Allein daraus, dass der Arbeitgeber einmalig die durch betriebliche Übung begründeten Ansprüche nicht erfüllt, lässt sich keine Aufgabe der betrieblichen Übung herleiten.[1]

Wenn der Arbeitgeber jedoch über einen Zeitraum von drei Jahren zu erkennen gibt, dass er eine betriebliche Übung anders zu handhaben gedenkt als bisher, so wird die alte betriebliche Übung einvernehmlich geändert, wenn die Arbeitnehmer der neuen Handhabung während des dreijährigen Zeitraums nicht widersprechen.[2]

Es wird von dem Grundsatz abgewichen, dass Schweigen keinen Erklärungswert hat und regelmäßig keine Willenserklärung beinhaltet. Wer auf ein Angebot nicht reagiert, stimmt ausweislich § 147 BGB nicht zu. Schweigen kann grundsätzlich nur als Zustimmung gewertet werden, wenn der Erklärende nach Treu und Glauben annehmen durfte, der andere Vertragsteil würde der angebotenen Vertragsänderung widersprechen, wenn er ihr nicht zustimmt.[3] Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat das Schweigen des Arbeitnehmers bei mindestens dreimaliger Wiederholung eines Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalts seitens des Arbeitgebers einen Erklärungswert. Spiegelbildlich der Entstehung einer betrieblichen Übung kann daher auch eine betriebliche Übung zuungunsten der Arbeitnehmer wieder verändert werden.

 
Praxis-Tipp

Zur Beseitigung einer betrieblichen Übung kann der Arbeitgeber die Leistung für weitere drei Jahre mit einem Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt erbringen. Hierzu reicht ein Hinweis auf eine fehlende Tarifbindung nicht aus, erforderlich ist, dass der Freiwilligkeits- bzw. Widerrufsvorbehalt klar und unmissverständlich kundgetan wird. Eine Erklärung, dass die Zuwendung eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung sei, deren Gewährung einen Rechtsanspruch für die Zukunft nicht begründet, genügt diesen Anforderungen.[4] Nach Ablauf von drei Jahren ist dann die bisherige betriebliche Übung durch die neue mit Freiwilligkeitsvorbehalt ersetzt worden. Der Arbeitgeber kann nun jederzeit die Höhe der Leistung ändern bzw. die Zahlung ganz einstellen. Widerspricht ein oder mehrere Arbeitnehmer, so steht sich der Arbeitgeber hinsichtlich dieses/dieser Arbeitnehmer nicht schlechter als vorher, d. h. die bisherige betriebliche Übung gilt für diese Arbeitnehmer weiterhin.

Hat ein Arbeitnehmer schriftlich gegenüber dem Arbeitnehmer geäußert, er gehe vom Fortbestand einer betrieblichen Übung aus, und stellt der Arbeitgeber kurze Zeit (im Streitfall: 3 Monate) später schriftlich klar, er wolle sich von der betrieblichen Übung lösen, kann er ohne zusätzliche Anhaltspunkte das Schweigen des Arbeitnehmers darauf nicht als Zustimmung zur Aufhebung des Anspruchs werten, wenn die Leistung ein halbes Jahr später fällig ist.[5]

Im Falle eines Widerspruchs müsste der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen, d. h., das bisherige Arbeitsverhältnis kündigen und ein neues, ohne z. B. einen Gratifikationsanspruch, anbieten (Näheres zur Änderungskündigung hier) oder versuchen, eine einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrages zu erreichen, wenn er nicht zukünftig die Leistung weiter gewähren will.

Ist eine Änderungskündigung aufgrund der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage eines Betriebes gewollt, so hat der Arbeitgeber substantiiert unter Beweisantritt darzulegen, dass die Änderungskündigung zur Lohnsenkung durch dringende betriebliche Belange sozial gerechtfertigt ist, dass andernfalls der Arbeitsplatz des Klägers bzw. die Arbeitsplätze aller Arbeitnehmer insgesamt gefährdet wären.[6] Die Änderungskündigung kann auch gegenüber allen Arbeitnehmern im Rahmen einer Massenänderungskündigung erfolgen.[7]

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