Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederaufnahmeklage. Zulässigkeit. Rechtsweggarantie
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Wiederaufnahmeklage ist unzulässig, wenn kein gesetzlich vorgesehener Wiederaufnahmegrund dargetan wird.
2. Es steht der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs 4 GG nicht entgegen, wenn die Zulässigkeit einer Wiederaufnahmeklage von bestimmten formalen Voraussetzungen abhängig ist.
Normenkette
SGG § 179; ZPO § 578; GG Art. 19 Abs. 4
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 18.03.2003) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. März 2003 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorstehend genannten Beschluss wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat es mit Beschluss vom 18. März 2003 abgelehnt, ein durch rechtskräftiges Urteil dieses Gerichts abgeschlossenes Verfahren wiederaufzunehmen. In jenem Verfahren hatte der Kläger über die Höhe der Beitragszuschüsse zur landwirtschaftlichen Altershilfe bzw Alterssicherung gestritten. Das LSG hat die Revision gegen seinen Beschluss nicht zugelassen.
Dagegen hat der Kläger beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt und beantragt, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen.
Dem Prozesskostenhilfeantrag des Klägers kann nicht stattgegeben werden.
Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 166 Abs 2 SGG) – nach Wiedereinsetzung des Klägers in die versäumte Einlegungsfrist – in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
Gemäß § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zugelassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des Klägers noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffes ersichtlich. Insbesondere lässt sich kein Verfahrensfehler des LSG feststellen, auf dem die vom Kläger angegriffene Entscheidung beruhen könnte (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Wie das LSG zutreffend entschieden hat, ist die vom Kläger erhobene Wiederaufnahmeklage unzulässig, weil er keinen gesetzlich vorgesehenen Wiederaufnahmegrund (§ 179 SGG iVm §§ 578 ff ZPO) dargetan hat. Aus seinem Vorbringen vor dem LSG ergibt sich weder, dass die an dem Urteil des LSG vom 18. September 1996 (L 8 Lw 8/95) mitwirkenden Richter Kraft Gesetzes (vgl § 60 SGG iVm § 41 ZPO) ausgeschlossen waren (vgl § 579 Nr 2 ZPO), noch, dass diese Entscheidung iS von § 580 Nr 1 bis 5 ZPO auf strafbaren Handlungen beruht. Bezüglich des letztgenannten Punktes fehlt es jedenfalls an Angaben des Klägers dazu, inwiefern wegen der angeblichen Straftaten eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann (vgl § 581 Abs 1 ZPO).
Ebenso wenig ist eine Verletzung des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) erkennbar. Das LSG hat die Darlegungen des Klägers zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Ferner hat es ihm für die Dauer von drei Monaten die Möglichkeit eingeräumt, beim örtlich zuständigen Amtsgericht Einsicht in die Verfahrensakten zu nehmen. Wenn der Kläger davon keinen (hinreichenden) Gebrauch gemacht hat, so muss er sich entgegenhalten lassen, dass eine auf § 62 SGG gestützte Rüge nur dann Erfolg haben kann, wenn der Beteiligte alles ihm Zumutbare getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl dazu Meyer-Ladewig, 7. Aufl, § 62 SGG RdNr 11c mwN).
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es der Rechtsweggarantie des Art 19 Abs 4 Grundgesetz, auf die sich der Kläger beruft, nicht entgegensteht, wenn die Zulässigkeit einer Wiederaufnahmeklage von bestimmten formalen Voraussetzungen abhängig ist (vgl zB BVerfG DtZ 1993, 85).
Da dem Kläger Prozesskostenhilfe nicht zusteht, ist ihm auch kein Rechtsanwalt beizuordnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Die vom Kläger bereits privatschriftlich eingelegte Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil er nicht – wie nach § 166 SGG erforderlich – durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten ist; diese Entscheidung ergeht ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2, § 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen