Verfahrensgang
SG Heilbronn (Entscheidung vom 10.07.2019; Aktenzeichen S 4 R 1386/19) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 12.05.2022; Aktenzeichen L 10 R 2678/19) |
BSG (Entscheidung vom 28.06.2022; Aktenzeichen B 5 R 67/22 AR) |
BSG (Entscheidung vom 23.08.2022; Aktenzeichen B 5 R 95/22 AR) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für ein Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Mai 2022 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Die 1952 geborene Klägerin begehrt von dem zu 1. beklagten Rentenversicherungsträger die Gewährung einer höheren (abschlagsfreien) Altersrente. Hilfsweise fordert sie von dem zu 2. beklagten Jobcenter, das den Antrag auf Altersrente für die Klägerin gestellt hat (vgl § 5 Abs 3 SGB II), Schadensersatz zum Ausgleich der Rentenabschläge. Das SG hat ihre Klage abgewiesen, das LSG die Berufung zurückgewiesen und das im Berufungsverfahren erstmals zur gerichtlichen Entscheidung gestellte Verpflichtungsbegehren auf Schadensersatz als unzulässig abgewiesen (Gerichtsbescheid des SG vom 10.7.2019; Urteil des LSG vom 12.5.2022, der Klägerin zugestellt am 14.7.2022). Das LSG hat in seiner Entscheidung die Revision nicht zugelassen.
Die von der Klägerin selbst eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Senat mit Beschluss vom 28.6.2022 als unzulässig verworfen. Auch die von der Klägerin erhobenen Einwendungen gegen den Beschluss vom 28.6.2022 wurden als unzulässig verworfen, weil sie nicht von einem vor dem BSG vertretungsbefugten Prozessbevollmächtigten erhoben worden waren (Senatsbeschluss vom 23.8.2022, der Klägerin zugestellt am 10.9.2022). Mit Schreiben vom 10.11.2022 hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie zwischenzeitlich einen Rechtsanwalt gefunden habe; sie bitte, diesem die Erlaubnis zu erteilen, sie in dem Verfahren zu vertreten. In einem von ihr selbst verfassten, am 19.5.2023 beim BSG eingegangenen Schreiben vom 15.5.2023 hat die Klägerin erneut darum gebeten, ihren Anwalt "mit Gerichtskosten vom Staat beantragen" zuzulassen. Eigentlich hätten die Richterinnen und Richter von selbst darauf kommen müssen, ihr vom Gericht aus einen Anwalt zu stellen.
II
Der Senat deutet das erneute Vorbringen der Klägerin als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von PKH kann keinen Erfolg haben. Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem hierfür vorgeschriebenen Formular (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 117 Abs 4 ZPO, Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6.1.2014, BGBl I 34) innerhalb der Rechtsmittelfrist beim Revisionsgericht eingereicht werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 30.1.2017 - B 5 R 30/16 R - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.4.2022 - B 5 R 23/22 BH - juris RdNr 3, jeweils mwN). Die Klägerin ist diesen Anforderungen, auf die sie im LSG-Urteil (Umdruck Seite 10) zutreffend hingewiesen worden ist, nicht nachgekommen. Damit hat die von ihr beabsichtigte Rechtsverfolgung schon deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil ihr auch bei einer Vertretung durch einen Rechtsanwalt Wiedereinsetzung in die bereits abgelaufene Frist zur Einlegung der Beschwerde nicht bewilligt werden könnte.
Nach § 160a Abs 1 Satz 2 SGG ist eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim BSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Wie aus der Postzustellungsurkunde hervorgeht, ist das LSG-Urteil der Klägerin am 14.5.2022 zugestellt worden. Die einmonatige Beschwerdefrist hat mithin am 14.6.2022, einem Dienstag, geendet (§ 64 Abs 2 Satz 1 SGG). Bis zu diesem Zeitpunkt ist weder ein Antrag auf Bewilligung von PKH noch eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beim BSG eingegangen. Das am 13.6.2022 beim BSG eingetroffene Schreiben der Klägerin vom 17.5.2022, in dem sie "Wi(e)derspruch gegen das Urteil vom 12.05.22" eingelegt hat (vgl Akte B 5 R 67/22 AR), enthielt weder Formulierungen, die auf einen PKH-Antrag hindeuten könnten, noch ein ausgefülltes PKH-Formular mit Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin. Das Schreiben der Klägerin vom 22.7.2022, in dem sie vorbringt, sich keinen Anwalt leisten zu können, ist erst am 25.7.2022 und damit nach Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG eingetroffen. Ungeachtet dessen ist ein ausgefülltes PKH-Formular bis heute beim BSG nicht eingegangen. Soweit die Klägerin offenbar meint, die Richter des BSG hätten von Amts wegen PKH bewilligen müssen und ein PKH-Antrag von ihr sei deshalb nicht nötig, trifft das nicht zu. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann PKH nur "auf Antrag" bewilligt werden. Was hierfür zu tun ist, haben die Erläuterungen zur PKH am Schluss des LSG-Urteils zutreffend und verständlich ausgeführt. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ein Rechtsanwalt keine besondere Erlaubnis des Gerichts benötigt, um eine Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben. Sofern jedoch die für den Rechtsanwalt anfallenden Kosten von der Staatskasse übernommen werden sollen, muss zuvor - auf entsprechenden Antrag hin - für den betreffenden Beteiligten PKH bewilligt werden.
Da der Klägerin nach alledem schon wegen des nicht rechtzeitigen Antrags PKH nicht zusteht, kann sie auch keine Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI15766838 |