Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Juni 2021 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Höhe der vom Kläger zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur sozialen Pflegeversicherung.
Der Kläger ist bei der Beklagten im Rahmen der sog "Auffangpflichtversicherung" Mitglied und bei der Beigeladenen pflegeversichert. Er wandte sich gegen die Festsetzung des Gesamtbeitrags auf der Grundlage von Mindesteinnahmen sowie gegen die Mitteilung rückständiger Beiträge und die Festsetzung von Säumniszuschlägen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.7.2018), das LSG die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zugang zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR), da er die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Der diesbezügliche Bescheid vom 10.6.2008 sei bestandskräftig. Hinsichtlich der Beiträge für Auffangpflichtversicherte gelte die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder entsprechend. Die Zugrundelegung von Mindesteinnahmen beruhe auf § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V; einen Notfalltarif, wie ihn der Kläger wünsche, habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen (Beschluss vom 16.6.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger wirft in der Beschwerdebegründung die Fragen auf,
"auf Basis welcher rechtlichen Grundlage die Beiträge des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung zu beurteilen sind und im weiteren, ob die Anwendung dieser Grundlagen verfassungskonform sind".
Er rügt einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG, weil er anders behandelt werde als die Vergleichsgruppe der Rentner, die nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V versichert sei. Er zahle stattdessen "doppelt" Krankenkassenbeiträge, einmal auf Basis der tatsächlich bezogenen Rente und einmal als freiwilliges Mitglied auf Basis des Mindesteinkommens, ohne dass ersichtlich wäre, dass diese beiden Einkommen in irgendeiner Form untereinander angerechnet würden. Das Erfüllen der Vorversicherungszeiten nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V könne kein maßgebliches Abgrenzungskriterium sein. Es stelle außerdem einen Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip nach Art 20 Abs 1 GG dar, dass ein "Notfalltarif" wie in der privaten Krankenversicherung fehle.
Der Kläger hat insoweit bereits keine ausreichenden Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN). Eine Rechtsfrage ist so konkret zu formulieren, dass sie als Grundlage für die Darlegung der weiteren Merkmale der grundsätzlichen Bedeutung (Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit, Breitenwirkung) geeignet ist (Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 160a RdNr 97, Stand 14.10.2020). Wird ein Verfassungsverstoß geltend gemacht, genügt es nicht, nach der Vereinbarkeit von "rechtlichen Grundlagen" mit der Verfassung zu fragen. Die Rechtsfrage muss vielmehr derart klar formuliert sein, dass deutlich wird, welche konkrete Regelung welchen einfachen Rechts als mit der Verfassung nicht in Einklang stehend erachtet wird. Daran fehlt es hier.
Darüber hinaus mangelt es auch an hinreichenden Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit. Für die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer verfassungsrechtlichen Frage gilt, dass sich die Begründung nicht auf die Berufung von Normen des GG beschränken darf, sondern unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG ausführen muss, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergibt. Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung substantiiert dargelegt werden (BSG Beschluss vom 14.3.2019 - B 12 KR 95/18 B - juris RdNr 5 mwN). Der Kläger setzt sich jedoch nicht ansatzweise mit der bereits ergangenen Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zu den aufgeworfenen Problemkreisen auseinander (zur Voraussetzung der Neun-Zehntel-Belegung nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V vgl zB Beschluss des BVerfG vom 15.3.2000 - 1 BvL 16/96 ua - BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42; BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 12 KR 13/11 R - SozR 4-2500 § 5 Nr 21 RdNr 46; zur Zugrundelegung von Mindesteinnahmen zB BSG Urteil vom 7.11.1991 - 12 RK 37/90 - BSGE 70, 13 = SozR 3-2500 § 240 Nr 6 = juris RdNr 23 f; BSG Urteil vom 10.3.1994 - 12 RK 4/92 - SozR 3-2500 § 10 Nr 5 = juris RdNr 20; BSG Urteil vom 18.2.1997 - 1 RR 1/94 - SozR 3-2500 § 240 Nr 29 = juris RdNr 14; BSG Urteil vom 6.11.1997 - 12 RP 3/96 - SozR 3-3300 § 57 Nr 1; BSG Urteil vom 18.12.2013 - B 12 KR 15/11 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 21 RdNr 16; zum Gestaltungsermessen des Gesetzgebers hinsichtlich verschiedener Leistungssysteme zur Absicherung des Risikos der Krankheit vgl zB BSG Urteil vom 28.5.2019 - B 1 KR 14/18 R - juris RdNr 17; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 13.2.2008 - 2 BvR 613/06 - juris RdNr 19). Allein der Hinweis des Klägers auf Art 3 GG und das Sozialstaatsprinzip sowie auf die im Vergleich zu den "begünstigten" Rentnern benachteiligte Personengruppe genügt den Darlegungsanforderungen nicht.
Hinsichtlich der konkreten Beitragsbemessung beschäftigt sich der Kläger nicht näher mit dem Wortlaut und der Systematik der anwendbaren Normen (insbesondere § 227 SGB V, § 240 Abs 4 Satz 1, § 250 Abs 3 iVm § 228 Abs 1 Satz 1 und § 249a Satz 1 SGB V, § 57 Abs 1 SGB XI). Soweit er unterstellt, er müsse auf die Rente und die Mindesteinnahmen doppelt Beiträge zahlen, reichen seine Angaben auch zur Darlegung der Klärungsfähigkeit nicht aus. Denn er stellt nicht dar, welche Berechnung die Beklagte in ihren vom LSG in Bezug genommenen (Widerspruchs-)Bescheiden vorgenommen hat und ob diese die Rente von der Mindestbemessungsgrundlage abgezogen hat oder nicht.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Heinz Beck Bergner
Fundstellen
Dokument-Index HI15098632 |