Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 29.06.2022; Aktenzeichen S 4 R 115/21) |
Hessisches LSG (Urteil vom 12.12.2023; Aktenzeichen L 2 R 171/22) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 12. Dezember 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auf 16 389,48 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Streitig ist die Zahlung von Säumniszuschlägen für verspätet entrichtete Nachversicherungsbeiträge.
Der 1953 geborene Versicherte war vom 1.1.1976 bis zum 31.7.1977 im Dienste der Deutschen Bundesbahn, einer Rechtsvorgängerin der Klägerin, versicherungsfrei beschäftigt. Um die Nachversicherung durchführen zu können, schrieb die Deutsche Bundesbahn den Versicherten im September 1977 und im Januar 1978 zweimal erfolglos an und stellte daraufhin die Nachversicherung im März 1978 vorerst zurück. Im September 2017 beantragte der Versicherte die Nachversicherung. Am 14.11.2017 entrichtete die Klägerin für die Nachversicherung des Versicherten für den Beschäftigungszeitraum Beiträge iHv 8563,01 Euro an die Beklagte. Mit Bescheid vom 6.8.2019 erhob diese nach Anhörung der Klägerin für die Zeit ab dem 1.1.1995 Säumniszuschläge iHv 16 389,48 Euro für 275 Monate. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos(Widerspruchsbescheid vom 10.2.2021) .
Das SG hat die Klage abgewiesen(Gerichtsbescheid vom 29.6.2022) . Die Berufung der Klägerin hat das LSG zurückgewiesen(Urteil vom 12.12.2023) . Die Beklagte sei berechtigt, die festgesetzten Säumniszuschläge durch Verwaltungsakt zu erheben. Die Voraussetzungen des§ 24 Abs 1 Satz 1 SGB IV lägen vor. Die Klägerin sei mit der Zahlung der Nachversicherungsbeiträge für den Versicherten säumig gewesen. Die Beiträge seien zumindest seit dem 1.1.1992 fällig gewesen. Nach§ 184 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB VI sei§ 24 SGB IV mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Säumnis am 1.1.1995 begonnen habe. Die Klägerin habe nicht unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt. Vielmehr habe sie mit bedingtem Vorsatz gehandelt, ohne dass ihr eine Exkulpation für ihr Organisationsverschulden möglich sei. Die Säumniszuschläge seien nicht verjährt. Die 30-jährige Frist des§ 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV , die wegen des bedingten Vorsatzes Anwendung finde, sei ausgehend vom Beginn der Säumnis am 1.1.1995 im Jahr 2019 noch nicht abgelaufen gewesen. Die Geltendmachung des Säumniszuschlags widerspreche auch nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben(§ 242 BGB ) .
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht eine Divergenz geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Beschwerdebegründung legt einen Revisionszulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 SGG nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dar. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Die Klägerin hat das Vorliegen einer Divergenz nicht ausreichend bezeichnet.
Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG besteht, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem tragenden abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Die Beschwerdebegründung muss daher erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht(vgl zBBSG Beschluss vom 25.8.2022 - B 5 R 11/22 B - juris RdNr 20 mwN) .
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin trägt vor, die Entscheidung des LSG weiche von dem Urteil des BSG vom 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R -( BSGE 127, 125 = SozR 4-2400 § 24 Nr 8) ab. Das BSG habe in diesem Urteil den Rechtssatz aufgestellt, dass es bei der Frage, welcher Verschuldensmaßstab bei der Beurteilung der positiven Kenntnis der Zahlungspflicht nach§ 24 Abs 2 SGB IV zugrunde zu legen sei, nicht auf § 276 BGB ankomme. Im Rahmen des Haftungssystems des§ 24 SGB IV bestehe vielmehr ein eigenständiger Verschuldensmaßstab, der Fahrlässigkeit ausschließe. Hingegen habe das LSG bei der Anwendung des§ 24 SGB IV ausdrücklich den Rechtssatz aufgestellt, dass es bei der Beurteilung auf den in § 276 BGB festgesetzten Verschuldensmaßstab ankomme. Hierin sei eine Abweichung zu sehen, auf der das Urteil des LSG auch beruhe.
Die Klägerin versäumt es bereits, sich mit der vom 12. Senat vorgenommenen Abgrenzung der Voraussetzungen einer unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht im Rahmen des§ 24 Abs 2 SGB IV je nach der zugrundeliegenden Rechtsfrage auseinanderzusetzen(vglBSG Urteil vom 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R - BSGE 127, 125 = SozR 4-2400 § 24 Nr 8, RdNr 19: Statuszuordnung oder Nachversicherung). Zudem geht sie nicht darauf ein, dass das LSG einen bedingten Vorsatz der Klägerin bejaht hat und mithin selbst bei Zugrundelegung des vom 12. Senat des BSG entwickelten eigenständigen Verschuldensmaßstabs die Voraussetzungen einer Exkulpation nach§ 24 Abs 2 SGB IV nicht gegeben wären. Dass die Klägerin der Auffassung ist, dass sich in ihrem Fall allenfalls ein Fahrlässigkeitsvorwurf begründen lasse, vermag eine Divergenz nicht zu begründen. Ob das LSG die Sache richtig entschieden hat, ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm§ 154 Abs 2 VwGO , diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm§ 63 Abs 2 Satz 1 ,§ 52 Abs 3 ,§ 47 Abs 1 und 3 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16675216 |