, stünden eine uneingeschränkte Verurteilung und die damit gegebene Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in die Masse in Widerspruch zu § 60 KO. In einem solchen Fall schränkt § 60 Abs. 1 KO die Realisierbarkeit der Masseverbindlichkeit ein. Dem muß das Urteil Rechnung tragen. Das Gericht darf nicht ohne Einschränkung verurteilen, wenn die Leistung gegen das Gesetz verstoßen würde. Anderenfalls würde dem Gläubiger etwas zugesprochen, was er alsbald wieder herauszugeben hätte.
§ 60 Abs. 1 KO schränkt jedoch nur die derzeitige Leistungspflicht des Konkursverwalters ein; dadurch wird aber der Anspruch selbst nicht berührt. Es ist nicht auszuschließen, daß der Masse nachträglich noch Mittel zufließen, die eine bessere Erfüllung der Masseverbindlichkeiten erlauben. Je nach Lage des Falles kann der Gläubiger auch gegen den Gemeinschuldner persönlich vorgehen. Der hier zu entscheidende Fall gibt dem Senat keine Veranlassung zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist (vgl. z.B. Jaeger-Lent, KO 8. Aufl., § 57 Rdnr. 5; Mentzel-Kuhn, KO, 8. Aufl., § 57 Rdnr. 9 ff.; Mohrbutter, Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts, 2. Aufl., § 69 I 2, S. 700;, Baur, Festschrift für Friedrich Weber, 1975, S. 41 [43 ff.]; Uhlenbruck, a.a.O., S. 70).
Bei dieser Rechtslage darf die Klage eines Massegläubigers mit dem seine nach § 60 Abs. 1 KO errechnete Quote übersteigenden Teil nicht als unbegründet, – ohne weiteres auch nicht als zur Zeit unbegründet – abgewiesen werden, weil die Rechtskraft eines solchen Urteils nicht nur gegenüber dem Konkursverwalter, sondern zugleich gegenüber dem GemeinschuIdner wirken würde (Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 37. Aufl., § 325 Bem. 6 „Konkursverwalter”; Stein-Jonas-Schumann-Leipold, ZPO, 19. Aufl., § 325 Bem. II 1 und III 1 a.E.; Thomas-Putzo, ZPO, 10. Aufl., 51 Bem. IV 3 b). Diese Überlegung schließt es auch aus, mit Uhlenbruck (a.a.O. S. 73) einen Massegläubiger bei Masseunzulänglichkeit auf eine Klage auf Auszahlung nach Maßgabe des § 60 Abs. 1 KO in dem Sinne zu beschränken, daß die Klage auf Vornahme einer vertretbaren Handlung durch den Konkursverwalter zu richten ist.
Vielmehr bleibt nur übrig, den Konkursverwalter in Höhe der nach § 60 Abs. 1 KO errechneten Quote zur Leistung zu verurteilen und im übrigen im Wege eines Teilurteils die Forderung festzustellen. Will der Gläubiger nach beendetem Konkursverfahren oder auch schon während des Verfahrens den Gemeinschuldner in Anspruch nehmen (vgl. BGH NJW 1979, 162), muß er gegen diesen gesondert vorgehen. Das bedeutet zwar für den Gläubiger eine zusätzliche Belastung, ist aber eine unvermeidliche Folge des § 60 Abs. 1 KO.
c) § 60 Abs. 1 KO verweist den Konkursverwalter auf die dort festgelegte Rangordnung, „sobald sich herausstellt, daß die Konkursmasse zur vollständigen Befriedigung aller Massegläubiger nicht ausreicht”. Der Zweck des Gesetzes läßt sich jedoch nur verwirklichen, wenn schon bei Gefahr einer Masseunzulänglichkeit einzelne Massegläubiger nicht ohne Rücksicht auf andere ranggleiche Gläubiger in die Masse vollstrecken dürfen. Daraus folgt, daß schon dann, wenn die Erschöpfung der Masse zwar droht, aber noch keine Klarheit über den Stand geschaffen ist, kein Leistungsurteil ergehen darf.
In dieser Zwischenzeit erscheint – falls die Forderung des Massegläubigers streitig ist – ein Feststellungsurteil sachgerecht. Da der Konkursverwalter sich auch gegenüber Massegläubigern, die Beteiligte im Sinne des § 82 KO sind, nach dieser Vorschrift einer Haftung aussetzt, wenn er pflichtwidrig nicht zahlt, kann damit gerechnet werden, daß er aufgrund eines solchen Feststellungsurteils leisten wird, sobald feststeht, daß die Masse ausreicht, um die Forderung unter Beachtung des § 60 KO zu begleichen.
