Verfahrensgang
SG Ulm (Entscheidung vom 25.09.2017; Aktenzeichen S 12 R 964/16) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.09.2019; Aktenzeichen L 5 R 4737/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. September 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als Architektin für die Klägerin in der Zeit vom 1.5. bis 30.9.2015 aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beigeladene zu 1. war für die Klägerin als Architektin aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 9.11.2009 in Teilzeit tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvereinbarung mit dem 30.4.2015. Ab 1.5.2015 war sie als "freie Mitarbeiterin" für die Klägerin tätig. Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund stellte in einem von der Beigeladenen zu 1. initiierten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV fest, dass jene in ihrer Tätigkeit als Architektin für die Klägerin in der Zeit vom 1.5. bis 30.9.2015 aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Das SG Ulm hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben (Urteil vom 25.9.2017). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG Baden-Württemberg das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.9.2019). Nach den tatsächlichen Umständen - ein schriftlicher Vertrag sei im streitigen Zeitraum zwischen den Beteiligten nicht geschlossen worden - sei die Beigeladene zu 1. in einzelne Leistungsphasen eines Projekts eingebunden gewesen. Ein relevantes unternehmerisches Risiko der Beigeladenen zu 1. könne nicht festgestellt werden. Bei einer Gesamtabwägung sei eine abhängige Beschäftigung anzunehmen. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
1. In der Beschwerdebegründung vom 6.12.2019 macht die Klägerin einen Verstoß gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art 103 Abs 1 GG geltend. Das angefochtene Urteil sei "willkürlich", weil ihr wesentliches Vorbringen, wonach die Beigeladene zu 1. darin frei gewesen sei, Aufträge anzunehmen, nicht berücksichtigt worden sei. Hierdurch bezeichnet die Klägerin einen Verfahrensmangel nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise.
Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSGE 2, 81, 82; 15, 169, 172 = SozR Nr 3 zu § 52 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (vgl BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - juris RdNr 18 mwN; BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn er hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargelegt wird, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.
Die Klägerin legt lediglich ihre eigene Rechtsauffassung dar, wonach aus völliger Freiheit der beiden Vertragsparteien im Hinblick auf das "Ob" bei einer Gesamtbetrachtung nur eine freie Mitarbeit und somit "nichtabhängige Beschäftigung" resultieren könne (vgl S 6 der Beschwerdebegründung vom 6.12.2019). Unabhängig davon, inwieweit diese Rechtsansicht überhaupt zutreffend ist (vgl zur Betrachtung von Einzeltätigkeiten ausführlich BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 19 mwN), bezeichnet die Klägerin hierdurch keinen Verfahrensmangel in zulässiger Weise. Die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, kann im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18). Zudem gebietet das Recht auf rechtliches Gehör nach Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG nur, dass die Gerichte die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen, es verpflichtet sie aber nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, ihn also zu "erhören" (BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN). Anhaltspunkte dafür, dass das LSG dieser Pflicht nicht nachgekommen wäre, gehen aus der Beschwerdebegründung nicht hervor.
2. In der ergänzenden Beschwerdebegründung vom 9.12.2019 verweist die Klägerin auf ein Urteil des BAG vom 21.5.2019 (9 AZR 295/18). Eine Divergenz hierzu könne zwar nicht abgeleitet werden, weil das angegriffene Urteil in den Entscheidungsgründen zu dem entsprechenden Vortrag keinerlei Ausführungen enthalte, was den bereits gerügten Gehörsverstoß untermauere.
Unabhängig von ihrer eigenen Bewertung legt die Klägerin hierdurch eine entscheidungserhebliche Divergenz nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dar, weil das BAG nicht zu den divergenzfähigen Gerichten nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG gehört.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
5. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13703779 |