Stufenzuordnung nach Wiedereinstellung im TV-L

Bei einer Wiedereinstellung ohne schädliche Unterbrechung bestimmt sich die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L. Dabei hat der Dienstgeber die zuvor anerkannten Erfahrungsstufen zwingend zu berücksichtigen. Dies gilt nach einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg auch dann, wenn nicht nachvollziehbar ist, aufgrund welcher Beschäftigungszeiten die Stufenzuordnung bislang erfolgt ist.

Stufenzuordnung im Rahmen der Wiedereinstellung

In dem Fall, den das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg zu entscheiden hatte, ging es um die Stufenzuordnung eines im Bereich des TV-L angestellten Hausmeisters, der einen Monat nach Auslaufen seines befristeten Arbeitsvertrags wieder eingestellt wurde. Zuvor war er bereits beschäftigt

  • vom 16.6.2012 bis 31.1.2019 (6 Jahre, 7 Monate) bei einem anderen Arbeitgeber im Bereich des TV-L und
  • vom 1.2.2019 bis 31.7.2022 (3 Jahre, 6 Monate) bei dem aktuellen Arbeitgeber im Bereich des TV-L.

Zum 1.9.2022 erfolgte die Wiedereinstellung bei dem aktuellen Arbeitgeber. Dieser gelangte unter Anwendung der Regelungen des § 16 Abs. 2 Sätze 2 und 3 TV-L allerdings nur zu einer Stufenzuordnung zur Stufe 3 der Entgeltgruppe 5 TV-L.

Damit war der Hausmeister nicht einverstanden, denn er erhielt bereits seit Oktober 2018 (!) bei seinem früheren und seit 1.2.2019 bei seinem aktuellen Arbeitgeber eine Vergütung nach der Stufe 5 der Entgeltgruppe 5 TV-L. Aus seiner Sicht stellte die Stufenzuordnung daher eine Rückstufung dar, nach welcher er 2 Stufen schlechter stünde als in den vergangenen 4 Jahren.

Infolgedessen erhob der Arbeitnehmer Klage auf Feststellung, dass er auch für den Zeitraum seit September 2022 weiterhin nach der Stufe 5 der Entgeltgruppe 5 TV-L zu vergüten ist. Damit hatte er sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg.

Unterscheidung zwischen Arbeitgeberwechsel und Wiedereinstellung bei demselben Arbeitgeber

Wie das LAG betont, bestimmt sich die Stufenzuordnung in diesem Fall nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L, da es sich um eine Wiedereinstellung bei demselben Arbeitgeber handelt und nur eine unschädliche Unterbrechung von gerade einmal einem Monat vorliegt. Die Vorschriften aus § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-L und § 16 Abs. 2a TV-L sind demgegenüber auf Einstellungen anzuwenden, mit denen ein Arbeitgeberwechsel vollzogen wird, nicht aber auf nach dem Arbeitgeberwechsel erneut erfolgende Einstellungen, wie etwa hier infolge des Ablaufs einer vereinbarten Befristung.

Die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L vollzieht sich nach der Auslegung des LAG Berlin-Brandenburg dabei wie folgt:

  1. Zunächst ist zu prüfen, ob eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber vorliegt. Dies war hier unproblematisch gegeben.
  2. Bei der Feststellung der einschlägigen Berufserfahrung sind zunächst die 3 Jahre und 6 Monate zu berücksichtigen, die der Arbeitnehmer bei dem aktuellen Arbeitgeber erzielt hat.
  3. Dem hinzuzurechnen sind hier aber noch weitere 10 Jahre: Denn diese entsprechen der Stufe 5, die dem Arbeitnehmer bereits in dem Beschäftigungsverhältnis zum früheren Arbeitgeber gewährt wurde. Dazu führt das LAG aus: „Unerheblich ist, dass auf der Grundlage des Parteivortrags nicht nachvollziehbar ist, aufgrund welcher Beschäftigungszeiten [der frühere Arbeitgeber] eine Vergütung nach der Stufe 5 gewährt hat. Die dort vom Kläger zurückgelegten etwa 6,5 Jahre würden nur zu einer Einstufung in die Stufe 4 führen.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass der neue Arbeitgeber im Anwendungsbereich des TV-L nur im Rahmen des Arbeitgeberwechsels nach § 16 Abs. 2a TV-L eine Ermessensentscheidung über die Berücksichtigung der beim vorherigen Arbeitgeber erworbenen Stufe treffen kann. Trifft er diese Entscheidung und anerkennt er die beim vorherigen Arbeitgeber erworbene Stufe, so ist er daran auch im Rahmen einer späteren Wiedereinstellung gebunden und muss entsprechende Beschäftigungszeiten berücksichtigen.

Drohende Ungleichbehandlung zwischen unbefristet und befristet Beschäftigten

Dafür spricht, wie auch das LAG ausführt, dass ansonsten eine unzulässige Benachteiligung derjenigen Beschäftigten droht, die im Rahmen von Kettenbefristungen angestellt sind: „Der Umstand, dass zunächst eine befristete Einstellung erfolgte und darum bei der erneuten Einstellung eine abermalige Stufenzuordnung erforderlich wurde, darf nicht dadurch zu einem Nachteil bei dieser Zuordnung führen, dass die zunächst anerkannte Berufserfahrung wieder untergeht“.

Grundsätze für korrigierende Rückstufung beachten

Eine Rückstufung kommt daher nach Auffassung des LAG auch im Falle einer Wiedereinstellung nur in Betracht, wenn die zusätzlichen Voraussetzungen für eine korrigierende Rückstufung vorliegen: „Erweist sich die praktizierte Stufenzuordnung als fehlerhaft, weil der Arbeitgeber das Vorliegen einer der Tatbestandsvoraussetzungen fehlerhaft bejaht hat, kann er die Stufenzuordnung durch Rückstufung korrigieren. Im Umfang der Ermessensausübung ist dagegen eine einseitige korrigierende Rückstufung nicht zulässig.“ Ein solcher korrigierbarer Fehler liegt also bspw. vor, wenn der Arbeitgeber irrtümlicherweise förderliche Zeiten anerkannt hat oder derartige Zeiten tatsächlich gar nicht vorliegen. Einen derartigen Irrtum hatte der Arbeitgeber in dem streitgegenständlichen Fall allerdings nicht geltend gemacht, sodass es aus Sicht des Gerichts durchaus möglich war, dass der Arbeitnehmer über entsprechende förderliche Vorzeiten verfügte.

Im Ergebnis konnte sich der Arbeitnehmer vor dem LAG durchsetzen und ihm blieb auch nach der Wiedereinstellung die Stufe 5 erhalten. Ob die Entscheidung noch durch das BAG überprüft und ggf. abgeändert wird, bleibt abzuwarten. Das LAG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zugrundeliegenden Rechtsfrage jedenfalls die Revision zugelassen.


§ 16 TV-L bestimmt auszugsweise:

[...]

(2) Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

(2a) Der Arbeitgeber kann bei Einstellung von Beschäftigten im unmittelbaren Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst (§ 34 Absatz 3 Satz 3 und 4) die beim vorherigen Arbeitgeber nach den Regelungen des TV-L, des TVÜ-Länder oder eines vergleichbaren Tarifvertrages erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung ganz oder teilweise berücksichtigen; Absatz 2 Satz 4 bleibt unberührt.

(3) Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Absatz 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):

  • Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,
  • Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,
  • Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,
  • Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und
  • Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5.

[...]


(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 15.3.2024, 12 Sa 719/23)


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