Ist die Forderung, abgesehen von der Beschränkung durch § 60 Abs. 1 KO, unstreitig, sollte das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO ausgesetzt werden (ebenso Uhlenbruck, a.a.O., S. 72 und 74). Nach dieser Vorschrift kann ein Gericht außer den hier nicht interessierenden Fällen eines vorgreiflichen Rechtsstreits das Verfahren aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Der Entscheidung einer Verwaltungsbehörde steht die vom Konkursverwalter zu treffende Feststellung darüber gleich, ob die Konkursmasse zur vollständigen Befriedigung aller Massegläubiger ausreicht oder wieweit sie ausreicht. Von dieser Quote hängt, wie dargelegt, die zu treffende Entscheidung ab.
4. Ob die gesetzesgemäße Befriedigung der Massegläubiger im Sinne von § 60 Abs. 1 KO unmöglich oder jedenfalls gefährdet ist und von welchem Zeitpunkt an dies der Fall ist, kann nur der Konkursverwalter feststellen, weil niemand sonst die Übersicht haben kann. Eine früher diskutierte Möglichkeit, daß der kritische Zeitpunkt im Sinne von § 60 Abs. 1 KO durch Beschluß des Konkursgerichts festzustellen sei, wird mit Recht allgemein abgelehnt (vgl. z.B. Böhle-Stamschräder, KO, 12. Aufl., § 60 Bem. 2; Mentzel-Kuhn, KO, 8. Aufl., § 60 Rdnr. 2 m. w. N.). Dementsprechend trägt der Konkursverwalter im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast für die bereits eingetretene oder jedenfalls drohende Unzulänglichkeit der Masse. Das heißt: der Konkursverwalter muß jedenfalls seine Befürchtung, die Masse werde nicht ausreichen, durch Tatsachen belegen und diese Tatsachen, falls sie bestritten werden, nachweisen. Dabei ist dem Konkursverwalter jedoch nach allgemeinen Erfahrungssätzen eine, je nach der Größe des Konkurses abzuschätzende Einarbeitungszeit zuzubilligen, in dem er die Unterlagen sichten und sich einen Überblick verschaffen kann. Vor Ablauf einer solchen Einarbeitungszeit ist der Konkursverwalter nicht in der Lage, den Stand der Masse darzulegen. Dem Gläubiger wäre auch nicht damit gedient, wollte er den Konkursverwalter in einen nicht zu führenden Beweis drängen. Er müßte letzten Endes nur wieder in die Konkursmasse zurückzahlen, was er entgegen § 60 Abs. 1. KO durch eine voreilige Verfolgung seines Anspruchs allenfalls erlangen könnte.
5. Hier sind die Instanzgerichte nicht in der geschilderten Weise verfahren. Vielmehr wurde der Kläger im Vorprozeß uneingeschränkt zur Leistung verurteilt. Er kann daher die Unzulänglichkeit der Masse nur noch durch die Vollstreckungsabwehrklage nach Maßgabe des § 767 ZPO geltend machen. Bei der Anwendung dieser Vorschrift auf den Tatbestand des § 60 Abs. 1 KO muß dessen Zweck, die vom Gesetzgeber gewollte Rangfolge der Befriedigung aller Massegläubiger, berücksichtigt werden.
a) Nach § 767 Abs. 1 ZPO setzt die Vollstreckungsabwehrklage Einwendungen voraus, die den im Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen. Nach Abs. 2 kann die Klage nur auf solche Gründe gestützt werden, die erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung entstanden sind, in der die Einwendungen spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, und die durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
Die Verteidigung des Konkursverwalters, er dürfe nach § 60 Abs. 1 KO nicht in voller Höhe leisten, ist eine Einwendung, die den Anspruch selbst betrifft. Bei Unzulänglichkeit der Masse bleibt zwar die Forderung selbst unberührt; es wird jedoch, wie Uhlenbruck (a.a.O. S. 73) mit Recht sagt, die Leistungspflicht des Konkursverwalters und damit zugleich das Forderungsrecht des Gläubigers eingeschränkt. Insofern kommt dem § 60 Abs. 1 KO (auch) eine materiell-rechtliche Wirkung zu, so daß § 767 ZPO entsprechend der im Schrifttum ganz herrschenden Meinung eingreift (vgl. z.B. Böhle-Stamschräder, a.a.O., § 60 Bem. 2; Mentzel-Kuhn, a.a.O., § 60 Rdnr. 1).
