BAG, Urteil v. 25.4.2018, 7 AZR 520/16
Für die bei der Befristung einzelner Vertragsbedingungen vorzunehmende Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB gilt ein anderer Maßstab als für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG. Während die Befristung des gesamten Arbeitsvertrags grds. daraufhin zu überprüfen ist, ob sie durch einen sachlichen Grund gem. § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt ist, unterliegt die Befristung einzelner Vertragsbedingungen nach § 307 Abs. 1 BGB einer Angemessenheitskontrolle, die anhand einer Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen beider Vertragsparteien vorzunehmen ist. Hierbei sind jedoch Umstände, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen, bei der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen.
Sachverhalt
Die Klägerin war bei den Beklagten seit dem 1.9.1994 als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme fand der Manteltarifvertrag des Westdeutschen Rundfunks Köln (MTV) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, wonach die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 38,5 Stunden beträgt. Zudem enthält § 6a eine Regelung zur Förderung von Teilzeit, wonach u. a. die Teilzeit befristet vereinbart werden kann. Die Beklagten bieten Teilzeitbeschäftigungen mit 40 %, 50 % oder mit 74,67 % der tarifvertraglichen regelmäßigen Arbeitszeit an. Die Klägerin war zunächst in Vollzeit tätig. Nach befristeten Verkürzungen der Arbeitszeit vereinbarten die Parteien bei Rückkehr der Klägerin aus der Elternzeit, dass die Klägerin mit 50 % der tarifvertraglichen regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt wird. Vom 1.3.2012 bis zum 28.2.2013 vereinbarten die Parteien dann eine befristete Erhöhung der Arbeitszeit von 50 % auf 74,67 % der tarifvertraglichen regelmäßigen Arbeitszeit. Mit E-Mail vom 26.11.2012 bat die Klägerin, die Laufzeit der befristeten Arbeitszeiterhöhung aufgrund der optimalen Vereinbarkeit mit der Betreuung ihres Kindes zu verlängern. Daraufhin vereinbarten die Parteien eine weitere Arbeitszeiterhöhung für die Zeit vom 1.3.2013 bis 31.12.2014 auf 74,67 % der tarifvertraglichen regelmäßigen Arbeitszeit. Mit Schreiben vom 31.12.2014 teilten die Beklagten der Klägerin mit, dass die befristete Arbeitszeiterhöhung zum 31.12.2014 ende. Die Klägerin ist nun jedoch der Auffassung, ihre Arbeitszeit betrage auf Dauer 74,67 % der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit, da sie durch die Befristung der zuletzt vereinbarten Arbeitszeiterhöhung unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 BGB benachteiligt werde.
Die Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg.
Das Gericht entschied, dass die mit der letzten Vertragsänderung vereinbarte Befristung der Arbeitszeiterhöhung von 50 % auf 74,67 % der tarifvertraglichen regelmäßigen Arbeitszeit zum 31.12.2014 unwirksam sei; denn sie halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.
Das BAG führte zunächst aus, dass die Vertragsinhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stattfände; denn § 307 BGB fände jedenfalls nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf die Befristungsabrede Anwendung. Diese Vorschriften würden auch nicht durch die für die Befristung von Arbeitsverträgen geltenden Bestimmungen in §§ 14ff. TzBfG verdrängt; denn die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes seien auf die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar. Bei der letzten Befristungsabrede handelte es sich auch um eine von den Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung, da sie laut Feststellungen des Gerichts nicht mit der Klägerin ausgehandelt worden war, selbst wenn die Erhöhung der Wochenarbeitszeit als solche auf dem Wunsch der Klägerin beruhte. Daraus folge jedoch nicht, dass auch die Befristung dieser Arbeitszeiterhöhung ihrem Wunsch entsprach. Hierzu gab es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte. Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB war laut Ausführungen des BAG entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht nach § 307 Abs. 3, § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB ausgeschlossen. Zunächst fand § 6b Abs. 5 MTV vorliegend keine Anwendung, da die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur für die Verringerung, nicht aber für eine Erhöhung der Arbeitszeit gelte. Darüber hinaus treffe § 6b Abs. 5 MTV keine eigenständige Regelung bezüglich der Befristung einer Teilzeitbeschäftigung, sondern räume nur die Möglichkeit zur befristeten Inanspruchnahme – durch selbstständige Befristungsabrede – von Teilzeit ein.
Vorliegend war die Befristung der Arbeitszeiterhöhung von 50 % auf 74,67 % der tarifvertraglichen regelmäßigen Arbeitszeit nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
Das Gericht führte hierzu aus, dass nach § 307 Abs. 1 BGB Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam seien, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Zu prüfen sei somit, ob der Klauselinhalt generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemess...