Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Minderung der Leistungsfähigkeit. Nahtlosigkeitsregelung. Fiktion der objektiven Verfügbarkeit. Sperrwirkung. eigenständige Prüfung der subjektiven Verfügbarkeit durch die Arbeitsverwaltung. Prognoseentscheidung
Orientierungssatz
1. Die Bundesagentur für Arbeit ist verpflichtet, die Voraussetzungen der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB 3 selbst zeitnah zu prüfen. Auf die nachträglichen und ggf durch gerichtliche Begutachtung gefundenen Ergebnisse anderer Stellen kann es nicht ankommen.
2. Das Vorliegen der subjektiven Verfügbarkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld kann nicht von § 125 SGB 3 fingiert werden. Es ist jedoch umgekehrt ausgeschlossen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld in möglichen Fällen der Leistungsgewährung auf der Grundlage von § 125 SGB 3 wegen fehlender subjektiver Verfügbarkeit dann auszuschließen, wenn zuvor nicht eigene Feststellungen getroffen wurden, die es erlauben, die Frage der Arbeitsbereitschaft mit einem objektiven Leistungsbild in Verbindung zu bringen.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.01.2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Arbeitslosengeld auf der Grundlage der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 Drittes Sozialgesetzbuch (SGB III) streitig.
Der im Jahr 1955 geborene Kläger war von 1972 bis 1996 als Lagerist tätig. Hieran anschließend bezog der Kläger Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe unterbrochen durch drei versicherungspflichtige Beschäftigungen.
Ab dem 01.02.2003 war der Kläger als Werkschutzkraft für die Fa. G. tätig. Ab dem 17.04.2006 bis zum 03.09.2007 bezog der Kläger Krankengeld und meldete sich am 26.07.2007 zum 04.09.2007 arbeitslos. In seinem Antrag auf Arbeitslosengeld gab der Kläger an, dass er bereits einen Rentenantrag gestellt habe, der sich jedoch wegen Ablehnung im Widerspruchsverfahren befinde. Im Ablehnungsbescheid vom 07.03.2007 hatte der Rentenversicherungsträger ausgeführt, dass der Kläger weder teilweise noch ganz erwerbsgemindert sei.
Hierauf wurde dem Kläger am 05.09.2007 Arbeitslosengeld ab dem 04.09.2007 bis zum 03.09.2008 mit einer Anspruchsdauer von zunächst 360 Tagen gewährt. Ein am 13.09.2007 von der Beklagten erstelltes arbeitsmedizinisches Gutachten ergab, dass der Kläger zwar nicht mehr seine letzte Tätigkeit ausüben könne, im Übrigen aber noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für ständig leichte Tätigkeiten verfüge. Am 16.10.2007 legte der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Orthopäden Dr. E. vor, wonach er ab dem 16.10.2007 u.a. wegen einer Cervicobrachialgie arbeitsunfähig sei. Laut Bescheinigung vom 30.11.2007 beziehe sich diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf die bisherige Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft. Diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. E. wurde fortlaufend erneuert. Darüber hinaus legte der Kläger am 29.11.2007 eine Erstbescheinigung der Neurologin D. vor, wonach er ab dem 28.11.2007 auch aus psychischen Gründen arbeitsunfähig sei. Auch für diese Arbeitsunfähigkeit wurden im weiteren Verlauf entsprechende Folgebescheinigungen vorgelegt.
Mit Schreiben vom 28.11.2007 wies die Beklagte den Kläger auf die Rechtswirkungen des § 125 SGB III hin. Bereits mit Bescheid vom 26.11.2007 hatte die Beklagte zuvor die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 27.11.2007 aufgehoben, ehe mit Bescheid vom 30.11.2007 Arbeitslosengeld ab dem 27.11.2007 wieder bewilligt wurde.
Am 30.11.2007 ließ der Kläger gegen den (überholten) Bescheid vom 26.11.2007 durch seine Prozessbevollmächtigten Widerspruch einlegen.
In der Zeit vom 02.01.2008 bis 07.01.2008 befand sich der Kläger zur stationären Behandlung in der Neurologischen Klinik der TU M. Die Folge-Arbeitsunfähigkeits-bescheinigungen wurden wiederum von Dr. E. ausgestellt.
Am 02.01.2008 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.11.2007 unter Hinweis auf die Leiden des Klägers im Bereich der Wirbelsäule begründet.
Am 13.02.2008 erließ die Beklagte einen Aufhebungsbescheid für die Zeit ab dem 13.02.2008. Zur Begründung wurde auf das Ende der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall hingewiesen. Hiergegen richtet sich der Widerspruch vom 28.02.2008 (Eingang am 29.02.2008), in dem wiederum auf die diversen Erkrankungen des Klägers sowie die Geltung von § 125 SGB III verwiesen wurde. Vorgelegt wurde darüber hinaus das Ergebnis einer kernspintomographischen Untersuchung vom 27.12.2007, wonach der Kläger außerdem an einer Omarthrose leide.
Mit Änderungsbescheid vom 11.03.2008 wurde dem Kläger wegen § 434r SGB III Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von 450 Tagen bewilligt.
In einem weiteren arbeitsmedizinischen Gutachten vom 27.03.2008 wurde festgestellt, dass der Kläger voraussichtlich bis zu sechs Monaten nurmehr Tätigkeiten von täglich weniger als 3 Stunden ausüben könne.
Am 15.04.2008 erging der weitgehend ablehnende Widersp...