Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 25.04.2017; Aktenzeichen L 1 AL 70/16) |
SG Mainz (Entscheidung vom 28.07.2016; Aktenzeichen S 1 AL 53/13) |
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. April 2017 - L 1 AL 70/16 - wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es hier.
Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in der ersten und zweiten Instanz sowie des Akteninhalts keine Gründe für die Zulassung der Revision in dem bezeichneten Verfahren ersichtlich. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Zwar hat das Berufungsgericht von der Bestellung eines besonderen Vertreters für den bereits im Berufungsverfahren prozessunfähigen Kläger abgesehen und kann hierin - als Verfahrensmangel - grundsätzlich ein absoluter Revisionsgrund liegen, bei dem unterstellt wird, dass das Urteil des LSG auf ihm beruht. Das Berufungsgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass hier ein Ausnahmefall von der Vertreterbestellung anzunehmen ist, weil es sich um eine aussichtslose und abwegige Rechtsverfolgung, also in der Sache um eine offensichtlich unbegründete Klage handelt. Aus dem gleichen Grund konnte der Senat von der Bestellung eines besonderen Vertreters gemäß § 72 Abs 1 SGG absehen.
Ein solcher Ausnahmefall von der Vertreterbestellung ist zu bejahen bei absurden Klagebegehren ohne jeden Rückhalt im Gesetz oder bei offensichtlich unschlüssigem Vorbringen, etwa wenn kein konkreter Streitgegenstand erkennbar ist, der Kläger nur allgemeine Ausführungen ohne irgendeinen Bezug zum materiellen Recht von sich gibt oder wenn sein Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen war. Diese Ausnahmen sind in den seltenen Konstellationen zulässig, in denen bereits der Schutzbereich des Art 19 Abs 4 GG nicht berührt ist und damit keine Nachteile für den Prozessunfähigen verbunden sind (BSG vom 3.7.2003 - B 7 AL 216/02 B - SozR 4-1500 § 72 Nr 1; BSG vom 15.11.2012 - B 8 SO 23/11 R - SozR 4-1500 § 72 Nr 2; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 72 RdNr 2c). Denn der nach Art 19 Abs 4 GG garantierte Rechtsschutz dient keinem Selbstzweck, sondern soll sicherstellen, dass der Betroffene mit gerichtlicher Hilfe die ihm zustehenden materiellen Ansprüche durchsetzen bzw rechtswidrige Eingriffe abwehren kann (BSG vom 18.11.2003 - B 1 KR 1/02 S - SozR 4-1500 § 90 Nr 1 RdNr 6).
Ausgehend von den Schriftsätzen des Klägers im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren und seinen Anträgen in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ist das LSG in zutreffender Auslegung des Klagebegehrens (§ 123 SGG) davon ausgegangen, dass er begehrt,
1. festzustellen, dass gegenüber den bereits entschiedenen Rechtsstreitigkeiten mit der Beklagten eine neue Sachlage eingetreten sei; kein Wahn- und Prozessunfähigkeit;
2. zu erklären, wie rasch eine Rechtsfrage nach § 55 SGG geklärt werden könne;
3. gegenüber der Beklagten festzustellen, dass eine Rechtsanhängigkeit einiger Rechtsfragen gegenüber der Beklagten nicht sämtliche Rechtsverhältnisse erfasse;
4. festzustellen, dass die Sperrregelung des § 202 SGG iVm § 217 GVG nur innerhalb der Gerichte gelte;
5. festzustellen, dass auch eine Rechtshängigkeit kein Hindernis für eine Überprüfung nach § 44 SGB X sei und die Kommunikation nicht eingestellt werden dürfe, zB im Hinblick auf außergerichtliche Klärungen;
6. festzustellen, dass die Beklagte im Zusammenhang mit einem Teilhabeplan verpflichtet ist, auf ihn zuzukommen, wenn sie etwas, was er schreibt, nicht versteht;
7. weitere schriftsätzlich gestellte Klageanträge zu bescheiden.
Das Berufungsgericht hat diese Anträge des Klägers zutreffend als ohne jeglichen Bezug zu konkreten Klagebegehren eingeordnet und auch darauf hingewiesen, dass in zahlreichen weiteren Verfahren mit angegriffenen Sachentscheidungen, auch zur Erstellung eines Teilhabeplans, zur Durchsetzung der Rechte des Klägers besondere Vertreter bestellt worden seien. Ansatzpunkte dafür, dass unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgedankens auf eine sachdienliche Antragstellung hingewirkt werden bzw ein besonderer Vertreter hinreichende Bezüge zum materiellen Recht formulieren könnte (vgl hierzu BSG vom 21.9.2016 - B 8 SO 7/16 B, RdNr 9), liegen nicht vor. Auch konkrete Anträge nach § 44 SGB X sind weder ersichtlich noch vom Kläger auf mehrfache gerichtliche Nachfrage bezeichnet. Es greift daher der allgemeine, nunmehr auch in § 56a SGG niedergelegte Rechtsgedanke, dass ein Beteiligter eine Überprüfung des Verwaltungsverfahrens nicht verlangen kann, wenn eine Verletzung eigener materieller Rechte durch die ergangene Verwaltungsentscheidung von vornherein nicht in Betracht kommt (vgl auch BSG vom 24.11.2004 - B 3 KR 16/03 R - SozR 4-2500 § 36 Nr 1 RdNr 19; BSG vom 14.12.1988 - 9/4b RV 55/86 - SozR 1500 § 144 Nr 39; vgl zum Grundsatz der Inzidentkontrolle behördlicher Verfahrenshandlungen bei der Prüfung der Sachentscheidung Luik in Hennig, SGG, § 56a RdNr 2, Stand Einzelkommentierung 6/2015).
Aus den genannten Gründen liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter erfolgreich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder eine Divergenz rügen könnte.
Da dem Kläger PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO) nicht in Betracht.
Fundstellen
Dokument-Index HI11261083 |