Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde Prozeßkostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwältin B … beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 26. September 2000 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Landessozialgerichts (LSG) gerichtete, auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung sowie des Verfahrenmangels gestützte Beschwerde ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß der Zulassungsgrund schlüssig dargetan wird (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, 1997, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Daran mangelt es hier.
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diese grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt werden. Hierzu ist zunächst darzulegen, welcher konkreten abstrakten Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beigemessen wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 11). Denn die Zulassung der Revision erfolgt zur Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen und nicht zur weiteren Entscheidung des Rechtsstreits. Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die begehrte Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 181). Dazu ist erforderlich, daß ausgeführt wird, ob die Klärung dieser Rechtsfrage grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Insbesondere hat der Beschwerdeführer darzulegen, daß die Rechtsfrage klärungsbedürftig, also zweifelhaft, und klärungsfähig, mithin rechtserheblich ist, so daß hierzu eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu erwarten ist (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Zur Klärungsfähigkeit gehört auch, daß die Rechtsfrage in einem nach erfolgter Zulassung durchgeführten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist (BSG Beschluß vom 11. September 1998 – B 2 U 188/98 B –).
Die Klärungsbedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nrn 13 und 65) oder wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist (BSG SozR 1300 § 13 Nr 1), wenn sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17), wenn sie praktisch außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4) oder wenn sich für die Antwort in anderen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben (Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 117; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 65). Die Klärungsbedürftigkeit ist schließlich nicht gegeben, wenn die Rechtsfrage nicht mehr geltendes Recht betrifft und nicht erkennbar wird, daß noch eine erhebliche – genau zu bezeichnende – Anzahl von Fällen nach diesen Vorschriften zu entscheiden ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 19; Krasney/Udsching, aaO, IX, RdNr 187).
Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob eine Witwe, deren Ehemann in dem Jahr nach der Eheschließung stirbt, die jedoch mit ihm eine eheähnliche Beziehung bereits vor der Eheschließung unterhalten hat, von den Hinterbliebenenleistungen grundsätzlich ausgeschlossen ist. Zu dieser Frage fehlen in der Beschwerdebegründung schlüssige Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit. Allein die Behauptung, die Rechtsfrage sei höchstrichterlich nicht entschieden, reicht nicht aus. Vielmehr hätte die Klägerin im einzelnen aufzeigen müssen, ob hinsichtlich dieser Frage bereits Rechtsprechung des BSG vorhanden ist und inwieweit diese Rechtsprechung einer weiteren Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung bedarf. Hierzu hätte besondere Veranlassung bestanden, denn das LSG hat in dem angefochtenen Urteil Rechtsprechung des BSG zur Auslegung des § 65 Abs 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) bzw zu dessen bis zum 31. Dezember 1996 geltender Vorläuferbestimmung in § 594 der Reichsversicherungsordnung zitiert. Darüber hinaus hätte weiterer Anlaß bestanden, sich mit der vom LSG angewandten gesetzlichen Bestimmung des § 65 Abs 6 SGB VII im Rahmen der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage eingehend zu befassen. Denn so wie die Frage gestellt ist, kann sie unmittelbar aus dem Gesetz beantwortet werden, ohne daß es dazu einer Revisionsentscheidung bedarf. Selbstverständlich ist eine Witwe unter den in der Rechtsfrage genannten Voraussetzungen nicht grundsätzlich von Hinterbliebenenleistungen ausgeschlossen. Vielmehr kann der Umstand, daß vor der Eheschließung eine eheähnliche Beziehung bestanden hat, je nach deren Dauer und Ausgestaltung nach den Umständen des Einzelfalles den gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestand erfüllen. Diese „besonderen Umstände des Einzelfalles” können dazu führen, daß „die Annahme nicht gerechtfertigt ist, daß es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen”.
Dies gilt auch, soweit die Klägerin in ihrer weiteren Begründung andeutet, daß der Anspruchsausschluß des § 65 Abs 6 SGB VII wegen Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 des Grundgesetzes unwirksam sei. Auch und insbesondere insoweit fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Es muß substantiiert dargelegt werden, aufgrund welcher Rechtsauffassung des LSG Tatsachenfragen klärungsbedürftig erscheinen und es zu einer genau darzulegenden Sachaufklärung drängen mußten (BSG SozR 1500 § 160a Nr 34).
Soweit die Klägerin eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht rügt, fehlt es an der Bezeichnung eines berücksichtigungsfähigen Beweisantrages. Zur Zulässigkeit einer auf § 160 Abs 2 Nr 3 SGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde gehört es nämlich, daß der Beschwerdeführer den Beweisantrag, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sein soll, so genau bezeichnet, daß er für das BSG ohne weiteres auffindbar ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5 sowie Beschluß des Senats vom 20. Juli 1998 – B 2 U 93/98 B –). Mit ihren Ausführungen greift die Klägerin im Kern die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts an. Eine solche Rüge ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde indessen – wie erwähnt – nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG ausdrücklich ausgeschlossen. Dieser Hinweis soll keinesfalls Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beweiswürdigung durch das LSG andeuten.
Schließlich ist auch die weiter vorgebrachte Rüge der Verletzung ihres Rechts auf rechtliches Gehör nicht schlüssig begründet worden und deshalb unzulässig. Hierzu trägt sie vor, das LSG habe das von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beigezogene Pflegegutachten von Dr. W … vom 15. November 1996 zum Gegenstand der Entscheidung gemacht und daraus Schlüsse gezogen. Dieses beigezogene Gutachten sei ihr – der Klägerin – nicht zur Kenntnis gegeben worden. Wäre sie angehört worden, wäre das Urteil für sie günstig ausgefallen. Dies gelte um so mehr, als sie anläßlich ihrer Vernehmung durch das LSG erklärt habe, daß die Pflegebedürftigkeit ihres Ehemannes erst nach der Eheschließung aufgetreten sei und sie ihn vor der Eheschließung nicht gepflegt habe. Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin einen Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht hinreichend dargelegt. Denn der Verfahrensmangel einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör ist nur dann hinreichend iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG iVm § 160a Abs 2 Satz 3 SGG bezeichnet, wenn ua angegeben wird, welches Vorbringen in Folge des Verstoßes verhindert worden ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). Die Klägerin hat indessen selbst vorgebracht, daß sie zur Pflegebedürftigkeit ihres Ehemannes vom LSG vernommen und somit auch gehört worden ist. Soweit das LSG, möglicherweise entgegen den Angaben der Klägerin, aus dem genannten Gutachten vom 15. November 1996 geschlossen haben sollte, daß die Klägerin um den eingeschränkten Gesundheitszustand des Verstorbenen schon bei der Eheschließung gewußt habe, greift die Klägerin mit ihrem Vorbringen auch hier allein die vom LSG vorgenommene Beweiswürdigung an. Dies kann jedoch, wie schon dargelegt, nicht zur Zulassung der Revision führen.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Prozeßkostenhilfe kann der Klägerin schon deshalb nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung (Nichtzulassungsbeschwerde wegen deren Unzulässigkeit) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a SGG iVm § 114 Abs 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung ≪ZPO≫). Da der Klägerin kein Anspruch auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zusteht, war auch ihr Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwältin B … abzulehnen (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1175487 |
SozSi 2003, 216 |