In zahlreichen vor vielen Jahren bereits abgeschlossenen Arbeitsverträgen findet sich noch eine Befristung auf das Erreichen des "65. Lebensjahres". Die Regelung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der Regel auszulegen auf "das Erreichen des gesetzlich festgelegten Regelrentenalters".
Im Einzelnen:
Die Arbeitsvertragsparteien stritten im Wesentlichen darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis am 30.9.2019 geendet hat. Der Beschäftigte ist freigestelltes Mitglied des Betriebsrats. Im Arbeitsvertrag vom 24.6./19.7.1993 wurde vereinbart:
„Das Arbeitsverhältnis endet spätestens mit Ablauf desjenigen Monats, in welchem Sie Altersruhegeld bewilligt erhalten oder Sie das 65. Lebensjahr vollendet haben.“
Im September 2019 erreichte der Kläger die für seinen Anspruch auf die Regelaltersrente maßgebliche Altersgrenze von 65 Jahren und 8 Monaten. Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, die vertragliche Altersgrenzenregelung sei als allgemeine Geschäftsbedingung intransparent, denn Altersruhegeld sei kein gesetzlich definierter Begriff. Auch die zweite Alternative habe das Arbeitsverhältnis nicht beendet, denn die Unklarheiten könnten nicht im Sinne des „Blue-Pencil-Tests“ ausgeräumt werden, dies verstoße gegen das Gebot der geltungserhaltenden Reduktion.
Das Bundesarbeitsgericht wies den Befristungskontrollantrag zurück. Das Arbeitsverhältnis hat aufgrund der im Arbeitsvertrag vereinbarten Altersgrenzenregelung am 30.9.2019 geendet, die Befristung ist wirksam. Die arbeitsvertragliche Klausel ist bezüglich der zweiten Alternative nicht intransparent. Die Klausel ist dahingehend auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der für den Kläger maßgeblichen Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung beendet ist.
Die Formulierung bezüglich der Vollendung des 65. Lebensjahres ist als Beschreibung des Zeitpunkts zu verstehen, in dem der Arbeitnehmer nach seinem Lebensalter zum Bezug einer Altersrente berechtigt ist.
Das Regelrentenalter wurde seit dem 1.1.1916 von den in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Beschäftigten mit der Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht. Somit gab es bei Abfassung des Arbeitsvertrags im Jahr 1993 aus damaliger Sicht keine Veranlassung zu abweichenden Formulierungen, wenn an die in der Sozialversicherung geltende Altersgrenze von 65 Jahren angeknüpft werden sollte. Ein verständiger Arbeitnehmer musste daher die Formulierung Vollendung des 65. Lebensjahres als Anknüpfung an den Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze verstehen. Die Regelaltersgrenze hat sich erst aufgrund des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 geändert.
Die Klausel ist auch nicht wegen etwaiger Unwirksamkeit der ersten Alternative in der arbeitsvertraglichen Regelung unwirksam. Eine teilbare Formularklausel kann mit ihrem zulässigen Inhalt aufrechterhalten werden. Die Regelungen müssen sprachlich und auch inhaltlich trennbar sein. Die Teilbarkeit einer Klausel ist durch Streichung des unwirksamen Teils (sog. Blue-Pencil-Test) zu ermitteln. Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die zweite Alternative bleibt aufrechterhalten.
Das Bundesarbeitsgericht stellt in seiner Entscheidung klar, dass eine vor der Gesetzesänderung im Jahr 2007 zum Hinausschieben der Regelaltersgrenze getroffene arbeitsvertragliche Vereinbarung, der zufolge das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 65. Lebensjahres endet, auszulegen ist als Vereinbarung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Erreichens der für den jeweiligen Arbeitnehmer maßgebenden Regelaltersgrenze.