Die Beschäftigungszeit muss trotz schädlichen Ausscheidens nach dem Tarifvertrag (§ 19 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz BAT) angerechnet werden, wenn der Angestellte das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch aufgelöst hat
- wegen eines mit Sicherheit erwarteten Personalabbaues
- wegen Unfähigkeit zur Fortsetzung der Arbeit infolge einer Körperbeschädigung oder einer in Ausübung oder infolge seiner Arbeit erlittenen Gesundheitsschädigung oder
- wenn die Nichtanrechnung der Beschäftigungszeit aus sonstigen Gründen eine unbillige Härte darstellen würde.
zu 1.: Personalabbau
Erforderlich ist, dass der Personalabbau vom Arbeitgeber angekündigt wurde, betriebsbedingte Kündigungen in absehbarer Zeit zu erwarten waren und der Arbeitnehmer damit rechnen musste, dass auch ihn der Personalabbau treffen werde.
Ein Personalabbau liegt nach der Rechtsprechung nur vor bei "Ausscheiden einer unbestimmten Vielzahl von Arbeitnehmern". Der Wegfall nur einer Stelle reicht nicht aus.
zu 2.: Körperbeschädigung, Gesundheitsschädigung
Bei der ersten Alternative ist Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer ein früheres Arbeitsverhältnis aufgelöst hat aufgrund einer Körperbeschädigung, die dazu führte, dass er die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen konnte. Nicht erforderlich ist, dass die Körperbeschädigung die Kriterien des Schwerbehindertengesetzes erfüllt.
Die Ursache für den Eintritt der Körperbeschädigung ist dabei unerheblich.
Auch wenn sich der Arbeitnehmer die Körperbeschädigung in seiner Freizeit, z.B. bei einem Skiunfall, zugezogen hat, ist die Dauer des früheren Arbeitsverhältnisses im Falle einer erneuten Einstellung bei demselben Arbeitgeber als Beschäftigungszeit anzurechnen.
Im Gegensatz hierzu verlangt der Tarifvertrag bei der zweiten Alternative – Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Gesundheitsschädigung –, dass die Gesundheitsschädigung "in Ausübung oder infolge der Arbeit" eingetreten, also Folge der Arbeitsleistung ist.
Eine in der Freizeit erlittene "Gesundheitsschädigung" würde demzufolge zu einem Verlust der Beschäftigungszeit bei späterer Wiedereinstellung führen.
Im Deliktsrecht wird
- als "Körperverletzung" ein äußerer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit,
- als "Gesundheitsverletzung" die Störung der inneren Lebensvorgänge angesehen. Im Strafrecht wird die Gesundheitsbeschädigung als Hervorrufen oder Steigern eines abnormen körperlichen oder psychischen Zustandes definiert.
Die Grenzen zwischen einer Gesundheitsschädigung und einer Körperbeschädigung sind fließend. Aufgrund der Schwierigkeit der Abgrenzung (man denke nur z.B. an eine Vergiftung/Säureeinwirkung) wurde im Delikts- und Strafrecht eine Unterscheidung der beiden Begriffe weitgehend aufgegeben.
Es empfiehlt sich für den Arbeitgeber, bei Anwendung des § 19 BAT das Ausscheiden aufgrund einer Gesundheitsschädigung einer Körperbeschädigung gleichzustellen und ohne Rücksicht auf deren Ursache frühere Beschäftigungszeiten anzuerkennen.
zu 3.: Unbillige Härte
Bei diesem Ausnahmetatbestand ist auf den Einzelfall und seine besonderen Umstände abzustellen. Die Beweggründe für die Vertragsbeendigung sind entscheidend.
Bei Übertritt in eine besser bezahlte Stellung liegt eine unbillige Härte in der Regel nicht vor.
Hat der Arbeitnehmer dagegen aus einem gewissen Zwang heraus das Arbeitsverhältnis beendet, kann die Nichtanrechnung der Beschäftigung in einem späteren Arbeitsverhältnis durchaus eine unbillige Härte darstellen.
Eine Anrechnung wegen "unbilliger Härte" kommt in Betracht, wenn der Arbeitnehmer
Gerechtfertigt ist die Anrechnung in der Regel auch bei Ausscheiden
- wegen Krankheit,
- wegen Versetzung des Ehegatten,
- zur Teilnahme an einer Aus- oder Fortbildung.
Die Frage, ob in der Vergangenheit erlangte Beschäftigungszeiten wegen "unbilliger Härte" in einem späteren Arbeitsverhältnis anzuerkennen sind, ist vom Gericht voll überprüfbar (unbestimmter Rechtsbegriff).