Nach der Rechtsprechung des BAG ist die Vermittlung von Kenntnissen dann erforderlich, wenn diese unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb und im Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann.[1]

Die Schulung muss

  • zum einen für die Teilnehmer erforderlich sein und
  • zum anderen muss die Anzahl der teilnehmenden Betriebsratsmitglieder und die Dauer der Schulung im Hinblick auf die Größe und Art des Betriebes erforderlich sein.

Die Erforderlichkeit muss beim einzelnen Betriebsratsmitglied vorhanden sein. Dabei sind Vorkenntnisse des einzelnen Betriebsratsmitglieds zu berücksichtigen.[2]

 
Praxis-Tipp

Beurteilungsmaßstab, ob eine Schulungsveranstaltung erforderlich ist:

  • Handelt es sich um eine Schulung in Fragen, die ohnehin zur Betriebsratstätigkeit gehören, also "das täglich Brot" des Betriebsrats?

    Beispiele: allgemeines Arbeitsrecht, Betriebsverfassungsrecht bezogen auf Beschlussfassung, Geschäftsführung, personelle und soziale Angelegenheiten

  • Aktueller, betriebsbezogener Anlass zur Schulung;

    Beispiele: betriebliche Lohngestaltung bei entsprechenden Änderungsplanungen im Betrieb; Betriebsänderungen bei Umstrukturierungsüberlegungen des Arbeitgebers;

  • Schulungsbedürftigkeit des Betriebsrats und der einzelnen Betriebsratsmitglieder

    (frühere Schulung, Dauer der Betriebsratstätigkeit)

  • Bei Schulungen in Spezialfragen: Entspricht das Thema der Schulung den besonderen Aufgaben des einzelnen Betriebsratsmitglieds?

Wichtig: der Themenplan der Schulung muss vorliegen!

Beispiele für die Erforderlichkeit:

  • Vermittlung allgemeiner Grundkenntnisse des BetrVR; diese Kenntnisse sind unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit[3]
  • Vermittlung von Grundkenntnissen auf dem Gebiet des allgemeinen Arbeitsrechts, insbes. auch des Arbeitsschutzrechts.[4]
  • Wenn es um speziellere Kenntnisse geht, z.B. um Akkord- und Prämienlohn, Personalplanung, Organisationswesen für die Betriebsratsarbeit kommt es auf die konkreten Verhältnisse an.
  • Eine Schulung über das Organisationswesen in der Betriebsratsarbeit wird z.B. nur dann erforderlich sein, wenn im Betriebsrat keine oder nur geringe einschlägigen Kenntnisse vorhanden sind.
  • Eine Schulung zu dem Thema "Gesprächs-, Diskussions- und Verhandlungsführung" könnte für die Betriebsratsarbeit erforderliche Kenntnisse vermitteln. Das LAG Kiel[5] ist der Auffassung, jedes Betriebsratsmitglied benötige Grundwissen darüber, wie die Anliegen der von ihm vertretenen Arbeitnehmer bei Gesprächen, Diskussionen und Verhandlungen im Rahmen der Betriebsratsarbeit am besten zur Geltung gebracht werden könnten. Das BAG[6] vertritt jedoch die gegenteilige Ansicht.
  • Eine Schulungsveranstaltung mit Thema "Schriftliche Kommunikation im Betrieb" sieht das BAG nur dann als erforderlich an, wenn dargelegt wird, warum der Betriebsrat seine gesetzlichen Aufgaben ohne eine solche Schulung gerade des entsandten Betriebsratsmitglieds nicht sachgerecht wahrnehmen kann.[7]
  • Die Schulung "Managementtechniken für Betriebs- und Personalräte" hielt das Bundesarbeitsgericht[8] "jedenfalls bei fehlender Darlegung eines betrieblichen Bezuges" nicht für erforderlich.
  • Bei einer Schulung über den Einsatz eines PC für die Erledigung von Betriebsrat-Aufgaben fordert das BAG[9] die konkrete Darlegung, dass aktuelle oder absehbare betriebliche oder betriebsratsbezogene Anlässe die Schulung des entsandten Betriebsratsmitglieds erfordert haben, also "einzelfallbezogene Angaben, welcher aktuelle betriebliche oder betriebsratsbezogene Anlass die fragliche Schulung verlangt."

Das LAG Frankfurt[10] hielt die Teilnahme an einem Aids-Seminar für erforderlich, weil hier Infektionen oder Erkrankungen in atypischer Weise angstbesetzt und daher besonders geeignet seien, bei der Belegschaft irrationale Reaktionen hervorzurufen.

  • Die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung zum Thema "Mobbing" kann nach Auffassung des BAG[11] erforderlich sein. Für diesen Fall muss der Betriebsrat eine betriebliche Konfliktlage darlegen, aus der sich für ihn ein Handlungsbedarf zur Wahrnehmung einer gesetzlichen Aufgabenstellung ergibt und zu deren Erledigung er das auf der Schulung vermittelte Wissen benötigt.

Weiter wurde die Erforderlichkeit bei folgenden Schulungen bejaht:

  • Lohngestaltung im Betrieb[12]
  • Lohngestaltung und Mitbestimmung im Betrieb[13]
  • Datenschutz im Betrieb[14]
  • Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz[15]
  • Lean-Production oder Gruppenarbeit, falls an Beteiligungsrechte des Betriebsrates anknüpfend[16]
  • Schulung über ISDN-Technik[17]
  • Arbeitsorganisation und Zeitplanung im BR-Büro, wenn im Einzelnen dargelegt wird, welche gesetzlichen Aufgaben der Betriebsrat ohne die Schulung nicht verrichten kann
  • Suchtkrankheiten am Arbeitsplatz in einem größeren Unternehmen für ein Betriebsratsmitglied[18]
  • Schriftliche Kommunikation im Betrieb, wenn dargelegt wird, warum der Betriebsrat seine gesetzlichen Aufgaben oh...

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