Die Gründe dieser Einwendung entstehen im Sinne von § 767 Abs. 2 ZPO jedoch nicht schon in dem Zeitpunkt, indem die Gefahr der Masseunzulänglichkeit sich abzeichnet, sondern erst dann, wenn der Stand der Masse soweit geklärt ist, daß sich die Quote errechnen läßt. Erst dann ist der Tatbestand des § 60 Abs. 1 KO erfüllt. Nur wenn dieser Stand bereits vor Schluß der letzten mündlichen Verhandlung im Erkenntnisverfahren erreicht war, kommt folglich eine Präklusion im Sinne von § 767 Abs. 2 ZPO in Betracht.
Die Belange des Gläubigers fordern keine andere Auslegung. Der Konkursverwalter ist ohnehin aus seiner allgemeinen vertraglichen Rücksichtspflicht gehalten, die Gläubiger zu warnen – wie der Kläger es durch sein Rundschreiben an die Gläubiger vom Februar 1976 getan hat –, wenn er nicht Gefahr laufen will, nach § 82 KO auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden. Damit sind die Gläubigerbelange, soweit die Konkurssituation und die vom Gesetz verlangte Rücksicht auf die anderen Massegläubiger dies zulassen, gewahrt.
b) Für die Zwischenzeit, in der die Unzulänglichkeit der Masse im Sinne von § 60 KO zwar droht, aber noch nicht feststeht, ergibt sich ein Schwebezustand. Der Konkursverwalter kann sich zwar gegen eine vorzeitige Verurteilung zur Wehr setzen; er ist jedoch nicht genötigt, dies schon in diesem Stadium der Ungewißheit zu tun. Das ist als Folge der zwangsläufigen Situation im ersten Stadium eines Konkursverfahrens hinzunehmen. Die an den Konkursverwalter zu stellenden Anforderungen würden überspannt, wollte man ihn bei Gefahr der Präklusion für verpflichtet halten, sich auf die – Unzulänglichkeit der Masse bereits in einem Zeitpunkt zu berufen, in dem er noch hoffen kann, alle Masseansprüche zu erfüllen. Wollte man eine solche Forderung aufstellen, könnte das zudem nur dazu führen, daß künftig jeder Konkursverwalter gegenüber einer gegen die Masse gerichteten Klage vorsorglich die Gefahr der Masseunzulänglichkeit geltend machte. Damit wäre nichts gewonnen.
6. Die Forderung des Beklagten ist eine Masseforderung nach § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO; es handelt sich um Arbeitsentgelt für die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens. Sie steht deshalb nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 KO an erster Stelle der vom Kläger zu begleichenden Masseforderungen. Falls sich im weiteren Verfahren nach der Zurückverweisung ergibt, daß einerseits die Masse nicht ausreicht, um alle Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 60 Abs. 1 Nr. 1 KO voll zu erfüllen, und daß andererseits dies zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Koblenz vor dem Teilurteil, am 18. August 1976, noch nicht feststand, muß der Beklagte den aus dem Teilurteil vollstreckten Betrag in Höhe von 7.090,31 DM an die Masse zurückzahlen. Die Rechtsgrundlage bildet § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zwar hat der Beklagte den Betrag aufgrund eines rechtskräftigen Urteils beigetrieben. Dieses Urteil konnte jedoch dann keinen rechtlichen Grund für die Vollstreckung mehr bilden, wenn nachträglich die Leistungspflicht des Klägers aufgrund von § 60 Abs. 1 KO eingeschränkt wurde (RGZ 61, 259 [262]), und zwar erscheint es grundsätzlich geboten, daß der Beklagte den vollen Betrag zurückzahlt, damit der Kläger über die Masse uneingeschränkt verfügen und sie in der gesetzlich vorgesehenen Rangfolge verteilen kann. Da der Beklagte gewarnt war, ist auch § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB zu beachten (vgl. außer dem Rundschreiben vom Februar 1976 auch den Schriftsatz des Klägers vom 5. November 1975 im Verfahren 4 Ca 1623/75 ArbG Koblenz).
Für eine Rückforderung der Vollstreckungskosten, ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Eine entsprechende Anwendung von § 717 Abs. 2 ZPO erscheint ausgeschlossen.
Fundstellen
BAGE, 288 |
NJW 1980, 141 |
JZ 1979, 479 |