Verfahrensgang
SG Nürnberg (Entscheidung vom 24.09.2015; Aktenzeichen S 7 KR 456/15) |
Bayerisches LSG (Urteil vom 13.09.2018; Aktenzeichen L 20 KR 506/15) |
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. September 2018 - L 20 KR 506/15 - wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im oben genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger ist mit seinem Begehren, für die Zeit vom 20.3.2008 bis 9.9.2009 Krankengeld (Krg) zu erhalten, bei der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, der Kläger habe in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf Krg, da er bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit (AU) am 20.3.2008 nicht mehr in einem Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krg gestanden habe. Seit dem 1.4.2007 sei er gemäß § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V pflichtversichert gewesen; dies schließe einen Anspruch auf Krg aus (§ 44 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V). Der Behauptung des Klägers, dass er auch in der Zeit vom 1.10.2005 bis zum 31.3.2007 bei der Beklagten versichert gewesen sei, komme keine Bedeutung zu. Entscheidend sei allein das Versicherungsverhältnis des Klägers zum Zeitpunkt des Eintritts der AU, für die der Kläger jetzt Krg begehre. Aus der Regelung des § 48 Abs 1 SGB V könne kein Anspruch auf Krg abgeleitet werden, da diese Vorschrift lediglich die Dauer der Krg-Zahlung regele, aber keinen eigenen, von den Voraussetzungen der §§ 44, 46 SGB V abweichenden Krg-Anspruch begründe. Ein Fall des nachgehenden Versicherungsschutzes iS von § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V liege beim Kläger nicht vor (Urteil vom 13.9.2018).
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorgenannten Urteil und begehrt dafür die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seiner anwaltlichen Bevollmächtigten.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend genannten Zulassungsgründe den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargetan ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
a) Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, muss der Verfahrensmangel zur Begründung der Beschwerde hinreichend bezeichnet werden (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Dafür müssen die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
aa) Nach Auffassung des Klägers liegt ein Verfahrensmangel darin, dass das Berufungsgericht die Akten des Verfahrens L 5 KR 243/07 nicht beigezogen und damit den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör sowie die Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG verletzt habe. Darauf beruhend habe das LSG die BSG-Rechtsprechung falsch angewandt. Hätte das Berufungsgericht die genannte Akte beigezogen, dann hätte es daraus sehen können, dass der Kläger vom 1.1.2005 bis zum 31.3.2007 bei der Beklagten mit Anspruch auf Krg versichert gewesen sei und zudem die Höchstbezugsdauer von 78 Wochen in der ersten Blockfrist nicht ausgeschöpft gewesen sei. Deshalb habe ab 1.1.2008 auch in der zweiten Blockfrist wieder Anspruch auf Krg wegen des Unfalls vom 4.3.2005 bestanden, auch wenn ab 1.4.2007 die Versicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V keinen Anspruch auf Krg enthalten habe.
Damit wird ein Verfahrensmangel nicht hinreichend dargetan. Denn aus den Ausführungen des Klägers ergibt sich nicht hinreichend, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Entscheidung hätte kommen müssen, wenn es die Akten des Verfahrens L 5 KR 243/07 beigezogen hätte. Aus diesem Grund kommt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Amtsermittlungspflicht schon von vorneherein nicht in Betracht, sodass weder ein Verfahrensmangel als solcher substantiiert dargelegt wurde, noch, dass die angefochtene Entscheidung des LSG auf einem solchen Mangel beruhen könnte.
Ausgangspunkt für das Vorliegen eines Verfahrensmangels und seiner Entscheidungserheblichkeit ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des Berufungsgerichts (vgl hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 16b sowie RdNr 23 und § 160a RdNr 16c mwN). Das LSG hat in den Entscheidungsgründen mehrfach darauf hingewiesen, dass allein entscheidend das Versicherungsverhältnis des Klägers zum Zeitpunkt des Eintritts der AU am 20.3.2008 gewesen sei und es gerade nicht darauf ankomme, ob der Kläger auch im Zeitraum vom 1.10.2005 bis zum 31.3.2007 bei der Beklagten versichert gewesen sei. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, ob sich der Verfahrensakte L 5 KR 243/07 tatsächlich - wie vom Kläger behauptet - entnehmen lässt, dass er in der Zeit vom 1.1.2005 bis 31.3.2007 durchgängig mit Anspruch auf Krg versichert gewesen sei. Der Kläger führt in der Beschwerdebegründung selbst aus, dass er ab dem 1.4.2007 nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V - und daher ohne Anspruch auf Krg - pflichtversichert gewesen sei. Gerade dies ist aber nach der Rechtsauffassung des LSG entscheidend.
Im Kern wendet sich der Kläger mit seinem Vorbringen lediglich gegen die inhaltliche Richtigkeit der Berufungsentscheidung, weil er sich der Rechtsauffassung der Vorinstanzen nicht anschließen kann. Dies allein begründet jedoch nicht die Zulassung der Revision.
bb) Eine Gehörsverletzung ist auch nicht durch die Ausführungen des Klägers zur Verweigerung der Terminverlegung hinreichend dargelegt. Das LSG hat den Verlegungsantrag der Bevollmächtigten des Klägers zur Gewährung von Akteneinsicht deshalb abgelehnt, weil die Prozessbevollmächtigte vor dem Termin die Beendigung ihres Mandats mitgeteilt habe. Auf den Umstand der Mandatsniederlegung geht der Kläger in der Beschwerdebegründung jedoch nicht ein. Aus der Beschwerdebegründung wird aber nicht erkennbar, aus welchem Grund bei dieser Sachlage das LSG dem Terminverlegungsantrag noch hätte nachkommen sollen.
b) Der Kläger hat auch eine Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht hinreichend dargelegt. Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine die Revisionszulassung begründende Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).
Solche Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Die schlichte Behauptung, das Berufungsgericht habe die Rechtsprechung des BSG falsch angewandt, genügt den dargestellten Anforderungen an die Beschwerdebegründung nicht.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.
3. Nach den Erwägungen unter 1. kann dem Kläger auch keine PKH unter Beiordnung seiner anwaltlichen Bevollmächtigten gewährt werden. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO erhält ein bedürftiger Beteiligter, der die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Vorliegend kann offenbleiben, ob der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage wäre, die Kosten für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts ganz oder teilweise selbst aufzubringen. PKH kann ihm jedenfalls nicht bewilligt werden, weil seine bereits durch die postulationsfähige Prozessbevollmächtigte erhobene und im Einzelfall begründete Nichtzulassungsbeschwerde, für die PKH begehrt wird, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Fundstellen
Dokument-Index HI13287117 |