Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. April 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.
Der Streitwert wird auf 1000 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 160 RdNr 131).
Eine solche Divergenz hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Sie macht geltend, dass das LSG den Rechtssatz aufgestellt habe, dass es sich bei dem Passus "Die Befristung (Gültigkeitsdauer) endet bei folgenden Ereignissen: 1. Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung" um eine Nebenbestimmung im Sinne einer auflösenden Bedingung handele. Unabhängig davon, ob damit ein abstrakter Rechtssatz, der eine Divergenz auslösen kann, oder nur eine rechtliche Würdigung im Einzelfall benannt ist, zeigt die Klägerin eine Divergenz des LSG schon deswegen nicht auf, weil sie selbst ausführt, dass sich das LSG für seine Rechtsauffassung in Einklang mit der Rechtsprechung des BSG (BSG vom 12.9.2019 - B 11 AL 13/18 R - SozR 4-4300 § 45 Nr 5) sieht. Beruft sich das LSG für seine Auffassung auf die Rechtsprechung des BSG, schließt dies die Annahme, es habe einen der Rechtsprechung des BSG entgegenstehenden Rechtssatz aufstellen wollen, aus (BSG vom 27.4.2022 - B 11 AL 6/22 B - juris RdNr 3 mwN). Ob die Auffassung des LSG hinsichtlich der Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zutrifft, ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu klären (vgl BSG vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5).
Abgesehen davon hat die Klägerin auch keinen Rechtssatz des BSG benannt, von dem das LSG hätte abweichen können. In dem vom BSG mit dem von der Klägerin angeführten Urteil vom 12.9.2019 (B 11 AL 13/18 R - SozR 4-4300 § 45 Nr 5) entschiedenen Fall ging es allein um die Frage, ob der Zahlungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers aus einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) voraussetzt, dass der Arbeitsvertrag in dem Geltungszeitraum des AVGS geschlossen wurde; dies hat das BSG verneint und es ausreichen lassen, wenn die Beschäftigung selbst in diesem Zeitraum aufgenommen wird (aaO RdNr 20 ff). Die Klägerin legt nicht dar, wieso sich dem genannten Urteil ein abstrakter - und tragender (vgl Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 160 RdNr 132 mwN) - Rechtssatz entnehmen lässt, wonach die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als auflösende Bedingung eines AVGS nie eine wirksame Nebenbestimmung sein könne, zumal das BSG in der genannten Entscheidung die Rechtsnatur von mit "Nebenbestimmungen" überschriebenen Hinweisen in dem dortigen AVGS hat dahinstehen lassen (aaO RdNr 30).
Auch eine Divergenz des LSG gegenüber dem Beschluss des BSG vom 6.3.2013 (B 11 AL 93/12 B - juris) hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt. Der genannte Beschluss betraf die Regelung des § 421g Abs 1 Satz 4 SGB III in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung, wonach der Vermittlungsgutschein für einen Zeitraum von jeweils drei Monaten gilt. Das BSG hat hierzu ausgeführt, dass das Gesetz nicht vorsehe, dass ein ausgestellter Vermittlungsgutschein seine Gültigkeit innerhalb der Gültigkeitsdauer durch eine erfolgte Vermittlung verliere bzw dieser Gutschein mit dem Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses "verbraucht" werde. Das BSG hat in diesem Zusammenhang bereits damals darauf verwiesen, dass die Materie seit dem 1.4.2012 in § 45 Abs 4 Satz 2 SGB III abweichend geregelt ist (aaO RdNr 9). Die Klägerin legt nicht dar, wieso der Beschluss gegenüber Entscheidungen zur neuen Rechtslage gleichwohl divergenzfähig sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO. Der private Vermittler ist kein Leistungsempfänger iS des § 183 SGG(vgl BSG vom 5.12.2019 - B 11 AL 43/19 B - juris RdNr 6 mwN; BSG vom 17.9.2020 - B 4 AS 5/20 R - SozR 4-4300 § 45 Nr 6 RdNr 24-25) . Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, denn die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und ist damit kein Kostenrisiko eingegangen (vgl § 162 Abs 3, § 154 Abs 3 Halbsatz 1 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 Satz 1 GKG.
Söhngen |
|
|
Neumann |
|
|
Burkiczak |
Fundstellen
Dokument-Index HI15343775 |